Protocol of the Session on March 13, 2019

Wie kommt es zu solchen Befunden? Das RelotiusPhänomen allein, sich als Journalist die Wahrheit zurechtzubiegen, kann es nicht sein. Es ist die staatlich verbürgte Übermacht, das Monopol eines einzigen Wettbewerbers, des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. 8 Milliarden Euro Zwangsgebühren für eine Anbietergruppe müssen ganz einfach Folgen haben. Von einem solchen Knüppel konnte selbst Propagandaminister Goebbels nur träumen.

(Dirk Panter, SPD: Geht’s noch? – Proteste von den LINKEN und der SPD)

Was lernen wir aus diesem Desaster unserer Medienordnung? Die Freiheit braucht keinen öffentlich-rechtlichen Vormund. Die Digitalisierung macht es möglich. Heute kann jeder Einzelne alle im Internet erreichen und seine Meinung äußern. Erfolgreiche Blogger wie Hadmut Danisch oder Roland Tichy oder auch die „Achse des Guten“ machen es vor.

Die Freiheit oder – besser – die Meinungsfreiheit braucht endlich einen letzten Medienstaatsvertrag. Der Zweiundzwanzigste ist es leider noch nicht. Noch gibt es keinen Ansatz dafür. Das wollen wir ändern. Wir werden versuchen, den Weg dafür aufzuzeigen.

(Aline Fiedler, CDU: Darauf warten wir! Wann kommt der?)

Noch in dieser Legislatur.

Es wird höchste Zeit, diesem öffentlich-rechtlichen Meinungsbildungsmonopol, dieser Blutvergiftung in den Adern unserer Kommunikationssysteme Einhalt zu gebieten, sonst stirbt unsere Demokratie einen qualvollen Tod.

(Dirk Panter, SPD: Ein klein bisschen einfach!)

Das müssen wir gemeinsam verhindern. Wir alle können dabei gewinnen, nicht nur die AfD, sondern alle wirklich demokratischen Kräfte unserer Gesellschaft.

Fazit: Wir lehnen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner derzeitigen Form ab und daher auch diese 22. Änderung.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD – Dirk Panter, SPD: Meine Güte, wer hat das wieder aufgeschrieben?)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich habe jetzt genug Pause gelassen. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Dr. Maicher. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich darauf jetzt nicht einlassen, ich finde es aber spannend. Heute haben Sie ja gesagt, Sie wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Beim letzten Mal war Herr Urban ja noch nicht so ganz klar, aber Sie haben das offensichtlich inzwischen geklärt.

Die Mediennutzung und das Kommunikationsverhalten haben sich deutlich verändert, das spüren alle hier im Raum genauso. Medien werden eben nicht mehr nur linear über Fernsehen und Rundfunk konsumiert, sondern auch über Smartphone, Tablet, PC und immer wieder auch über neue Geräte, die dazukommen. Daher ist die Überarbeitung des Telemedienauftrags nur folgerichtig, und es ist gut, dass sie jetzt kommt. Der nunmehr vorliegende Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag versucht zumindest, gesetzliche Regelungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schaffen, die dieser Weiterentwicklung Rechnung tragen.

Es ist aber nicht nur die technische Weiterentwicklung. Auch darüber hinaus nimmt der öffentlich-rechtliche Rundfunk im digitalen Zeitalter eine bedeutsame Rolle ein. Das Bundesverfassungsgericht hat dies in seiner jüngsten Urteilsbegründung ausgeführt. Die Geschäftsmodelle der großen Player im Netz begünstigen die Verbreitung von Falschinformationen. Sie erschweren die Unterscheidung von Fakten und Meinungen und führen zur Entstehung von Filterblasen. Dies alles gefährdet die Meinungsvielfalt. Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss es mehr denn je sein, qualitativ hochwertige, vielfältige Inhalte besonders im digitalen Bereich bereitzustellen. Die Diskussion über einen zukunftsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk muss geführt werden, und zwar öffentlich. Ich glaube nicht, Herr Kollege Panter, dass das damit beendet ist.

(Dirk Panter, SPD: Nein!)

Nein, im Gegenteil: Es muss eine Entwicklungsoffenheit sein, und diese müssen wir auch weiterhin diskutieren. Wir haben das im Landtag in einer Sachverständigenanhörung getan. Dabei wurden sehr viele kritische Punkte durch die Experten formuliert, die bei einer zukünftigen Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beachtet werden sollten. Aus der Sicht der GRÜNENFraktion sind dabei besonders drei Aspekte zu beachten:

Erstens – die Vergütung der an kreativen Inhalten beteiligten Rechteinhaber bei Ausweitung der Verweildauer in den Mediatheken; dies wurde bereits angesprochen. Auch wir GRÜNEN begrüßen die Aufhebung der Sieben-TageRegelung sehr, aber im Gesetzentwurf fehlen entsprechende Regelungen zur Vergütung der Kreativen. Sie haben eben kaum Refinanzierungsmöglichkeiten für ihre Werke bei einer unbegrenzten Verfügbarkeit in den Mediatheken. Die notwendigen zusätzlichen Vergütungen müssten zudem transparent dargestellt werden, damit die Vergütung im linearen Bereich von der Vergütung im Bereich der Mediatheken klar getrennt nachvollzogen werden kann.

Der zweite Punkt ist das Verbot der Presseähnlichkeit. Mit der Manifestierung des Verbots der Presseähnlichkeit bleibt der Entwurf so, wie er jetzt steht, mit einem Bein im linearen Zeitalter stehen und verkennt damit völlig die Realitäten in einer konvergenten Mediennutzung in der Digitalisierung im Medienbereich. Eine freie Entwicklung öffentlich-rechtlicher Angebote im Internet ist bei der vordergründigen Beschränkung auf Bild und Ton eben nicht möglich. Die bisherigen Gerichtsurteile haben zudem keine publizistische Gewaltenteilung zwischen Presse und Rundfunk festgestellt, die verfassungsrechtlich geschützt ist. Darüber hinaus ist eine Gefährdung der Online-Angebote der Presse durch die ÖffentlichRechtlichen überhaupt nicht nachgewiesen.

Eine Beschränkung des publizistischen Wettbewerbs, wie hier vorgesehen, ist also weder sinnvoll noch zeitgemäß und schadet der Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Im Übrigen ist es auch eine Einschränkung der Leistung für die Beitragszahlerinnen und Beitragszah

ler. Besser wäre es, eine beidseitige Entwicklungsoffenheit zu akzeptieren.

Drittens – auch dies wurde bereits mehrfach angesprochen – die gesetzliche Schaffung einer Schiedsstelle. Diese Schiedsstelle, in der sowohl die Presseverlage als auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten vertreten sind, sehen wir sehr kritisch, so wie sie jetzt dasteht; denn es ist unklar, wie sie konkret ausgestaltet sein und welche genauen Aufgaben sie übernehmen soll. Wir sehen durchaus, dass die Gefahr besteht, dass die Presseverlage durch ihre Marktmacht und ihr gerichtliches Drohpotenzial Einfluss auf die Programmautonomie der Sender nehmen können. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Presseverlage eine eigene Schiedsstelle bekommen, während anderen Gruppen, wie Urheber sowie Produzentinnen und Produzenten, die ebenfalls durch die Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Anstalten ökonomisch betroffen sein können, diese Möglichkeit verwehrt bleibt.

Vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht erneut eine Klärung für viele kritische Regelungen herbeiführen. Aus den genannten Gründen werden wir uns bei der Abstimmung zum Gesetzentwurf enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gibt noch eine weitere Wortmeldung. Frau Abg. Dr. Muster, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Abgeordneten der blauen Partei lehnen das Gesetz zum Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ab. Meine Erwartungen an diesen neuen Staatsvertrag waren hoch, der tatsächliche Inhalt ist eher überschaubar.

Der Telemedienauftrag wird ausgeweitet, wir haben darüber in der Aktuellen Debatte schon gesprochen. Diese Entwicklung war vorhersehbar. 2016 hat Prof. Dörr sein Gutachten „Legitimation und Auftrag des öffentlichrechtlichen Fernsehens in Zeiten der Cloud“ veröffentlicht. Er hat in seinem Gutachten viele gute Gründe geliefert, warum der Rundfunk auf weitere Angebote ausgedehnt werden muss. Das war auch nicht verwunderlich: Auftraggeber war das ZDF.

Die Ziele, die jetzt in den Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingeflossen sind, sind in der Politik unstreitig. Trotzdem hat die Umsetzung drei Jahre gedauert. Schon das ist bedauerlich. Dieser Vertrag enthält eine erhebliche Ausdehnung des Auftrags, ohne gleichzeitig die Strukturoptimierung anzugehen. Die seit vielen Jahren tagende Länderarbeitsgruppe „Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ hat hierbei noch zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt – leider!

Die AG Dokumentarfilm legte mittlerweile das GersdorfGutachten vor. Danach erfüllt der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Versorgungsauftrag nur dann, wenn er nicht nur bunte Unterhaltungsprogramme, sondern auch

Bildungs- und Informationsinhalte zur Hauptsendezeit ausstrahlt und diese nicht im Nachtprogramm versteckt. Diese Erkenntnisse sollte sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk einmal sehr zu Herzen nehmen und auch tatsächlich umsetzen.

In der Sachverständigenanhörung beschwerte sich Herr Demmel vom Verband Privater Medien. Er sagte, der vorgelegte Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungs

staatsvertrag sei unausgewogen und wettbewerbsfeindlich. Er nannte insgesamt sechs Kritikpunkte. Unter anderem äußerte er: „Die Auftragserweiterung im Telemedienbereich ist nicht erforderlich. Die aktuelle Regelung der kurzen Verweildauer von sieben Tagen in Mediatheken ist ein Schutz der privaten Anbieter.“ Dieser Schutz wird jetzt aufgeweicht. Übrigens: Der Schutz der Verlage wurde mit dem Verbot der Presseähnlichkeit in diesen Vertrag neu eingefügt. Der Verband fordert eine inhaltliche Fokussierung, eine Reduktion des Gesamtangebots des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Zitat –: „... in der festen Überzeugung, dass der klare Fokus von ARD und ZDF in ihren Kernzeiten zu bis zu 70, 75 % auf einem Angebot mit einem gesellschaftlichen Mehrwert im Bereich Information, Bildung und Kultur liegt.“ Darauf muss hingearbeitet werden.

Nun ein wesentlicher weiterer Punkt, der mehrfach von meinen Kollegen angesprochen wurde: Mit dem Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird die Verweildauer in den Mediatheken von einer Woche auf bis zu vier Wochen ausgedehnt. Mehr Leistung müsste eigentlich zu höherer Vergütung führen. Das ist hier leider nicht der Fall. Die längere Verweildauer führt keinesfalls automatisch zu einer Erhöhung der Vergütung der Urheber und der Kreativwirtschaft.

Die lediglich in der Protokollerklärung aufgenommene Bitte möchte ich einmal zitieren: „ARD und ZDF werden daher gebeten, die Vertragsbedingungen insbesondere hinsichtlich des Telemedienangebotes zu aktualisieren und, soweit dies mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vereinbar ist, zu verbessern.“ Den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kennen wir bereits aus der Protokollerklärung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag aus dem Jahr 2009. Diese Protokollerklärung mit dem Hinweis auf den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hat mittlerweile ihren zehnten Geburtstag und ist immer noch eine Absichtserklärung – ein trauriges Beispiel für keine Umsetzung!

Thomas Frickel von der AG Dokumentarfilm schrieb dazu in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen kritischen Artikel mit der Überschrift – Zitat –: „ARD und ZDF im Netz: Zum Plündern freigegeben“. Er sprach von einer Enteignung unabhängiger Produzenten. – So weit im ersten Teil.

Vielen Dank.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Meine Damen und Herren! Wird aus den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Schenk, bitte sehr.

(Staatsminister Oliver Schenk: Frau Dr. Muster wollte gern noch einmal sprechen! – Dr. Kirsten Muster, fraktionslos, geht zum Rednerpult.)

Sie wollten noch in der zweiten Runde sprechen?

(Dr. Kirsten Muster, fraktionslos: Ja, in der zweiten Runde!)

Ich bitte um Entschuldigung. Dann sind Sie sofort wieder an der Reihe. Sie hätten gleich hierbleiben können. Sie wollten nach dem Minister sprechen?

(Dr. Kirsten Muster, fraktionslos: Ich habe gedacht, dass meine Kollegen eine zweite Runde wünschen!)

Nein, Ihre Kollegen wollten keine zweite Runde eröffnen. Aber Sie möchten gern in einer zweiten Runde sprechen. – Bitte sehr.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte kurz darauf hinweisen, was ich im Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eigentlich erwartet, aber leider nicht gefunden habe. Das wird zukünftigen Staatsverträgen wahrscheinlich vorbehalten werden.

Wir wissen schon aus der Ankündigung: Die Auftragskonkretisierung, die Strukturoptimierung, die Einführung des Indexmodells und die Stärkung der Beitragsstabilität stehen ganz oben auf der Liste der AG Strukturoptimierung und Auftrag. Allerdings sind das Komponenten, die sich teilweise ausschließen. Ich möchte kurz darauf hinweisen, was schon jetzt bekannt ist:

Erster Punkt: Die Anstalten sollen eine Profilschärfung des Auftrages erhalten. Die Rundfunkkommission fordert eine klare Unterscheidbarkeit zwischen privaten und öffentlichen Angeboten. Quotenschlachten und Parallelprogramme sollen stark eingeschränkt werden. Der Markenkern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – nach meiner Auffassung, wie es in Artikel 5 des Grundgesetzes vorgesehen wird – soll geschärft werden. Das ist gut.

Der zweite Punkt: Die Anstalten werden von der Politik aufgefordert, eine gemeinsame Mediathek einzuführen. Nun muss man sagen, dass wir alle bei der Anhörung gehört haben, dass die ARD und ZDF, freundlich ausgedrückt, zurückhaltend waren. Ganz klar ausgedrückt, heißt das: Beide wollten es nicht. Das ist ein Appell der Politik. Wir wollen mal sehen, was daraus wird und ob es sich stärker konkretisiert.

Der dritte Punkt: Der Auftrag ist für die Anstalten künftig so auszugestalten, dass sie ihre Ausspielwege selbst bestimmen können. Das kann man nur wünschen, denn

wir haben ja mittlerweile eine Unmenge an Ausspielwegen.