Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da Frau Wilke heute krankheitsbedingt ausgefallen ist, gebe ich ihre Rede zu Protokoll.
Zur anderen Petition, zur zweiten dann praktisch? – Gut, dann stellen wir es erst einmal zurück. Dann bitte ich zunächst Herrn Staatsminister Piwarz um die Stellungnahme zu dieser Petition; bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass ich schon ein bisschen verwundert bin über diese Debatte, die wir heute führen, und ich will noch einmal klar und deutlich festhalten, dass die Verwaltung im Freistaat Sachsen zuallererst und ausschließlich an Recht und Gesetz gebunden ist
Dies geht ausdrücklich an die Adresse von Frau Junge. Ihr Rechtsstaatsverständnis kann ich in keiner Weise nachvollziehen.
Wenn wir hier über die Genehmigung einer Grundschule reden, dann sprechen wir eben nicht nur über sächsisches Landesrecht, über sächsisches Verfassungsrecht, sondern über etwas, das im Grundgesetz geregelt ist. Wir sollten schon genau hinschauen, was Recht und Gesetz ist und wie wir es umsetzen. Gerade bei Grundschulen ist es wichtig, dass es zum Schulbetrieb einer Genehmigung durch die oberste Schulaufsichtsbehörde bedarf.
Ich will noch einmal deutlich machen – Lothar Bienst ist schon darauf eingegangen –, wie die Entstehungsgeschichte gewesen ist. Der Verbund Sozialpädagogischer Projekte e. V. hat für die Aufnahme des Schulbetriebes der Natur- und Umweltschule zum Schuljahr 2011/2012 keine Genehmigung der Sächsischen Bildungsagentur erhalten. Der Schulbetrieb konnte allerdings aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Dresden dennoch aufgenommen werden. Seitdem – seit 2011/2012 – befanden sich Schulträger und Schulaufsicht in der rechtlichen Klärung.
Die Schule wurde – auch in der Hoffnung, dass mithilfe der Beratung durch die Sächsische Bildungsagentur die Genehmigungsfähigkeit zeitnah zu erreichen ist – nicht mit Ablauf des Schuljahres 2011/2012 geschlossen, sondern geduldet, und die Genehmigungsfähigkeit ist trotz umfangreicher Beratung zu keinem Zeitpunkt eingetreten. Die Schule konnte dementsprechend nicht genehmigt werden.
Es ist schon darauf eingegangen worden: Mit Urteil vom 9. Mai 2018 hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen und entschieden, dass der Schulträger keinen Anspruch darauf hat, dass der Freistaat Sachsen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes über den Antrag des Schulträgers auf Genehmigung der Natur- und Umweltschule Dresden neu zu entscheiden hat. Revision hierzu wurde nicht zugelassen, und das Urteil ist rechtskräftig.
Ich will noch auf zwei weitere Punkte eingehen. Zu klären war außerdem, ob die Natur- und Umweltschule einen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe hat. Diese setzt die Genehmigung der Schule voraus. Mit der Aufhebung der
Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Dresden durch das Sächsische Oberverwaltungsgericht zur Gewährung staatlicher Finanzhilfe hat die Sächsische Bildungsagentur die vorläufig geleisteten Zahlungen eingestellt und zurückgefordert. Den vom Schulträger beantragten Teilerlass der Rückforderung hat das Kultusministerium dem Finanzministerium mit der Bitte um Einwilligung gemäß § 59 Abs. 2 Sächsische Haushaltsordnung vorgelegt. Das Finanzministerium hat dem zugestimmt und auf die Rückforderung geleisteter Zuschüsse in Höhe von 276 000 Euro verzichtet.
Meine Damen und Herren! Insofern geht es schon längst weiter, Frau Junge. Nach der Schließung der Natur- und Umweltschule sind Eltern ehemaliger Schülerinnen und Schüler an das Landesamt für Schule und Bildung mit dem Wunsch herangetreten, eine Grundschule neu zu gründen, die die Idee der Natur- und Umweltschule aufgreift und fortführt. Dazu hat im November 2018 im Landesamt, Standort Dresden, ein Gespräch über ein neues Antragsverfahren stattgefunden. Bislang ist noch kein Antrag auf Neugründung eingegangen.
Eine Schule aus Elterninitiative heraus zu gründen ist zweifelsohne eine umfassende und herausfordernde Aufgabe. Sie braucht Zeit, Wissen und Engagement. Sie ist aber realistisch und auch realisierbar. Das zeigt die erfolgreiche Arbeit der Bildungseinrichtungen in Sachsen, die aus ebensolchen Elterninitiativen hervorgegangen sind.
Wenn der Wunsch nach einer Schule in freier Trägerschaft, die die Idee der Natur- und Umweltschule fortführt, besteht, dann wird das Landesamt für Schule und Bildung als zuständige Schulaufsichts- und Genehmigungsbehörde gern im Gründungsprozess und darüber hinaus beratend zur Seite stehen.
Aber ich will und muss an dieser Stelle deutlich machen, dass bestimmte Bedingungen für die Aufnahme des Schulbetriebs und die Anerkennung als Ersatzschule nötig sind – unabhängig von den Freiräumen, die Schulen in freier Trägerschaft genießen. Diese Bedingungen, meine Damen und Herren, müssen alle Schulen erfüllen.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Vielen Dank. Meine Damen und Herren, die noch nicht in Anspruch genommenen Redezeiten ermöglichen es uns, jetzt noch die Diskussion zur zweiten Petition zu führen. Wir beginnen wieder mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Zais, bitte.
(Zuruf von der CDU: Also, jetzt …! – Petra Zais, GRÜNE: Das ist mein Recht! Wenn ich mein Recht in Anspruch nehme, meckern Sie rum! – Unruhe – Weitere Zurufe)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Für eine bewegte Schulzukunft unserer Kinder und Jugendlichen“– auch diese Petition gehört aus Sicht meiner Fraktion heute Abend auf die Tagesordnung. Das begründet sich natürlich aus unserer Perspektive zum einen aus dem völlig berechtigten Anliegen der Petition selbst und zum anderen aus dem nach meiner Auffassung geradezu arroganten Umgang mit dieser Petition.
Kurz zum Inhalt: Die Pläne zur Überarbeitung der Stundentafeln waren nicht gänzlich neu, als im Frühjahr 2018 die Medien darüber berichteten. Neu war jedoch, mit welcher Heftigkeit es gerade die sogenannten persönlichkeitsbildenden, weichen Fächer treffen sollte: Sport, Musik und Kunst. Die Debatte führte zu wenigen Korrekturen. Es gab das Versprechen, alle Fächergruppen gleichermaßen in den Blick zu nehmen. Im Juni 2018 wurde jedoch deutlich, dass beim Schulsport dennoch über Gebühr gekürzt werden wird. Sowohl an Grundschulen, Klassenstufe 4, als auch an Oberschulen, Klassenstufen 7, 8, 9 und 10, und an Gymnasien, Klassenstufe 7, wird künftig weniger Sport unterrichtet werden. Diese Pläne wurden vom Kabinett beschlossen und werden zum Schuljahr 2019/2020 greifen. So viel zu dem veralteten Satz im Petitionsbericht – der ganze Bericht ist nicht auf der Höhe der Zeit – : „Weitergehende Festlegungen“ – in Klammern: zur Überarbeitung der Stundentafeln – „sind bisher nicht getroffen worden.“
Ich spare mir an dieser Stelle Ausführungen zur allgemeinen Bedeutung des Sports. In Bezug auf den Schulsport möchte ich aber unterstreichen, was die Petentinnen formulieren: Nur Schulsport bewegt alle.
Auch die angekündigte Erhöhung der Mittel für die GTA, also die Ganztagsangebote, wird diese Kürzung nicht kompensieren können, ganz zu schweigen von den fehlenden infrastrukturellen und personellen Bedingungen hinsichtlich zusätzlicher Ganztagsangebote. Das bestätigen auch alle Trainerinnen und Trainer und Sportvereine, mit denen ich in diesem Kontext zum Beispiel in Chemnitz gesprochen habe.
Lange – das muss man dazusagen – war die reguläre dritte Sportstunde in allen Schularten und Klassenstufen tatsächlich ein hart erkämpftes sächsisches Alleinstellungsmerkmal, etwas, auf das wir stolz sein konnten, eine wirklich gute Sache. Diesen Vorteil aufzugeben, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist nach unserer Auffassung ein schwerwiegender Fehler. Deshalb haben wir die Initiative des Sportlehrerverbandes begrüßt und unterstützt.
Mit beherzten und kreativen Aktionen ist es gelungen, innerhalb kurzer Zeit fast 30 000 Unterstützerinnen und Unterstützer zu gewinnen. Ich und andere Kollegen, auch Herr Minister Piwarz, waren bei der Übergabe der Petition dabei. Wir waren eigentlich alle davon beeindruckt, was auf die Beine gestellt wurde, und vor allem von dem breiten Erfolg in der sächsischen Gesellschaft. Gerade deshalb macht es mich fassungslos, wie mit dem Enga
Ich habe im Nachgang viele Gespräche mit Sportlehrerinnen und Sportlehrern, aber auch mit Eltern geführt. Alle sagten – ich zitiere es wörtlich –, dass man eigentlich entsetzt darüber sei, wie mit diesem Anliegen, für das so viele Unterschriften gesammelt worden sei, umgegangen werde.
Wenn Kultusminister Piwarz beschwichtigt, bei der Diskussion über Stundenkürzungen gehe es naturgemäß um Befindlichkeiten und daher immer emotional zu – das haben Sie gesagt –, dann verkennt er nach meiner Auffassung die Brisanz des Themas.
Wenn die sportmotorische Ausbildung an den Schulen vernachlässigt wird – das wird sie konsequenterweise; denn GTA ist immer freiwillig und ein Großteil der Kinder wird durch Ganztagssportangebote eben nicht mehr erreicht –, dann hat es langfristige Folgen mit enormen gesamtgesellschaftlichen Kosten. Dann müssten auch bei Krankenkassen, Versicherungen und der Wirtschaft sämtliche Alarmglocken schrillen. Sie haben auch geschrillt; denn nicht nur ich werde Briefe von der IHK und von Wirtschaftsverbänden genau zu diesem Thema bekommen haben. Ich gehe davon aus, dass auch Sie solche Briefe bekommen haben.
Dass der Petitionsbericht veraltet ist – ein Zitat habe ich bereits genannt –, kommt erschwerend hinzu und zeugt nicht eben von Wertschätzung und Sorgfalt gegenüber dem Anliegen der zahlreichen Petentinnen. Ich sage es noch einmal ganz deutlich: So kann man nach Auffassung unserer Fraktion mit den Leuten in diesem Land nicht umgehen. Wir halten die Ablehnung der Petition für grundfalsch und haben deshalb eine abweichende Meinung zu Protokoll gegeben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sage einmal vorab, Kollegin Zais: Ich habe keinen einzigen Brief von der Handwerkskammer, der IHK oder der Krankenkasse oder von irgendeiner anderen Institution erhalten. Ich habe lediglich genau die Petition erhalten, von der Sie gerade sprachen.
Nun muss man aber auch wieder in die Historie eintauchen und wissen, dass wir im April/Mai 2018 plötzlich von einer Presseinformation überrascht waren, in der stand, dass tatsächlich in Sport, Musik und Kunst Kürzungen der Stundentafeln erfolgen sollen. Wir jedenfalls, in unserem Arbeitskreis, haben darüber nicht gesprochen. Ich glaube auch nicht, dass in anderen Gremien darüber diskutiert wurde. Natürlich haben wir darüber gesprochen, inwieweit wir die Belastung der sächsischen Schülerinnen und Schüler senken können. Darüber haben wir gespro
chen. Dass wir aber nur Sport, Musik und Kunst in Augenschein nehmen, haben wahrscheinlich dunkle Kanäle in die Öffentlichkeit gebracht. Von uns kam es auf jeden Fall nicht.
Also, noch einmal ganz kurz dazu: Ja, wir haben über geplante Kürzungen gesprochen. Ja, wir haben es in der Presse gelesen, aber leider, muss ich ganz ehrlich sagen, kam unser Dementi zu spät. Die Petition war bereits im Landtag angekommen, und der Aufschrei gerade der Sportlehrer war sehr laut.
Wenn die benannten Sportlehrer erkannt hätten, dass wir in Sachsen natürlich über neue Bildungsinhalte sprechen, dass wir unsere sächsischen Lehrpläne überarbeiten wollen, dass wir natürlich auch neue Inhalte in unsere sächsischen Lehrpläne bringen wollen, wie zum Beispiel Medienbildung, Digitalisierung oder auch Verstärkung der politischen Bildung, und dass wir dann natürlich auch darüber nachdenken müssen, die Belastung unserer sächsischen Schüler zu senken, um die Vielfalt aufnehmen zu können, dann hätten vielleicht auch die Sportlehrer, die diese Petition ins Leben gerufen haben, anders darüber gedacht.
Fakt ist eines: Unser Ziel war es, neue Inhalte hineinzubringen, aber letztlich auch die Belastung der Schüler zu senken, bekanntlich – darüber haben wir hier schon diskutiert – um 4 %. Diese Vorgaben hatte sich das Kultusministerium vorgenommen und auch konsequent umgesetzt, indem eben nicht nur in diesen weichen Fächern gekürzt wurde, sondern auch in Kernfächern wurden die Stundentafeln überarbeitet. Ich hoffe und denke, dass mit dem Inkrafttreten am 1. August 2019 diese Veränderung auch positiv an unseren sächsischen Schulen aufgenommen wird.
Wir haben – das sage ich auch als Präsident eines Fußballklubs – einen größeren Zulauf von Kindern und Jugendlichen bei uns im Verein, weil genau diese GTAMittel über den Verein an Schulen gebraucht werden, um dort auch Sport zu verstärken und um die Kinder mehr zu bewegen. Ich hoffe, dass es viele Vereine in Sachsen tun, um einen Ausgleich zu schaffen. Ich glaube, wenn das Kind nicht nur die Dreiviertelstunde zum Sportplatz unterwegs ist, sondern über ein, zwei Stunden in der Woche Training macht und dann am Wochenende natürlich auch noch die entsprechenden Spiele leistet, dann haben wir genug getan. Ich bitte um Verständnis dafür, dass wir diesen Schritt gemacht haben.