Protocol of the Session on November 8, 2018

Nun gebe ich zu, ich zumindest war damals noch so naiv zu glauben, dass zumindest die SPD sich dieses Themas in der Regierung entschlossen annehmen wird

(Albrecht Pallas, SPD: Das haben wir doch!)

und dass es tatsächlich Ergebnisse gibt,

(Albrecht Pallas, SPD: Gibt es doch!)

die dann transparent und konsequent in praktisches Regierungshandeln münden.

(Albrecht Pallas, SPD: Sind sie doch!)

Es gab ja auch Grund zu der Annahme, hatte doch die SPD in der letzten Legislaturperiode noch mit uns gemeinsam eine umfangreiche Anfrage mit dem Titel „Die Zukunft des öffentlichen Dienstes“ vorgelegt.

(Albrecht Pallas, SPD: Genau!)

Allein, passiert ist, gemessen am ursprünglichen Anspruch, herzlich wenig bis nichts. Wenn der stellvertretende Ministerpräsident Dulig gestern meinte, dass der entscheidende Unterschied sei, dass die Opposition immer nur fordere, während die Regierung handle, haben wir hier ein Paradebeispiel, wo man hinsichtlich der praktischen Umsetzung der eigenen Forderungen inzwischen offenkundig längst die Segel gestrichen hat. Stattdessen ereilt uns nun ein Personalanalysegesetz, das im Kern die Runde noch einmal von vorne dreht. Hat die Staatskanzlei tatsächlich noch immer keine Ahnung, wie es um die

Personalsituation in ihren Ministerien und der Landesverwaltung steht? Das ist ein Armutszeugnis.

Der Freistaat laboriert doch in Wahrheit noch immer daran, dass die CDU-geführten Landesregierungen unter Personalentwicklung über Jahre hinweg lediglich ein konsequentes Stellenabbauprogramm verstanden haben. Ich erinnere nur an die in der letzten Legislatur vom damaligen Ministerpräsidenten Tillich ausgerufene

Zielmarke von 70 000 Bediensteten, die im Kern ohne jegliche Aufgabenkritik durchgezogen werden sollte. Zwar ist der blinde Personalabbau derzeit gestoppt, aber ein Personalkonzept ist trotzdem nicht in Sicht. So ist es zwar richtig, dass die Stellenpläne in den Haushaltsentwürfen die aktuelle Realität inzwischen zumindest hinsichtlich der Istsituation realitätstreuer abbilden. Aber ein langfristig ausgerichteter und mit Aufgabenfeldern untersetzter Ansatz existiert offenkundig nicht.

Ich fürchte, dass es eben leider keine Besonderheit des SMWA war, dass man auch auf wiederholte Nachfrage im Zuge der aktuellen Haushaltsverhandlungen nicht in der Lage war, die beantragten Stellen mit einer zumindest groben Organisationsstruktur und Aufgabenverteilung zu untersetzen. Stattdessen wurde auf das Organigramm auf der Homepage und die Kernkompetenz des Ministeriums verwiesen. Wenn man aber nicht einmal in groben Zügen darstellen kann, was man eigentlich mit dem vorhandenen Personal an Aufgaben bewältigen will, dann spricht das Bände. Womöglich ist das ein Einzelfall, aber offenkundig doch symptomatisch.

Wie in der Stellungnahme zu Ziffer II.1 des Antrages seitens der Staatsregierung mitgeteilt wird, hat man sich nun immerhin schon mal ein Handbuch zugelegt, mit dessen Hilfe man sich einheitliche Standards erarbeiten wird, wonach dann tatsächlich in Zukunft eine Aufgabenanalyse durchgeführt werden soll. Was war eigentlich noch einmal die Aufgabe der Kommission zur umfassenden Evaluation der Aufgaben, Personal- und Sachausstattung? Nur noch einmal kurz zur Erinnerung. Der Abschlussbericht dieser Kommission lag bereits Anfang 2016 vor. Jedoch wurden die Ergebnisse weitestgehend ignoriert. Stattdessen ging der Personalabbau in jenen Teilen der Staatsverwaltung weiter, die nicht wie Lehrerschaft und Polizei im öffentlichen Fokus stehen, sodass die mittelfristige Handlungsfähigkeit auch mit Hinblick auf die Altersstruktur in Teilen akut gefährdet ist. Der zwischenzeitlich eingeführte Demografiepool, der nun auf 150 Stellen aufgestockt werden soll, ermöglicht zwar Feuerwehreinsätze, hat mit einer langfristigen Personalpolitik aber nichts zu tun.

Herr Kollege Löffler, ich muss zugeben, dass ich Ihnen zugehört habe, aber es fiel mir schwer, Ihnen zu folgen. Das, was Sie ausgeführt haben, hat mich unterm Strich mehr verstört als tatsächlich beruhigt.

(Jan Löffler, CDU: Sehr gut!)

Sie haben gesagt, man müsse irgendwie flexibel sein, man wolle aber nicht mit der Wirtschaft in Konkurrenz treten, –

(Jan Löffler, CDU: Man soll von der Wirtschaft lernen!)

aber man wolle die Wirtschaft doch irgendwie adaptieren und man wolle mal sehen und vielleicht klappt es oder es klappt nicht. Das war im Kern das, was Sie gesagt haben: de facto nichts.

(Zuruf von der CDU: Gar nicht wahr!)

Es bleibt dabei: Ein langfristig umsetzbares Personalkonzept für die Landesverwaltung, aufgegliedert nach Einzelplänen und Geschäftsbereichen, so wie vom Antrag begehrt, existiert nach wie vor nicht. Hier ist der Handlungsbedarf drückend. Wir, meine Damen und Herren, stimmen dem Antrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abg. Pallas. Herr Pallas, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN! Vielen Dank für diesen Antrag, der uns immerhin Gelegenheit gibt, uns heute über den aktuellen Stand bei den Veränderungen in der Personalpolitik im Freistaat Sachsen zu unterhalten. Er bietet mir die Gelegenheit darzulegen, was die Koalition in diesem Bereich gemacht hat und aktuell tut, um den öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen zu modernisieren, personell zu erneuern und in die Zukunft zu führen. Auch wenn es vielleicht noch nicht so richtig deutlich bei den Debattenbeiträgen geworden ist, halte ich das für eine der wichtigsten und zentralsten Aufgaben dieser Koalition und dieser Staatsregierung.

(Unruhe im Saal – Glocke des Präsidenten)

Danke. Die SPD ist mit dem Ziel einer aufgabenorientierten Personalausstattung in der öffentlichen Verwaltung in diese Koalition gegangen und tut seitdem alles dafür, die entsprechenden Entscheidungen auch herbeizuführen. Ich bin froh, dass wir nach dem hinter uns liegenden Prozess diese Aufgabe mit dem jetzt kommenden Doppelhaushalt lösen werden.

Was ist im Einzelnen geschehen? Es klang bereits an: Im ersten Schritt gab es die Personalkommission öffentlicher Dienst, in der wir großen Wert darauf gelegt hatten, dass sie unter Beteiligung der Personalvertretungen arbeitet. Sie hat sich selbstverständlich mit dem demografischen Zustand der Verwaltung im Freistaat Sachsen auseinandergesetzt. Auch ich war überrascht, dass das so viel Raum einnehmen musste, weil offenbar diese Erkenntnisse nicht so zentral vorlagen. Letztendlich ist es aber gut, dass wir genau diese Fakten zusammengetragen haben. So

wurden auch erste Empfehlungen zum Umgang damit ausgesprochen. Auch das klang bereits an: der Demografiepool, die Ausbildungsoffensive, aber auch die Arbeitgebermarke des Freistaates Sachsen und die Einrichtung einer zentralen Stabsstelle für Organisation und Personal in der Staatskanzlei.

Die Zeit hat nicht gereicht, um in dieser ersten Personalkommission eine umfassende Aufgabenkritik durchzuführen. Das hat niemanden betroffener gemacht als uns. Aber man muss es dann auch einmal akzeptieren und trotzdem schauen, wie es weitergeht. So war klar, dass die weitere Arbeit an einer Aufgabenkritik der Stabsstelle in der Staatskanzlei mit den Ressorts zusammen anheimgestellt wurde.

Bereits im jetzigen Doppelhaushalt 2017/2018 haben wir erste Entscheidungen getroffen. Wir haben den Demografiepool mit 150 Stellen eingeführt. Bei aller berechtigten oder nicht berechtigten Kritik an der Zahl der Stellen tun wir genau das, was Sie einfordern, Herr Lippmann.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wir machen ganz konkret möglich, dass Wissenstransfer stattfindet, bevor Kolleginnen und Kollegen in den Ruhestand gehen. Auch da mussten erst Praxiserfahrungen zwischen der Staatskanzlei und den Ressorts gesammelt werden, wie es mit dem konkreten Management und der konkreten Bewirtschaftung der Stellen aussieht. Ich glaube, wir werden in Kürze erleben, dass der entsprechende Erlass überarbeitet werden kann. Ich bin auch gespannt, inwieweit die Anzahl der Stellen im Demografiepool durch die Finanzpolitikerinnen und Finanzpolitiker entsprechend gewürdigt wird.

Im Februar 2018 ist ein Kabinettsbeschluss über die Ausbildungsoffensive bzw. das Ausbildungskonzept

gefasst worden. Auch das schlägt sich nun im Haushaltsentwurf 2019/2020 nieder. So geht es darum, die Kapazität an den staatseigenen Ausbildungseinrichtungen auf 550 zu erhöhen. Das hat ganz konkrete Auswirkungen. Wir brauchen Räumlichkeiten, Personal und Ausstattung – zunächst einmal in Interimslösungen, später auch in dauerhaften Lösungen. Klar ist – das wäre vielleicht noch eine Zukunftsaufgabe –, dass wir für einen Übergangszeitraum, also für die Aufbauphase, durchaus auch kreative Lösungen brauchen, wie wir zum Beispiel mit dem Thema Fortbildung umgehen, damit das nicht ins Hintertreffen gerät, weil wir jetzt in kurzer Zeit die Ausbildungskapazität so aufblasen müssen.

Ich möchte auf die Absichtserklärung der Koalition vom Dezember 2017 und den Plan für Sachsen, der einige Wochen danach vom Kabinett beschlossen wurde, verweisen. Da geht die Koalition noch einen Schritt weiter. So ist beschlossen worden, dass die „Kommission zur umfassenden Evaluation der Aufgaben, Personal- und Sachausstattung“ fortgeführt und mit der Aufgabe konkrete Personalbedarfsplanung beauftragt werden soll. Soweit ich gehört habe, wurde mit Schreiben des Ministerpräsidenten von gestern diese „Personalkommission 2.0“

konkret ins Leben gerufen. Ich bin bereits sehr gespannt, wie sie an die Fragen von Aufgabenkritik, Personalberechnung und Begleitung der Arbeit der Stabsstelle Organisation und Personal herangehen wird.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Für die SPD ist besonders wichtig, dass es weiter unter Beteiligung der Personalvertretung und unter wissenschaftlicher Begleitung stattfindet. Soweit ich weiß, passiert das auch.

Am Ende – und das fordert die SPD von Anfang an – muss ein neues Personalkonzept für den Freistaat Sachsen stehen. Nicht weniger als das ist auch das Ziel der Arbeit dieser Koalition in dem Bereich. Daran ändert auch der Antrag der GRÜNEN nichts. Tatsächlich nehmen Sie auch Bezug auf all die Dinge, die wir bereits tun. Aber es reicht Ihnen trotzdem nicht.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Die Frage ist, ob Ihre Kritik gerechtfertigt ist oder nicht – ich meine, nein. Zugegeben: Auch wir Sozialdemokraten sind immer ungeduldig, was dieses Thema angeht. Aber vielleicht sind wir auch dadurch die treibende Kraft geworden, die zum Erfolg dieser Koalition in dem Bereich beigetragen hat.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Haha!)

Wichtig ist, dass wir unser Ziel erreichen: einen modernen öffentlichen Dienst mit einer aufgabengerechten Personalausstattung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist bei Weitem keine Selbstverständlichkeit, wenn ich mir dazu manche Äußerungen hier im Plenum auch des heutigen Tages vor Augen führe, aber auch andere Kronzeugen hernehme, zum Beispiel die Äußerungen des Sächsischen Rechnungshofes, der bedauert, dass sich der Freistaat Sachsen von der Sparpolitik abkehrt und dass wir vom Stellenziel 70 000 abgerückt sind.

Wer das nachlesen möchte: „Leipziger Volkszeitung“ vom 20. Oktober oder andere Akteure, die in diesen Chor einstimmen. Es ist für mich völlig unverständlich bei der Situation unserer Gesellschaft, in der wir derzeit stecken. Die Menschen sind über schlechte oder späte Verwaltungsentscheidungen frustriert. Sie geben der Politik die Schuld. Ich sage es einmal so: Bezüglich des Kürzungshammers der letzten Staatsregierung ist das sogar berechtigt, und eine Folge ist ein Fremdeln mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, mit unserem Rechtsstaat. Wir sind gerade dabei, das alles mühsam wieder aufzubauen, und dann sind solche Forderungen nach einem Rückschritt, was das Personalziel angeht, kontraproduktiv.

Das machen wir Sozialdemokraten auch nicht mit. Ich bleibe dabei: Der handlungsfähige Staat ist in Sachsen endlich wieder zu Hause, und das wäre ohne die SPD in der Regierung nicht der Fall. Darauf bin ich – stellvertre

tend für die Mitstreiterinnen und Mitstreiter meiner Fraktion und der Koalition – stolz und dankbar.

Man kann sagen, dass der Antrag der GRÜNEN vielleicht etwas aus der Zeit gefallen ist. Die Logik passt eher in die Zeit des Kaputtsparens, die ist aber vorbei. Akzeptieren Sie bitte endlich, dass sich mit dieser Koalition der personalpolitische Wind gedreht hat. Deshalb sage auch ich, dass wir Ihren Antrag nicht brauchen, und auch die SPD-Fraktion wird ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Staatsregierung)