Ganz kurz: Die Aussagen kamen vorhin schon einmal vor – der Verweis auf die Große Anfrage der AfD und dass diese Untersuchungen selbstverständlich bis in die dritte Generation laufen. Es ist also nicht so, dass wir hier völlig im Nebel stochern.
Ich habe auf das deutsche Referenzlabor beim Senckenberg-Institut in Gelnhausen hingewiesen und als Letztes auf die Kleine Anfrage des Kollegen Heinz, der deutlich gemacht hat, dass das alles kein Geheimnis, keine Blackbox ist, man alles untersuchen kann und Transparenz herrscht. Frau Dr. Petry, insofern lehnen wir Ihren Antrag ab.
Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Das kann ich nicht erkennen. Somit lasse ich nun über diesen Antrag abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, Stimmen dafür, dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ach, punktweise Abstimmung. Das habe ich leider nicht mitbekommen. Entschuldigung! Wir stimmen über Punkt I und Punkt II ab.
Wer gibt Punkt I die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und wenigen Gegenstimmen ist Punkt I mit Mehrheit angenommen worden.
Ich lasse nun über den gesamten Antrag abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist der Antrag mit Mehrheit angenommen worden. Meine Damen und Herren, damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.
Es beginnt die einreichende Fraktion, danach folgen CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun Frau Dr. Pinka das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitaler Fortschritt, Energieforschung, Ausbau der Infrastruktur – das sind die Schlagworte des Zwischenberichts zu möglichen Maßnahmen zur sozialen und strukturpolitischen Entwicklung der Braunkohleregion, vorgelegt in der vorigen Woche von der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung. Dazu sollen bis 2021 über den Bundeshaushalt zusätzlich 1,5 Milliarden Euro als Ausgaben vorrangig für Strukturpolitik in die Kohleregion fließen.
Zu Recht titelte meines Erachtens die „Sächsische Zeitung“ daraufhin: „Wovon die Lausitz künftig leben soll – Der Kohlekommission fällt in ihrem Zwischenbericht zum Strukturwandel nicht viel Neues ein für die OstRegion“. Denn obwohl zu den Bewertungsmaßstäben der Kommission gehört, dass betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden und den Beschäftigten keine unbilligen sozialen und ökonomischen Nachteile entstehen sollen, findet sich im folgenden Text leider nichts Konkretes, wie man sich das vorstellt. Außer dem Willen, bestehende hochwertige, mitbestimmte Arbeitsplätze durch neue hochwertige und langfristig sichere Beschäftigung ersetzen zu wollen, konnte ich nicht einen Vorschlag lesen. Zwar ist das Unterkapitel „Arbeitsmarkt“ ein zentrales und wichtiges im vorgelegten Zwischenbericht, aber eben leider auch bisher sehr unkonkret besetzt.
Ich lese von Maßnahmen und Dienstleistungen nach SGB III. Dabei handelt es sich dann doch eher um Um
schulungs- und Transferleistungen, also mitnichten um die Etablierung von Ersatzarbeitsplätzen. Ich lese, dass durch die entstehenden gut bezahlten Industriearbeitsplätze gut qualifizierte Fachkräfte gebraucht werden; und wenn ich an die Lausitz denke, erinnert mich das an den Witz, wer zuerst da war: Henne oder Ei.
Schließlich lese ich, dass bei der sukzessiven Schließung von Tagebauen und Kraftwerken die Möglichkeit des Wechsels zwischen den verschiedenen Standorten innerhalb der Braunkohleunternehmen besteht, aber auch des Wechsels über Unternehmens- und Reviergrenzen hinweg. Genau das kann aber wohl nicht in unserem Interesse sein – nach Jahrzehnten der Massenabwanderung –, dass dann womöglich Lausitzer Bergleuten angeboten wird, irgendwo in Nordrhein-Westfalen einen Arbeitsplatz zu bekommen. Das wäre das Gegenteil dessen, was ein staatlich gesteuerter Strukturwandel schaffen muss: Zukunft dort zu organisieren, wo die Menschen zu Hause sind.
Die vormalige Aktuelle Debatte hier im Landtag zum Strukturwandel, aber gerade auch der Zwischenbericht der Kommission hat meiner Fraktion gezeigt, dass es eben doch angebrachter gewesen wäre, Kohleausstiegsszenarien gleichzeitig mit den kurz-, mittel- und langfristigen Strukturszenarien zu diskutieren. Daher möchten wir Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, heute einen Vorschlag unterbreiten, der substanziell ist und dessen Umsetzung unmittelbar beginnen muss.
Ich weiß nicht, wer sich von Ihnen noch erinnern kann, wie und warum die Wismut GmbH, die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH oder die Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung stillgelegter Bergwerksanlagen gegründet worden sind. Ich darf dies für die jüngeren Abgeordneten kurz darlegen: Mit der Wiedervereinigung endete in vielen Regionen der DDR der Erz-, Salz-, aber auch der Kohlebergbau aus unterschiedlichen Gründen. Um die offenen Sanie
rungsaufgaben zu bewältigen, wurden Bundes-, aber auch Bund-Länder-Gesellschaften gegründet, auf rechtliche Füße gestellt und mit Finanzen und Zielsetzungen untersetzt. Das Wichtigste im Zusammenhang mit dem jetzt vorliegenden Antrag war: Die Bergleute hatten eine Aufgabe vor Augen, von der sie etwas verstanden, die sie sicherlich manchmal schweren Herzens ausführten, aber die ihnen keine Existenzängste machte und die ihnen in ihrer Region eine Bleibemöglichkeit bot.
Ich darf daran erinnern, dass sowohl die Wismut als auch die LMBV noch aktive Gesellschaften sind, dass die Wismut für die Sanierung ihrer Standorte in Sachsen und Thüringen bisher 6 Milliarden Euro ausgegeben hat und die LMBV für die ihrigen in Brandenburg, SachsenAnhalt, Sachsen und Thüringen etwa 11 Milliarden Euro.
Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung hat eine bundesweite Dimension für die betroffenen Bergbauregionen. Daher bedarf es in der jüngeren deutschen Geschichte erstmalig einer Bund-Länder-Gesellschaft für die Stilllegung, Sanierung und Rekultivierung der deutschen Braunkohlereviere, insbesondere für die Bundesländer Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und NordrheinWestfalen und – in Klammern – bei Bedarf natürlich auch für die Randbereiche Thüringens und Niedersachsens.
Wir haben im Landtag schon sehr häufig über die Aufgaben gesprochen, die allein aus der Renaturierung der Lausitz und des Mitteldeutschen Reviers für viele Jahrzehnte Bedarf hervorrufen werden. Ich möchte hier nur einige nennen, die vor uns liegen.
Erstens: In erster Linie werden keine Tagebauerweiterungen mehr notwendig sein. Das von der Kommission noch vorzulegende Braunkohleausstiegsszenario wird aufzeigen, wann welcher Kraftwerksblock in welchem Braunkohlerevier außer Betrieb geht. Konsequenterweise müssen die betroffenen Bergbautreibenden Abschlussbetriebspläne für die Tagebaue vorlegen.
Zweitens: Tagebauschließungen im Braunkohlebergbau – das haben die Erfahrungen bei der LMBV gezeigt – sind nicht trivial. Kippen müssen verdichtet bzw. stabilisiert werden. Der ungesteuerte Grundwasserwiederanstieg hat zu starken Versauerungen geführt. Diffuse eisenreiche Grundwässer haben große Auswirkungen auf die Fließgewässer. Ich nenne hier nur die Spree. Wir haben bereits jetzt immense Probleme mit zu viel Sulfat in den Trinkwasservorkommen im Lausitzer Revier bis nach Berlin. Wir haben uns mit Vernässungsproblemen beschäftigt. Dabei denke ich an die Probleme in Borna oder RegisBreitingen.
Drittens: In diesem Zusammenhang möchte ich ansprechen, dass wir eine ungeklärte Rückstandsproblematik bewältigen müssen. Ich nenne die Schlagworte Gipsdeponien, verbrachte Aschen in Tagebaurestlöchern oder auch das ungeklärte Eisenhydroxid-Problem.
Viertens: Die mit der Zeit außer Betrieb gehenden Kraftwerke müssen abgebrochen und der jeweilige Standort muss in Gänze saniert werden.
Fünftens: Die Tagebaustandorte müssen langfristig aus der Bergaufsicht entlassen werden und die Böden wiederhergestellt sein. In den entstehenden Seen soll man baden können, die Wälder sollen begehbar oder mit dem Rad befahrbar sein. Das ist doch unser aller Wunsch, oder?
Das sind nur einige Probleme, die ich hier angerissen habe, und dafür brauchen wir ein gewisses Arbeitskräftepotenzial, das diese Renaturierung leistet. Ich habe im Zwischenbericht nur Allgemeinplätze zum Thema Ansiedlung von Behörden und öffentlichen Einrichtungen gelesen. Angesichts von Medienberichten über eine Verlagerung des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik und des Bundesverwaltungsamtes habe ich mich gefragt, wo jetzt der arbeitssuchende 50-jährige Lausitzer Bergmann seine Perspektive finden könnte. Dazu ist mir nichts eingefallen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen Ihnen heute einen Vorschlag für einen möglichen Beschäftigungsübergang für die vom Braunkohleausstieg betroffenen Menschen in der Bergbauregion vor. Mag sein, er ist nicht weitreichend genug. Mag sein, wir müssen weiter darüber streiten. Aber ich habe bisher weder aus dem Bundes- noch aus den Länderparlamenten etwas gehört oder darüber gelesen, was den Arbeiterinnen oder Arbeitern nun wirklich als Perspektive für deren Arbeitsleben angeboten werden soll.
Dies hier ist ein konkreter Vorschlag, der auch den Charme hat, dass wir uns als Sitz dieser neu zu gründenden Sanierungsgesellschaft die Stadt Hoyerswerda gut vorstellen könnten. Natürlich fordern wir hinsichtlich der Finanzierung, neben den Bund und den Ländern, auch eine ausreichende Beteiligungsfinanzierung von Bergbautreibenden und den Betreibern der Kraftwerksstandorte ein.
Daher stimmen Sie unserem Antrag zu; denn die Schließung der Braunkohletagebaue dürfen wir nicht von einem eventuell erfolgreichen Strukturwandel abhängig machen, sondern die Schließung der Braunkohletagebaue muss Startschuss für einen tatsächlich erfolgreichen Strukturwandel sein. Dafür ist Hoyerswerda als Stadt, die durch die Kohleförderung gewachsen ist und im Herzen des Lausitzer Seenlandes liegt, ein ideales Zentrum.
Erster möglicher Kritikpunkt: Wie sollen denn die Fachkräfte in die Lausitz und nach Hoyerswerda kommen? Zum einen sage ich: Die Fachkräfte sind schon da, weil es ja eine Gesellschaft für die heutigen Bergleute sein soll. Zum anderen wollen wir mit solch einer Ansiedlung selbstverständlich auch den zukünftigen Wegzug junger, gut ausgebildeter Menschen stoppen. Das heißt, auch hier kann die Region als Fachkräftereserve gesehen werden. Außerdem sollen die Kritiker aufhören, von der Lausitz wie von einem nicht erreichbaren Ort zu sprechen. Hoyerswerda hat eine gute, zentrale Lage, insbesondere mit guten Bahnverbindungen nach Leipzig, Dresden und Görlitz. Cottbus ist auch nicht so weit entfernt.
Zweiter möglicher Kritikpunkt: Wir würden hier die Kosten für die Sanierung des Kohleabbaus vergesellschaften und die LEAG und die RWE mit den Gewinnen davonkommen lassen. Darauf kann ich ganz klar antworten: Nein, wir verzichten nicht auf Sicherheitsleistungen der Bergbautreibenden. Diese sollen sogar den größten Batzen davon schultern. Schließlich sind Rekultivierung und Sanierung nach § 55 Bundesberggesetz eigentlich ihre Aufgaben. Dass wir diese nun in eine staatliche Gesellschaft legen wollen, liegt schlicht daran, dass wir großen Zweifel daran haben, ob dieser Investor bei einem ambitionierten Kohleausstiegsbeschluss hier verantwortlich handeln wird, und zwar sowohl hinsichtlich der Sanierungsqualität als auch des Umgangs mit den Beschäftigten. Ich nenne nur das Stichwort: mögliche Leiharbeit auf Kosten von Stammarbeitsplätzen.
Angesichts der Geschwindigkeit, mit der die Bedrohung des Klimawandels auf uns zukommt, müssen wir daher zügig handeln. Zügiges sozialökologisches Handeln heißt für mich, erstens, aus der Braunkohle zügig auszusteigen.
Das ist nett. Vielen Dank, Frau Dr. Pinka. Ist Ihnen klar, Frau Dr. Pinka, dass die Sicherheitsleistungen, wenn man sie verlangt, nicht dem Staat gehören, sondern dass er sie sozusagen nur verwaltet und er erst zugreifen kann, wenn der eigentlich Verantwortliche ausfällt, das heißt, wenn er tatsächlich insolvent ist? Sie können nicht einfach damit arbeiten, solange das Unternehmen existiert und die Aufgaben selbst erledigt. Ist Ihnen das klar?
Das ist mir vollkommen klar. Wir haben ja schon mehrfach über die Sicherheitsleistungen und die Notwendigkeiten gesprochen. Das ist mir schon klar. Aber im Moment hat die LEAG keinen Grund, über Renaturierung und Sanierung zu sprechen. In den Braunkohleplänen steht ein ganz anderes Zeitziel des Ausstiegs drin. Wir gehen ja beide davon aus, dass die Strukturkommission nachfolgend mit einem Ausstiegsgesetz kommen wird. Von daher sage ich: Wir brauchen relativ schnell diese Sicherheitsleistungen. Wir entlassen die LEAG nicht aus dieser Verpflichtung. Wir beide glauben ja auch nicht an die dauerhafte Existenz der LEAG.
Also ich jedenfalls nicht, und ich könnte das auch begründen, aber das mache ich jetzt nicht. Natürlich kann auch der Staat mit diesem Geld substanziell eine Gesellschaft stützen; das ist unbestritten. Er kann das Geld dafür einsetzen. Eigentlich muss es die LEAG machen, darin