Protocol of the Session on September 6, 2018

Das ist ein Instrument, eine Masche, die wir schon so oft von Ihnen gesehen haben. Ich würde empfehlen, einfach vorher zu überlegen. Ich habe meine Worte sehr wohl gewählt. Sie können es dann im Protokoll nachlesen. Ich habe nicht gehetzt. Ich habe auch nicht davon gesprochen, Herr Hütter. Ich habe meine Worte gestern wohl gewählt und ich habe sie auch heute wohl gewählt. Ich würde es Ihnen auch irgendwann empfehlen, es würde uns allen helfen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Gibt es noch Redebedarf von den Fraktionen, die noch Redezeit haben? – Das ist nicht der Fall. Dann, Herr Staatsminister Schenk, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich inhaltlich auf das Thema des Antrags eingehe, möchte ich eine Vorbemerkung in Richtung Antragstellerin machen. Brüssel bläst nicht zum Sturm gegen Sachsen. Brüssel ist unser Partner. Die Einzigen, die im Sturm stehen, sind Sie. Ich glaube, das hat die Debatte noch einmal gezeigt.

Bei allem Verständnis für das Bemühen, Aufmerksamkeit für das Thema zu erzeugen – und es ist ein wichtiges Thema –: Die hier gewählte Wortwahl ist nicht angemessen. In zahlreichen Krisenherden auf der Welt wird zum Sturm geblasen. Das ist schlimm genug.

Zur Sache selbst. Sachsen zählt als exportorientiertes Land in der Mitte Europas zu den größten Nutznießern der deutschen Einheit und der europäischen Integration, die uns auch in Zukunft große Chancen bietet.

Die Europäische Union ist ein Verbund ihrer Mitgliedsstaaten. Deshalb kann die Kommission auch nicht allein entscheiden, sondern nur Vorschläge unterbreiten.

(Heinz Lehmann, CDU: Richtig!)

Das letzte Wort haben die Mitgliedsstaaten selbst im Europäischen Rat. Deshalb gehört die Debatte auf die Bundesebene. Genau das passiert heute im Finanzausschuss des Bundesrates, wobei sich Finanzminister Haß zu den Fragen positionieren wird.

Der Ansatz der Europäischen Union, die anhaltend starke Verflechtung zwischen Staaten und Banken aufzubrechen, ist vom Grundsatz her unterstützenswert. Diese Verbindung gilt es aufzulösen. Im Interesse der Staaten und ihrer Bürger soll einer staatlichen Bankenrettung vorgebeugt werden, indem die Anleihebestände der Banken stärker diversifiziert werden. Umgekehrt müssen sich Banken vor dem Ausfall von Staatsanleihen schützen. So weit, so gut.

Wie das Ganze umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt. Auch wenn Deutschland die Finanz- und Schuldenkrise gut überstanden hat, steht fest, dass sie auch nach zehn Jahren noch nicht abgeschlossen ist. Die hohen Staatsschulden müssen weiter abgebaut und Altlasten in den Bankbilanzen abgebaut werden. Nicht alle Länder haben so entschieden gegengesteuert wie Deutschland oder auch der Freistaat. Deshalb bringt es auch nichts, als Erstes über neue Instrumente zu reden, wenn beim Abbau von Schulden und Risiken keine deutlichen Fortschritte erreicht werden.

Bei den vorgeschlagenen SBBS handelt es sich um verbriefte Wertpapiere. Dazu ist schon viel und ausführlich ausgeführt worden. Zu Recht ist von vielen Vorrednern darauf hingewiesen worden, dass es eine Fachdebatte ist, in die die SBBS auch gehören, um Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen.

Wir alle wissen, dass die Verbriefung von Forderungen schon einmal Auslöser einer Finanzkrise war, weil man am Ende nicht mehr wusste, wie werthaltig die verbrieften und gebündelten Forderungen sind. Deshalb müssen wir hinterfragen, ob solche Papiere das geeignete Mittel sind, um weiteren Krisen vorzubeugen.

Es gibt viele Aspekte zu bedenken. Herr von Breitenbuch hat auf die Ausführungen der Bundesbank und des Kollegen Beermann hingewiesen. Die SBBS sind viel zu kompliziert und komplex in ihren Auswirkungen.

Vorteile, die heute für Staatsanleihen gelten, sollen auf die SBBS übertragen werden, um sie bei der Eigenkapitalunterlegung zu einer attraktiven Anlageform für die Banken zu machen. Ob diese Rechnung aufgeht, darüber muss man zumindest diskutieren. Das kann in Teilen auch angezweifelt werden. Warum sollte der Anleger Staatsanleihen in gebündelter und verbriefter Form erwerben wollen, wenn er sie auch direkt, also ungebündelt und unverbrieft, erwerben kann?

Zudem würden die SBBS die Verbindung zwischen Staat und Banken – im Gegenteil – sogar noch ausweiten. Statt die Stabilität zu stärken, würde sie geschwächt. Warum? – Weil die SBBS nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen und damit ungesicherte Risiken heraufbeschwören würden.

Finden die SBBS im Krisenfall keine Abnehmer mehr, dann besteht die Gefahr, dass neue Stabilisierungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Genau das sollte der Vorschlag der Kommission aber verhindern. Schließlich sind die Mitgliedsstaaten auf das neue Instrument auch gar nicht angewiesen, um sich zu finanzieren. Für den Krisenfall steht der ESM zur Verfügung. Er stellt einem Mitgliedsstaat Liquidität unter der Bedingung bereit, dass dieser sich verbindlich zu Reformen verpflichtet. Das ist und bleibt die wesentliche Forderung Deutschlands. Ich bin dankbar, dass dies bisher bei allen Finanzministern übliche Politik war.

(Beifall des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU)

Die Haftung im ESM zu beschränken erfolgt durch das maximale Auswahlvolumen. Die Mitgliedsstaaten müssen bei der Gewährung von Hilfen mit entscheiden.

(Zuruf von der CDU: Das ist nicht gewollt!)

Ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt. Bei den SBBS hingegen hätten die Mitgliedsstaaten keinen Einfluss mehr auf die von anderen Mitgliedsstaaten eingebrachten Staatsschulden. Die Minimierung der Risikoprämien für Staatsanleihen gäbe sogar Fehlanreize. Es käme möglicherweise zu einer übermäßigen Staatsverschuldung.

Ich halte deshalb den Ansatz der Bundesbank für zielführend: Es müssten Staatsanleihen von Krisenländern dem

Risiko entsprechend mit Eigenkapital unterlegt werden, was die weitverbreitete Neigung der Banken dämpfen würde, Anleihen ihres jeweiligen Mitgliedsstaates zu erwerben. Marktzwänge zur Konsolidierung der eigenen Bankbilanzen und Haushalte in Mitgliedsstaaten würden dann zunehmen. Eine künstliche Risikominimierung durch Finanzprodukte hilft hingegen nicht weiter. Solide Staatsfinanzen, die ja ein Kernelement unserer sächsischen Finanzpolitik sind, sind die beste und wichtigste Voraussetzung für das Vertrauen der Märkte in Staatsanleihen und eine stabile Währung. Dafür trägt jeder Mitgliedsstaat des Euro-Währungsraums Verantwortung in Form von Reformen.

Mein Fazit: Risiken kann man am besten durch Reformen vorbeugen. Das ist unbequem, aber notwendig. All dies kann und wird man auf Bundes- und europäischer Ebene diskutieren. Die berechtigte Kritik am Vorschlag der Kommission wird aber nur dann Gehör finden, wenn sie sachlich vorgetragen wird. Diese Erkenntnis wünsche ich jedem hier im Haus.

(Beifall bei der CDU – Dirk Panter, SPD: So ist es!)

Meine Damen und Herren!

Damit ist die zweite Aktuelle Debatte abgearbeitet. Ich schließe den Tagesordnungspunkt. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Frau Dr. Eva-Maria Stange, zum Thema „Fördermillionen der EU machen Sachsens Wissenschaft stark: Freistaat auch nach 2020 auf EU-Förderung angewiesen“. Es stehen nach Geschäftsordnung der Staatsministerin zehn Minuten Redezeit zur Verfügung. Anschließend können wir einen zweiten Themenkomplex in der Fragestunde der SPDFraktion „Industriekulturen“ hinzunehmen.

Ich erteile Frau Staatsministerin Dr. Stange das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich sind wir bereits ein Stück in die EU-Debatte eingestiegen. Ich möchte gleich an das anknüpfen, was Herr Staatsminister Schenk gesagt hatte: Sachsen gehört zu den größten Nutznießern der Europäischen Union, wenn es darum geht, dass wir, aufbauend auf der deutschen Einheit, auch die Solidarität innerhalb der Europäischen Union aufgreifen konnten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EUFörderung mit Mitteln aus dem Europäischen Strukturfonds EFRE und dem Europäischen Sozialfonds ESF

ist ein unverzichtbarer Baustein bei der Modernisierung, aber auch beim Aufbau der sächsischen Forschungslandschaft seit Anfang an. Unsere Hochschulen und unsere Forschungseinrichtungen sind auf stetigen Aufbau und Erneuerung der Gebäude und der Infrastruktur angewiesen, wenn sie auf hohem Niveau international mithalten wollen. Diese guten Möglichkeiten in den vergangenen Jahren locken sowohl hochkarätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Studierende, aber auch ambitionierte junge Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher nach Sachsen, die letztendlich dann unsere Forschung gemeinsam voranbringen.

Zunächst zur Förderung über den Europäischen Sozialfonds. Mit ESF-Mitteln werden drei Kategorien in Sachsen gefördert: Das sind einmal die Nachwuchsforschergruppen, das sind Promotionen und das sind Vorhaben zur Steigerung des Studienerfolges. Insgesamt stehen dafür in den Jahren 2014 bis 2020 – also der laufenden Förderperiode – circa 118 Millionen Euro zur Verfügung. An dieser Stelle sei erwähnt, dass diese sich immer aus den europäischen Mitteln, in dem Fall 95 Millionen Euro, und 17 Millionen Euro Landesmitteln zusammensetzen. Hinzu kommen 6 Millionen Euro Eigenmittel der Hochschulen.

Eine erste Gruppe sind die Nachwuchsforschergruppen. Wir haben derzeit aktuell 62 Nachwuchsforschergruppen gefördert. Das sind insgesamt 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Für diese Nachwuchsforschergruppen stehen in der laufenden Förderperiode

82 Millionen Euro – also doch eine erkleckliche Summe – zur Verfügung.

Ergänzend haben wir zurzeit 231 Promovendinnen und Promovenden. Auch dafür werden 23 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ein Element, das wir in dieser Förderperiode neu eingeführt haben, um die Studienabbrecherquote deutlich zu senken, sind Projekte für den Studienerfolg. Diese werden aus ESF-Mitteln mit 13 Millionen Euro gefördert und zeigen, wie wir auch an der jüngsten Studierendenstudie sehen konnten, erste Erfolge.

Lassen Sie mich zu dem noch größeren Bereich, den Europäischen Strukturfondsmitteln, den EFRE-Mitteln, kommen. Auch hier haben wir in drei Kategorien die Möglichkeit, unsere Infrastruktur zu fördern. Das ist einmal die Zuwendung für Forschungsinfrastruktur über die Richtlinie Forschung InfraPro. Wir haben die Möglichkeit, Forschungsprojekte für anwendungsnahe öffentliche Forschung zu finanzieren, dort übrigens seit 2000 mit immerhin einer Summe von 1 Milliarde Euro.

Wir haben auch die Möglichkeit, dass Neu- und Umbauten und Investitionen in Geräte finanziert werden können, für, und das ist die Besonderheit bei den europäischen Mitteln, vorrangig anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Auch Projekte wissenschaftlicher Bibliotheken zur Erschließung, Bereitstellung und langfristigen Sicherung von Informationen kommen in den Nutzen dieser Förderung. In der aktuellen Förderperiode werden allein für diese Infrastrukturförderung insgesamt 175 Millionen Euro veranschlagt. Hinzu kommt ein Mittelaufwuchs von 40 Millionen Euro, den wir gerade durch Umschichtung zwischen den Ressorts erreicht haben. Ein Antrag bei der Europäischen Union zu dieser Umschichtung hat gute Chancen.

Ich möchte für diese Forschergruppen nur zwei Beispiele nennen. Da gibt es einmal an der Technischen Universität Chemnitz im Bereich der Fakultät Maschinenbau in der Professur Strukturleichtbau/Kunststoffverarbeitung eine Forschergruppe mit immerhin einem Volumen von über 880 000 Euro bis zum Jahr 2019. An der Universität Leipzig läuft bis 2020 gemeinsam mit der WHZ und dem Fraunhofer IWU die Entwicklung eines patientenspezifischen Systems für die Tiefenhirnstimulation in einem Volumen von rund 1 Million Euro.

Beispiele für Großinvestitionen sind Ihnen eigentlich allen oder denjenigen, die zumindest diese begleiten, bekannt: der Neubau des DZNE, also des Deutschen Zentrums für Neurogenerative Erkrankungen, das Ende 2018 für 19,5 Millionen Euro fertiggestellt wird; oder auch der Bau des Technikums des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie für rund

10 Millionen Euro. Weitere Beispiele ließen sich auf Nachfrage gern aufführen.

Neben den genannten Förderungen über die Richtlinie Forschung InfraPro können wir über EFRE-Maßnahmen die Infrastruktur an den Hochschulen direkt fördern, also für die anwendungsnahe Forschung an den Hochschulen. Dafür stehen 162,5 Millionen Euro zur Verfügung. Allein davon sind 32,5 Millionen Euro Landesmittel. Gefördert werden Investitionen in Gebäude und Gebäudeteile, die überwiegend als Instituts- und Laborgebäude genutzt werden, zum Beispiel Investitionen in Technika und Versuchshallen oder auch im Einzelfall nutzerspezifische Ausrüstungen und die baulichen Voraussetzungen dafür. Ein Beispiel dafür ist das gerade jüngst fertiggestellte Center for Advancing Electronics Dresden, das CfAED der TU Dresden, der Erweiterungsbau für 35,5 Millionen Euro im Zusammenhang mit dem Exzellenzcluster und auch das Hochtechnologiezentrum an der Westsächsischen Hochschule Zwickau, Peter-Breuer-Straße, für fast 30 Millionen Euro, was derzeit in Planung ist.

Last, but not least können wir aus EFRE-Mitteln energieeffiziente Investitionen an Hochschulen und Landesgebäuden im Umfang von 141 Millionen Euro vornehmen. Lassen Sie mich auch hierzu zwei Beispiele nennen: An der Universität Leipzig ist dies das Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung mit 4,8 Millionen Euro – der Neubau des Forschungsgewächshauses, vor einiger Zeit eingeweiht – und an der Staatlichen Studienakademie Plauen der Umbau und die energetische Sanierung des Lehrgebäudes für 0,8 Millionen Euro; auch hier sind wir inmitten der Bauausführung.

Sie sehen an diesen Beispielen: Die Solidarität innerhalb Europas hilft uns enorm. Wir haben uns dafür zu einem sehr frühen Zeitpunkt eingesetzt, haben uns mit den Präsidenten und Vorsitzenden der Forschungsgemeinschaften zusammengesetzt und gefragt: Wie soll es nach 2020 weitergehen, in der Förderperiode von 2021 bis 2027? Wir wissen, dass diese Förderperiode mit Risiken verbunden sein wird.

Das gilt zum einen, weil dank der guten Förderung und dank der guten Entwicklung in den letzten Jahren – denn Forschung ist die Grundlage auch für unsere wirtschaftliche Entwicklung – Sachsen innerhalb der Europäischen Union vermutlich in eine andere Kategorie der Förderung rutschen wird, womit die Förderung auf dieser Grundlage zurückgehen könnte.

Was uns aber viel größere Sorgen bereitet, ist der Brexit, der Ausstieg Großbritanniens sowohl als Finanzier der Europäischen Union als auch – das wird oftmals vielleicht nicht so gesehen – als einer der größten Befürworter der Unterstützung von Forschungsvorhaben innerhalb der Europäischen Union. Nicht alle Länder sind so stark daran interessiert, dass sich die Europäische Union zum Beispiel mit „Horizon 2020“ für die Forschungsförderung einsetzt. Von daher verlieren wir einen wichtigen Partner.

Die Verhandlungen dahin gehend, wie diese Förderperiode aussehen wird, laufen derzeit. Wir haben unsere Botschaft gesendet. Wir möchten möglichst auf dem gleichen Niveau eine Förderung wie in den vergangenen

Jahren erhalten. Ich verwende dafür gerne ein Bild: Sachsen befindet sich wie ein Rennpferd mitten im Lauf. Wenn es ab 2020 ausgebremst würde, weil wir nicht mehr in der Lage wären, die Forschungsinfrastruktur zu erneuern, würde dieses Rennpferd ins Straucheln geraten, was natürlich auch Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung hätte.