Aber das ist der Eindruck, den wir hier mit dem Pathos doch erzielen wollen. Von daher zitiere ich gern den Innenminister. Ich glaube, es ist ein Sprichwort vom Innenminister, wenn er auch kein Copyright darauf hat: Es gilt: Wenn es nicht zwingend notwendig ist, ein Gesetz zu beschließen, ist es zwingend notwendig, ein Gesetz nicht zu beschließen.
Damit lehnen wir diese Gesetzesinitiative ab. Gleiches gilt für die Koalitionsfraktionen auch für den Änderungsantrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute erfolgt die Zweite Beratung zum Gesetzentwurf zur Verbesserung des Brandschutzes in Sonderbauten im Freistaat Sachsen der Fraktion DIE LINKE. Worum geht es? Wir haben es grob gehört. Das Ziel des Gesetzentwurfes ist es, Vorgaben für den Brandschutz für einen Teil der in der Sächsischen Bauordnung enthaltenen Sonderbauten auf gesetzlicher Ebene verbindlicher auszugestalten. Konkret geht es um Krankenhäuser, Wohnheime sowie Pflege- und Tageseinrichtungen.
In der Bauordnung soll festgelegt werden, dass diese Gebäude zwingend mit automatischen Feuerlöschanlagen,
Brandmeldeanlagen und Anlagen zur Rauchableitung ausgestattet sein müssen, und es müssen ein Brandschutzkonzept und Brandschutzbeauftragter vorhanden sein. Es ist ebenfalls eine Nachrüstpflicht für Bestandsbauten vorgesehen. Wir haben dazu eben Andeutungen gehört.
Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns einig, dass der Brandschutz nicht nur, aber gerade auch in Sonderbauten wichtig ist und Leben retten kann – vor allem in Einrichtungen, in denen sich besonders schutzbedürftige Personen aufhalten. Wie verheerend sich Brände in solchen Einrichtungen auswirken können, zeigt beispielsweise der Brand in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Titisee-Neustadt im Jahr 2012, bei dem insgesamt 14 Tote zu beklagen waren.
Die Frage ist jedoch, ob der vorgeschlagene Gesetzentwurf eine sinnvolle Lösung enthält, ob er nicht nur von der generellen Zielstellung her zustimmungsfähig ist, sondern auch in seiner konkreten Umsetzung.
Im Verlauf der parlamentarischen Befassung kamen bei mir aus mehreren Gründen durchaus große Zweifel auf. Auch die Sachverständigenanhörung, auf die Sie abgehoben und bei der sich eine Vielzahl von Sachverständigen aus sehr unterschiedlichen Perspektiven mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt haben, hat diese Zweifel eher noch bestärkt.
Beispielhaft möchte ich Prof. Grigoleit von der TU Dortmund anführen, der anschaulich darstellte, dass wir über eine sehr gravierende Abweichung von der Musterbauordnung sprechen, die zwar rechtlich möglich ist, aber bei sachgerechter Betrachtung trotzdem die schlechtere Lösung wäre.
Warum hat er das gesagt? Da kein Gebäude dem anderen gleicht, hielt er es für viel sinnvoller, untergesetzliche ermessenslenkende Vorschriften zum Brandschutz in Sonderbauten zu schaffen und dadurch die Flexibilität und Anpassbarkeit dieser Regelungen beim konkreten Objekt zu erhöhen.
Abgesehen von der Frage, ob die Sächsische Bauordnung oder eine Verordnung oder Verwaltungsvorschrift der richtige Ort für eine solche Regelung ist, haben wir generell als SPD ein Problem mit solch starren Vorschlägen bzw. Regelungen, bei denen es keinerlei Ermessen gibt. Damit ist dies auch der falsche Weg für einen spürbar besseren Brandschutz in diesen Gebäuden. Ich würde sogar behaupten, die Bauaufsichtsbehörden hätten es schwerer, für jeden einzelnen Sonderbau mit einer gesetzlichen Lösung, wie es in Ihrem Vorschlag steht, mit den Eigenheiten der jeweiligen Gebäude maßgeschneiderte Gesamtkonzepte für den bestmöglichen Brandschutz zu entwickeln.
Ein zweiter Sachverständiger war Herr Diplomingenieur Witte, Brandoberrat und Vorsitzender des Arbeitskreises Vorbeugender Brandschutz in der AG der Leiter der Berufsfeuerwehren in Sachsen, auf den ich eingehen möchte. Er kritisierte in der Anhörung das pauschale Verbot von Ausnahmen sowie den einseitigen Fokus auf
wenige Anlagen und technische Aspekte und bezeichnete dies als schlicht nicht praxisgerecht. Er sagte, vielmehr verlange der vorbeugende Brandschutz immer ein Gesamtkonzept, das sich aus aufeinander und auf den Nutzungszweck abgestimmten baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen zusammensetzt.
Nur stellt sich dabei die Frage, ob wir hierbei wirklich eine Regelungslücke haben oder ob das nicht vielmehr schon durch die Sächsische Bauordnung gegeben ist. Denn daraus ergibt sich, dass ohnehin ein Brandschutznachweis erforderlich ist, in dem zwingend zu beschreiben ist, was im konkreten Einzelfall an baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen vorzuhalten ist. Die Sächsische Bauordnung gibt es also insofern bereits jetzt her, für derartige Sonderbauvorhaben umfangreiche, maßgeschneiderte Vorgaben für den Brandschutz abzufordern.
Außerdem kritisierte Herr Witte eine mangelnde Differenzierung zwischen den einzelnen Sonderbautypen und den daraus resultierenden Brandschutzmindestanforderungen. So kann ein Studentenwohnheim eben nicht mit einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim gleichgesetzt werden. Sie tun dies aber in Ihrem Gesetzentwurf. Diese Differenzierung fehlt. Sie ist auch mit einer gesetzlichen Lösung nicht herzustellen. Auch dafür wäre es besser, untergesetzlich ermessensleitende Regelungen zu schaffen.
Nur kurz erwähnen möchte ich die Kritik von Herrn Prof. Grigoleit an der Nachrüstpflicht von Bestandsbauten. Er sieht hierin einen unverhältnismäßigen Eingriff in Artikel 14 des Grundgesetzes. Daran ändert auch Ihr Änderungsantrag nichts, mit dem Sie die Frist dafür verlängert haben. Die Unverhältnismäßigkeit ergibt sich aus dem Umfang der verpflichtenden Nachrüstungen. Das ist auch nicht mit der Diskussion um Rauchmelder vergleichbar, in der es darum ging, ob man diese für die Bestandsbauten verpflichtend macht oder nicht; sondern wir sprechen von Feuerlöschanlagen, von Sprinklern und dergleichen, was einfach unglaublich umfangreiche Baumaßnahmenkosten nach sich zieht. Daher teilen wir die Einschätzung, dass es ein unverhältnismäßiger Eingriff in Artikel 14 Grundgesetz wäre.
In der Gesamtschau ist der Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen der Sächsischen Bauordnung ein Sonderweg, der unpraktikabel ist, zu starr, pauschal und unverhältnismäßig. Daher kann die SPD-Fraktion diesen Vorschlag nicht mittragen und wird ihn ablehnen.
über die Verbesserung des Brandschutzes, in erster Linie in Sonderbauten. Uns allen ist klar, dass es für die Feuerwehr die schwierigsten Szenarien und Herausforderungen sind, wenn es zu einem Brand, zum Beispiel in einem Altenpflegeheim kommt, wo viele Menschen quasi immobil sind. Wir hatten einen solchen Fall in Görlitz im Jahr 2016 mit zwei Toten in einem Seniorenheim, und wir wissen: Das möchte niemand. Insofern ist es natürlich auch niemandem vorzuwerfen, dass er sich Gedanken darüber macht, wie man das Ganze regeln kann.
Nun haben sich die LINKEN dazu entschieden, dies gern in einem Gesetz regeln zu wollen. Wir sehen darin aber einige Ungereimtheiten, auch in Ihrer Begründung. Sie kommen daher und sagen in Ihrer Gesetzesbegründung, dass die Brände in Pflegeheimen in den vergangenen Jahren zugenommen hätten. Nur bleiben Sie den Beweis dafür schuldig, dass genau dies der Fall ist. Wir konstatieren einen Anstieg an Fehlalarmen, das heißt, dass offensichtlich mehr Brände gemeldet werden, wahrscheinlich auch mithilfe technischer Anlagen. Dort haben wir ein Plus an Sicherheit, was auch dazu führt, dass die Rettungskräfte hinausfahren, auch wenn es – zum Glück – nicht notwendig gewesen wäre.
In den Jahren 1990 bis 2015 hat man es geschafft, die Anzahl der Brandtoten fast zu halbieren: auf 367 Personen im Jahr. Das ist ein sehr erfreulicher Trend. Fragwürdig ist für uns allerdings die Rolle des Technischen Brandschutz e. V., auf den Sie sich berufen; denn das ist eine Lobbygruppe der Brandschutztechnikhersteller, und es ist natürlich klar, dass diese gewisse Eigeninteressen haben
und im technischen Brandschutz das Maß aller Dinge sehen. Nun ist aber der technische Brandschutz eben nur ein Teil von mehreren. Das sind technische Maßnahmen. Dazu gibt es natürlich noch die Möglichkeit der organisatorischen Maßnahmen, die zu treffen sind. Dazu wäre auf der einen Seite zu nennen: Es wäre schön, wenn wir mehr Pflegepersonal in den Pflegeheimen hätten. Dann würde man auch einen Brand schneller erkennen, ihn schneller bekämpfen können – zielgerichtet –, und diese Schäden würden nicht eintreten. Auf der anderen Seite gäbe es zum Beispiel noch die Möglichkeit, wenn Umbauten zu teuer sind, Brandwachen einzusetzen, so wie das in anderen Gebäuden ebenfalls geschieht: teilweise in Schulen, weil die Umbauten zu teuer sind, und sogar verpflichtend in Asylheimen.
Sie wollen jetzt allerdings Ihre Vorschläge in einem Gesetz regeln. Dies teilen wir nicht, denn wir glauben, dass das Gesetz zu unflexibel ist. Sie sehen ja selbst, wie lange es dauert, eine gesetzliche Regelung durch den Landtag und dafür die Mehrheit zu bekommen. Insofern wäre eine untergesetzliche Regelung in Form einer Verordnung oder einer Verwaltungsvorschrift der deutlich einfachere Weg, mit dem man ebenfalls arbeiten kann. Im Übrigen ist es auch heute schon so, wenn wir über Sonderbauten sprechen, dass der Brandschutznachweis
Nun wollen Sie hier alle Sonderbauten über einen Kamm scheren, und das wird schwierig; denn Sonderbauten heißen Sonderbauten, weil sie individuell sind, weil es eben Sonderbauten sind. Das heißt, es muss ein individualisiertes Brandschutzkonzept für dieses Objekt vorgelegt werden, was danach von einem technischen Prüfingenieur abgenommen wird, und zwar im Vier-Augen-Prinzip. Das bedeutet: Wenn Sie sagen, es genüge nicht, es werde zu wenig getan, dann haben wir vielleicht ein Vollzugsdefizit bei der bestehenden Regelung, und dem müsste man aufsichtsrechtlich nachkommen. Mit einem neuen Gesetz schaffen wir das allerdings nicht.
Zum praktischen Teil Ihres Gesetzes. Sie schlagen vor: Sprinkleranlagen, Brandmelder, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen pauschal und für alle. Das halten wir nicht für sachgerecht; denn, wie gesagt, es gibt auch die organisatorischen Maßnahmen – was zum Beispiel auch eine Brandwache sein kann. Sie greifen in den Gebäudebestand ein. Es wird natürlich extrem aufwendig, dies umzusetzen, und ich frage mich, wie Sie in den Zeiten der Umsetzung die zusätzlichen Pflegeplätze in anderen Heimen schaffen wollen. Was wollen Sie mit den Menschen machen? Wenn man in einem Bestandsbau, der bis zum letzten Bett belegt ist, die Menschen alle woanders unterbringen will, dann würde das eine ziemliche Herausforderung werden.
Ich denke, das sind Aspekte, an die Sie nicht gedacht haben. Sie schießen über das Ziel hinaus, obwohl Sie das Richtige wollen. Ihre Regelung halten wir für untauglich, deshalb werden wir uns enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist für uns alle eine Horrorvorstellung, dass in einem Krankenhaus, einem Kindergarten oder einem Pflegeheim ein Feuer ausbricht und Menschen diese Orte nicht schnell genug verlassen können, weil sie krank sind, weil sie zu schwach oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Bricht ein Feuer in solchen Einrichtungen aus, ist die Zahl der Verletzten oder gar Toten wahrscheinlich ungleich höher als bei anderen Bränden.
Der Gesetzgeber hat sich bewusst dieser besonderen Gefahr entsprechend verhalten, als er in § 51 der Sächsischen Bauordnung geregelt hat, dass die Bauaufsichtsbehörde besondere Anordnungen bei Sonderbauten treffen kann, um die Gefahr für die Bewohner, Opfer eines Feuers zu werden, zu minimieren.
Generell sind Gebäude nach den §§ 3 und 14 der Sächsischen Bauordnung so zu errichten, umzubauen oder zu nutzen, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei
Dem Anliegen des Gesetzentwurfs, im Bereich des Brandschutzes zukünftig keine Ausnahmen mehr bei den ausgewählten Sonderbauten zuzulassen, wie sie derzeit noch über § 51 Sächsische Bauordnung möglich sind, können wir GRÜNEN durchaus etwas abgewinnen. Auch wir sehen die Notwendigkeit, dass automatische Feuerlöschanlagen, Brandmeldeanlagen und Anlagen zur Rauchableitung, Brandschutzkonzepte und -beauftragte in Sonderbauten vorhanden sind.
Nach der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf im Innenausschuss haben wir uns allerdings gefragt, ob es dafür tatsächlich einer solchen Regelung, wie hier vorgeschlagen, bedarf und inwieweit man die damit verbundenen Eingriffe in das Eigentumsrecht rechtfertigen kann, ohne eine Ausgleichsgrundlage im Gesetz vorzusehen. Herr Prof. Dr. Grigoleit hat mich mit seinen Ausführungen durchaus überzeugt, als er verdeutlichte, dass es für verbindliche Kriterien in Sachsen noch andere Lösungen als das Gesetz gibt, nämlich Rechtsverordnungen oder eben die vielfach angesprochenen ermessensleitenden Richtlinien, und andere Bundesländer bereits von diesem Recht Gebrauch gemacht haben. Warum Sachsen dies nicht tut, konnten uns auch viele der sachverständigen Feuerwehrleute in der Anhörung nicht wirklich sagen. Einig waren sie sich aber darin, dass es verbindliche Regelungen braucht, allerdings auch darüber – dies wurde bereits angesprochen –, dass ihnen die Regelungen mit dem Gesetzentwurf der LINKEN teilweise zu pauschal seien und zu wenig auf den Einzelfall bezogen umgesetzt werden können. Mehrere Sachverständige haben daher in der Anhörung vorgeschlagen, für die jeweiligen spezifischen Sonderbauten gesonderte Regelungen – dann aber per Rechtsverordnung – zu schaffen.
Problematisiert wurde in der Anhörung auch die Umsetzung dieser Regelung bei den Bestandsbauten, in denen unter anderem Pflegeeinrichtungen untergebracht sind. Der Brandrat Uwe Restetzki aus Görlitz vermutete, dass die Kosten für die Anpassung nach diesem Gesetzentwurf nicht bei den angegebenen 50 Euro je Quadratmeter bleiben, sondern höher liegen dürften, würde man dieses Gesetz umsetzen. Hierfür fehlt aber die aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzusehende Ausgleichsregelung im Gesetz. Es ist in der Anhörung auch noch einmal sehr deutlich geworden, dass man hier in einem sehr, sehr engen Korsett ist, auch des Verfassungsrechts, und nicht ohne Weiteres eine Nachrüstungspflicht für die Bestandsbauten festlegen kann, ohne eine adäquate Ausgleichsregelung zu schaffen.
Liebe LINKE, Sie haben es nachgebessert und die Übergangsfrist zur Erfüllung der Vorgaben wesentlich enger gefasst. Das löst das Problem zwar nicht, ist aber wichtig. Wir werden uns daher am Ende bei der Abstimmung enthalten, aber zugleich die Forderung an den Innenminister richten: Tun Sie doch einmal etwas in Bezug auf die Rechtsverordnung und die entsprechenden ermessenslei
tenden Regelungen. Wir brauchen eine deutliche Verbesserung des Brandschutzes bei Sonderbauten im Freistaat Sachsen. Das ist dann wirklich mal etwas, womit Sie etwas für die Sicherheit der Menschen in Sachsen tun können, ohne dabei permanent die Bürgerrechte unter Beschuss zu nehmen. Wir werden uns, wie gesagt, enthalten und hoffen, dass der Innenminister mal etwas tut.