Wir haben uns dann im gesamten Petitionsausschuss einstimmig entschieden, der Staatsregierung unter diesem Gesichtspunkt die Petition zur Berücksichtigung zu überweisen. Es wurde schon gesagt, dass die Überweisung zur Berücksichtigung an die Staatsregierung unser schärfstes Schwert ist. Wir verlangen damit eine eingehende Prüfung zum Anliegen des Petenten durch die Staatsregierung.
Uns ist wichtig, dass jede Petition ernstgenommen wird und bis zum Ende durchweg bearbeitet werden kann. Dabei sollen die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, vollumfänglich ausgeschöpft werden. Hier sehen wir Möglichkeiten. Deshalb bitten wir als Ausschuss die Staatsregierung um Berücksichtigung.
Es darf aber möglich sein, dass im Petitionsverfahren ein Bearbeiter zu einer anderen Bewertung als die Staatsregierung kommt; denn der Bearbeiter ist Herr des Verfahrens.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir wissen alle, auch ohne den Namen zu nennen, über welchen Professor der Universität Leipzig hier gesprochen und diskutiert wird.
Ich schicke vorweg, dass ich weder den speziellen Tweet noch die auf dem Twitteraccount geteilten Inhalte gutheiße. Ich selbst stehe weiterhin zu meiner damaligen Einschätzung, dass die veröffentlichten Äußerungen eines deutschen Professors unwürdig und meines Erachtens weder mit wissenschaftlicher Auseinandersetzung noch mit dem Mäßigungsgebot bei Beamten vereinbar sind. Das gilt umso mehr, als weitere Äußerungen des Professors – ich will sie wirklich nicht noch einmal zitieren, weil das teilweise hier schon getan wurde – auf seinem privaten Account noch klarer menschenverachtend, homophob, rassistisch und diskriminierend ausfielen.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, hier sind wir uns einig, und so verstehe ich auch das Votum des Petitionsausschusses: Das passt nicht zu unseren Hochschulen, die sich zur Weltoffenheit und Internationalität bekennen und dies auch in der Praxis leben. Deshalb begrüße ich, dass sich die internationalste unserer Universitäten in Leipzig mit den Äußerungen in verschiedenen Veranstaltungen öffentlich auseinandergesetzt und den Diskurs geführt hat, ebenso, dass nach Anhörung der Person innerhalb der Fakultät der Professor von Funktionen im Feld des internationalen Austauschs entbunden wurde und dienstrechtliche Konsequenzen durch die Dienstvorgesetzte geprüft wurden. Wichtig war meiner Meinung nach überdies, dass darüber öffentlich diskutiert wurde und unter anderem am 21. November mehrere Hundert Studierende der Universität zu einer spontanen Demonstration zusammenkamen und damit deutlich gemacht haben, dass solche Äußerungen nicht unwidersprochen bleiben und eben eine Minderheitenposition darstellen.
Das ist eine Minderheitenposition, meine Damen und Herren, die aber auch in unserer Verfassung im Artikel 20
Meinungsfreiheit einen hohen Schutz genießt. Dass jede Person das Recht hat, ihre Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, heißt eben, dass mit dieser Freiheit auch immer die Freiheit des Andersdenkenden geschützt wird. Ja, das ist nicht nur schön und selten bequem. Aber das ist eben die Essenz der Demokratie.
Diese steht aber heute Gott sei Dank nicht zur Debatte, sondern wir befinden heute in diesem Tagesordnungspunkt ausschließlich über die vorliegende Petition. Nach Einschätzung verschiedener Ministerien, also nicht nur des SMWK, liegt keine Überschreitung des Mäßigungsgebotes eines Staatsbeamten vor, welche die Voraussetzung für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wäre.
Im Petitionsausschuss – Frau Dietzschold hat es gerade ausgeführt – wurde intensiv darüber diskutiert, wo die Grenze zwischen privater und dienstlicher Meinungsäußerung liegt. Letztendlich ist man wohl einhellig der juristischen Einschätzung der Staatsregierung gefolgt. Gleichwohl überweisen wir der Staatsregierung die Petition aber zur Berücksichtigung und nochmaligen Prüfung. Das muss kein Widerspruch sein. Denn derzeit, meine Damen und Herren, läuft eine Dienstrechtsreform. Die nächste Novelle kündigt sich bereits an. Wenn wir als Parlament jetzt sagen, dass die Übergänge zwischen privater und dienstlicher öffentlicher Wahrnehmung zunehmend
fließend und gerade im Feld der sozialen Medien nicht scharf trennbar sind, dann steht es uns als Parlament und auch der Staatsregierung gut zu Gesicht, diese Normen erneut zu prüfen und gegebenenfalls sich ändernden Situationen anzupassen. Diese Chance, meine sehr verehrten Damen und Herren, besteht nunmehr.
Mit Blick ins Parlament nach rechts und links sei gesagt: Ja, man kann sicher an diesem Punkt weiter polarisieren. Aber auch dabei wird unsere Aufgabe sein, die eben erwähnte Abwägung in Gesetzesnormen vorzunehmen. Dabei geht es um Gesetze, die für alle gleich gelten und anwendbar sein müssen und die dabei dem freiheitlichen Geist unserer Verfassung nicht widersprechen dürfen. Auch das dient dem Schutz der Menschenwürde und der Demokratie.
Meine Fraktion, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird der vorliegenden Beschlussempfehlung demnach zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie werden sich vermutlich nicht wundern, dass wir eine sehr andere Auffassung zur Position der LINKEN haben.
Aber wir haben, Frau Dietzschold, schon im Ausschuss dargelegt, dass wir eine abweichende Meinung zu dieser Petition haben.
Die Petition will das Verhalten eines verbeamteten Professors unter dienstrechtlichen Aspekten überprüfen lassen und wirft die Frage auf, inwieweit die Landesregierung dafür Sorge trägt, dass Universitätsbeschäftigte keine Äußerungen tätigen, die – so wörtlich – „gegen das Grundgesetz bzw. die Gesetze des Bundes verstoßen“.
Der Professor ist Dr. Thomas Rauscher, der übrigens damit einverstanden ist, dass ich ihn hier namentlich als den von der Petition Betroffenen nenne,
Prof. Rauscher ist Inhaber einer C4-Professur für internationales Privatrecht, Rechtsvergleichung sowie bürgerliches Recht an der Universität Leipzig. Er ist dort Lehrstuhlinhaber und Institutsdirektor. Er ist Autor mehrerer Lehrbücher und war 23 Jahre lang Erasmus-Beauftragter der Fakultät, das heißt zuständig für die Auslandsaufenthalte der Jurastudenten. Gegen seine Abberufung im Februar 2018 hat er Widerspruch eingelegt.
Der Petitionsausschuss unter CDU-Federführung überwies der Staatsregierung die Petition zur Berücksichtigung. Diese kam in der Person der SPD-Wissenschaftsministerin zu dem Schluss, dass ihr nicht abgeholfen werden könne. Das ist ein an sich schon bemerkenswerter Vorgang. Das Folgende kommt mir zwar schwer über die Lippen, dennoch: Frau Dr. Stange, Sie haben recht, auch die AfD-Fraktion meint, dass diese Petition unberücksichtigt bleiben muss.
Allerdings war ihre Verfahrensweise sowie die von Rektorat und Senat eine unsägliche Vorverurteilung. Selbst der Dekan der Juristischen Fakultät war gezwungen, seine eigenen Vorwürfe in der Presse zu relativieren – ich zitiere aus der „Zeit“ –: „In der Lehrtätigkeit von Thomas Rauscher, auch in seinem Umgang mit ErasmusStudenten, ist nie etwas vorgefallen. Es gab in all den Jahren keine einzige Beschwerde.“
Aber ich möchte nicht über die einleuchtenden juristischen Begründungen sprechen, sondern über inhaltliche Angelegenheiten. Die Petition ist zunächst eine nicht als Plagiat gekennzeichnete wörtliche Wiedergabe des Artikels „Wie ein Leipziger Juraprofessor zum PegidaVerfechter wurde“ von Bernhard Honnigfort vom
In dem Text ging es um vier Tweets. In dem einen schrieb Rauscher: „Es ist natürlich, sich zu wehren, wenn die eigene Kultur untergeht. Die Angst des weißen Mannes sollte wehrhaft werden.“ In dem anderen kommentierte Rauscher einen Aufmarsch polnischer Patrioten in Warschau – es wurde hier schon erwähnt –, die ein Plakat mit der Aufschrift „Ein weißes Europa brüderlicher Nationen“
trugen, mit den Worten: „Für mich ist das ein wunderbares Ziel.“ In einem dritten erklärte er – Zitat –: „Wir schulden den Afrikanern und Arabern nichts. Sie haben ihre Kontinente durch Korruption, Schlendrian, ungehemmte Vermehrung und Stammes- und Religionskriege zerstört und nehmen uns nun weg, was wir mit Fleiß aufgebaut haben“, und in einem vierten: „Es gibt keinen friedlichen Islam. Dschihad ist der Auftrag dieser Leute. Deutschland wird sich mit dem wohlmeinenden Irrtum selbst zerstören.“ Aufgrund dieser Aussagen wird Rauscher von linken Studenten des SDS und der Antifa sowie der Uni-Leitung Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorgeworfen. Selbst Ministerin Stange spricht vorschnell von Ausländerfeindlichkeit.
Die Universität lehnte dennoch dienstrechtliche Schritte mit der Berufung auf die Meinungsfreiheit ab. Rauscher habe das als Privatmann und nicht im Namen und als Mitarbeiter der Uni getwittert.
Ähnlich argumentiert die Ministerin. Gibt es also mindestens zwei verschiedene Meinungsfreiheiten – eine normale und eine „light“ für Staatsdiener? Oder soll man besser fragen: Gibt es eine private Meinungsfreiheit für alle Meinungen und eine öffentliche, in der nur eine Meinung zählt?
Aber wichtiger sind die drei Vorwürfe, die diesen Äußerungen interpretativ unterstellt werden und die Rauscher selbst in vielen Interviews erklärte: Erstens Rassismus, zweitens Fremden- bzw. Ausländerfeindlichkeit und drittens die eigene Begründung des Petenten: Grundgesetzwidrigkeit zum vorgeblichen Rassismus, der vor allem im dritten Tweet stecke.
Rauscher wendet sich ganz schlicht gegen die Ansicht, alle Fluchtursachen stammten aus der Kolonialzeit. Die Kolonialzeit ist aber nicht schuld daran, dass sich seit dem dritten Kalifen Schia und Sunna bekriegen und deshalb derzeit der arabische Subkontinent brennt. Die Kolonialzeit ist auch nicht schuld daran, dass sich Robert Mugabe nach der Unabhängigkeit jahrzehntelang hemmungslos bereichert hat. Es ist also Unsinn, dass Europa die drohende Migrationswelle entgegennehmen muss, weil es eine koloniale Schuld zu begleichen gäbe.
Erstens. In der „Welt“ war letzte Woche zu lesen: In den subsaharischen Ländern leben insgesamt 1,1 Milliarden Menschen. Nimmt man an, dass sich nur 10 % zur Migration nach Europa entschließen, dann wären das immer noch 110 Millionen Menschen. Das zu thematisieren ist richtig und wichtig, nicht aber rassistisch. Hier werden Fakten durch den Rassismus-Vorwurf tabuisiert, weil man diese Fakten im deutschen Mainstream nicht hören will.
Zweitens. Zur vorgeblichen Fremden- und Ausländerfeindlichkeit, der in allen vier Tweets zum Ausdruck
käme: Nicht nur die Polen, auch andere Völker – und natürlich die AfD – wünschen sich ein Europa, das sich seiner gemeinsamen kulturellen und christlichen Wurzeln bewusst ist.
Hierfür ist das weiße Europa eine Chiffre; denn unbestreitbar sind die Geschichte und die Kulturentwicklung der letzten Jahrtausende in Europa eine von weißen Menschen geprägte, so wie die afrikanische Geschichte eine von schwarzen Menschen geprägte ist und so, wie Japan und viele asiatische Länder ethnisch geprägte Kulturräume sind und sein wollen – ohne jeden Ansatz einer Diskriminierung des anderen.
(Lachen bei den LINKEN – Zurufe der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg und Enrico Stange, DIE LINKE – Zuruf von der CDU: Unsinn!)
Andererseits wünschen sich die Bürger gerade in ost- und mitteleuropäischen Staaten ein Europa brüderlicher Nationen als ein Europa der Vaterländer. Diese kulturelle Identität Europas steht doch überhaupt nicht einem weltoffenen Dialog, dem Austausch und dem wechselseitigen Lernen in Kultur, Wissenschaft und Lebensgewohnheiten entgegen. Wohl aber steht sie einer unkontrollierten Völkerwanderung entgegen, die nicht Austausch, nicht Weltoffenheit, sondern nur eine unverschlossene Tür bedeutet. Insofern liegt die Art und Weise, in der Frau Stange und die Universitätsspitze den Begriff der Weltoffenheit instrumentalisieren, völlig jenseits dessen, was Weltoffenheit im Sinne einer Universität ist. Wenn Weltoffenheit sein soll, dass man gegenüber einer ungesteuerten Migration die Tür offen und jeden hereinkommen lässt, dann ist es dasselbe, als würde man Gastfreundschaft damit verwechseln, dass man die Haustür nicht absperrt.
Nein, Entschuldigung! – Ich halte fest: Austausch, individuelle, beidseits gewollte Migration mit freier Entscheidung für Integration oder Rückkehr – ja; aber Völkerwanderung, Parallelgesellschaften, Assimilation – nein.