Protocol of the Session on March 15, 2018

Aber das steht eben in krassem Gegensatz zu den programmatischen Zielen Ihrer Partei. Ich finde, das gehört genau hierher. Volkmar Zschocke hat vorhin davon gesprochen, dass Sie ein sozialpolitischer Totalausfall seien. Das finde ich eigentlich nicht, denn das entspricht

Ihrer Programmatik. Sie sind – und werden es wohl immer bleiben – eine neoliberale und kapitalistische Partei der Gutverdiener und Unternehmer.

(Vereinzelt Lachen bei der AfD)

Mit einigen Stichworten möchte ich das unterlegen. Sie loben in der Programmatik und auch in Äußerungen permanent den freien Markt. Sie wollen Steuergeschenke für Unternehmen. Sie sind eigentlich die neue Mövenpick-Partei.

In Ihrem Programm gibt es kein Wort über negative Folgen der Marktwirtschaft oder notwendige Beschränkungen und Regeln für den Markt. Dort steht kein Wort darüber, dass besonders Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Regeln brauchen und auf sie angewiesen sind. Sie fremdeln mit dem Mindestlohn und wollen soziale Leistungen nur für Volksdeutsche.

Ein Beispiel: Nachdem Sie lange keinen Mindestlohn wollten, warnte Herr Gauland vor einiger Zeit vor einem möglichen Wettbewerbsvorteil von Flüchtlingen, wenn für diese eine Ausnahme beim Mindestlohn eingeführt würde. An diesem Beispiel wird zugleich deutlich, wie die AfD mit der sozialen Frage umgeht. Sie ethnisieren sie, das ist das Problem, meine Damen und Herren. Ihnen geht es doch gar nicht um gleichberechtigte soziale Teilhabe.

Sie treiben durch Ihr Vorgehen einen weiteren Keil in die Gesellschaft, einen Keil zwischen Deutsche und vermeintlich Nichtdeutsche, wobei Sie insbesondere Flüchtlinge ins Visier nehmen.

Ich finde, das ist und bleibt ein alter Hut mit neuem Anstrich. Das nutzt der Sache überhaupt nicht. Ich hoffe aber, dass Ihnen auch ein solcher, scheinbar sozialer Debattentitel nichts nutzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Es gibt jetzt keine Wortmeldungen von den Fraktionen mehr, zumindest kann ich keine erkennen. Dann erteile ich jetzt Frau Staatsministerin Klepsch das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Titel der Debatte ist aus meiner Sicht nicht nur irreführend, er ist schlichtweg falsch. Tafeln sind aus meiner Sicht eine gute Initiative, ein gutes Beispiel zivilgesellschaftlichen Engagements. Sie wirken ergänzend zu den staatlichen Leistungen.

Ich selbst durfte vor einigen Jahren in AnnabergBuchholz die dortige Tafel mit initiieren, mit aufbauen. Ich habe erlebt, wie viel privates Engagement hinter einer Tafel steht, wie viel ehrenamtliches Engagement notwendig ist, damit eine Tafel dann auch wirklich aktiv werden kann.

Ich habe allergrößten Respekt vor den einzelnen Tafeln im Freistaat Sachsen und vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, was sie dort an großer Arbeit leisten. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal unterstreichen und Danke sagen.

(Beifall bei der CDU)

Die Tafeln sind – das ist von den Vorrednern bereits deutlich geworden – weit mehr als nur Essensausgabe. Sie sind Ort der Begegnung, sie sind für diejenigen, die zu Hause und einsam sind, auch ein Treffpunkt. Man trifft sich mittags, isst dort gemeinsam, während man sonst eher zu Hause das Essen allein einnehmen würde. Es ist ein Ort, wo Kleiderkammern Kleider zur Verfügung stellen, ein Ort von Suppenküchen, von Beratungsstätten, von Wärmestuben sowie ein Ort der Integration. Es sind aber auch kirchliche und andere Angebote zum Zusammensein. Ich durfte mir selbst ansehen, wie man Tafelgärten bepflanzt und einer sinnstiftenden Arbeit nachgeht, bei der man selbst Obst und Gemüse anbaut und dies letztlich Menschen wieder zur Verfügung stellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben im letzten Doppelhaushalt aus meiner Sicht eine gute Entscheidung getroffen. Sie haben jährlich 400 000 Euro zur Verfügung gestellt, damit wir die Tafeln im Freistaat Sachsen unterstützen können.

Ich nenne nur drei Beispiele: Die Plauener Tafel und die Hoyerswerdaer Tafel konnten sich ein Kühlfahrzeug von dem zur Verfügung gestellten Geld kaufen, der „Brotkorb“ in Auerbach konnte einen Kleinbus kaufen, oder die Torgauer Tafel konnte ein Kühlaggregat, welches sicherlich notwendig ist, um Lebensmittel gut aufzubewahren, ebenfalls finanzieren.

Im Jahr 2016 hat der sächsische Landesverband sein zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Der eine oder andere Abgeordnete von Ihnen war vielleicht bei dieser Jubiläumsveranstaltung mit dabei. Wir wissen, dass wir im Freistaat Sachsen 36 einzelne Tafeln mit 180 Ausgabestellen und über 1 300 Mitarbeitern haben. Hauptamtliche, aber überwiegend Ehrenamtliche arbeiten in unseren sächsischen Tafeln. Allein dieser Rückblick, vom zehnjährigen Jubiläum ausgehend, hat noch einmal sehr eindrucksvoll abgebildet, welche große Arbeit in den sächsischen Tafeln geleistet wird.

Die erste Tafel deutschlandweit wurde im Jahr 1993 gegründet. Als Leitsatz oder Leitlinie steht: „Über die Gründung der Tafeln Lebensmittel retten, Menschen helfen“. Genau das sind für mich die zwei Punkte, worauf es ankommt. In Deutschland werden täglich Tonnen an Lebensmitteln weggeworfen. Sie werden vernichtet, obwohl sie noch verzehrt werden könnten und auch noch einer guten und einwandfreien Qualität unterliegen. Ich setze mich dafür ein. Das sollte auch unser gemeinsamer Anspruch sein, dass wir uns auf der einen Seite gegen die Verschwendung von Lebensmitteln stellen. Aber die Menschen, die zur Tafel gehen, dürfen uns – sie gehen aus ganz unterschiedlichen Gründen zur Tafel – nicht gleichgültig sein. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, damit sie in die Mitte der Gesellschaft zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Damit ist die zweite Aktuelle Debatte abgeschlossen, meine Damen und Herren.

Wir kämen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 2

Befragung der Staatsminister

Sie haben aber schon die Information erhalten, dass dieser aufgrund der Erkrankung des Staatsministers abgesetzt worden ist. Ich rufe daher auf den

Tagesordnungspunkt 3

Fachkräfte für den öffentlichen Dienst gewinnen – Vorbildwirkung ernst

nehmen – keine Stellenausschreibungen mehr mit sachgrundloser Befristung

Drucksache 6/12632, Prioritätenantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es beginnt für die einreichende Fraktion Herr Lippmann. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Herr Lippmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt politische Probleme, für deren Lösung man Dekaden benötigt. Es gibt politische Probleme, auf die es keine einfachen Antworten gibt, und es gibt solche, bei denen die Lösun

gen auf der Hand liegen und bei denen man Lösungen einfach nur umsetzen muss.

Wir sprechen heute über ein bekanntes und gravierendes Problem, welches sich eher der letzten Kategorie zuordnen lässt, ein Problem, das sich sehr einfach lösen lässt. Wir sprechen über das Gift unserer modernen Arbeitswelt, über sachgrundlose Befristung, darüber, dass viel zu viele Menschen in Deutschland sich von einem befristeten Job zum nächsten hangeln, um über die Runden zu kommen – mit allen bekannten Folgen. Befristete Arbeitsverträge erhöhen nicht nur das Risiko, nach Ablauf der Vertragsdauer arbeitslos zu werden. Die fehlende Planungssicherheit erschwert jedwede Lebens- und Familienplanung und macht sie mitunter gar unmöglich. Solche Arbeitsverhältnisse darf nach Auffassung meiner Fraktion ein Staat nicht ohne guten Grund noch durch eigenes Tun befördern. Doch genau das tut er, sogar im großen Stil.

Im öffentlichen Dienst des Freistaates Sachsen sind derzeit 1 760 Personen in sachgrundlosen befristeten Arbeitsverhältnissen beschäftigt, das heißt in Arbeitsverhältnissen, für deren Befristung es keinen nachvollziehbaren sachlichen Grund gibt. Dieses Gebaren, werte Kolleginnen und Kollegen, muss ein Ende finden.

Die Unart dieser Stellenbefristung war auch ein Thema bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin. Ich rechne es der SPD hoch an, dass sie dabei alles Mögliche versucht hat, auch wenn das am Ende Herauskommende wohl eher ein Trauerspiel ist. Deshalb müssen wir auf Landesebene handeln. Wir müssen das Problem der sachgrundlosen Befristung dort angehen, wo wir zuständig sind, nämlich in unserer eigenen Verwaltung. Wir sprechen heute so gern und häufig über die Vorbildwirkung des öffentlichen Dienstes. Wenn wir es endlich einmal ernst nehmen mit der Vorbildwirkung, dann muss sofort Schluss mit sachgrundlosen Befristungen in unserem Zuständigkeitsbereich sein, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Warum haben 71 Lehrkräfte beim Landesamt für Schule und Bildung einen sachgrundlosen befristeten Arbeitsvertrag? Warum arbeitet fast ein Sechstel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landestalsperrenverwaltung ohne Grund befristet? Kann das Arnsdorfer Krankenhaus auf so viele kompetente Fachkräfte zurückgreifen, dass man es sich leisten kann, dort sage und schreibe 37 Beschäftigte ohne Zukunftsperspektive sachgrundlos zu befristen?

Wir sprechen derzeit alle über den Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst und über die Attraktivität der Verwaltung. Wir stehen davor, dass es auch in der Kernverwaltung demnächst eine Abstimmung mit den Füßen geben wird. Was macht diese Staatsregierung? Sie schreibt eine Stelle nach der anderen sachgrundlos befristet aus. Unsere stichprobenartigen Recherchen haben gezeigt, dass von den derzeit ausgeschriebenen Stellen circa ein Drittel sachgrundlos befristet war. Unter den aktuellen Ausschreibungen dieser Stellen befinden sich auch solche für ausgewiesene Fachkräfte. Beispielsweise werden dort

eine approbierte Apothekerin gesucht, eine Fachkraft mit einem Hochschulstudium in Biologie, Juristinnen und Juristen sowie Fachangestellte für Medien und Informationsdienste.

Welche absurden Blüten das teilweise treibt, zeigt exemplarisch die Ausschreibung einer Sachbearbeiterstelle in der Landesdirektion, Referat 31, in der es heißt, dass man einen erfolgreichen Abschluss als Verwaltungsbetriebswirtin mit möglichst mehrjähriger Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung voraussetze. Wenn man jedoch zuvor in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis mit dem Freistaat Sachsen gestanden hat, darf man sich aber, wie es in derselben Stellenausschreibung heißt, nicht nach Lesart des Finanzministeriums bewerben. Werte Kolleginnen und Kollegen, dass ist an Absurdität nicht zu überbieten.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Auslegung – ganz praktisch – des Bundesarbeitsgerichts zu § 14 Abs. 2 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zu sogenannten bereits Zuvorarbeitsverhältnissen scheint in diesem Finanzministerium noch nicht angekommen zu sein.

Aber wahrscheinlich glaubt man genau dort, dass Fachkräfte an Bäumen wachsen. Mit einem solchen Denken arbeitet das Finanzministerium offensichtlich durch Sabotage der Fachkräftegewinnung weiterhin an dem Ziel, in der Landesverwaltung nur noch 70 000 Menschen zu beschäftigen. Wenn sie, werte Staatsregierung – wie in den Eckpunkten zum Haushalt zu entnehmen ist – ernsthaft glauben, weiterhin ohne Personalaufwüchse in der Verwaltung auszukommen, was wir gleichwohl für Irrsinn halten, dann handeln sie doch wenigstens beim bestehenden Personal. Stimmen Sie unserem Antrag zu und beenden sie die sachgrundlosen Befristungen in der sächsischen Verwaltung.

Werte Kolleginnen und Kollegen, uns GRÜNEN ist bewusst, dass wir mit diesem Antrag längst nicht alle Probleme lösen können. Wir wissen, dass auch aus guten Gründen aneinandergereihte Befristungen eine große Belastung darstellen können. Auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz entspricht nicht unserer Auffassung von fairen Arbeitsbedingungen. Dafür braucht es Initiativen im Bund. Hierbei geht es jetzt vorrangig um Sachsen.

Das Problem scheint die Koalition auch im Ansatz erkannt zu haben. In ihrer trostlosen Absichtserklärung heißt es, ich zitiere: „Sachgrundlose Befristungen im öffentlichen Dienst werden nur noch in begründeten Fällen genutzt“.

(Albrecht Pallas, SPD: Das stimmt!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, was ist denn das für ein Käse? Eine Koalition, die meint, endlich das Unbegründbare begründen zu können, steht vielleicht intellektuell kurz davor, die Quadratur des Kreises zu lösen oder den

heiligen Gral zu finden. Sie ist aber Lichtjahre davon entfernt, reale Probleme in diesem Land zu lösen.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)