Protocol of the Session on December 14, 2017

Die Hochschulen zeigen, dass über Beauftragte und Koordinatoren erfolgreich eine gezielte Beratung sowie Unterstützung im Antragsverfahren erfolgen kann. In Zeiten des Lehrermangels aber sollte diese Aufgabe in den Schulen deshalb nicht unbedingt von Lehrern erledigt werden. Wir brauchen also schulunterstützendes Verwaltungspersonal, und ich hoffe daher persönlich sehr, dass wir auch auf diese Initiative hin im kommenden Doppelhaushalt Aufwüchse vorfinden werden.

Zudem sollten Antrags- und Abrechnungs- sowie Verwaltungsaufwand reduziert werden. Wenn die Projektanbahnung aber an finanziellen Eigenmitteln oder Kofinanzierungsanteilen scheitert, sollten wir auch intensiv prüfen, ob nicht ein kleiner Projekttopf die notwendige Abhilfe schaffen kann, um Austauschmaßnahmen zu initiieren.

Zum Abschluss auch ein kritischer Blick auf den Hochschulbereich. Vieles läuft dort bereits erfolgreich, einiges könnte aber auch hier vereinfacht werden und zur administrativen Erleichterung beitragen. Wichtig ist aber, dass

regelmäßig reflektiert wird, wie die Anerkennungspraxis vonstattengeht und welche Mobilitätsfenster tatsächlich für Studierende bestehen. Auch das ist Teil von Qualitätssicherung in Lehre und Studium in einem europäischen Hochschulraum, über den wir gestern diskutierten.

In jedem Fall sollten die Studiengänge unter die Lupe genommen werden, die mit einem Staatsexamen abschließen. Wir fordern Weltoffenheit und interkulturelle Kompetenzen, nicht zuletzt von angehenden Lehrern, Richtern, Anwälten und Ärzten. Dann sollten wir aber auch Sorge dafür tragen, dass junge Menschen ihre Chance erhalten, sich in Europa umzuschauen und eigene Erfahrungen zu sammeln. Bei diesen Studien- und Prüfungsordnungen hat die Staatsregierung ein Mitspracherecht, also sollten wir die Gestaltungsspielräume gemeinsam mit den Hochschulen nutzen.

Ich könnte sicher weitere Beispiele und Ansätze aus der Anhörung aufzählen, aber diese können Sie alle, meine Damen und Herren, im umfassenden, ausführlichen und detaillierten Antrag nachlesen. Ich bitte deshalb für die SPD-Fraktion um Zustimmung und freue mich jetzt schon auf das Handeln der Staatsregierung sowie deren Bericht. Erasmus+ ist ein Erfolg der europäischen Einigung, den wir gemeinsam ausbauen sollten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die Linksfraktion, bitte; Herr Abg. Jalaß.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen und AfD! Uns liegt heute der zweite Antrag der Koalitionsfraktionen zum Erasmus-Programm vor, und im aktuellen Antrag konnte man den Ursprungsantrag vollständig wiederfinden. Zu diesem wiederum gab es von der Staatsregierung eine Stellungnahme, und es fand eine Anhörung im Europaausschuss statt.

Nun überraschen Sie uns mit einem zweiten, durchaus ergänzten Antrag. Er greife die wesentlichsten Ergebnisse der Anhörung auf, heißt es in der Antragsbegründung. Eine Stellungnahme der Staatsregierung wartet man jedoch nicht ab. Allein die Fragen im Berichtsteil – wie gesagt, identisch mit dem ersten Antrag – hatte sie ja am 4. März 2016 umfassend beantwortet.

Meine Damen und Herren! Das europäische Bildungsprogramm Erasmus+ ist das EU-Programm zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport in Europa. Um im Ausland studieren, sich weiterbilden, Berufserfahrung sammeln oder Freiwilligenarbeit leisten zu können, stellt die EU insgesamt 14,7 Milliarden Euro für die gesamte Förderperiode zur Verfügung. Im EU-Haushalt für das Jahr 2018 sind die Mittel für das Mobilitätsprogramm Erasmus+ gestiegen und betragen nun 2,3 Milliarden Euro.

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz,

Prof. Horst Hippler, bezeichnete die Erhöhung der Mittel

als erfreulich, mahnte jedoch, dass – Zitat – „für Schulterklopfen keine Zeit“ bleibe. Um ihn noch weiter zu zitieren: „Der Brexit und die Neuausrichtung des EUFinanzrahmens stehen vor der Tür. Die beiden EULeuchtturmprogramme Erasmus+ für den Studierendenaustausch und Horizont 2020 für Forschung und Integration sind weiterhin kleine Posten im Gesamthaushalt der EU. Das wird ihrer Bedeutung für die Zukunft Europas nicht gerecht. Deshalb müssen diese Programme weiter gestärkt werden, auch wenn die Mittel absehbar knapper werden. Die Europäische Kommission weist den Weg, indem sie fordert, die Mittel für diese Bereiche zukünftig erheblich auszuweiten – für Erasmus+ sogar zu verdoppeln. An diesen ambitionierten Zielen müssen sich in Zukunft die deutsche Regierung im Europäischen Rat sowie das Europäische Parlament messen lassen.“

Auch DIE LINKE hat im Bundestag eine Aufwertung des Programms gefordert. In einem Antrag vom Juni 2017 forderte DIE LINKE eine deutliche Aufstockung der Mittel und eine Erleichterung der Antragstellung. Die Fraktion setzte sich zudem dafür ein, dass im Rahmen der jeweiligen nationalen Agenturen nach geeigneten Unterstützungsmöglichkeiten gesucht wird, damit auch die durch die komplizierte Antragstellung bisher benachteiligten Zielgruppen erreicht werden. Auch die Sichtbarkeit der einzelnen Programmteile soll wieder erhöht und die Spezifika der Bildungsbereiche sollen besser beachtet werden.

Um es klar zu sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir begrüßen ausdrücklich die Bündelung ehemals einzelner europäischer Programme und in diesem Zusammenhang eine deutliche Aufstockung der Mittel und unterstützen daher auch die Forderung nach Vereinfachung der Antragstellung und Beseitigung von Hürden, vor allem im Schulbereich.

(Beifall bei den LINKEN)

Es ist nämlich ein Problem, dass sich die administrative Ausrichtung des Programms stark am Hochschulbereich orientiert. Es werden inzwischen umfassende Antragsverfahren, EDV-Tools und Durchführungsbestimmungen für alle Einrichtungen verbindlich vorgeschrieben, die eher an den Universitäten als an den Schulen verortet werden. Insoweit sind die Schulen im Nachteil.

Es ist ein Unterschied, ob ich an der Universität beispielsweise ein International Office einsetzen kann, um einen Antrag zu stellen, oder ob dies von einer Schulleitung oder einer Lehrkraft nebenher geleistet werden muss. Auf die Attraktivität eines Programms haben auch die ihm innewohnenden Verfahren Auswirkungen.

Die größten Hürden im Schulbereich bestehen nach wie vor darin, dass Einzelpersonen keine Anträge stellen können und die Vorbereitung und die Anbahnung eines Schüleraustausches nicht explizit gefördert wird. Das wurde auch in der Anhörung deutlich und muss im Fokus aller Bemühungen der Staatsregierung gegenüber dem Bund und der EU stehen; denn wir wollen, dass das

durchaus gute und erfolgreiche Programm besonders in Sachsen seine Wirksamkeit voll entfalten kann.

Lassen Sie mich zu guter Letzt noch einmal einen Blick in die Begründung Ihres Antrags werfen. Sie schreiben: „Sachsen ist seit jeher ein weltoffenes Land.“ Nicht zuletzt – wir hörten es heute schon – straft Sie der Sachsen-Monitor diesbezüglich Lügen.

Erasmus-Beauftragter an der Juristischen Fakultät der Uni Leipzig ist ein gewisser Juraprofessor.

(Zuruf von der SPD: Nicht mehr!)

Dieser hatte sich in privaten Twitter-Äußerungen für ein weißes Europa und gegen die ungehemmte Vermehrung der Afrikaner und Araber ausgesprochen. Das sächsische Wissenschaftsministerium hat daraufhin dienstrechtliche Schritte gegen den Professor geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, auf diesem Weg nicht gegen ihn vorgehen zu können. Das war leider zu erwarten.

Es darf aber nicht länger sein, dass solche Menschen weiterhin als Erasmus-Beauftragte tätig sind; denn das aktuelle Programm steht für den europäischen Zusammenhalt, es steht für Weltoffenheit, und es steht für internationalen Austausch. Derzeit hat der zuständige Fakultätsrat ein Verfahren zur Abberufung des Professors angestrengt. Ich hoffe natürlich, dass es erfolgreich sein wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Europa erleben, Sprachen erlernen und anwenden, mit Menschen aus anderen Nationen, Kulturen, ja, auch anderen Religionen ohne Berührungsängste in einem grenzenlosen Europa zu lernen, zu studieren, zu arbeiten und zu leben – wenn das auch durch Erasmus+ selbstverständlicher wird, dann wird auch Sachsen auf einen guten Weg zu einem wirklich weltoffenen Land sein. Das unterstützen wir und stimmen daher dem Antrag zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Und die AfDFraktion, Frau Wilke, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag werden wir aufgefordert, die aktuellen Herausforderungen in Europa als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verbreiten. Es folgen die üblichen Lehrformeln von Frieden, Solidarität und Weltoffenheit – Herr Mann erwähnte es schon. Danach geht es um die Stärkung der Europakompetenz, die Erhöhung der Mobilität, um die Verbesserung von interkulturellen Kompetenzen, den Erwerb und die Verbreitung der beruflichen Qualifikation durch das anwendungsorientierte Training fremder Sprachen und um den Abbau fremdenfeindlicher Vorurteile.

All dies soll der Vollendung des einheitlichen europäischen Binnenmarktes dienen. Ob und wie die Zusammenführung der vormals einzelnen Programmsäulen für Hochschule, Schule, Erwachsenenbildung, beruflicher

Aus- und Weiterbildung und nunmehr auch noch Sport zu dem bürokratischen Monstrum Erasmus+, die Inanspruchnahme von Bildungsangeboten auf EU-Ebene insgesamt verbessert hat, darüber soll berichtet werden.

Nicht unerwähnt bleibt auch der Mittelaufwuchs, der durch die Zusammenlegung der ursprünglich eigenständigen Programme generiert wurde. Welch eine Verballhornisierung von mühselig erarbeiteten Steuergeldern!

Wie die Anhörung im Europaausschuss des Hohen Hauses ergab, klemmt und hakt das Programm an allen Ecken und Kanten der Praxis. Das liegt aber nicht daran, dass in Sachsen gegen die Islamisierung demonstriert wird, wie die Begründung des Antrags mit stereotypen Behauptungen zu suggerieren versucht, sondern an der bürokratischen Planwirtschaft, die nichts mehr hasst als Eigeninitiative. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle verschafft bekanntlich mehr Macht.

Nur darum geht es in einem Programm, das sich missbräuchlich nach einem der größten unabhängigen Geister Europas nennt, einem Mann, der als treuer Katholik eine treibende Kraft des Protestantismus war. Bei Erasmus+ denke ich eigentlich mehr an die Firma „Erasco“, also an einen Eintopf oder an einen Topf, als an die Vielfalt Europas. Europas Jugend soll zu einem politisch korrekt konservierten Eintopf verkocht werden. Da vergeht einem der Appetit – wie jedem, der sich einmal durch den Antragssumpf eines Erasmus-Projektes gequält hat. Der Europagedanke der Jugend war schon mal weiter. Dabei denke ich nicht nur an den guten alten Interrail-Pass.

Dazu zwei Beispiele aus meinem familiären Umfeld: Vor 100 Jahren machte sich ein junger Tuchhersteller aus dem schönen Vogtland auf die beschwerliche Reise nach Paris, um dort die neuesten Stoffqualitäten und Designs zu bewundern und abzuzeichnen. Zurück in seiner Heimat war dann sein Erfolg nicht mehr aufzuhalten. Oder der Großvater aus Ostpreußen, ein Bierbrauer aus Gumbinnen, der an der Bahre Kaiser Wilhelms Ehrenwache gestanden hatte, ging danach auf die Wanderschaft:

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Von Berlin über Hannover nach Brüssel, über Paris nach London, dann nach Wales und hoch bis nach Schottland verdingte er sich als Brauereigeselle bei den größten und bedeutesten Brauereien Europas. Nach einer kurzen Erholungspause bei der Dresdner Verwandtschaft ging er zurück in seine Heimat und wurde mit einem Ale, gebraut nach englischem Vorbild, erfolgreich und wohlhabend.

Erasmus+ wäre dabei wohl überfordert. Denn es ist nicht das Leitbild einer freien und selbstbestimmten Bildungspolitik. Es ist eine Eintopfkonserve geworden: ideologisch verkocht. Europa ist aber Vielfalt, die gehegt, gepflegt und auch genossen werden muss. Wäre es anders, könnte man gleich zu Hause bleiben.

Also plädiere ich für ein Erasmus-Programm Super+. Weg mit aller Bürokratie, Programmen und Kriterien und her mit einem Fonds, der sozial gestaffelt jedem in der Berufsausbildung steckenden Jugendlichen die Chance

für ein Stipendium an einer Institution seiner Wahl einräumt.

(Zuruf des Abg. Holger Mann, SPD)

Das entspräche mehr den europäischen Verträgen, die bekanntlich keine Zuständigkeiten der EU für den Kultur- und Bildungsbereich einräumen.

Der gemeinsame Markt darf nicht für jedes Feld der Daseinsvorsorge missbraucht werden. Kultur und Bildung sind keine Handelsware, sondern Ausdruck der Identitätspflege. Davon leben wir, ganz besonders im Zeitalter der Globalisierung.

In diesem Sinne sehen wir in dem Antrag keinen Fortschritt, sondern das Gegenteil und lehnen ihn ab.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Frau Dr. Maicher, Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Austauschprogramm Erasmus und jetzt Erasmus+ baut die Europäische Union seit 30 Jahren Brücken zwischen jungen Menschen. Über 7 Millionen Europäerinnen und Europäern wurde durch die verschiedenen Austauschprogramme seitdem ein Auslandsaufenthalt ermöglicht.