der Antragsteller wird zum wiederholten Male nicht aufgezeigt, welche rechtlichen oder tatsächlichen Einschränkungen Senioren bei der politischen Partizipation haben und warum sie im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen Gruppen bevorzugt werden sollen.
Ausgehend von der letzten Debatte zu diesem Thema und der Kritik, dass in der Sächsischen Gemeindeordnung in § 47 nur eine Kannbestimmung steht, haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, im zweiten Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts stärker auf die Bildung von Beiräten hinzuweisen. Zukünftig soll deshalb der Satz „Insbesondere können Seniorenbeiräte …“ stehen. Das Wort „insbesondere“ hat dabei laut Duden folgende Synonyme: hauptsächlich, im Besonderen, in erster Linie oder auch im Speziellen.
Dabei, sehr geehrter Herr Kollege Wehner, greifen wir Ihren Kritikpunkt auf und setzen ihn um – wir tun also etwas. Sie sagten damals, die Wirksamkeit der Seniorenpolitik entscheidet sich in den Kommunen. Wir setzen das jetzt um und fordern das auch ein.
Der Datenbank der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen ist zu entnehmen, dass es jede Menge Seniorenorganisationen gibt, die im Politikfeld tätig sind. Darüber hinaus sind die Senioren in vielen anderen nicht altersspezifischen Organisationen tätig. Das Engagement der Seniorinnen und Senioren in den Seniorenbeiräten, -vereinen, -verbänden und Kirchen genießt hohe Wertschätzung. Im Rahmen einer Anhörung zum Seniorenmitwirkungsgesetz wurde mehrfach auf das Engagement von Senioren auf der kommunalen Ebene wie auch im Rahmen der Arbeit der Landesseniorenvertretung für Sachsen hingewiesen. Dieses Engagement kann nicht hoch genug gelobt werden. An dieser Stelle möchte ich dieses ausdrücklich anerkennen und würdigen.
Sie fordern jetzt in Ihrem Antrag auskömmliche personelle, sächliche, finanzielle Ressourcen für die Landesseniorenvertretung für Sachsen e. V. Das ist bereits im Doppelhaushalt verankert – übrigens seit 2014/2015 mit steigender Tendenz. In diesem Zusammenhang ist ferner deutlich zu machen, dass es sich hierbei um einen Zusammenschluss der bei den Kommunen und Kreisen des Freistaates Sachsen gebildeten Seniorenvertretungen, -beiräte und -räte handelt. An dieser Stelle ist daher auch an die kommunale Ebene zu appellieren.
Im Rahmen der Anhörung zu dem Entwurf eines Seniorenmitwirkungsgesetzes aus dem Jahr 2016 wurde deutlich, dass das Seniorenengagement auf der kommunalen und der Landkreisebene überwiegend funktioniert. Es gibt aber nach wie vor Lücken; das bestreite ich gar nicht.
Entscheidend für uns ist in diesem Zusammenhang aber, dass dieses Engagement freiwillig entstanden ist und gelebt wird. Weder der Gesetzentwurf noch der vorliegende Antrag gehen auf den Aspekt ein, dass es nicht nur rechtlicher Rahmenbedingungen bedarf, sondern auch des Engagements – eben von den Menschen vor Ort. Dies gilt es zu stärken statt eine Hülle zu schaffen, die dann vor Ort nicht gelebt wird.
Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, dass ein Gesetz allein nicht mehr Mitwirkung schafft. Vielmehr kommt es darauf an, dass die bereits Aktiven mitbestimmen können, denn Scheinbeteiligung demotiviert. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Senioren in Sachsen haben Nachwuchssorgen. Kürzlich habe ich mit einem Mitglied der Seniorenvertretung aus dem Raum Ostsachsen, wo die Seniorenbeteiligung recht gut funktioniert, gesprochen. Sie erzählte mir, dass sie große Probleme habe, Mitstreiter und Mitstreiterinnen zu gewinnen, welche die Arbeit der Seniorenvertretung durchführen.
Damit ist sie kein Einzelfall. In anderen Gebieten Sachsens gibt es diese Vertretungen meist noch gar nicht, einerseits weil Interessierte fehlen, andererseits weil sie teils aktiv verhindert werden. Wir sind, wie wir alle hier wissen, das Bundesland mit dem höchsten Altersdurchschnitt. Senioren sind die größte Bevölkerungsgruppe in Sachsen. Ungefähr ein Drittel ist über 60 Jahre alt.
Wie bei allen anderen Altersgruppen finde ich es richtig, dass auch diese Menschen Gehör finden – mit ihren Anliegen und ihren Wünschen. Sie bringen sich ein mit ihren persönlichen Lebensleistungen und ihren Erfahrungen, um politisch Einfluss zu nehmen und Mitbestimmung erfahren zu können.
Wirklich gut finde ich an dem Antrag der LINKEN, dass er nicht noch einmal auf den eingebrachten Gesetzentwurf abstellt. Ein Gesetz kann – in Anführungsstrichen – „nur“ einen rechtlichen Anspruch darlegen. Dem zu Beginn genannten Problem wird es kaum, außer symbolisch, entgegenwirken können. Dafür haben Sie ja den ersten Teil Ihres Antrags. Sie wollen Leitlinien, wie man Senioren und Seniorinnen besser einbinden und aktivieren kann. Dafür wollen sie bis zum 31. März 2018 eine Vorlage.
Wir haben hier bereits vor vielen Monaten den Antrag der Koalition beschlossen, dass es ein Dachkonzept „Gutes Leben im Alter“ geben soll. Ich hoffe, dass bald ein solches vorliegt, und zwar als Grundlage für wirklich gutes Leben im Alter von Senioren und Seniorinnen. Ihre Forderung sehe ich allerdings als Teil dieses Konzeptes an.
Frau Staatsministerin Klepsch war dazu schon viel unterwegs und hat sich viele Stimmen vor Ort eingeholt. Ein Seniorenmitbestimmungsgesetz oder Seniorenmitwir
kungsgesetz befürworten wir als SPD ausdrücklich. Es sollte inzwischen kein Geheimnis mehr sein, dass wir in
der Koalition dazu unterschiedliche Meinungen haben. Mit unserer Vorstellung von einem solchen Gesetz konnte der Koalitionspartner leider nicht mitgehen. Auch dies müssen wir in dieser Form akzeptieren.
Andererseits möchte ich festhalten, dass wir der Gesetzesidee der LINKEN trotzdem weiterhin nicht folgen würden. Bei den von Ihnen hier vorgestellten Eckpunkten liegen wir aber nicht weit auseinander.
Ich habe mir aus unseren Vorstellungen zu einem Seniorenmitwirkungsgesetz und aus der Diskussion zu diesem Gesetzentwurf einige Rahmendaten mitgenommen.
Obwohl die Gesetze in anderen Bundesländern nachweislich keinen Mobilisierungseffekt hatten und sich die Arbeit der Senioren nicht änderte: Es lohnt sich, ein Gesetz zu schaffen, vor allem weil es rechtliche Verbindlichkeit gewährleistet und das Interesse der Seniorinnen und Senioren gehört wird. Solche Gesetze erkennen meist – und gut – die ehrenamtliche Arbeit an und drücken die Ernsthaftigkeit des Anliegens, für die Interessen der Senioren und Seniorinnen einzutreten, aus. Damit würden wir etwas schaffen, worauf insbesondere in den Kommunen aufgebaut werden kann.
Wichtig ist mir: Es soll keine Doppelstruktur geben, sehr wohl aber eine klare Aufgabentrennung; sonst wird bei mehreren Akteuren in Streitfragen oft der Kontakt zu den gewogenen Akteuren gesucht. Deshalb stellen wir uns für das Gesetz vor, Seniorenbeiräte auf kommunaler Ebene zu unterstützen. Auf Landesebene werden sie durch eine Landesseniorenvertretung abgebildet. Dazu gibt es jeweils eine Seniorenbeauftragte im kommunalen Bereich und eine Seniorenbeauftragte auf Landesebene. Diese wirken als kompetente Akteure mit, werden angehört und können eigene Vorschläge unterbreiten.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag: „Koalitionsversprechen erfüllen: Endlich politische Partizipation von Seniorinnen und Senioren im Freistaat nachhaltig stärken!“ – Herr Gebhardt, der Antrag beleidigt die Senioren. Dieser Antrag ist eine Zumutung. Glauben Sie denn wirklich, dass die älteren Menschen so vertrottelt sind, dass sie auf solche Initiativen hereinfallen? Oder: Wie denken Sie denn selbst über Ihr eigenes Alter? Ich vermute, Sie denken überhaupt nicht darüber nach; insbesondere denken Sie nichts Gutes über sich selbst.
Wahlkampfgetöse? Da haben wir von Ihnen schon Besseres gehört. Die entsprechenden Anträge sind bereits im April und im Juni 2016 abgelehnt worden, auch in den Ausschüssen. Ihr Gesetzesvorschlag ist auch abgelehnt worden. Der Landkreistag hat in seiner Stellungnahme
von 2016 schon deutlich etwas dazu gesagt. Darüber hinaus gibt es seit 2005 die Landesseniorenvertretung. Das heißt, es sind Ansprechpartner vorhanden.
Ich habe schon am 2. Juni 2016 gesagt: Die Senioren benötigen Ihre Hilfe nicht. – Ich denke eher, Sie benötigen die Hilfe der Senioren; denn sie haben das Land aufgebaut. Da sitzen sie jetzt drin. Diese Senioren brauchen Sie nicht zu belehren; von denen können Sie vielmehr eine ganze Menge lernen.
Jetzt wollen Sie einen Seniorenbeauftragten etablieren. Ich frage natürlich, was das sein soll. Wir brauchen keine Inflation von Beauftragten ohne Sinn und Verstand.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Spangenberg, meinen Sie denn, dass die Seniorinnen und Senioren des Deutschen Gewerkschaftsbundes solche Trottel sind, dass sie von uns verlangen, die Seniorenmitwirkung im Freistaat Sachsen besser zu regeln?
In der Regel sehe ich das hier als eine politische Aussage an, und ich denke, das ist nicht notwendig. Sie machen auch diese Aussage und wissen genau, dass die Senioren stark genug sind. Sie können ihr Leben allein meistern und brauchen so etwas Merkwürdiges wie einen „Beauftragten“ nicht. Sie zeichnen damit das Bild des unterstützungsbedürftigen alten Rentners.
Das ist genau das Gegenteil der gegenwärtigen Feststellung der immer rüstigeren älteren Generation. Die Senioren sollen ja auch bis 70 arbeiten. Das ist sehr merkwürdig. Wollen Sie sie mit dem Krückstock an die Werkbank schicken, oder wie wollen Sie das machen? Auf der einen Seite sollen sie arbeiten, auf der anderen Seite brauchen sie angeblich einen Beauftragten?
Mit 25 % der Wahlbevölkerung sind diese Bürger durchaus selbst in der Lage, mitzubestimmen, zugegebenermaßen nicht immer im Sinne der linken Partei, eher weniger oder gar nicht. Ich denke, das scheint Ihr Problem hier zu sein. Sie wollen diese 25 % allein deshalb, um sich Sitze in den Parlamenten zu sichern.
Sie begründen Ihre Forderung zum Beispiel mit dem demografischen Wandel. Das heißt: Als es noch nicht so viele ältere Menschen gab, waren Ihre Forderungen nach Ihrer Lesart nicht notwendig. Heute gibt es mehr ältere Menschen, jetzt lohnt es sich, jetzt kann man etwas machen.
Sie wollen eine aktivere Teilhabe, mehr Mitbeteiligung und Mitwirkungsrechte. Ich frage Sie: Haben das die älteren Menschen nicht? Wo sind denn die Einschränkun
gen derer, die aus Ihrer Sicht „ältere Menschen“ sind? Ich habe weder mit 60 noch mit 70 jemals irgendeine Einschränkung gespürt. Mein gesamter Bekanntenkreis würde mir ganz schön aufs Dach steigen, wenn ich sagen würde: „Ich führe dich jetzt dorthin und zeige dir, was du alles machen kannst.“ Das können die Leute sehr gut allein. Dafür brauchen sie Ihre Hilfe nicht. Vielleicht sollen sich die älteren Menschen auf Ihre linke Ideologie einschwören lassen.
Dann geht es bei Ihnen um „Basisdemokratie“ bei der Sicherung der Teilhabe. Kein Mensch weiß, was das bedeuten soll, meine Damen und Herren.
Sie wiederholen diesen unkonkreten Unsinn sogar, als ob ältere Menschen schlagartig, wenn sie nach Ihrer Definition „ältere Menschen“ sind, keinen Einfluss mehr auf die politischen Entscheidungen hätten. Wieso denn nicht? Sie können zur Wahl gehen. Das können sie alles machen.
Das Einzige, was ich bisher als konkrete Forderungen von älteren Menschen gehört habe, sind drei Punkte – diese will ich Ihnen nennen –:
Erstens. Umfassende, auf höchstem Niveau stattfindende medizinische Versorgung. Das wollen sie haben. Dafür müsste etwas getan werden.
Zweitens. Ausbau und Erhöhung der Qualität der häuslichen Pflege, um im Alter nicht sein Wohnumfeld verlassen zu müssen. Darüber haben wir erst gestern mit Herrn Viehweger gesprochen.
Drittens. Vermeidung von Altersarmut. Neulich kam dazu wieder ein Bericht, diesmal aus Delitzsch. Die Tafeln werden immer öfter auch von älteren Menschen in Anspruch genommen.