Protocol of the Session on June 22, 2017

Wenn wir feststellen, dass wir die eine oder andere Gesetzeslage im Zuge dessen noch ändern müssen, dann sollte man das auch tun. Ich gehe aber davon aus, dass wir die Anträge in Zukunft schneller bearbeiten können und dass auch die Zeiten dann ausreichen, weil nämlich deutlich weniger Leute da sein werden und diese Fehlanreize, die wir jetzt in unserem Sozialsystem haben, in Zukunft nicht mehr vorhanden sein werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Die CDUFraktion. Herr Abg. Hartmann, bitte.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Du musst

das jetzt nicht in die Länge ziehen!

Die verstehen das sowieso nicht, auch

wenn du das noch mal erklärst! –

Zuruf des Abg. Uwe Wurlitzer, AfD –

Gegenruf der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg,

DIE LINKE – Glocke des Präsidenten)

In aller gebotenen Kürze: Der Geltungsbereich des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik Deutschland. Insoweit ist der Geltungsbereich definiert, um das auch auf den Artikel 16 a des Grundgesetzes zu beziehen.

Ansonsten noch einmal ganz klar, bevor es Missverständnisse gibt: Auch wir stehen für eine verantwortungsvolle Asylpolitik. Das heißt, klar zu prüfen, wer einen Anspruch auf Asyl hat und wer nicht. Auch wir haben ein originäres Interesse daran, dass die Flüchtlingszahlen rückgängig sind und dass wir uns in einem verantwortungsvollen Kontext mit einer gesamteuropäischen Lösung diesen Herausforderungen stellen.

Wir wollen keinen unbegrenzten Zugang und Einfluss von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Wir wollen, dass wir eine humanitäre, eine christliche – oder wie auch immer Sie es definieren wollen – Verantwortung tragen, und das im Kontext der Verantwortung der Europäischen Union.

Noch einmal: Es gibt einen zentralen Unterschied – das ist politischer Wettbewerb –, dass unterschiedliche Parteien es auch unterschiedlich sehen können. Es gibt einen elementaren Unterschied, ob ein Bundesinnenminister eine Überlegung anstellt, die da heißt, ob es die Möglichkeit gibt, in den Bereichen des Nahen Ostens und in anderen Regionen Hotspots einzurichten, um dort den Menschen eine Zuflucht zu geben und von dort aus zu prüfen, welche Ansprüche es nach internationalen Vereinbarungen gibt, oder ob Sie auf die Idee kommen, Menschen, die einen Asylantrag in Deutschland laufen haben, in exterritoriale Gebiete zu verpflanzen und dort eine Zuständigkeit generieren zu wollen, insbesondere nicht beschränkt auf den Bund, sondern, wie in Ihrem Punkt 2 des Antrages zu lesen, auf die Bundesländer.

Da sind Sie auf einem Weg, bei dem ich Ihnen deutlich sage: Das ist in sich nicht stringent, das ist fehlerhaft. Das widerspricht jeglichen Grundsätzen, die wir in Deutschland im föderalen System und auch in der Vernetzung haben, insbesondere auch bei der Einbindung in die Europäische Union.

Es bleibt dabei: Wenn Sie Ihren Antrag genau lesen, müssen Sie die Frage schon beantworten. Wollen Sie, dass die Menschen sehr schnell abgeschoben werden oder wollen Sie entsprechende Schutzmechanismen bis zum Abschluss des Verfahrens? Sie können doch das eine mit dem anderen nicht paaren und dann sagen, das wäre in sich richtig und logisch. Nein, dieser Antrag ist in sich nicht logisch.

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich: Das Thema ist ernst, und es ist auch notwendig, sich der politischen Diskussion zu stellen. Sachsen – darin teile ich die Auffassung des Kollegen Pallas – hat es verdient, dass wir als Parlament im Rahmen unserer Zuständigkeiten Lösungen aufzeigen, politische Forderungen formulieren. Diese müssen ganz klar darauf gerichtet sein, an den Rahmenbedingungen zu arbeiten.

Über die Punkte, die Sie angesprochen haben, die auch von Herrn Wippel gekommen sind, die aber nicht originär etwas mit dem Antrag zu tun haben, kann man beiläufig trefflich diskutieren, auch in der Betrachtung mit dem Ziehkorridor. Wir bleiben dabei: Ihr Antrag, so wie er heute vorliegt, greift in Bereiche ein, die – mit Verlaub – nicht regelungsfähig sind, noch nicht einmal auf Initiative

dieses Hauses an den Bundesrat. Ich halte es – mit Verlaub – für eine abstruse Vorstellung zu glauben, dass der Freistaat Sachsen dann in Jordanien – das können Sie Ihrem Punkt 2 in der Übersetzung entnehmen – eigene Erstaufnahmeeinrichtungen betreibt.

Insoweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, bleibt es dabei: Wir lehnen diesen Antrag ab. Er ist in der Tat nicht gut gemacht.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktion? – Diese sehe ich nicht. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Ulbig; bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als zuständiger Minister will ich zu diesem Antrag selbstverständlich auch das Wort ergreifen. Es ist eine ganze Menge gesagt worden. Herr Wippel, ich nehme Ihnen, das, was von Ihnen als humanitärer Ansatz – zumindest in Teilen der Begründung und in Teilen des Vortrages – hier vorgeschoben worden ist, nicht ab.

Ich will mich bei meinen Ausführungen aber auf den Kern, der mir beim Lesen und beim Beantworten des Antrages wichtig gewesen ist, konzentrieren, und zwar auf die Tragödien bei der Überfahrt nach Europa. Das ist eine schwierige Situation. Mehr als 1 800 Menschen kamen seit Jahresbeginn laut der Internationalen Organisation für Migration auf der Mittelmeerroute ums Leben oder werden vermisst. Über 5 000 Menschen waren es im Jahr 2016. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dazu muss man klar sagen: Jeder Einzelne ist einer zu viel.

Deshalb müssen die EU und die Mitgliedsstaaten gemeinsam weiterhin alles dafür tun, solche gefährlichen Überfahrten zu verhindern. Aber so, wie es hier im Antrag angeführt worden ist – vermeintlich eine einfache Lösung –, so eine einfache Lösung gibt es leider nicht.

Mitglieder des Innenausschusses sind vor Kurzem in Sizilien gewesen. Wir haben uns dort die Situation gemeinsam angesehen und uns ein Bild von der Lage gemacht. Sie haben gesehen, mit welchen Schwierigkeiten die Akteure vor Ort derzeit konfrontiert sind. Ich will die Situation in Italien ansprechen, dass die Italiener mit dem System mangels Kooperation innerhalb der EU derzeit an ihre Grenzen kommen. Ich will das Problem ansprechen, das wir bei Frontex gesehen haben. Wir haben auch gesehen – jetzt ist Frau Zais leider nicht da –, wie die Situation der italienischen Marine vor Ort ist. Ich habe davon ein anderes Bild bekommen. Sie sind derzeit wirklich ernsthaft bemüht, um dort humanitär unterwegs zu sein und entsprechend zu agieren. Aber das ist, weiß Gott, schwierig, und auch dort ist keine Solidarität vorhanden.

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, könnte die Unterbringung von Asylsuchenden in Drittstaaten durchaus ein Lösungsansatz sein, über den schon längere Zeit diskutiert wird. Bereits seit dem Jahr 2014 gibt es intensive Bemühungen auf europäischer Ebene, stärker mit den Transit- und Herkunftsländern der Flüchtlinge zusammenzuarbeiten; aber anders, als von Frau Nagel gehört, nämlich um den Schlepperbanden, die dort unterwegs sind, ihre Grundlage zu entziehen.

Für diese Zusammenarbeit war eine enge Kooperation mit den Flüchtlingsorganisationen der Vereinten Nationen vorgesehen. Die Diskussion hat es gegeben zu den – ich will es wirklich so sagen, in Anführungsstrichen – sogenannten „Willkommenszentren“ in Nordafrika, ein Vorschlag des Bundesinnenministers, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge künftig in Nordafrika sicher unterzubringen. Dafür sollte geprüft werden, ob sie Asyl bekommen und mithilfe von Aufnahmekontingenten dann nach Europa gebracht werden könnten bzw. im Falle einer Ablehnung heimkehren müssten.

Aber – das ist Teil der Realität – leider zeichnet sich hier nach wie vor keine Lösung ab. Bis wir tragfähige Lösungen haben – das ist dann auch eine klare Position von mir, die von der EU insgesamt getragen wird –, müssen wir auf der Grundlage der bestehenden Regelungen und Gesetze und auch auf der Grundlage unseres humanitären Anspruches agieren.

Dabei, meine Damen und Herren, gehen wir, anders als die AfD, deutlich andere Wege. Unser Konzept spielt Humanität und Ordnung nicht gegeneinander aus. Wer bei uns um Asyl bittet, den bringen wir menschenwürdig um, und der bekommt ein faires Asylverfahren.

(Sebastian Wippel, AfD: Sie wollten „unter“ sagen! – Weitere Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Unter!

(Zurufe von der SPD)

Dann will ich es korrigieren, damit es auch sauber bleibt und an dieser Stelle kein Raum für bösartige Interpretation ist.

Wer bei uns um Asyl bittet, den bringen wir menschenwürdig unter, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der bekommt ein faires Asylverfahren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Gleichwohl tun wir alles, um nicht den Schleppern in die Hände zu spielen. Dazu zählt einerseits unsere Zusammenarbeit mit Frontex, andererseits aber auch eine konsequente Abschiebung derjenigen, die bei uns keine Bleibeperspektive haben.

Die Fragen, die ich gestellt hätte, hat Christian Hartmann bereits gestellt. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bleiben Sie von der AfD mit Ihrem Antrag nicht nur Fragen, sondern auch eine ganze Menge an Antworten schuldig. Was das Thema Auffrischung im

Staats- und Verfassungsrecht anbetrifft, kann ich mich eigentlich kurzfassen: Der Antrag verkennt, dass die Bundesländer der falsche Adressat für hoheitliches Handeln im Ausland sind. Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben ist außerhalb des Bundesgebietes dem Bund von Verfassungs wegen zugewiesen.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Nicht ausschließlich!)

Deshalb empfiehlt die Staatsregierung, aus diesen und weiteren vorgenannten Gründen den Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Schlusswort hat die AfD-Fraktion, Herr Abg. Wippel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Ja, man kann mit dem Geld, das man einspart, jede Menge Gutes tun – auch in den Herkunftsländern. Ich sprach vorhin von einer Milliarde versus 30 Millionen, 145 Millionen. Hier ist sehr viel Spielraum, um den Herkunftsländern zu helfen, um die Unterbringung in den Ländern, die von uns betrieben werden sollen, menschenwürdig zu gestalten. Selbstverständlich soll die menschenwürdig gestaltet werden. Ich weiß gar nicht, wie so ein Zungenschlag hineinkommt, als ob wir das nicht wollten.

Ich habe auch nie behauptet, dass es eine einfache Lösung sei, die wir vorschlagen. Es ist eine schwierige Lösung in einer schwierigen Frage, und wir haben es uns wahrlich nicht einfach gemacht. Einige dieser Argumente, die in der Debatte genannt wurden, haben wir auch innerhalb der Fraktion diskutiert und uns ausgetauscht, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Doch, man kann es tun. Die verfassungsmäßige Ordnung wird hier nicht angekratzt. Letzten Endes können zwischen Land und Bund auch Verträge geschlossen werden, um bestimmte Ziele zu erreichen. Auch das ist in anderen Politikbereichen durchaus üblich. Wir sind also der Meinung, man kann hier eine Lösung finden.

Was den Punkt Abschiebung betrifft, Herr Staatsminister, so muss ich etwas Wasser in Ihren Wein gießen; denn das ist genau der Punkt, der eben nicht funktioniert. Wenn er denn so prima funktionieren würde, hätten wir die Probleme nicht und, glauben Sie mir, würden auch diesen Antrag nicht stellen. Aber genau das ist das Problem, das wir hier lösen wollen.

Ich stelle nach dieser Debatte aber fest, dass Sie offensichtlich nicht bereit sind, diesem Antrag zuzustimmen. Wenn Sie nicht zur Zustimmung bereit sind, wird weiterhin Folgendes passieren: Die Menschen werden von Schleppern und von unserem Sozialsystem, von einem falschen Anreizsystem, weiter auf See gelockt, und sie werden zum Teil sterben – 10 %. Das ist so. Diese Lotterie des Todes wird weitergehen; anders kann man es leider nicht ausdrücken. Die organisierte Kriminalität wird sich

mit dem Schlepperwesen, dem Bandenwesen, das wir angeblich bekämpfen wollen, weiter die Taschen füllen. Ja, man bekämpft sie über das Geld! Das ist der Punkt. Wir wissen auch, dass sich der Islamische Staat und andere Organisationen durch das Schlepperwesen finanzieren. Auch das wird weitergehen, wenn wir hier nicht Zeichen setzen und Politik machen, um genau dies ganz konsequent zu beenden, und sei es auch mit einem harten, schwierigen Schritt.

Sie wollen offensichtlich auch, dass die Nichtregierungsorganisationen mit ihren millionenschweren Schiffen weiterhin im Mittelmeer unterwegs sind und dem Frontex-Express Konkurrenz machen. Meine Damen und Herren, Frontex ist dazu nicht da, und wir haben in Italien gelernt: Je mehr Rettungsaktionen auf dem Meer stattfinden, desto mehr Menschen flüchten, desto mehr Schlepper werden aufs Meer geschickt und desto mehr Menschen sterben im Mittelmeer. Das hat seit Jahren nichts