Jetzt geht meine Frage an die hier versammelten Kolleginnen und Kollegen: Gibt es in dieser zweiten Runde noch weiteren Redebedarf zum Antrag? – Das kann ich nicht feststellen. Möchte die einbringende Fraktion noch eine dritte Runde eröffnen? – Auch nicht. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Ulbig ergreift es jetzt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade trotz mancher unterschiedlicher Akzente aus meiner Sicht aber doch sehr deutlich geworden, dass uns im Kern der Sinn, das Ziel des Antrages eint; denn es geht um eine unserer wichtigsten Aufgaben, nämlich die Belange Benachteiligter zu achten und sie zu fördern, und das auch oder gerade im Sport. Deshalb möchte ich mit einem herzlichen Dankeschön beginnen. Ein Dankeschön all denjenigen, die sich in außergewöhnlicher Weise in diesem Bereich engagieren und dafür sorgen, dass auch Behinderte verbesserte Möglichkeiten haben, um am Sport teilnehmen zu können und dadurch Anerkennung zu finden.
Es ist noch nicht ganz ein Jahr her, da habe ich im Foyer des Staatsministeriums des Innern eine Ausstellung eröffnet: „Sport ohne Limit“. Die Ausstellung hat die Geschichte und Entwicklung des Behindertensports emotional vor Augen geführt. Sie hat gezeigt, welch langen Weg die Sportlerinnen und Sportler gehen mussten, um Anerkennung zu finden, um als gleichberechtigte Athleten wahrgenommen zu werden und der Welt zu
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage: Wer sich mit einer Beinprothese auf die 100-Meter-Bahn traut, wer sich beim Rollstuhlbasketball die Bälle zuwirft, der ist mehr als ein toller Sportler.
Er ist ein Mensch, der Vorbild ist, der unseren allergrößten Respekt verdient, der sein Schicksal annimmt und unter Anstrengungen Leistungen vollbringt, die für viele andere von uns gar nicht vorstellbar sind. Diesen Einsatz zu würdigen und für die besonderen Ansprüche auch die richtigen Sportstätten und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, das ist eine wichtige Herausforderung und sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
In Sachsen haben wir dahin gehend doch schon eine ganze Menge erreicht. Schon mit Beginn des Jahres 2011 wurde – damals noch auf Initiative des SMK – mit den Vertreterinnen und Vertretern der sächsischen Behindertensportverbände und des Landessportbundes eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegründet. Vertreten war dort unter anderem die Behindertenbeauftragte der Sächsischen Staatsregierung. Es ging um konkrete Maßnahmen zur Förderung der weiteren Inklusion. Diese Gruppe hat Akzente gesetzt und wird dies weiterhin tun.
Es ist richtig erkannt und von vielen angesprochen worden: Ein ganz wichtiger Punkt kommt vor allem dem SBV zu. Der SBV hat es sich zur Aufgabe gemacht, die inklusive Sportlandschaft bei uns im Freistaat Sachsen zu entwickeln. Sportvereine werden dabei unterstützt, inklusive Sportgruppen zu gründen, Trainer auszubilden sowie eine barrierefreie Gestaltung von Sportstätten voranzubringen. Möglichst vielen Menschen mit Behinderung soll ein wohnortnahes Sportangebot in Vereinen gemacht werden. Mit den 41 000 Mitgliedern in weit über 300 Vereinen ist der SBV einer der mitgliedsstärksten Landesfachverbände im Landessportbund und hat damit dazu beigetragen, dass viele dieser Projekten und Bemühungen Früchte tragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe es bereits eingangs gesagt: Eine Voraussetzung für eine gelingende Inklusion im Sport sind natürlich behindertengerechte Sportstätten. Hier haben wir eine Menge getan, aber – das ist zu Recht angesprochen, vielleicht auch kritisiert worden – es gibt noch weiterhin viel zu tun. Es geht ganz konkret um barrierefreien Zugang und Nutzung, um behindertengerechte Toiletten, Umkleiden, ausreichend breite Türen, gute Belichtung, keine Türschwellen in den Eingängen usw. Es geht um Bilder und Piktogramme, die zur Orientierung hilfreich sein können, und um die individuelle Einsetzbarkeit und Anpassung von Sportgeräten.
Es gibt verschiedene Förderprogramme. Dass natürlich das Programm „Barrierefreies Bauen – Lieblingsplätze für
alle“ nicht für alles tauglich ist, das ist richtig. Aber mit 2,5 Millionen Euro ausgestattet, pauschal den Landkreisen zugeordnet und damit die Möglichkeit, in vielen Bereichen, gerade im Eingangsbereich, bis zu 100 % zu fördern – das ist trotz alledem ein Baustein in diesem Ganzen.
Es geht um Investitionen in die Eingliederungshilfe, die in den Bau, die Sanierung, den Erhalt, die Ausstattung und die Modernisierung von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung befördert, und natürlich um die Sportstättenförderung.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben hier im Landtag dafür gekämpft, dass die Sportstättenförderung noch einmal deutlich aufgestockt worden ist und damit mehr Mittel für die Sportstätten im Freistaat zur Verfügung stehen, sodass natürlich auch für behinderte Sportler entsprechende Verbesserungsmöglichkeiten
Der Behindertensport in Sachsen – das zeigen schon die genannten Mitglieds- und Aktivenzahlen – lebt in Sachsen vom Leistungssport bis zum Breitensport. Erst vor zwei Jahren, nach den Special Olympics World Games in Los Angeles im August 2015, habe ich die sächsischen Teilnehmer zu einer Ehrungsveranstaltung eingeladen. Ich konnte feststellen, dass unsere sächsischen Sportler in den Nationalmannschaften Handball und Bowling vertreten sind und mit guten Ergebnissen punkteten, ja sogar Medaillen errangen.
Wenn wir in die Region schauen, dann sehen wir zum Beispiel den Kreissportbund Bautzen, der einen Leitfaden zur Inklusion im Sport veröffentlicht hat und gemeinsame Sportfeste von Vereinen aus der Region organisiert. Der Sächsische Behindertensportverband als Dachverband wird diesen Leitfaden annehmen, sodass sicherlich immer mehr solcher Aktivitäten entstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das macht deutlich: Inklusion im Sport ist in den Köpfen angekommen und wird an vielen Stellen in unserem Freistaat Sachsen bereits aktiv gelebt. Es braucht aber weitere Anstrengungen, Tag für Tag. Es ist wichtig, dass Menschen sich weiter engagieren und Engagement auf allen Ebenen an den Tag legen. Deshalb kann ich nur empfehlen,
nach Olympia nicht abzuschalten und auch die Paralympics laufen zu lassen. Besuchen Sie auch ein Behindertensportevent und kommen Sie mit den Athletinnen und Athleten ins Gespräch!
Aus der Antwort der Staatsregierung wird deutlich, dass es dazu eines solchen Antrags nicht bedarf. Deswegen empfiehlt die Staatsregierung, den vorliegenden Antrag abzulehnen.
Herr Staatsminister hat die Rederunde geschlossen. – Jetzt kommen wir zum Schlusswort der einbringenden Fraktion DIE LINKE. Frau Kollegin Meiwald?
Das wird wohl passieren. – Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal danke für die Debatte! Unser Dank geht auch an die Sportlerinnen und Sportler sowie die Betreuerinnen und Betreuer, die im Behindertensport trotz mitunter widriger Umstände das Beste daraus machen.
Nein, Herr Rost, die Mittel, die im Investitionsteil im Einzelplan 03 für den Sport vorhanden sind, reichen so schon nicht aus. Dann auch noch zu behaupten, es sei genügend da, sodass alle etwas davon hätten, ist einfach nur falsch. Dann, Freunde der Nacht:
Nicht zielführend sind die Verweise auf den ÖPNV. Es ist schon kurz angesprochen worden: Rollstuhlbasketballer und E-Rolli-Fußballer sind nun überhaupt nicht die klassischen Straßenbahnfahrer. Sie brauchen eigene Fahrzeuge, sie brauchen viel mehr Platz. Insofern ist der ÖPNV völlig ungeeignet.
Wir haben heute wenig über den Rehasport gesprochen. Dieser schließt aber eine große Lücke und überbrückt fehlende Angebote. Der Rehasport muss genauso berücksichtigt werden.
Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass unsere bisherigen Förderinstrumente nicht zu 100 % ausreichen. Wenn es gelingen sollte – auch mit dieser Debatte –, das SMI, Herr Staatsminister, dafür zu sensibilisieren, die in Arbeit befindliche Förderrichtlinie ein wenig anzupassen, dann hätten wir schon viel gewonnen und für die Belange der Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung etwas getan.
Insofern kann ich vorgreifen, Herr Zschocke: Wir werden Ihrem Änderungsantrag, auf ein gesondertes Förderprogramm zu verzichten, zunächst zustimmen, behalten uns aber vor, die Diskussion zu einem gesonderten Förderprogramm in diesem Hohen Haus noch einmal zu führen, wenn die Neufassung der Förderrichtlinie die gewünschten Effekte nicht erzielt.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und werbe erneut um Zustimmung zu unserem Antrag. Er ist wichtig, wie der Minister gesagt hat, und er wurde zum richtigen Zeitpunkt gestellt.
Jetzt liegt uns in der Drucksache 6/9639 ein Änderungsantrag der GRÜNEN vor. Diesen will Herr Zschocke – das hat er schon angekündigt – jetzt einbringen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte trotzdem noch ein paar Worte darauf verwenden. – Wir sind der Auffassung, dass wir keine speziellen Verfahren oder Programme, das heißt keine Sondersportförderung für behinderte Menschen brauchen. Vielmehr muss die Sportförderrichtlinie – das ist von Frau Meiwald deutlich ausgeführt worden – an die Bedürfnisse einer heterogen zusammengesetzten Bürgerinnen- und Bürgerschaft
angepasst werden; denn durch die aktuell geltende Sportförderrichtlinie werden behinderte Sportler diskriminiert, nicht unmittelbar, sondern mittelbar.
Ich möchte das kurz verdeutlichen: Eine mittelbare Diskriminierung liegt immer dann vor, wenn scheinbar neutrale Regelungen und scheinbar neutrale Verfahren eine bestimmte Gruppe benachteiligen. Das ist im vorliegenden Fall Tatsache. Bei der Lektüre der Sportförderrichtlinie wird schnell deutlich, dass sich die Förderung von sportlichen Angeboten ausschließlich an Menschen ohne Einschränkungen orientiert. So wird ein abrechenbarer Übungsleiterschlüssel von 1 zu 10 festgelegt. Wir wissen aber, dass in Kitas und Schulen sofort ein anderer Betreuungsschlüssel oder eine herabgesetzte Klassenobergrenze gilt, wenn behinderte Kinder betreut werden. Nichts anderes darf für Sportgruppen gelten. Der Nachbesserungsbedarf liegt also auf der Hand.
Gleiches gilt für die Förderung von Sportgeräten. Auch in diesem Bereich passt die Richtlinie nicht, weil die Sportgeräte für behinderte Menschen individualisiert sind. Damit wird die Anwendung der Richtlinie in diesem Bereich, insbesondere der Regelung zur Anschaffung von Großsportgeräten, ausgeschlossen. Zudem orientiert sich die Schwerpunktbildung der heutigen Richtlinie an der Menge, also an der Quantität der in den Vereinen organisierten Sportlerinnen und Sportler, und führt zu einer bevorzugten Förderung der Anschaffung besonderer, teurer Sportgeräte. Damit fallen die Vereine, von denen wir heute reden, regelmäßig aus der Förderung heraus, da sie quantitativ einfach unterlegen sind.
Im Aktionsplan der Staatsregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention spielt die Überarbeitung der Sportförderrichtlinie überhaupt keine Rolle, das heißt, die Überarbeitung ist bisher nicht vorgesehen. Aber
ich glaube, das haben wir heute festgestellt – die Sportförderrichtlinie entspricht nicht der UN-Behindertenrechtskonvention und muss deshalb dringend überarbeitet werden. All die Förderlücken, auf die zu Recht aufmerksam gemacht worden ist, müssen mit dieser Richtlinie geschlossen werden, meine Damen und Herren.