zurückgegangen. Das zeigt, dass es gerade für junge Eltern mit kleinen Kindern schwer ist, eine Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren. Die sächsischen Hochschulen bieten zwar verschiedene Maßnahmen, die dazu beitragen, Familie und Studium besser vereinbaren zu können, es gibt aber nur an wenigen Hochschulen beispielsweise das Angebot eines Teilzeitstudiums.
Oder schauen Sie sich die Herausforderung beim Thema Kinderbetreuung an. Eine Vollzeit arbeitende Alleinerziehende braucht an einem ganz normalen Feierabend ja eigentlich vier Hände, möchte ich einmal sagen: Abendessen machen, vielleicht die Spülmaschine ausräumen, die Waschmaschine einräumen, bei den Hausaufgaben helfen, wegen des Hortplatzes noch telefonieren etc. In solche Engstellen geraten Alleinerziehende regelmäßig, weil das Zeitfenster für Familienarbeit nach Dienstschluss einfach zu klein ist.
Fernab von regulären Kita-Öffnungszeiten gibt es einfach zu wenige flexible Betreuungsangebote. Solche sind für Alleinerziehende jedoch von großer Bedeutung, damit sie die besonderen Belastungen durch Familie, durch Beruf, durch Erziehung, durch den Haushalt überhaupt bewältigen können.
Schauen wir uns die Herausforderung Landzeitarbeitslosigkeit an, das trifft verstärkt Alleinerziehende. Diejenigen, die an Maßnahmen der Arbeitsförderung teilnehmen, müssen oft erleben, dass diese mit ihrer Lebenssituation nur schwer in Einklang gebracht werden können. Lediglich der Landkreis Bautzen bietet speziell für alleinerziehende Mütter und Väter Maßnahmen an.
Schauen wir uns die Herausforderung der gemeinsamen Kindererziehung an. Wer sich dafür entschieden hat, die Kinder lieber alleine großzuziehen, anstatt eine vielleicht belastende Partnerschaft krampfhaft aufrechtzuerhalten, wird danach wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, im Alltag wieder zu einer gemeinsamen Erziehungsverantwortung zu finden. Auch mit solchen Problemen bleiben getrennt lebende Eltern oft allein.
Die Antworten zeigen noch eine ganze Reihe weiterer Herausforderungen auf, insbesondere gesundheitliche oder auch wirtschaftliche Aspekte, die die Situation Alleinerziehender betreffen. Sie geraten da auch sehr schnell in einen Teufelskreis. Wer mit Kindern allein lebt, hat schlechtere Aufstiegschancen im Beruf und durch die brüchigen Erwerbsbiografien am Ende auch weniger Rente. Man hat im Alltag aber auch zu wenig Geld übrig, um privat vorzusorgen.
Fast die Hälfte der Alleinerziehenden – auch das zeigen die Antworten – leben im ALG-II-Bezug. Ausbleibende Unterhaltszahlungen bleiben zudem ein großes Problem, und auch im Steuer- und Sozialrecht wird der Lebenssituation von Alleinerziehenden noch viel zu wenig Rechnung getragen.
Zusammenfassend bleibt festzustellen: Eltern insgesamt werden bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung unterschiedlich, oft nicht hinreichend, von Staat und
Gesellschaft unterstützt. In unserer Gesellschaft gibt es ein Ungleichgewicht zulasten von Familien. Dieses Ungleichgewicht zeigt sich besonders deutlich in den Lebenslagen von Ein-Eltern-Familien.
Dieses Ungleichgewicht ist aber eben auch Ausdruck – oder besser gesagt eine Folge – der nach wie vor bestehenden Benachteiligung von Frauen in unserer Gesellschaft. Deswegen möchte ich zum Schluss ganz deutlich sagen: „Familien stärken“ heißt für uns GRÜNE ganz konkret eben auch „Alleinerziehende stärken“.
Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Krauß. Sie haben das Wort, Herr Krauß.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst ein herzliches Dankeschön an die Staatsregierung für die Beantwortung dieser Anfrage. Es ist begrüßenswert, dass man gutes Datenmaterial hat, soweit es verfügbar ist, und wir darüber diskutieren können.
Zugleich darf ich darauf hinweisen, dass wir in der vergangenen Wahlperiode eine Untersuchung speziell zu diesem Thema in Auftrag gegeben hatten. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls sehr interessante Zahlen zur Lebenssituation von Alleinerziehenden dargestellt.
Für uns alle ist klar, meine sehr geehrten Damen und Herren: Alleinerziehend zu sein sucht sich keiner aus. Das ist meistens ein Schicksalsschlag, der diese Familien ereilt. Deswegen ist das Wort „Leitbild“, Herr Kollege Zschocke, vielleicht nicht ganz passend. Ich glaube, die Betroffenen würden das nicht unbedingt als Leitbild bezeichnen, was sie da haben. Insofern ist klar, dass das Leitbild für die meisten, die allermeisten Eltern in unserem Land natürlich die Beziehung von Mann und Frau ist. Eine Trennung ist nicht unbedingt etwas, was man sich wünscht oder aussucht, sondern das passiert. Mit dieser Situation muss man dann umgehen.
Die Haupterziehungsverantwortung liegt dann häufig bei den Müttern. Ich fand das Bild von Herrn Zschocke sehr schön, dass eine Mutter vier Hände braucht. Das ist so.
Sie muss deutlich mehr tragen, sie muss deutlich mehr tun. Sie hat eine höhere Verantwortung. Man kann gar nicht genug würdigen, was dort an Arbeit geleistet wird. Deswegen habe ich sehr großen Respekt vor dem, was diese Frauen leisten. Ich habe großen Respekt davor, was Familien insgesamt leisten, aber insbesondere davor, was Alleinerziehende bei uns im Land leisten.
Was tut nun der Staat? Ich glaube, dass er auf die Situation angemessen reagiert. Wir haben unterschiedliche
Sätze, wenn Sie das Arbeitslosengeld II oder die Sozialleistungen betrachten. Natürlich muss man Alleinerziehende anders behandeln als Menschen, die zusammenleben; das ist richtig.
Mit dem Unterhaltsvorschuss haben wir eine Sozialleistung, über die wir schon diskutiert haben. Ich möchte noch einmal auf die Studie aus der vorigen Wahlperiode eingehen. Vier von zehn befragten Müttern in Sachsen sagten aus, dass sie regelmäßig und in voller Höhe den Unterhaltsvorschuss von ihrem Partner bekommen – vier von zehn. Im Umkehrschluss heißt das, dass sechs von zehn Müttern den Unterhalt eben nicht bekommen. Da ist es doch richtig, dass der Staat mit dem Unterhaltsvorschuss einspringt. Er springt in die Bresche und bezahlt das.
Bislang war das begrenzt: maximal bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes, maximal für sechs Jahre. Ich bin sehr froh, dass wir es in diesem Jahr auf Bundesebene schaffen – und das bezahlen wir als Land mit, das muss man ja auch einmal sagen; das kostet uns Geld, kräftig Geld, aber es ist richtig –, die Laufzeit nicht mehr zu begrenzen. Das geht jetzt bis zum 18. Lebensjahr des Kindes. Ich glaube, damit erfahren Alleinerziehende eine riesengroße Hilfe. Es ist gut, dass wir uns in diesem Jahr dafür entschieden haben, das umzusetzen – die Länder zusammen mit dem Bund, aber auch die Kommunen, die beteiligt sind.
Klar ist natürlich auch: Wenn die Väter nicht bezahlen – im Regelfall sind es Väter –, ist der Staat aufgefordert, dieses Geld zurückzuholen, wenn der Vater sozusagen nicht in der Lage ist, den Unterhalt zu erbringen. Das ist ja sehr häufig der Fall. Hier haben wir noch eine Aufgabe; da müssen wir als Staat besser werden. Wir könnten an dieser Stelle deutlich mehr Geld zurückholen.
Thema Kinderbetreuung, auch das ist richtigerweise angesprochen worden: Es gibt einen Rechtsanspruch auf die Betreuung in der Kinderkrippe, im Kindergarten. Das ist gut so – nicht nur für Alleinerziehende, aber insbesondere für Alleinerziehende, weil es die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht.
Woran müssen wir noch arbeiten? Welche Themen stehen an? Auch hier bin ich relativ nahe bei Herrn Zschocke. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein wichtiges Thema. Wie bekommen wir das hin? Da darf auch der Freistaat Sachsen gern eine Vorbildfunktion einnehmen. Ich finde, nicht alle Arbeiten müssen im Büro erledigt werden; Telearbeit bietet wirklich Möglichkeiten. Das hängt natürlich auch von den Einsatzstellen ab. Bei der Straßenmeisterei wird das ein bisschen schwieriger sein als für jemanden, der vielleicht im Ministerium arbeitet. Insofern sind individuelle Lösungen richtig. Jede Behörde soll für sich schauen, welche Möglichkeiten es gibt und wie man Familien, insbesondere aber Alleinerziehende unterstützen kann.
Das Gleiche betrifft die Arbeitsvermittlung. Auch dort brauchen wir Flexibilität. Auch dort kann man nicht alle über einen Leisten schlagen, auch nicht alle Alleinerzie
henden; denn es wird die Alleinerziehenden geben, die sagen, ich habe Großeltern, die sich bei der Kindererziehung mit einbringen können, und es wird andere geben, die sagen, das kann ich nicht, ich möchte gern Teilzeit arbeiten. Wir brauchen wirklich für jeden Einzelfall individuelle Lösungen.
Es war richtig, dass man bei den Hartz-IV-Reformen gesagt hat, wir versuchen den Betreuungsschlüssel für die Betreuer des Amtes zu verringern, sodass bei der Personalvermittlung individuell auf jeden Einzelfall eingegangen werden kann. Ich glaube, das ist der richtige Weg, den man gehen sollte.
Insofern bedanke ich mich ganz herzlich für die Debatte, die wir heute führen. Ich glaube, dass wir uns in der Analyse sehr ähnlich sind. Die Fakten werden ja nicht bezweifelt, die das Sozialministerium ermittelt hat. Ich glaube auch, dass wir uns in den Wegen relativ einig sind.
Auch zu den Dingen, die Sie in den Antrag hineingeschrieben haben, kann ich nur sagen, das ist eigentlich bei den Punkten, die ich gelesen habe, erfüllt. Insofern bedarf es des Antrags nicht mehr.
(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Wovon haben Sie denn die ganze Zeit gesprochen! – Heiterkeit der Abg. Juliane Pfeil-Zabel, SPD)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In Sachsen leben 150 000 Kinder in Armut. Ein großer Teil davon stammt aus alleinerziehenden Familien. Deshalb ist es gut, dass die Fraktion der GRÜNEN dieses in ihrer Anfrage thematisiert hat.
Ein Viertel aller Familien in Sachsen sind alleinerziehend. Sie haben eine höhere Verantwortung für die Entwicklung ihrer Kinder und brauchen deshalb mehr Unterstützung. Die Alleinerziehenden machen unter allen Familien mit Kindern etwas mehr als ein Viertel aus. Meist sind es Frauen, die Kinder allein großziehen. Mehr als 86 % der 97 000 Alleinerziehenden im Freistaat waren Mütter.
42 % aller Alleinerziehenden bezogen im Jahr 2014 ein Einkommen, das weniger als 60 % des mittleren Einkommens entsprach. Das sind mehr als 6 % mehr als im Jahr 2005. Bei Paarfamilien ist das Armutsrisiko im selben Zeitraum hingegen um 11,7 % gesunken.
Die Hälfte der Alleinerziehenden hat im Jahr 2014 überhaupt keinen Unterhalt für ihre Kinder erhalten. Dies ist eine zentrale Ursache dafür, dass viele Ein-ElternHaushalte nicht über die Armutsgrenze kommen. In Deutschland gilt als armutsgefährdet, wer mit weniger als 60 % des sogenannten Medianeinkommens auskommen
muss. Das Medianeinkommen teilt die Bevölkerung somit in zwei Hälften: Die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger. Im Jahr 2014 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 15,4 % der Menschen armutsgefährdet. Die Schwelle für Ein-Personen-Haushalte lag bei 917 Euro pro Person. Für Alleinerziehende mit Kindern bis 14 Jahren lag der Wert bei 1 192 Euro im Monat. Bei älteren und mehr Kindern steigt dieses entsprechend.
Im langjährigen Verlauf habe sich die Situation der Alleinerziehenden auf dem Arbeitsmarkt in Sachsen kaum verändert, sagt der Sprecher der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit, Frank Vollgold. Zwar sei die Zahl der arbeitslosen Alleinerziehenden von 21 360 im Juni 2010 auf 15 978 im Jahr 2015 gesunken, jedoch liege dieser Rückgang in Höhe von 22,5 % leicht unter dem Niveau der Gesamtarbeitslosigkeit. Alleinerziehende seien zwar häufig qualifiziert, hätten es aber schwer, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Das liege vor allem an den fehlenden Betreuungsmöglichkeiten und unflexiblen Arbeitszeiten.
Um diese Lage besser einschätzen zu können und um Handlungsbedarf abzuleiten, ist eine aussagefähige Statistik notwendig. Im Gegensatz zu meinen Vorrednern möchte ich aber sagen, dass uns die Aussagen, die zu der Großen Anfrage gemacht wurden, nicht befriedigen, weil auf viele Fragen einfach nicht geantwortet wurde, weil keine Statistiken vorliegen.
Wir geben den GRÜNEN recht, wenn sie feststellen, dass die Statistik der Staatsregierung erhebliche Lücken aufweist, und unterstützen die Forderung nach einer aktuellen Studie zu Lebenslagen von alleinerziehenden Eltern und Kindern in Sachsen bis Juni 2018. Diese Forderung ist nicht neu. Wir fordern dies schon seit Jahren. Auch den anderen Forderungen im Entschließungsantrag können wir zustimmen. Deswegen werden wir diesem Entschließungsantrag später auch zustimmen.
Teil A. Von den 33 Fragen, die im Wesentlichen Statistik sind, werden 14 nicht beantwortet. Zum Beispiel sind die Informationen über junge Mütter und Väter und über ihre Kinder äußerst mangelhaft – den Jugendämtern liegen diese Daten aber vor –, gar nicht zu reden von Alleinerziehenden mit behinderten Kindern oder wenn es erziehende Elternteile gibt, die selbst eine Behinderung haben. Das war aber auch schon in der Großen Anfrage zur Situation der Familie meiner Fraktion so.
Zu solchen grundlegenden jugendhilferechtlichen Themen wie elterliche Fürsorge, Umgang, Wechselmodell bei getrenntlebenden Eltern, die sich die Erziehung teilen, gibt es nur wenig Aussagen, was auch an den Fragen liegen kann, die mitunter nicht immer sinnstiftend sind, wenn man beispielsweise nach der durchschnittlichen Kinderzahl fragt. Was wollen wir mit diesen Daten erreichen?
Teil B: 28 Fragen, fünf nicht beantwortet. Frage 4 auf Seite 14 f.: Hierbei greifen nun die auf dem Arbeitsmarkt üblichen Instrumente, die im Übrigen bis Ende 2016 gingen. Zu einem Modellprojekt, welches bis zum Jahr 2018 laufen soll, kann das Ministerium bestimmt etwas sagen; denn in der Antwort gibt es dazu keine Aussage. Sachsen kann selbst nichts dazu beitragen.
Eine wichtige Frage ist die Frage 5 zur Teilzeitausbildung. Viel Text, jeder Landkreis nimmt Stellung. Wenn man jedoch etwas genauer liest, dann ist das Ergebnis ernüchternd: grundsätzlich ja, aber eigentlich nicht, genauso wie die Maßnahmen zur Arbeitsförderung von Alleinerziehenden nach SGB II und SGB III. Auch hierbei wieder viele gute Maßnahmen zur familienfreundlichen Gestaltung der Eingliederung in die Arbeit. Doch die Realität sieht anders aus.
Ein Praxisbeispiel: Am Donnerstag bekommt der alleinerziehende Vati die Zusage für eine Ausbildung als Erzieher. Er freut sich riesig. Beginn Montag. Eine Kita hat Verständnis und hilft sofort. Arbeitsbeginn für ihn ist um 8 Uhr. Das funktioniert mit der Kita. Arbeitsende ist um 16 Uhr. Da er einen Arbeitsweg von mehr als einer Stunde hat, reicht es nicht aus, um rechtzeitig an der Kita anzukommen. Wie soll der Vater die nächsten zwei Jahre überstehen? Verwandte und Freunde können helfen. Aber können sie das immer? Bei Abbruch oder Absage dieser Ausbildung heißt es dann wieder Arbeitslosigkeit und nicht selten folgen Sanktionen durch das Jobcenter.
Da schreibt doch Görlitz in seiner Stellungnahme: „Es ist nicht das Problem der Alleinerziehenden oder der Arbeitslosigkeit, es ist das Problem der Abbrecherquote.“