Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir lehnen auch diesen Antrag ab, aus zweierlei Gründen. Zum einen ist die inklusive Bildung als Ziel der Schulentwicklung benannt worden. Das lehnen wir ab. Das wissen Sie. Zum anderen gehen wir nicht konform mit Ihrer Forderung, dass die christliche Tradition gestrichen werden soll.
Besonders eigenartig finden wir Ihre Argumentation. Sie schreiben, dass es sich nur um eine Minderheit handeln würde, die der christlichen Konfession angehörte. Das mag richtig sein, ist aber insofern eigenartig, da genau bei vielen anderen Forderungen Ihrer Fraktion der Fokus auf genau diesen Minderheiten liegt, zum Beispiel bei sexuellen Identitäten, bei Migration oder auch bei Inklusion. Es ist nicht schlüssig. Von daher lehnen wir das ab.
Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Wenn das nicht der Fall ist, dann lasse ich jetzt über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen. Wer gibt die Stimme dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Änderungsantrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht um § 1. Sie sehen schon an der Überschrift, an der Reihenfolge von „Bildung“ und „Erziehung“, was wir mit dem Auftrag von Schule implizieren. Bei uns heißt es also „Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule“.
In allererster Linie sind Schulen für uns Bildungsstätten. Ich habe es vorhin schon gesagt. Es geht um Wissen, Werte, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Es geht um Praxiswissen, um anwendungsbereites Wissen, um Wissenschaftlichkeit.
Mit unserer Formulierung in § 1 wird genau diesem Anspruch Rechnung getragen. Es geht uns eben nicht um Kompetenzen und es kann auch nie richtig sein, dass der Erziehungsauftrag, wie es in der Beschlussempfehlung formuliert ist, vor den Bildungsauftrag der Schule gestellt wird. Erziehung ist – das wissen wir eigentlich alle – zuvörderst Aufgabe der Eltern.
Es gibt übrigens eine sehr interessante Studie der KonradAdenauer-Stiftung aus dem Jahr 2016, die sicher vielen bekannt ist und uns alarmieren sollte. In dieser Studie wurde die Ausbildungsreife und Studierfähigkeit unserer Jugend untersucht. Erschreckendes Fazit: Die politisch gewollte Inflation der Abschlüsse wurde mit einer dramatischen Absenkung der Anforderungen erkauft. Ein Grund: Akademisierungswahn. 53 % aller Schulabgänger haben mittlerweile eine Studienberechtigung. Das einst elitäre Gymnasium ist zur beliebtesten Schulart avanciert.
Als zweiten Grund für das Absinken des Standards wird genannt, dass nicht mehr der Fachunterricht die Lehrpläne dominiere, sondern das neue Leitbild des kompetenzorientierten Unterrichts. Komme jedoch der Unterricht zu kurz, flüchteten sich die Schüler in die Geschwätzigkeit. Im gesamten Bildungssystem habe sich eine Kultur des Durchwinkens etabliert.
Die Folgen des kompetenzorientierten Unterrichts sehen zum Beispiel so aus: Germanistikstudenten können nicht mehr richtig schreiben, jeder dritte IHK-Betrieb und auch die meisten Hochschulen erteilen nachholenden Schulunterricht und es gibt Brückenkurse in Mathematik und Naturwissenschaften. Der Freistaat Sachsen geht mit dem neuen Schulgesetz genau diesen Weg. Das kann aus unserer Sicht nicht richtig sein. Besinnen wir uns also wieder auf den Bildungsauftrag der Schule, wie es in unserem § 1 formuliert worden ist.
Ein gutes, solides und abrufbares Wissen ermöglicht automatisch Kompetenzentwicklung. Eine Kompetenz führt aber nicht automatisch zu Wissen.
Gibt es Redebedarf zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Änderungsantrag der AfD-Fraktion abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Wenige Stimmen dafür. Damit ist der Antrag mit sehr großer Mehrheit abgelehnt worden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir haben Ihnen in einem Änderungsantrag einen neu formulierten § 1 vorgelegt. Wir haben sozusagen geprüft, inwieweit der bisherige Paragraf tatsächlich den Bedürfnissen und Lebenslagen junger Menschen entspricht. Das ist das Ausschlaggebende: Er muss Ausgangspunkt und sozusagen Endpunkt aller Betrachtungen sein.
Einbezogen haben wir den Bildungsbericht 2016, der durch die Kultusministerkonferenz Ende des letzten Jahres vorgelegt wurde, und die Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Beide Berichte haben Ende 2016 deutlichen Handlungsbedarf zur Umsetzung des diskriminierungsfreien Zugangs zu Bildung diagnostiziert.
Auch ich möchte in meiner Rede zur Einbringung dieses Änderungsantrags noch etwas zu einer Streichung sagen, die wir vorgenommen haben. Wir kennen es aus den Anhörungen und den Stellungnahmen. Unter anderem die GEW Sachsen, aber auch der Landesschülerrat haben zu Recht gefordert, die Verknüpfung zwischen den christlichen Traditionen im europäischen Kulturkreis und dem Bildungsauftrag der Schule zu streichen. Wir bedauern sehr, dass sich die SPD hier nicht durchsetzen konnte und dass es nach wie vor so im Koalitionsentwurf steht.
Artikel 4 des Grundgesetzes verweist auf die Freiheit des Glaubens und des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Da der Staat aber – und das muss unser Ausgangspunkt sein – nicht Grundrechtsträger, sondern an das Neutralitätsgebot gebunden ist und die Schule nach Artikel 7 Grundgesetz unter Aufsicht des Staates steht, hat der Verweis auf konfessionelle Tradition im Bildungsauftrag der Schule nichts zu suchen. Man muss noch einmal ein Wort an die SPD und die Kollegin Sabine Friedel richten: Es ist eben nicht der Punkt, ob es schädlich ist oder nicht, dass christliche Traditionen verankert sind – wie das auf der Website der SPD nachzulesen ist –, es hat an dieser Stelle nichts zu suchen!
Kollege Bienst, selbstverständlich sind christliche Werte und Traditionen gut. Die können Sie in Ihr Arbeitszimmer hängen und sich jeden Morgen selber vorsagen, aber sie haben im Schulgesetz ganz klar nichts zu suchen!
Zum Abschluss noch: In der Analyse des Deutschen Instituts für Menschenrechte wird dazu klar ausgeführt, dass die ausschließliche Erwähnung der Vermittlung von Werten, die auf christlichen Traditionen beruhen, als Bildungsziel – und das machen Sie – tendenziell diskriminierend gegenüber Angehörigen –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Zais! Sie haben es gerade gehört. Wir sehen das ein wenig anders. Im Morgengebet bringen wir natürlich unsere christlichen Werte zum Ausdruck. Ich denke, das ist auch gut so. Letztendlich haben wir eine Verfassung, und das Bildungsrecht ist Landesrecht. Wir halten uns an diese Verfassung. Ich glaube, es hat niemandem geschadet, wenn wir christliche Werte vermitteln. Wir werden das auch in Zukunft tun, und ich bitte deshalb darum, diesen Antrag abzulehnen.
Das ist verrückt, jetzt komme ich wegen der christlichen Traditionen hier vor, liebe Frau Kollegin Zais, und das als Atheistin. Aber sei es drum.
Worüber reden wir? Wir haben einen Erziehungs- und Bildungsauftrag, dessen alter Teil seit 27 Jahren besteht und in diesem Schulgesetz steht. Wir reden über die Formulierung. Da heißt es, die schulische Bildung soll zur Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler in der Gemeinschaft beitragen. Diesen Auftrag erfüllt die Schule, indem sie den Schülern, insbesondere anknüpfend an die christliche Tradition im europäischen Kulturkreis, Werte wie Ehrfurcht, vor allem Nächstenliebe, Frieden und Erhaltung der Umwelt usw. vermittelt.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Cornelia Falken, DIE LINKE: Da hätten Sie auch die Atheisten hineinschreiben können!)
Wo ist das Problem? Da bin ich einmal sehr pragmatisch. Entschuldigung, ich kann legal juristisch argumentieren, aber wozu diesen Kampf gegen eine Tradition führen, die doch zu unserem Land gehört?
Was ist so schlimm, wenn Werte aus historisch vorhandenen Traditionen abgeleitet werden? Kämpfe ich dort? Dort kämpfe ich doch nicht! Ich fange dort an, zu kämp