Protocol of the Session on February 2, 2017

Dass bei Einsätzen des SEK natürlich nicht so oft die Schusswaffe oder der Taser oder sonstige Hilfsmittel der körperlichen Gewalt gebraucht werden, wie von einem Streifenpolizisten gebraucht wird, Kollege Stange, können Sie sich vielleicht vorstellen.

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Gut, okay. – Also, jetzt noch einmal: Vielleicht liegt das ja daran, dass sich die Polizisten der Gefahr der Schusswaffe bewusst sind und sie sie deswegen auch nicht einsetzen, sondern im Zweifel lieber bei ihrem Einsatz für die Bürger die Verletzung ihres eigenen Körpers in Kauf nehmen. Also erzählen Sie hier nicht so etwas.

Wenn ein SEK irgendwo einrückt, dann ist das eine etwas andere Hausnummer, als wenn nur der Praktikant und ein älterer Kollege unterwegs sind. Sie machen nämlich unter Umständen nicht denselben Eindruck wie ein SEK, und deswegen können Sie diese Situationen ja wohl schwerlich miteinander vergleichen, und genau deswegen brauchen wir auch diese neuen Erfahrungen mit dem Pilotprojekt Taser.

Jetzt geht es weiter: Die Dienstwaffen wollen wir natürlich nicht ersetzen. Die Gefahr dauerhafter gesundheitlicher Auswirkungen besteht; natürlich können sie entstehen, wenn ich Hilfsmittel körperlicher Gewalt einsetze.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Waffen!)

Ja, auch Waffen meinetwegen. Wir müssen sehen, wie wir das Ganze machen. Ich sehe es eher als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt. Das ist aber eine Frage, die das Ministerium natürlich regeln kann, und im Übrigen hat es ja auch die Möglichkeit gefunden, von seinen Rechten Gebrauch zu machen, und es hat den Einsatz des Tasers bereits in einer eigenen Verwaltungsvorschrift geregelt. Also verstehe ich das Problem, das Sie hier aufmachen, im Moment überhaupt nicht. Oder wo ist der Aufschrei, dass das Parlament übergangen worden sei?

(Albrecht Pallas, SPD: Wir brauchen ein Gesetz, keine Schlagworte!)

Wenn geschossen wird, dann entstehen gesundheitliche Schäden. Wenn ein Schlagstock eingesetzt wird, der ebenfalls eine Waffe ist, und er als Waffe eingesetzt wird, auch dann können gesundheitliche Schäden entstehen, ja, und auch da muss der Polizist natürlich trotzdem die Verhältnismäßigkeit wahren. Selbstverständlich hat er immer die Qual der Wahl; das ist so. Selbst das Pfefferspray ist nicht unumstritten. Es gibt genug Anträge von den GRÜNEN, mit denen sie in anderen Bundesländern losgezogen sind und gesagt haben, wir wollen gern, dass das Pfefferspray zur Waffe wird, insbesondere im Castor

Land. Da sind sie ganz vorn mit dabei. – Es ist Niedersachsen – das sage ich für diejenigen, die nicht von dort kommen.

Der Ausbildungsaufwand ist, wie ich vorhin schon dargestellt habe, gar nicht so hoch. Diese vier Stunden können wir durchaus abknapsen. Im Übrigen halte ich es für unredlich, erst einmal quasi einen Zustand des Personalmangels zu haben und ihn zu dulden, ihn nicht anzugehen und dann auf diese Art und Weise zu begründen, dass man nicht mehr handeln kann und keine weiteren Dinge und Materialien im Dienst einführen kann. Das ist einfach zu simpel und eine billige Argumentation.

Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie unserem Antrag zu. Ich sage es noch einmal.

(Beifall bei der AfD)

Das war Kollege Wippel für die einbringende AfD-Fraktion. – Besteht jetzt weiterer Redebedarf? Ist das eine Kurzintervention?

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Eine Kurzintervention!)

Eine Kurzintervention durch Herrn Lippmann. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte die Kurzintervention nutzen, um einmal den Kollegen Wippel, der hier gerade angab, ausreichenden Sach- und Fachverstand in dieser Frage zu haben, auf den spezifischen Aufbau des § 31 Polizeigesetz hinzuweisen. Er belehrt Sie nämlich, dass Ihre Ausführungen hier größtenteils Grütze waren.

Ein Taser kann schon deswegen kein Hilfsmittel körperlicher Gewalt sein, weil diese in § 31 Abs. 2 abschließend geregelt sind. In § 31 Abs. 3 geht es dann um Waffen, worunter richtigerweise auch der Schlagstock, die Pistole, der Revolver, das Gewehr und automatische Handfeuerwaffen fallen. Wenn Sie jetzt also erzählen, dass das Problem auf der einen Seite sei, dass man hier automatisch zulassen könnte, wobei Sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass es die Option für den Innenminister gibt, eine Spezialvorschrift zu erlassen, worin er eben für bestimmte Spezialkommandos so etwas zulassen kann, dann drehen Sie sich letztendlich im Kreis. Wenn Sie nämlich wie im Antrag behaupten, es sei ein Mittel der körperlichen Gewalt, dann sind Sie tatsächlich auf einem ganz anderen Niveau, nämlich dem von Diensthunden, Dienstpferden, technischen Sperren sowie Reizstoffen; damit sind Sie beim Pfefferspray.

Aber schon mit Ihrer Unklarheit zum Thema Schlagstöcke haben Sie gerade bewiesen, dass Ihre Fachkenntnisse zum Einsatz polizeilicher Mittel ungeachtet dessen, dass Sie angeblich nach wie vor bei der sächsischen Polizei arbeiten, äußerst begrenzt sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die Kurzintervention. – Herr Kollege Wippel, Sie reagieren jetzt darauf.

Ja, vielen Dank. – Selbstverständlich kann der Schlagstock auch wie eine Waffe eingesetzt werden. Da haben Sie offensichtlich keine Ahnung von der Rechtsprechung.

Im Übrigen bringe ich jetzt auch einmal den Querverweis auf andere Polizeigesetze. Selbstverständlich ist dessen Gebrauch in anderen Bundesländern anders geregelt.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Wir sind hier in Sachsen!)

Das ist immer hochumstritten, auch in der Ausbildung: Wie habe ich es jetzt gerade eingesetzt, wie habe ich es nicht eingesetzt? Insofern können wir natürlich sehen, dass wir hier vielleicht noch einmal etwas Klarstellungsbedarf haben.

Das ist aber auch nicht das Problem; denn wenn Sie unseren Antrag einmal ansehen und eben anfangen, darin zu lesen, und zwar mit I., so fordern wir die Staatsregierung genau dazu auf, diese Dinge zu klären und hier auch für die rechtlichen Gegebenheiten zu sorgen, diese Sachen zu machen. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass eine so kleine Fraktion, wie wir es im Moment noch sind, nicht diesen Stab und dieses Personal dahinter hat wie ein Ministerium. Da wollen wir uns doch gerne zuarbeiten lassen. Dann reden wir noch einmal darüber, nicht?

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Ich sehe jetzt keinen weiteren Redebedarf zum Antrag aus den Fraktionen. Damit kommt die Staatsregierung zu Wort. Das Wort erhält Herr Staatsminister Ulbig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Auch zu diesem Antrag will ich kurz sprechen, selbst wenn ich auch aus den letzten Ausführungen von Herrn Wippel nicht viel schlauer geworden bin, was das Thema Antrag und Unterschiede anlangt. Natürlich haben wir vor Kurzem hier über dieses Thema gesprochen. Wenn Sie jetzt der Meinung sind, mit diesem Antrag das Thema erneut auf die Tagesordnung zu setzen, dann werden wir uns natürlich damit auseinandersetzen. Aber für mich gilt zumindest: Das, was ich im März 2016 gesagt habe, gilt noch heute. Taser können eine sinnvolle Ergänzung der Einsatzmittel der Spezialeinheiten sein, hätten aber Nachteile im alltäglichen Polizeigebrauch. Das ist die kurze Zusammenfassung dazu.

Es ist richtig, wir haben eine Beschlusslage der Innenministerkonferenz zu diesem Thema, und ich gehe davon aus, dass sich alle Kollegen an die Beschlüsse der Innenministerkonferenz halten. Nun gibt es Pilotprojekte; darüber ist gesprochen worden. Dann schauen wir einmal, was diese Pilotprojekte im Ergebnis zutage fördern. Wir

müssen ja im Freistaat Sachsen nicht immer an der vordersten Front sein, was Veränderungen betrifft. Vor diesem Hintergrund will ich auf die Schwierigkeiten des Einsatzes von Tasern aus meiner Sicht nur noch einmal anhand von drei Punkten eingehen.

Wer sich hier hinstellt und sagt, das wäre alles völlig unproblematisch und bereitete keine Schwierigkeiten, der geht eben fehl. Ich habe es beim letzten Mal schon gesagt: Für einen effektiven Einsatz des Tasers braucht es den Hautkontakt beider Elektroden. Wenn beispielsweise die Kleidung zu dick ist oder andere Sachen dazwischenkommen, kann dem betreffenden Beamten unter Umständen die Zeit für weitere Reaktionen fehlen. Das ist zum Beispiel ein Gegenargument für Ihr Bild, das Sie vorhin mit dem Mann mit der Axt ansprachen.

Zweitens. Das Thema Einsatzmittel, die zur Verfügung stehen, und die Vielfalt wurde ausgeführt. Je mehr Einsatzmittel zur Verfügung stehen, umso schwieriger ist im konkreten Fall die Abwägung, was zu tun ist. Das kann wertvolle Sekunden kosten.

Das Dritte ist – auch das will ich noch einmal ansprechen: Die gesundheitlichen Risiken des Tasers sind nicht von der Hand zu weisen. Deshalb sind sie Spezialeinheiten vorbehalten und zumindest nicht für Einsatzbeamte des täglichen Dienstes zugänglich.

Zum Thema Bodycams: Auch hier brauchen wir den Antrag der AfD gewiss nicht, um tätig zu werden. Sie werden wissen, dass wir das Thema auf dem Schirm haben. Ich habe darüber gesprochen. Das ist ein Beispiel dafür, dass man aus Erfahrungen anderer Länder lernen kann, weil andere Länder mit ganz unterschiedlicher politischer Konstellation überwiegend positive Erfahrungen gemacht haben: Hamburg, Rheinland-Pfalz, Hessen zum Beispiel. Ich habe mit den Kollegen sehr intensiv gesprochen. In zwei der drei Länder, Herr Lippmann, sind übrigens GRÜNE an der Regierung beteiligt. Natürlich kenne ich Ihr Argument, dass es Ihnen egal ist, ob jemand an der Regierung beteiligt ist oder nicht. Sie haben Ihre eigene Meinung. Ich will zumindest sagen, dass mir auch die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung positive Erfahrungen zurückgemeldet haben.

Deshalb haben wir ein einjähriges Pilotprojekt für Sachsen geplant. Voraussichtlich wird es Mitte dieses Jahres starten und damit das kein Geheimnis ist: vorerst in den Polizeidirektionen Dresden und Leipzig. Gegenwärtig prüfen meine Leute noch den rechtlichen, datenschutzrechtlichen, einsatztaktischen und haushalterischen

Rahmen, wobei selbstverständlich auch der Sächsische Datenschutzbeauftragte einbezogen wird.

(Albrecht Pallas, SPD, steht am Mikrofon.)

Aus diesem Grunde, meine sehr verehrten Damen und Herren, empfiehlt die Staatsregierung, den vorliegenden Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt war er schon am Ende, Herr Kollege Pallas. Da ist das mit der Zwischenfrage nichts mehr geworden. Nach der Staatsregierung kann jetzt die Einreicherin – und das macht sie auch –, die AfD-Fraktion, noch ein Schlusswort halten. Das macht jetzt Herr Kollege Wippel. Drei Minuten Redezeit.

Selbstverständlich ist das Schlusswort kurz. Ich habe drei Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Der Innenminister scheint noch nicht ganz davon überzeugt zu sein, den Taser in der sächsischen Polizei auszuprobieren.

(Albrecht Pallas, SPD: Zu Recht!)

Lieber wartet er darauf, dass andere Bundesländer wieder den Vorreiter machen. Es wäre doch schön, wenn Sachsen auch einmal vorangehen und nicht wie bei PRECOBS erst AfD-Anträge ablehnen und in andere Bundesländer schauen würde, um die Sachen dann zu übernehmen.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Es ist doch schön, dass wir kollegial zusammenarbeiten.

(Staatsminister Markus Ulbig: Das ist sinnvolle Arbeitsteilung, –)

Ja, genau, wir haben die Ideen und Sie die Lorbeeren. Es sei Ihnen gegönnt.