Protocol of the Session on September 1, 2016

Fleisch wird während der Verarbeitungskette häufig miteinander vermischt, Strukturen zur Trennung nach Haltungsformen existieren nur im Ausnahmefall, nur dann, wenn der Verarbeiter ein besonderes Interesse daran hat. Eine zusätzliche Kennzeichnung der Haltungsform des Tieres macht das Kennzeichnungssystem nicht verbraucherfreundlicher und versetzt den Endverbraucher

nicht wirklich in die Lage, beim Einkauf bewusster entscheiden zu können. Um entsprechend dem Antrag auszudrücken, ab wann ein Rind als frei lebend gilt, muss dies erst einmal definiert werden. Darauf wird nicht eingegangen. In der Praxis weiß der Kunde nach wie vor nicht, ob das Rind nicht doch hauptsächlich Kraftfutter oder sogar gentechnisch verändertes Futter zu fressen bekam.

Sehr geehrte GRÜNE! Der Konsument wird nicht in die Lage versetzt, bewusster einzukaufen, wenn er hierfür halbe Romane auf den Verpackungen lesen muss und zudem mit Hunderten von Labels überhäuft wird. Der Verbraucher kennt mittlerweile Situationen, wo die Käseecke eher vom Etikett umhüllt ist als von der Verpackung. Um alle Kennzeichnungen noch halbwegs auf das Etikett zu bekommen, werden mittlerweile Mindestschriftgrößen von 0,9 bis 1,2 Millimeter als annehmbar bewertet. Die Hälfte der Bevölkerung kann dies ohne Sehhilfe gar nicht mehr entziffern.

Allein die Pflichtkennzeichnung umfasst die Bezeichnung des Lebensmittels, die Zutaten einschließlich der 14 wichtigsten Stoffe und Erzeugnisse, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen können, sowie die Verwendung von Lebensmittelimitaten, Nanomaterialien und pflanzlichen Fetten, das Mindesthaltbarkeitsdatum und das Verbrauchsdatum und gegebenenfalls das Einfrierdatum, die Nettofüllmenge, Name und Anschrift der Firma, die Nährwertkennung ab Dezember 2016, verschiedene produktspezifische Angaben wie Fruchtgehalt, Fanggebiet und Fanggerät bei Fischereierzeugnissen, geregelt in speziellen Produktverordnungen, Herkunftskennzeichnung bei unverarbeitetem Rindfleisch bzw. Land der Geburt, Aufzucht, Schlachtung und Zerlegung des Tieres und viele andere Dinge, zumindest das Ursprungsland, Identitätskennzeichnung bei Produkten tierischen Ursprungs, wie Milch, aber auch andere Fleischerzeugnisse, Kennzeichnung von zusammengefügten Fisch- und Fleischstücken.

Die Menschen wissen oft gar nicht mehr, was die Kennzeichen und Labels auf der Verpackung überhaupt bedeuten. Allein von der Verbraucherschutzzentrale werden auf Label-Online mittlerweile 160 Labels und Kennzeichen ausgewiesen. Die Labels wurden nach ihrem Nutzen bewertet, wobei als verbraucherfreundlich lediglich 105 als besonders empfehlenswert einzustufen waren. Selbst wenn man die Kennzeichnung bei Eiern betrachtet, wird kaum ein Kunde bei der Kaufentscheidung auf die Zahlen, die auf den Eiern angebracht sind, achten, eher auf die schönen großen Werbeüberschriften, mit denen das Produkt beworben wird.

Der Lösungsvorschlag der AfD-Fraktion lautet: Das System von Kennzeichnungen muss nicht erweitert werden, sondern stark vereinfacht und in einen Zustand gebracht werden, in dem es für den Verbraucher aussagekräftig und einfach erkennbar ist. Möglich wäre eine Art Positivkennzeichnung von wichtigen Produktmerkmalen, sofort optisch klar erkennbar. Die Tierhaltungsform ist ein

wichtiges Produktmerkmal. Gentechnikfreiheit des

Futters sowie dessen biologischer Anbau, ein einheitliches Regionalsiegel, zum Beispiel Produktmerkmale wie laktosefrei oder glutenfrei sollten zwar deutlich gekennzeichnet werden, die Nutzung dieser Merkmale als Werbung sollte jedoch unterbunden werden, da dies eher die Verbrauchertäuschung bedient. Weiterhin sollte die Bewerbung von Grundnahrungsmitteln nicht allein über den Preis erfolgen, sondern anhand wichtiger Merkmale der Produkte, wie Regionalität und Qualität. Ein saisongerechter regionaler Verkauf muss zwingend gefördert werden. Dies ist ebenfalls ein Vorschlag des Sächsischen Landesbauernverbandes, der bei einem Gesprächstermin in unserem Arbeitskreis so geäußert wurde.

Aus den genannten Gründen lehnt die AfD-Fraktion Ihren Antrag ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Redebedarf? – Herr Günther, von den GRÜNEN, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist manchmal ganz erstaunlich, was aus einem solchen Antrag von den Kollegen der anderen Fraktionen herausgezaubert wird.

Der Antrag lautete ja gerade, ein einfaches Kennzeichnungssystem mit vier Zahlen einzuführen: Null für Bio/Öko – im Prinzip gibt es das schon –, Eins heißt einfach nur Zugang zum Freien – das ist eigentlich auch etwas ganz Schlichtes –, die Zwei heißt, dass die Tiere 30 % mehr Platz haben als gesetzlich vorgeschrieben, und Drei bedeutet schlicht, dass man die gesetzlichen Vorgaben erfüllt.

Das ist genau die Antwort darauf, wenn eingewandt wird, es gebe so viele komplexe Fragen in der Haltung. Es ist richtig; das kann man nicht alles in ein Label pressen. Aber deswegen muss man sich für bestimmte Dinge entscheiden, und ich hatte es vorhin schon einmal kurz angerissen: Gerade der Platz, der den Tieren zur Verfügung steht, ist eben bei all den Fragen, die man immer diskutiert, was gut oder schlecht ist, einer der wesentlichsten Hebel. Deswegen kann man auf ihn zugehen, genauso darauf, ob Tiere überhaupt Zugang zum Freien haben oder auch nicht. Deswegen sollten diese zwei ganz schlichten Punkte dort eingehen.

Alles andere, was ich hier gehört habe, dass der Verbraucher das nicht mehr lesen kann, erscheint mir nicht nachvollziehbar, so der Vorhalt, auf der Verpackung seien eine Null, eine Eins, eine Zwei oder eine Drei nicht mehr zu finden. Schlichter kann man es halt nicht machen.

(Widerspruch von der AfD)

Von daher lade ich Sie herzlich ein, sich den Antrag vorzunehmen, ihn sich einmal anzuschauen und davon Ihre Entscheidung abhängig zu machen, ob Sie dem

zustimmen können oder nicht. Sofern Sie das getan haben, kann ich davon ausgehen, dass wir hier eine ganz große Mehrheit bekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von den LINKEN: Das war zu einfach!)

Herr Fischer, haben Sie auch noch Redebedarf? – Bitte.

Ich möchte noch einmal zwei Punkte einführen. Das Erste ist die Kennzeichnung mit den Ziffern 1, 2 und 3: Die Abgrenzung ist uns einfach nicht ganz klar. Das Zweite ist, dass die Produkte zusammengesetzt und wieder auseinandergenommen werden. Wie setzen wir das konkret um?

Vielleicht noch kurz zu dem, was ich zum Thema Lebensmittelpreise gehört habe; das kam aus der Linksfraktion: Wir brauchen Bio, wir brauchen Biofutter, und alles muss gehätschelt werden, jedes Hähnchen muss extra aufgezogen werden – das ist wunderbar –, aber die Preise müssen sinken. Das ist natürlich unsinnig.

(Zuruf von den LINKEN)

Ich muss es einmal ganz klar und deutlich sagen: Wer glaubt, dass wir hier in Deutschland irgendwann einmal sinkende Lebensmittelpreise mit einer ordentlich funktionierenden Landwirtschaft verknüpfen können, der ist auf dem Holzweg. In diesem Zusammenhang empfehle ich Ihnen dringend einen Gang durch einen Supermarkt in Frankreich, in Holland und vielleicht auch in der Schweiz. Da werden Sie sehen, dass das irreal ist.

Ich bin dankbar, dass meine Fraktion bei der Ablehnung des Antrags bleibt.

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist jetzt nicht mehr der Fall.

Frau Staatsministerin, Sie haben jetzt das Wort zum Abschluss des Tages.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In der letzten Woche habe ich den aktuellen Bericht „Amtliche Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung 2015“ vorgestellt, und das wichtigste Ergebnis dabei lautet: Unsere sächsischen Lebensmittel sind sicher, und darauf können unsere Verbraucher vertrauen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Sicherheit beruht auch auf sicheren Futtermitteln und gesunden Tieren. Grundsätzlich sind die Forderungen nach mehr Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette verständlich; denn immer mehr Verbraucher legen Wert auf hohe Tierschutzstandards auch bei Produkten wie Lebensmitteln.

Die Agrarministerkonferenz befasst sich regelmäßig mit dieser Frage und hat in den letzten beiden Jahren zum Sachstand auch an die Verbraucherschutzministerkonferenz berichtet. Es zeigt sich, dass es eben leider, wie Herr Abg. Günther sagt, nicht so einfach ist, allgemeingültige Kennzeichnungsnormen einzuführen. Wir sollten – so ist es im Antrag auch aufgeführt – EU-rechtliche Regelungen finden; denn der Großteil des in Deutschland verzehrten Fleisches stammt aus anderen EU-Ländern bzw. aus Drittstaaten, und eine Regelung für Deutschland allein bringt deshalb wenig, zumal – auch da müssen wir gut hinschauen – wir unsere einheimischen Betriebe dadurch nicht diskriminieren sollten.

Sie sehen, wie auch bei den vorhergehenden Ausführungen deutlich geworden ist, dass es eben schwierig ist, entsprechende staatliche Kennzeichnungsregelungen oder –normen zu finden, die alle Faktoren berücksichtigen, wie verschiedene Haltungsformen, wie tierartenspezifische Haltungsunterschiede oder eben auch die Gestaltung der Kennzeichnung auf Frischfleisch oder Fleischprodukten. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auf bestehende freiwillige Tierwohllabels hinweisen. Hierbei haben Verbraucherinnen und Verbraucher bereits jetzt die Möglichkeit, eine bewusste Kaufentscheidung für höhere Tierschutzstandards zu treffen.

Ganz kurz ein paar Beispiele: Wichtig ist die „Initiative Tierwohl“, die aus der Wirtschaft entstanden ist. Mit dieser Initiative bekennen sich Erzeuger, Fleischwirtschaft und der teilnehmende Lebensmitteleinzelhandel entlang der Wertschöpfungskette für Schwein und Geflügel zu ihrer gemeinsamen Verantwortung für das Tierwohl in der Nutztierhaltung. Die Initiative hat selbst ein Programm 2018 bis 2020 aufgelegt und darin festgeschrieben, dass das Budget für schweinehaltende Betriebe auf rund 100 Millionen Euro zu erhöhen und dass der Tiergesundheitsindex als fester Bestandteil einzuführen ist.

Ein zweites Beispiel ist das Tierwohllabel für Mastschweine, dessen Entwicklung auch vom Staat mit gefördert wird. Mit diesem Label für mehr Tierschutz werden mittlerweile bundesweit Produkte tierischen Ursprungs erfolgreich gekennzeichnet.

Meine Damen und Herren, für Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen Tierwohllabel mehr Transparenz und mehr Wahlfreiheit. Aber auch diese Label brauchen Unterstützung, zum Beispiel durch Veranstaltungen wie den „Tag des offenen Hofes“ des Sächsischen Landesbauernverbandes. Solche Veranstaltungen bieten den Verbraucherinnen und Verbrauchern die optimale Möglichkeit, Nutztierhaltung hautnah zu erleben und sich persönlich über verschiedene Tierhaltungsformen zu informieren. Zugleich wird dadurch das Bewusstsein für regionale Produkte gestärkt, was für unsere Verbraucherinnen und Verbraucher meines Erachtens ebenfalls von großer Bedeutung ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wird das Schlusswort von der Fraktion GRÜNE noch gewünscht?

(Wolfram Günther, GRÜNE: Ja, Frau Präsidentin!)

Herr Günther, bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wie gesagt, es geht um ein einfaches System, und es gibt auch kein Problem bei der Nachvollziehbarkeit, woher ein Stück Fleisch kommt, weil man dies schon heute nachvollziehen können muss. Da kann man auch eine Ziffer von 0 bis 3 weiter mit fortführen.

Vor allen Dingen ist Folgendes wichtig: Wir sagen oft, unsere sächsischen Produzenten tun oft schon viel mehr, stehen aber im Wettbewerb mit Anbietern aus anderen Ländern, die bei Weitem noch nicht solche Standards einhalten wie wir. Das wäre einmal eine Möglichkeit, dies auch zu zeigen, weil es für Verbraucherinnen und Verbraucher oft wichtig ist, das zu sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit helfen wir unseren Landwirten, die sich auf diesem Gebiet Mühe geben und die auch investieren – es kostet ja auch Geld, wenn sie die Tiere besser halten –, und es wäre ein ganz einfaches Mittel, ihnen zu helfen und einfach einmal einem Bedürfnis nachzukommen – ich hatte die Zahlen vorhin gebracht –, das weit über 90 % der Verbraucherinnen und Verbraucher haben, die so etwas wünschen.

Deshalb erneuere ich meine Bitte um Zustimmung, und dann war es das von uns.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über die Drucksache abstimmen, über die wir gerade diskutiert haben. Wer die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Stimmenthaltungen und eine ganze Reihe von Stimmen dafür. Dennoch ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir haben es für heute geschafft; die Tagesordnung der 40. Sitzung ist abgearbeitet. Unsere nächste Sitzung wird am 28. September, 10 Uhr, sein. Die Einladung dazu geht Ihnen noch zu.