Klare Zahlen, harte Fakten. Das sind die Grundlagen für Entscheidungen. Das ist konservativ, und das ist gut.
Noch vor der Sommerpause hat die Staatsregierung den Abschlussbericht der Kommission zur umfassenden Evaluierung der Aufgaben Personal- und Sachausstattung, kurz: der Personalkommission, vorgelegt. Der Bericht zeigt die Handlungsperspektive oder Handlungsoptionen bis zum Jahr 2030. Hier gilt es genaustens zu prüfen, was die Personalkommission vorgelegt hat.
Wir haben eine demografische Entwicklung. Wir haben im Augenblick wieder einen Geburtenanstieg. Aber uns fehlen irgendwo die Mütter von vor 10 bis 20 Jahren, die zu einem stetigen Steigen dieser Kurve beitragen könnten. Wir haben bei diesen Betrachtungen auch die künftige Entwicklung zu berücksichtigen. Wir dürfen nicht einfach davon ausgehen, dass die Bevölkerungszahl steigt und steigt und steigt und steigt. Es wird irgendwann mal wieder eine Delle geben, deswegen gilt es auch kluge Entscheidungen zu treffen. Das sollten wir auch zeitlich angemessen machen und auf keinen Fall als einen Schnellschuss.
Meine Damen und Herren! Es ist auch schon vom Finanzminister gesagt worden, dass ein Schwerpunkt die Bewältigung der Flüchtlingskrise ist. Die Ausgaben: rund 780 Millionen Euro in 2017 und rund 650 Millionen Euro in 2018. Das ist eine ganze Menge Geld. Es ist nicht selbstverständlich, dass dieses Geld zur Verfügung steht, ohne dass wir neue Schulden aufnehmen und dass dieses Geld zur Verfügung steht, ohne dass wir bei anderen Maßnahmen Abstriche machen. Wir können dieses Geld nur ausgeben, weil wir eben mehr Steuereinnahmen haben.
Wir als Fraktion möchten, dass dieses Geld auch sinnvoll eingesetzt wird, und zwar so eingesetzt, dass diejenigen, die davon profitieren, auch bald in der Lage sind, hier in Sachsen mitzuarbeiten und hier ihren Anteil an der Mehrung des Wohlstandes in unserem Freistaat beizutragen.
Ich danke an dieser Stelle allen Steuerzahlern, die es uns ermöglichen, über diesen Doppelhaushalt zu reden. Ich danke den Unternehmen, die diese Arbeit und dieses Steueraufkommen erst ermöglicht haben. Und ich erwarte, meine Damen und Herren, Respekt und auch Dankbarkeit von denen, die von diesen Ausgaben profitieren, ohne selbst einen Beitrag geleistet zu haben.
Meine Damen und Herren! Leistung zu erhalten ist keine Selbstverständlichkeit, auch wenn das so mancher glauben machen möchte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den Doppelhaushalt 2017/2018. Wir befinden uns in der Mitte der Legislaturperiode. Wir haben einen Haushalt bereits beschlossen, den Haushalt 2015/2016, und beraten in den nächsten Monaten den für 2017/2018; einen Haushalt haben wir noch vor uns, den Haushalt 2019/2020. Wir sind also in der Mitte des Weges. Wir haben vieles schon geschafft, aber einiges auch noch vor uns. In der Mitte des Weges sind wir mit vielem zufrieden, mit manchem aber auch nicht. Wir haben es geschafft, beim Thema Personal das Ruder herumzureißen. Der Stellenabbau in Sachsen ist Geschichte. Es ist wichtig, dass ein handlungsfähiger Staat über qualifiziertes und motiviertes Personal verfügt.
Gleichzeitig sehen wir aber auch, wie schwer es ist, die Fehler des Kürzungsdiktats, das bis 2014 vorgeherrscht hat, zu korrigieren – sei es bei den Polizisten, in der Schule oder bei der Landesverwaltung. Die dort gerissenen Lücken sind schwer zu schließen. Das macht uns unzufrieden.
Wir haben es geschafft, unsere sächsischen Kommunen finanziell zu stabilisieren. Wir haben einen Schutzschirm im Rahmen der Schuldenbremse gespannt. Wir haben die Zuweisungen zum kommunalen Finanzausgleich erhöht, haben ein Investitionsprogramm „Brücken in die Zukunft“ aufgelegt und nicht zuletzt eine bessere Unterstützung für den Bereich Asyl und Integration auf den Weg gebracht. Das macht uns zufrieden.
Gleichzeitig haben wir nach wie vor große Aufgaben in den Kommunen zu bewältigen – sei es bei Schulhausbau, bei den Sportstätten oder auch im öffentlichen Personennahverkehr. Die Fachförderprogramme decken das noch nicht komplett ab, sie stagnieren oder gehen teilweise zurück. Das macht uns unzufrieden. Ich habe aber gerade vom Kollegen Kupfer vernommen, dass wir da noch einmal heranwollen, und das werden wir tun.
Wir haben es geschafft, der Politik im Freistaat Sachsen einen neuen Schwerpunkt zu geben. Sachsen wird wieder ein handlungsfähiger, ein sozialerer und ein gerechterer Staat, ein Staat, der sich um die Menschen kümmert, die hier leben. Wir senken schrittweise den Betreuungsschlüssel in den Kitas, wir stellen zusätzlich tausende Lehrkräfte ein, bringen erstmals ein Schulsozialprogramm mit Landesmitteln auf den Weg, investieren in Maßnahmen für die Förderung von Arbeit genauso wie in Integration von Asylsuchenden. Sachsen wird ein sozialeres und gerechteres Land, und das macht uns zufrieden.
Gleichzeitig sehen wir auch, dass noch viel getan werden muss, dass unsere Kita-Erzieherinnen noch mehr Unterstützung brauchen, dass wir bei der Prävention von Unterrichtsausfall noch mehr tun müssen sowie gegen den Lehrermangel im Freistaat.
Wir vermissen noch immer das Maßnahmenpaket, das diesen Lehrermangel langfristig lösen wird. Ich muss sagen, das macht uns unglaublich unzufrieden. Aus unserer Sicht muss der Haushalt hier sehr deutlich korrigiert werden. Wir müssen das Schulsystem langfristig und nachhaltig aufstellen, damit die Fehler der Vergangenheit tief greifend und nachhaltig aufgearbeitet und nicht nur kosmetisch überdeckt werden.
Wir stehen hier gemeinsam mit unserem Koalitionspartner vor der Aufgabe, dabei verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen: verloren gegangenes Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates vor allem bei den Eltern, bei Lehrkräften und auch bei Schülerinnen und Schülern. Unsere Geduld wird da leider Gottes auf eine sehr harte Probe gestellt.
Meine Damen und Herren! Zufriedenheit und Unzufriedenheit liegen nah beieinander. Ich bin nicht der Meinung, dass Zufriedenheit das Privileg der Koalition ist und Unzufriedenheit die Hymne der Opposition sein sollte. Wer ehrlich Politik macht, wer sachorientiert arbeitet, der wird immer beides sehen, der wird die positiven Entwicklungen einerseits loben, gleichzeitig aber immer die Dinge, die uns noch nicht zufrieden machen können, ansprechen.
In meiner Rede zum letzten Doppelhaushalt habe ich gesagt, Unzufriedenheit allein wird nicht reichen, es müssen auch Alternativen vorgelegt werden. Wir Sozialdemokraten erfüllen diesen Anspruch mit unserem Koalitionspartner gemeinsam immer wieder mit Leben. Wir waren mit manchen Punkten im letzten Doppelhaushalt nicht zufrieden, haben das gemeinsam mit dem Koalitionspartner diskutiert und Änderungen an diesem Doppelhaushalt vorgenommen.
Das haben wir aber nicht nur beim Haushalt gemacht. Auch in den letzten zwei Jahren ist es oft vorgekommen, dass Gesetze, die eingebracht wurden, noch einmal substanziell verändert und dann durch diesen Landtag beschlossen wurden. Genannt seien zum Beispiel die Bauordnung oder das Personalvertretungsrecht. Kein Gesetz verlässt das Parlament so, wie es hineingekommen ist. Dieses „Strucksche Gesetz“ haben wir mit Leben gefüllt.
Wir werden das auch in Zukunft genauso handhaben, sei es zum Beispiel beim Schulgesetz oder auch bei diesem Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt. Das ist aus unserer Sicht sachliche und vernünftige Parlamentspolitik in Regierungsverantwortung, so wie wir sie uns als Sozialdemokraten vorstellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Unzufriedenheiten, die es immer noch gibt, mit dem Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt auszuräumen, braucht es aber nicht nur Veränderungswillen, sondern es braucht auch Finanzspielräume; das habe ich bereits vor zwei Jahren gesagt. Solide Finanzpolitik muss ein Schwerpunkt sächsischer Politik bleiben. Solide heißt für uns rational, sachlich, den Tatsachen entsprechend und nichts beschönigend, denn es ist klar: Ein Land darf nicht über seine Verhältnisse leben. Wer über seine Verhältnisse lebt, schadet der Zukunftsfähigkeit immens. Ein Land darf aber auch nicht dauerhaft einer falschen Wirklichkeit hinterherrennen; denn unter seinen Verhältnissen zu leben schadet mindestens genauso.
Als Gesetzgeber haben wir die Pflicht, den Entwurf ganz genau zu prüfen und für Haushaltsklarheit und -wahrheit zu sorgen.
Nun möchte ich mich ganz kurz mit den Zahlen beschäftigen. Die Ausgangsbasis des Haushaltsentwurfes sind die Istzahlen des Jahres 2015. Es liegen leider noch keine abschließenden Zahlen vor, aber mit den vorläufigen Zahlen zum 21.12., die uns das Finanzministerium zur Verfügung gestellt hat, rechnen wir im Haushaltsentwurf mit bereinigten Einnahmen von circa 17,5 Milliarden Euro. Sie wachsen dann im Haushaltsdoppelentwurf auf 17,9 Milliarden in 2017 und auf 18,5 Milliarden in 2018. Das sieht erst einmal wie ein satter Anstieg aus: von 17,5 auf 17,9 und auf 18,5.
Aber die gute Nachricht kommt erst noch, wenn auch von anderer Stelle. In Sachsen ist es üblich, dass die Haushaltsrechnung immer erst nach Abschluss eines Haushalts kommt. Zum Glück liefert das Finanzministerium dem Statistischen Bundesamt die Zahlen schon früher, und Ende Juli – am 19. Juli genau – ist die Kassenstatistik der Länder durch das Statistische Bundesamt veröffentlicht worden. Darin wird deutlich, dass sich die bereinigten Einnahmen für das Jahr 2015 nicht auf 17,5, sondern auf fast 18,1 Milliarden Euro belaufen. Wir befinden uns also schon mit den bereinigten Einnahmen des Jahres 2015 auf dem Niveau, das in diesem Haushaltsentwurf für 2017 angenommen wurde.
Für 2016 sehen die Prognosen ähnlich gut aus. Wenn wir das Bundesfinanzministerium und die Monatsberichte bemühen, die zum Steueraufkommen veröffentlicht werden, sehen wir, dass die Steuereinnahmen im ersten Halbjahr 2016 um knapp 8 % höher lagen als im ersten Halbjahr 2015, also auch deutlich höher als prognostiziert.
Ein Haushalt besteht aber nicht nur aus Einnahmen, sondern auch aus Ausgaben. Dabei ist in meinen Augen der Finanzierungssaldo die wichtigste Aussagegröße, das heißt, die Differenz zwischen bereinigten Einnahmen und bereinigten Ausgaben. Dabei können wir uns mit der Kassenstatistik der Länder behelfen, um zu Zahlen zu
kommen. Wir haben für 2015 eine Entnahme aus der Haushaltsausgleichsrücklage in Sachsen geplant. Die Realität sieht besser aus: Laut Kassenstatistik der Länder hat Sachsen im Jahr 2015 einen positiven Finanzierungssaldo von mehr als einer Milliarde Euro erzielt. Das bedeutet, der Freistaat Sachsen hat im Jahr 2015 über eine Milliarde Euro mehr eingenommen als ausgegeben.
Wir haben in Sachsen wieder einmal gigantische Überschüsse erwirtschaftet. Das war im Jahr 2014 ebenso wie auch in den Jahren 2011, 2012 und 2013, und ich muss kein Prophet sein, um zu sagen, dass es 2016 aller Voraussicht nach genauso sein wird; denn wir erwirtschaften solche Überschüsse schon seit Jahren. In den letzten zehn Jahren hat Sachsen mehr als 10 Milliarden Euro Überschüsse erwirtschaftet. Trotzdem hat die Vorgängerregierung an allen Ecken gekürzt, gespart, Stellen gestrichen und Strukturen zerstört. Aber, meine Damen und Herren, der sächsische Haushalt ist fertig konsolidiert. Ich bin sehr froh, dass die Mär vom Konsolidierungsdruck endlich ein Ende gefunden hat; denn durch das Kürzungsdiktat, das bis 2014 vorherrschte, ging allzu oft der Blick für das Wesentliche verloren. Diesen Blick haben wir als Koalition nun wiedergefunden.
Erste Schritte hin zu einem zukunftsfähigen Freistaat haben wir schon im Doppelhaushalt 2015/2016 gemacht. Das Umsteuern ist nicht leicht, aber wir nehmen dabei mit unserem Koalitionspartner gemeinsam immer mehr Fahrt auf; denn wir können als Sozialdemokraten mit Fug und Recht behaupten, dass wir auch gern weiterhin als Lotse fungieren.
Meine Damen und Herren, dieser Freistaat hat in meinen Augen so unglaublich viel Potenzial: Wir haben eine sehr gute wirtschaftliche Situation. Die Steuereinnahmen sprudeln. Immer mehr Menschen kommen zu uns. Sachsen gründen Familien. Ich bin der Meinung, ein Haushalt muss das abbilden, und wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind überzeugt: Sachsen kann mehr. Die Realität ist: Unsere Finanzsituation ist sehr solide. Wir haben konsolidiert. Wir haben aber auch einen enorm niedrigen Schuldenstand, der uns Möglichkeiten gibt. Diese soliden Finanzen schaffen Spielräume, und diese müssen wir nutzen; denn das war auch in der Vergangenheit immer das Kredo: heute sparen, um in der Zukunft Gestaltungsspielräume zu haben. Diese Zukunft muss nur irgendwann beginnen.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen deshalb nicht nur für die nächsten zwei Jahre Politik machen, auch nicht bis zum Ende der Legislatur, sondern langfristig. Vorhin hat bereits die Zahl 2030 im Raum gestanden. Genau darum geht es: nicht nur die nächsten zwei oder vier Jahre in den Blick zu nehmen, sondern die nächsten zehn bis 15 Jahre, damit unser Ziel – Sachsen als weltoffener Lebensort, als zukunftsfähiges Bildungsland und attraktiver Wirtschaftsstandort – Realität werden
kann. Deshalb müssen wir mit den Besten konkurrieren und die Vorteile, die wir haben, nutzen. Dass es machbar ist, ein Land langfristig zu entwickeln durch kluge Investitionen und kluge Politik, zeigen Beispiele wie Bayern oder Niedersachsen. Einerseits sparsam haushalten und trotzdem in Größenordnungen zu investieren – das geht bei uns. Wir müssen es nur wollen.
Für eine solche langfristige Ausrichtung ist dieser Doppelhaushalt 2017/2018 ein wichtiger Schritt. Der Entwurf sieht vor, dass wir gemeinsam mit diesem Hohen Haus und speziell mit unserem Koalitionspartner intensiv daran arbeiten werden, sachorientiert, ohne ideologische Scheuklappen, und immer im Blick haben, was das Beste für die Zukunft Sachsens ist – denn Sachsen kann mehr.