All diese Fragen kann mir in dieser Runde niemand beantworten. Es wird nur obligatorisch gesagt: Der Staat muss da einschreiten! Die Menge muss runter! Aber wie das gehen soll, das habe ich bisher trotz mehrmaliger Nachfragen noch von niemandem gehört.
Es gibt allerdings Ansatzpunkte – darin sind wir uns durchaus einig –, wie wir die Marktposition der Landwirte stärken können. Mit der Änderung des entsprechenden EU- und Bundesrechts haben Erzeugergemeinschaften und Molkereien die Möglichkeit erhalten, Absprachen über die Reduktion der Milchmenge zu treffen. Wie gesagt: freiwillig. Ich hoffe, dass hiervon rege Gebrauch gemacht wird.
Bis zum Herbst dieses Jahres wollen sächsische Milcherzeugerorganisationen eine gemeinsame Vereinigung
aufbauen, um ihre Mengen stärker zu bündeln. Ich denke, das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Das ist, obwohl die Situation schwierig ist, durchaus ein Erfolg.
Gegenwärtig haben wir acht Milcherzeugerorganisationen, die über die Hälfe der in Sachsen erzeugten Milch bündeln. Ich hoffe, dass sich möglichst viele Erzeugerorganisationen an der neuen Vereinigung beteiligen, die dann eine bedeutend bessere Marktposition erreichen könnte.
Das SMUL wird diesen Zusammenschluss von Erzeugerorganisationen fördern, denn eine stärkere Marktposition der Milcherzeuger halte ich für eine wichtige Möglichkeit, um gegenüber dem Handel höhere Preise zu erzielen.
Auch Betriebe, die teilweise oder ganz aus der Milchproduktion aussteigen, bedürfen einer Begleitung, zum Beispiel in Form von Vorruhestandsregelungen, Kurzarbeiterregelungen oder mit dem Verzicht der Rückforderung von Bundes- und EU-Mitteln für Investitionen, bei denen die Zweckbindungsfristen noch nicht abgelaufen sind. Auch das habe ich in Berlin mehrfach vorgetragen und fordere dies weiterhin.
Fakt ist, dass Sachsen und sicherlich auch Deutschland diese schwierige Situation nicht im Alleingang bewältigen
können, und zwar schon wegen der von Brüssel geforderten beihilferechtlichen Genehmigung, aber auch wegen der Finanzierung.
Ich habe gemeinsam mit meinen Länderkollegen ein weiteres EU-Hilfspaket gefordert. Die EU-Gelder sollen durch einen nationalen Beitrag von Bund und Ländern zu einem großen Hilfspaket zusammengeführt werden. Das erste Programm zur Liquiditätssicherung, knapp 70 Millionen Euro für Deutschland, war meines Erachtens nicht ausreichend, um eine wirkungsvolle Unterstützung für die Zukunft zu geben.
Ergänzend dazu habe ich bereits im März im Bundesrat ein Liquiditätshilfe- und Bürgschaftsprogramm mit zinsgesicherten oder zinsfreien Krediten mit mittlerer bis langer Laufzeit sowie der Möglichkeit der Aussetzung der Tilgung vorgeschlagen. Beim Milchgipfel am 30. Mai hat der Bund nun ein Programm zur Ausreichung von Liquiditätshilfekrediten, gekoppelt mit Ausfallbürgschaften, angekündigt.
Die einzelnen Kriterien für dieses Programm sind noch nicht bekannt. Im Bedarfsfall wird sich Sachsen an diesem Bundesprogramm finanziell beteiligen oder dieses mit einem eigenen Landesbürgschaftsprogramm ergänzen. Die Entscheidung darüber hängt auch von der Ausgestaltung des geforderten EU-Hilfsprogrammes ab.
Ich habe ebenfalls gefordert, den für 2016 erhöhten Bundeszuschuss zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu verstetigen. Nachdem, was ich gehört habe, gibt es mittlerweile ähnliche Überlegungen auf Bundesseite, und auch die Agrarministerkonferenz hat sich diesbezüglich verständigt: die Hilfen zumindest erst einmal bis zum Jahr 2017 – ich hoffe auch darüber hinaus.
Meine Damen und Herren! Was tun wir konkret im eigenen Land? Sachsen sorgt in solchen wirtschaftlich schwierigen Zeiten dafür, dass Direktzahlungen bis Ende des Jahres auf den Konten unserer Landwirte eingehen, auch wenn das für die Verwaltungen keine leichte Aufgabe ist. Ich weise die Forderungen, die immer wieder, vor allen Dingen von den grünen Ländern erhoben werden, zurück, die Direktzahlungen sehr schnell zu reduzieren. Wir werden dem entgegentreten. Diese Direktzahlungen sind eine wichtige Grundsicherung für die Landwirte. Das bekommen diese nicht einfach so, sondern dafür müssen sie viele Auflagen – ich nenne einmal das Thema Greening – erfüllen bzw. einhalten. Das ist kein Geschenk, sondern das müssen sie sich wirklich erarbeiten.
Wir unterstützen über das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum auch weiterhin langfristige Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Auch das steht zum Teil in der Kritik, aber auch das halte ich für einen Grundpfeiler einer wettbewerbsfähigen, zukunftsorientierten Landwirtschaft.
Des Weiteren prüfen wir dieses Rückkaufmodell von Grund und Boden durch eine Institution des Freistaates. Das hat mit dem Fonds, den Sie damals auflegen wollten, schlicht und ergreifend nichts zu tun. Das ist ein ganz
anderer Mechanismus. Aber ich glaube, das ist nur ein letztes Mittel. Sehr wenige Betriebe, wenn überhaupt, werden davon Gebrauch machen. Aber zumindest als Instrument wollen wir es anbieten.
Manche Dinge konnten wir in Berlin mit anschieben, wie die derzeit laufende Prüfung zum Verzicht auf Rückforderung von Fördermitteln der EU und des Bundes innerhalb der Zweckbindungsfrist oder die Schaffung einer EEGAnschlussregelung für die landwirtschaftliche Biogaserzeugung.
Was wir jedoch auch in der Landwirtschaft brauchen, meine Damen und Herren, sind verbesserte Werkzeuge zur Risikoabsicherung, denn volatile Märkte werden uns auch künftig begleiten. Sachsen fordert dazu vom Bund schon seit Langem die Einführung einer steuerlich begünstigten Risikoausgleichsrücklage, mit deren Hilfe Einkommensschwankungen vermindert und steuerliche Anreize zur Eigenvorsorge geschaffen werden sollen.
Im deutschen Einkommensteuerrecht führen Gewinnschwankungen aufgrund des progressiven Tarifs zu einer steuerlichen Mehrbelastung gegenüber einem konstanten Einkommen. Mithilfe der Risikoausgleichsrücklage sollen Landwirte die Möglichkeit erhalten, in erfolgreichen Jahren Gewinne und Liquidität in eine steuerliche Rücklage bzw. in einen betrieblichen Ausgleichsfonds einzustellen und diese in weniger erfolgreichen Jahren wieder aufzulösen.
Das Land Brandenburg hat mit einem Antrag an den Bundesrat in der letzten Woche diesen einen Punkt unseres Antrages aufgegriffen. Wir haben die Brandenburger dabei unterstützt. Der Bundesrat hat letzte Woche zugestimmt. Nun hoffe ich, dass auch der Bund sich dieser Bundesratsentscheidung annimmt; denn hätten wir eine solche Rücklage bereits jetzt, dann hätten die Betriebe sich ein Polster aus besseren Zeiten anlegen können, von denen sie jetzt zehren könnten. Immerhin sagt der Bund auf dem Milchgipfel die Verlängerung des Glättungszeitraumes auf drei Jahre schon einmal zu.
Die Landwirtschaft wird sich auf einen Wechsel – auf Zeiten mit auskömmlichen Preisen, aber leider auch auf Durststrecken – einstellen müssen. Das ist den Landwirten auch bewusst. Darüber jammert niemand. Aber man muss auf diese Zeiten gut vorbereitet sein und Instrumente haben, um diese, langfristig gesehen, zu überstehen.
Meine Damen und Herren! Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Produktionszweig, der Arbeitsplätze und Wertschöpfung, gerade in unseren ländlichen Regionen, sichert. Der CDU-Arbeitskreis für Umwelt und Landwirtschaft hat bereits mit einem „Milchgipfel“ – so nenne ich ihn jetzt einmal – und einem Bankengespräch Eigeninitiativen zur Unterstützung dieses für uns so wichtigen Wirtschaftsbereiches gestartet. Dafür bin ich sehr dankbar.
Mit dem folgenden Antrag der Fraktionen CDU und SPD wird diese Unterstützung noch einmal deutlich gemacht, und ich bitte Sie, diesen Antrag anzunehmen.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren! Das Schlusswort haben die Fraktionen CDU und SPD. Herr Abg. Heinz, bitte sehr.
Herr Präsident! Nachdem wir in der letzten Landtagssitzung einen Dringlichen Antrag hatten, hätte ich zumindest erwartet, dass der Dringliche Antrag, wie es allgemein üblich ist, zur nächsten Landtagssitzung als normaler Antrag besprochen wird.
Im Vorfeld fand eine Demonstration vor dem Landtag statt. Ansonsten haben wir einiges Wahres über die Ursachen der Situation gehört,
und es wird nur funktionieren, wenn sich Angebot und Nachfrage harmonisieren. Der Markt ist derjenige, der das am besten austarieren kann. Wir sollten unseren Landwirten Mittel und Möglichkeiten an die Hand geben, auf solche Marktschwankungen besser vorbereitet zu sein.
Frau Kagelmann, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten die tatsächlichen Ursachen einmal benannt und vielleicht auch dazu gesagt, wie man es lösen will. Eine Mengensteuerung wird jedenfalls nicht funktionieren, wenn man weiß, dass Deutschland einen Anteil von 4 % an der Weltmilchproduktion hat.
Ansonsten haben wir mit allen Systemen von Subventionen oder Preisregulierungen Erfahrungen in der Landwirtschaft. Am besten hat es funktioniert,
Herr Günther, Sie hatten Masse statt Klasse gesagt. Die Produkte der sächsischen Landwirtschaft sind klasse. Man kann auf der einen Seite nicht beklagen, dass die Wertschöpfung in anderen Bundesländern 80 % höher ist als bei uns, und auf der anderen Seite gleichzeitig sagen, wir wollen keine Tierhaltung usw. Das hat einfach etwas mit einer deutlich höheren Veredelung über die Tierhaltung zu tun, die von Ihnen ja auch nicht gewünscht ist.
Bezüglich Flächenbeihilfen teile ich zwar das, was Herr Staatsminister Schmidt gesagt hat, wage aber zu behaupten, dass ein Großteil der Flächenbeihilfen wie alle Subventionen nur durchgereicht werden. Sie sind also in irgendwelchen anderen Preisen schon eingepreist. Ich könnte mir durchaus vorstellen, ohne Subventionen und mit ordentlichen Preisen eher zum Ziel zu kommen, als sich ständig rechtfertigen zu müssen für Geld, das man bekommt, aber nicht behalten darf, weil damit nur Lebensmittelpreise subventioniert werden.
Woher nehmen Sie, dass wir GRÜNEN keine Tierhaltung wollen? Und woher nehmen Sie, dass, wenn wir sagen, die Wertschöpfung muss gesteigert werden, das nicht in jedem Landwirtschaftsbereich sein kann? Mich interessiert, woher Sie diese Informationen haben?
Ich hätte mich dazu in der Tat ein wenig konkreter ausdrücken müssen. Wenn ich mir Ihre Anträge so anschaue, dann lehnen Sie die Formen der Tierhaltung ab, die im Prinzip notwendig sind, um eine solche Wertschöpfung zu erzielen. Ihr seid bei jedem Stallbauantrag in der vordersten Reihe derjenigen, die gegen die Genehmigung kämpfen usw. usf.
Ich möchte meine restliche Redezeit von 27 Sekunden nutzen, Ihnen allen in der sitzungsfreien Zeit schönes Wetter zu wünschen und Sie zu bitten, etwas Rücksicht auf Erntefahrzeuge zu nehmen und Verständnis zu haben, auch wenn abends um 9 Uhr der Mähdrescher mal an der Terrasse vorbeiklappert.
Vielen Dank, Herr Heinz. – Meine Damen und Herren! Ich stelle die Drucksache 6/5388 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Vielen Dank. Bei Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist die Drucksache beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.