Protocol of the Session on May 26, 2016

Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Debatte ist abgeschlossen. Es gibt noch eine Kurzintervention.

Ich möchte gern noch eine Kurzintervention machen, weil ich glaube, dass wir das nicht so einfach stehen lassen können, was die Ministerin gerade zur Eingruppierung der Lehrkräfte gesagt hat.

Frau Staatsministerin, Sie wenden hier einen Trick an: Sie stellen die Gymnasiallehrer am Gymnasium ein, aber dazu müssen Sie die Stellen der Mittelschulen beim Einstellungsverfahren zunächst ans Gymnasium schieben, denn so viele Stellen haben Sie am Gymnasium gar nicht mehr. Das ist die eine Variante.

Die zweite Variante ist: Der Sachverhalt bleibt natürlich derselbe, auch wenn Sie in Abordnung einen Lehrer vom Gymnasium an die Mittelschule schicken – schauen Sie dazu ins Schulgesetz –,

(Zuruf von der CDU)

dann werden die Mittelschullehrer mit einer Mittelschulausbildung in der E 11 bezahlt und die Gymnasiallehrer mit einer Gymnasialausbildung in der E 13. Der Sachverhalt bleibt komplett identisch. Ich weiß nicht, ob diese in ein, zwei oder drei Jahren ans Gymnasium können – das müssten Sie uns vielleicht noch einmal erklären. Aber der Sachverhalt bleibt derselbe.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Frau Staatsministerin, wollen Sie darauf reagieren?

Nein.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt jetzt beendet. Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz über die Einführung einer kommunalen

Privatisierungsbremse im Freistaat Sachsen

Drucksache 6/2583, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 6/5164, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Wir beginnen mit der allgemeinen Aussprache. Das Wort erhält zunächst die einreichende Fraktion DIE LINKE, danach folgen CDU, SPD, AfD und die GRÜNEN sowie die Staatsregierung, falls sie das Wort wünscht. Herr Abg. Schollbach, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist so: Irgendwo taucht ein Haushaltsloch auf, und sogleich wird eilfertig nach Privatisierung gerufen. Das bringe den Kommunen Geld in die Kasse, mache Dienstleistungen billiger und sei zudem von Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger, so wurde und wird da immer wieder von den Apologeten der Privatisierung behauptet.

Auch im CDU-dominierten Sachsen wurde in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten eifrig kommunales Tafelsilber verscherbelt. Was den Menschen wichtig ist und womit sich Geld verdienen lässt, weckte und weckt immer wieder das Interesse privater Konzerne, ganz gleich, ob Wohnungen, Krankenhäuser, Altenheime, Wasser, Abwasser, Strom, Gas oder Wärmeversorgung.

Eine der umstrittensten und weitreichendsten Privatisierungen wurde von der CDU und ihren Helfershelfern 2006 in Dresden durchgezogen. Ganz ohne Bürgerentscheid wechselten damals mit dem Totalverkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Zehntausende

Wohnungen den Eigentümer. Damals wurde allen Ernstes von „Mieterparadies“ schwadroniert. Wozu das geführt hat, können wir heute erleben.

Meine Damen und Herren! Aber nicht nur städtische Wohnungen, auch kommunale Krankenhäuser wecken immer wieder das Interesse der Privatisierungsfreunde. Francesco de Meo, Geschäftsführer der Helioskliniken, sagte dazu das Folgende: „Krankenhäuser sind ein interessantes Geschäft, und wenn man sie gut führt, dann sind sie auch ein gutes Geschäft.“

Meine Damen und Herren! Was private Krankenhauskonzerne unter guter Führung verstehen, dafür gibt es ja nun inzwischen bundesweit durchaus eindrucksvolle Beispiele. Das Prinzip ist stets das gleiche: Da wird Personal abgebaut, es gibt Lohndumping bei den Pflegekräften und einfachen Mitarbeitern, und schon stimmt die Rendite. Privatisierungen von Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge erweisen sich regelmäßig als nachteilig für die Bürgerinnen und Bürger.

Deshalb wollen wir von der LINKEN die Hürden für die Privatisierung kommunalen Tafelsilbers deutlich erhöhen. Für den Verkauf einer Einrichtung der kommunalen Daseinsvorsorge soll nach unserem Willen künftig keine einfache Mehrheit im Gemeinderat genügen, wie dies bislang der Fall ist. Wir schlagen vor, dass künftig ein solcher Verkauf nur unter der Voraussetzung stattfinden darf, dass mindestens zwei Drittel der Gemeinderatsmitglieder oder die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines Bürgerentscheids zustimmen.

Meine Damen und Herren! Die Privatisierungsbremse ist nach unserer Auffassung ein geeignetes Instrument, um zwei Kernanliegen bürgernaher Politik, nämlich Siche

rung der öffentlichen Daseinsvorsorge einerseits und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an wesentlichen Entscheidungen andererseits, miteinander zu verknüpfen. Deshalb werbe ich hier im Landtag um Zustimmung für den Gesetzentwurf meiner Fraktion, der Fraktion DIE LINKE, zur Einführung einer kommunalen Privatisierungsbremse im Freistaat Sachsen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Hartmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ist er wieder; Herr Schollbach trägt die kommunalpolitischen Probleme oder vermeintlichen Probleme, die er in seiner kommunalpolitischen Tätigkeit hat, in dieses Hohe Haus und versucht, die Lex Dresden zur Grundsatzdebatte zu erheben. Er tut das recht unvollständig, und er tut das auch in einer Betrachtung von Schwarz und Weiß. Aber das ist man schon gewohnt.

Insoweit möchte ich sagen: Sie sollten den Entwurf durchaus ergänzen, wenn Sie es denn so für richtig halten, nicht nur Unternehmensveräußerungen mit einer Zweidrittelmehrheit zu versehen. Dann wäre es konsequent, auch Unternehmensgründungen, die ja gegebenenfalls auch ein Risiko in sich tragen, mit einer Zweidrittelmehrheit zu versehen. Im Übrigen: In Verantwortung, die Sie für die Stadt tragen, wäre es dann auch konsequent, die Aufnahme von Kommunalkrediten an eine Zweidrittelmehrheit des Hauses zu binden, um nämlich auch an dieser Stelle im Interesse der Bürger tätig zu werden.

Kurzum: Sie greifen sich etwas heraus, und es ist das alte Spiel. Sie basteln an dieser Stelle auch mit Ängsten und Befindlichkeiten, die einen wahren Kern haben, aber gleichwohl nicht ihr Ziel erreichen. Ihr Gesetzentwurf beglückt uns jetzt insoweit mit dem Vorschlag, die Veräußerung kommunaler Unternehmen an eine Zweidrittelmehrheit des Rates zu binden respektive dann das Ganze, so diese nicht zustande kommt, an einen Bürgerentscheid zu koppeln.

Ich muss Ihnen sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein eminenter Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Und wenn Sie die kommunale Ebene fragen, dann stellen Sie auch fest, dass die kommunale Ebene ihrerseits hier keinen Handlungsbedarf sieht.

Im Übrigen wäre auch mit Blick auf die aktuelle Zeit und auf das, was vor uns ist, zu hinterfragen, wie wesentlich eine solche Veräußerung tatsächlich sein sollte. Denn wenn wir genau hinschauen, ist es wohl nicht so, dass große Verkäufe kommunaler Unternehmen erfolgen – im Gegenteil. Wenn wir genau hinschauen, können wir vernehmen, dass wir an einer Trendwende der Diskussion sind. In den Neunzigerjahren hat es – im Übrigen, Herr Schollbach, nicht nur wegen der Frage von Haushaltslöchern, sondern vielmehr auch geprägt durch die Diskussi

on, ob privatwirtschaftliche Strukturen es besser und effizienter organisieren können – tatsächlich einen Trend hin zu mehr Privatisierung gegeben. In den letzten fünf bis zehn Jahren konnten wir vernehmen, dass wir eine Trendwende hatten, die immer mehr auch für eine Rekommunalisierung bestimmter Aufgabenbereiche spricht. Insoweit gibt es auch in der kommunalpolitischen Diskussion eher die Tendenz, mehr kommunales unternehmerisches Tätigwerden als eine Privatisierung zu befördern.

Im Übrigen ist das auch keine sächsische Eigenart, Herr Schollbach, ich muss Sie hier etwas korrigieren. Sie meinen, hier etwas immer wiederholen zu müssen, im Übrigen die CDU aus der Verantwortung zu treiben. Das können Sie gerne tun. Aber es ist nicht eine Eigenart sächsischer oder Dresdner Kommunalpolitik, sondern wir haben es deutschlandweit zur Kenntnis genommen, egal, wer in der Regierungsverantwortung stand oder steht, dass es einen solchen Trend gab und jetzt an dieser Stelle eine Umkehrentwicklung zu beobachten ist.

Des Weiteren möchte ich Ihnen sagen: Es ist nicht so, dass in einer Nacht- und Nebelaktion auf einmal der Bürgermeister eine Vorlage aus der Tasche zieht, der Stadtrat in einer Sondersitzung dann entscheidet, die Öffentlichkeit vor vollendete Tatsachen stellt und danach alle erschrocken sagen: Ups, jetzt haben sie einfach das Unternehmen verklitscht. – Nein, Herr Schollbach, das wissen Sie besser als ich. Denn Sie haben sich eifrig bemüht, auch durch entsprechende Initiativen und Begehren, das eine oder andere an Veräußerungen in der Landeshauptstadt Dresden zu verhindern. Dem ging eine Grundsatzdiskussion voran und folgte eine Grundsatzentscheidung. Aus der Grundsatzentscheidung werden dann weitere Maßnahmen abgeleitet.

Im Übrigen gehören Sie ja einem Stadtrat an, der es auch noch schafft, in einer Vergabeentscheidung getroffene Grundsatzbeschlüsse zurückzunehmen. Sie sehen, wie lang solche Prozesse auch sind. Dann sind wir bei dem Punkt, dass also, wenn das öffentliche Interesse gegeben ist und die Bürgerinnen und Bürger der Auffassung sind, dass sie das nicht wollen, genug Zeit vorhanden ist, um auf die Instrumente der Sächsischen Gemeindeordnung zurückzugreifen und damit die Möglichkeit eines Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids zu nutzen. Das heißt, die in der Sächsischen Gemeindeordnung enthaltenen Rechte geben der Bürgerschaft, wenn das Interesse da ist, die Möglichkeit, entsprechend Sorge zu tragen.

Hier sind wir auch bei einer Mitwirkung und Mitverantwortung der Gemeinde, zu sagen: Das wollen wir nicht. Dem werden wir auch entsprechen – so haben wir es auch in Leipzig erlebt – und Unterschriften sammeln. Im Zweifel können Sie auch der Dienstleister für die Unterschriftensammlung sein, so wie Sie es an der einen oder anderen Stelle in der Vergangenheit auch schon waren.

Kurzum: Mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltung, auf die Eigenverantwortlichkeit und Entscheidungsbefugnisse sächsischer Kommunen, die wir ausdrücklich in der Landesverfassung und auch in unserer politischen Arbeit

schätzen, halten wir, auf den aktuellen Stand bezogen, es nicht für erforderlich, eine solche Regelung aufzunehmen, sondern die von der Bevölkerung gewählten Vertreter sind mit dem entsprechenden Mehrheitsquorum durchaus in der Lage, entsprechende Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus besteht jederzeit die Möglichkeit, auf die Instrumente der Bürgerbeteiligung zurückzugreifen.

Also, Herr Schollbach, Ihr Antrag wird von uns abgelehnt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herr Abg. Pallas, SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute in 2. Lesung den Gesetzentwurf zur Einführung einer sogenannten Privatisierungsbremse im Freistaat Sachsen. Ich denke, wir sollten dazu klären, ob eine Privatisierungsbremse generell notwendig oder sinnvoll sein kann und ob im zweiten Schritt der Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, fachlich dafür geeignet ist.

Wir erleben tatsächlich bundesweit seit ein paar Jahren einen neuen Trend, nämlich die stärkere Abkehr von der Politik des Verkaufs öffentlichen Eigentums, schwerpunktmäßig zur Schließung von Haushaltslöchern, und eine immer stärkere öffentliche Diskussion über Privatisierungsvorhaben bei öffentlichem Eigentum. Inzwischen reift wohl die Erkenntnis, dass Privatisierung von Wohnungen, von Krankenhäusern, aber auch von Energieversorgern eben kein Allheilmittel ist und im Gegenteil sogar viel höhere finanzielle oder soziale Folgekosten haben kann, als es am Anfang schien.

In meiner Heimatstadt Dresden – ich möchte auch ganz kurz auf diese Ereignisse eingehen – gab es in den letzten zehn Jahren zwei große Auseinandersetzungen um Privatisierungsvorhaben. Da ist zum einen der Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft im Jahr 2006. Damals wurden 40 000 Unterschriften im Nachgang zu diesem Beschluss gesammelt. Leider war das Quorum für solche Entscheidungen damals noch höher, und es kam eben nicht zu einem Bürgerentscheid.

In einem zweiten Fall, bei der Diskussion um eine Privatisierung der beiden kommunalen Krankenhäuser in Dresden, war das Quorum bereits niedriger, es erfolgte kein kassierendes Votum der Bürger, aber es erfolgte ein Bürgerentscheid, und der ging mit übergroßer Mehrheit gegen eine Privatisierung aus.

In beiden Fällen können wir ein sehr großes Interesse der Bürgerinnen und Bürger an diesen Themen verzeichnen. Es zeigt sich, dass Privatisierungen auch heute bereits verhindert werden können, und zwar bei entsprechend vorliegenden Unterschriften für einen Bürgerentscheid.

Aber angesichts des Trends ist es trotzdem notwendig, verantwortungsbewusster mit Privatisierungen von