Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Günther, gleich zu Beginn sei gesagt: Mir ist am wichtigsten, dass ein Denkmal lebt, dass es Menschen gibt, die ein Denkmal nutzen, und dass es Menschen gibt, die sich um ein Denkmal kümmern. Es ist nicht nur die Denkmalpflege, sondern es sind sehr viele kleine Bauherren und viele Kommunen, die sich dieser Aufgabe stellen.
Es ist hier der richtige Ort, um sowohl der Denkmalpflege und unseren Denkmalbehörden als auch allen Privaten
und den Kommunen, die sich um Denkmäler im Freistaat Sachsen kümmern, ein herzliches Dankeschön zu sagen für das, was sie hier leisten.
Sie haben in Ihrer Rede skizziert, in welchem Umfeld wir uns bewegen. Da möchte ich noch einmal verstärken und deutlich machen: In Sachsen haben wir 103 000 Denkmale; das heißt, auf jeden Bürger im Freistaat kommen 39 Denkmäler. Das ist die höchste Dichte, die wir in der Bundesrepublik Deutschland verzeichnen können, und das macht deutlich, welche große Aufgabe wir im Freistaat Sachsen haben.
Bei zwei Dritteln der Denkmäler können wir davon ausgehen, dass diese saniert sind; aber es ist für das restliche Drittel noch viel Arbeit zu leisten.
Ungefähr vor einem Jahr, am 22. April, hatten wir als CDU-Fraktion zu einer Veranstaltung „Kultur trifft Denkmalschutz“ in die Deutschen Werkstätten Hellerau eingeladen und der auch von Ihnen geschätzte Arnold Bartetzky hat uns dort zum einen über die Erfolge der letzten 25 Jahre berichtet, aber auch über diesen oder jenen Verlust im Bereich der Denkmäler. Insbesondere hat er darauf hingewiesen, was noch übrig ist. Man muss klar konstatieren, wenn man es etwas einfacher formulieren will: Die großen Brocken sind noch da. Wir haben viele Guts- und Herrenhäuser gerade im ländlichen Raum; wir haben es also mit besonderen Herausforderungen im Denkmalschutz zu tun.
Wir müssen uns wirklich die Frage stellen, was wir mit diesen sehr großen Objekten, bei denen man eine sehr finanzstarke Bauherrenschaft braucht, anstellen und was wir mit Gebäuden machen, für die sich in den letzten 25 Jahren noch kein Weg der Wiedernutzung gefunden hat.
Ich will an dieser Stelle auch ganz klar sagen – und damit auf die von Ihnen eingereichte Kleine Anfrage abzielen –, was das Landesamt für Denkmalpflege betrifft: Aus meiner Sicht – und hier habe ich auch die Fraktion hinter mir – ist dieses Landesamt so auszustatten, dass es die ihm übertragenen Aufgaben sachgerecht erfüllen kann.
Es ist wichtig, dass wir uns der in der Antwort auf diese Kleine Anfrage skizzierten Personalentwicklung stellen. Sie haben darauf hingewiesen, dass wir es mit einer sich verengenden Personalstruktur zu tun haben. Wir müssen uns über die Wiederbesetzung von Stellen einigen und ich denke, wir haben auch den Staatsminister an unserer Seite, dass wir uns diesem Thema mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl und Augenmaß widmen werden.
Lassen Sie mich auf das Thema Kommune und Denkmalschutz eingehen. Es ist zweifelsohne richtig, dass Denk
mäler für uns auch identitätsstiftende Objekte sowohl im urbanen Umfeld als auch im ländlichen Raum sind. Wenn Sie als Kommune mit so einem Denkmal auf der einen Seite belohnt sind, aber eben auch diese Aufgabe vor sich sehen und überlegen müssen, wie Sie sie bewältigen können, dann ist es nötig, dass wir uns auch innerhalb der Denkmalpflege mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl und einem gewissen Pragmatismus an diese Aufgabe heranwagen; denn letztlich ist niemandem geholfen, wenn wir einen kontrollierten Zusammenbruch haben, sondern wir wollen auch wieder Nutzung in den Gebäuden haben.
Insofern – gestatten Sie mir diese eher etwas plakative Bemerkung – ist an dieser Stelle vielleicht nicht mehr nur der promovierte Kunsthistoriker gefragt, sondern sehr viel stärker auch der im Umbau und im Bauen im Bestand erprobte Architekt.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Fritzsche, gestatten Sie mir eingangs eine Richtigstellung: Sie haben gesagt, wir hätten auf einen Einwohner 39 Denkmale – das wäre natürlich stattlich. Es ist andersherum: Wir haben auf 39 Einwohner ein Denkmal. Das ist auch ganz gesund so herum.
Ansonsten würde der Staatsminister der Finanzen gar nicht mehr auftauchen, denn so viel Geld haben wir nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube aber, dass es sehr wohl gut ist, über das Thema zu sprechen, weil wir uns nicht nur stärker damit befassen müssen, wie viel Personal und Finanzen wir haben, sondern uns auch überlegen müssen, welche landesentwicklungspolitischen Akzente und welche bildungspolitischen Akzente wir in dieser Frage setzen wollen. Wir wissen, dass in unserer Gesellschaft nicht die übergroße Mehrheit sagt, wir erhalten jedes Denkmal. Jeder, der in einem denkmalgeschützen Objekt bauen will, rauft sich irgendwann – so er hat – die Haare, wenn er mit dem Denkmalschutz zu tun hat.
Deswegen stimme ich Kollegen Fritzsche durchaus zu: Wir müssen an mancher Stelle wirklich mit Fingerspitzengefühl herangehen und uns genau überlegen, was wir tun wollen. Einer unserer Stadträte in Leipzig – seit vielen Jahren im Wohnungsbau tätig – hat einmal gesagt: Stellt euch vor, man hätte im Mittelalter den Denkmalschutz gehabt, den wir heute haben. Wir würden heute in Katen wohnen. Ganz so ängstlich bin ich nicht; aber wir müssen tatsächlich Augenmaß bewahren, wenn es um die Vereinbarkeit von Denkmalschutz und städtebaulichen Entwicklungen geht.
Wir müssen uns außerdem überlegen, ob wir tatsächlich Schlösser, Burgen und Industriedenkmäler haben wollen, die am Ende nicht genutzt werden. Die sehen hübsch aus, stehen in der Landschaft, nur, wir wissen, dass vor allem unsere ländlichen Räume mit einer deutlichen demografischen Wandlung zu kämpfen haben. Das alles sollten wir in dieser Diskussion berücksichtigen.
Es geht bei den landespolitischen Fragestellungen neben Nahversorgung, Erreichbarkeit oder Infrastruktur auch um die Frage: Wie identifizieren wir uns mit diesen Denkmälern, oder wollen wir diese Denkmäler am Ende privaten Investoren übergeben, weil diese leistungsfähig sind, ohne dass die Denkmäler noch der Öffentlichkeit zugänglich sind? Auch das ist eine wichtige Frage, über die wir diskutieren sollten. Einen solchen Denkmalschutz, bei dem die Denkmäler der Öffentlichkeit entzogen sind, möchte ich nicht unbedingt haben.
Ich glaube, es ist auch eine bildungspolitische Frage. Lassen Sie mich noch eines zu diesem bildungspolitischen Akzent sagen: Aleida Assmann, eine Kulturwissenschaftlerin, hat das zwar einmal auf Erinnerungsorte zugeschnitten gesagt, aber es ist auf diese Debatte übertragbar: „Gedächtnisorte verhindern Vergessen, aber zuvor muss man sie erst einmal dazu machen. Wer identifiziert, bestimmt, markiert sie? Es ist ja keineswegs so, dass diese Orte uns anrufen: ,Hier bin ich; ich bin Zeuge und Mahnmal einer Geschichte, die nicht vergessen werden darf!‘ Wenn man sich um diese Orte nicht kümmert, geht das Leben über sie hinweg und verwischt Spuren. Historische Gebäude werden abgerissen, umgebaut oder durch neue Nutzung unkenntlich gemacht. Auch das Gedächtnis der Einwohner bewahrt nichts Zuverlässiges, sondern löst sich spätestens nach drei Generationen immer wieder auf.“
Ich plädiere also nicht nur dafür, den Personalbestand des Landesamtes für Denkmalpflege zu sichern – da bin ich absolut bei Ihnen, Kollege Günther –; ich plädiere auch dafür, dass wir Denkmalschutz als gesamtgesellschaftliche Frage thematisieren, mit bildungspolitischen Fragen verknüpfen und ihn dringend mit der Landesentwicklung in Verbindung bringen.
Zum städtebaulichen Aspekt haben Sie, Kollege Fritzsche, schon einiges gesagt. In diesem Sinne finde ich es richtig, dass wir darüber diskutiert haben, und ich denke, während der Haushaltsdebatte werden wir uns ausführlich damit befassen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, die GRÜNEN greifen ein sehr wichtiges Thema auf.
Deswegen finde ich die Debatte auch wirklich gut; schließlich markieren Denkmäler die Entwicklung unserer Zivilisation, unserer Kultur. Sie sind Teil unseres geschichtlichen Gedächtnisses, unserer Identität. Sie machen innerstädtische Lebensqualität aus und sind nicht zuletzt häufig von hoher touristischer Bedeutung.
Viele denken bei Denkmalschutz zunächst an Gebäude, aber eigentlich ist es viel mehr. Das kam auch schon zur Sprache. Es geht um historische Gärten und Parkanlagen, um Ortskerne, um gewachsene historische Innenstädte, um Bauforschung, um Bodendenkmale und auch – in Sachsen von nicht geringer Bedeutung – um Industriedenkmale und Industrietechnik. Für alle gilt, um das hier noch einmal zu wiederholen: Was einmal entfernt wurde, ist unwiederbringlich verloren. Daher braucht es einen starken Denkmalschutz und eine gute fachliche Beratung.
Der Bereich der Industriedenkmale ist auch geeignet, um zu verdeutlichen, welchen Stellenwert Denkmalschutz und Denkmalpflege in Sachsen haben.
Der Denkmalschutz ist dann richtig erfolgreich, wenn Gebäude nach einer Denkmalsanierung auch genutzt werden können. Industriedenkmale bieten vergleichsweise gute Voraussetzungen für neue und Nachnutzungen.
Denkmalpflege und Eigentümer sollen bei der Suche nach Nutzungen unterstützt werden. Ich finde, der Erhalt durch eine neue Nutzung ist eine gemeinsame Aufgabe der Denkmalpflege, der Eigentümer, der Verwaltung, aber eben auch der Bürgergesellschaft.
Gerade Denkmale der Industriekultur können mit Fug und Recht als Ressource für den Freistaat Sachsen, aber eben auch als Alleinstellungsmerkmal begriffen werden. Es gibt beispielsweise eine Koordinierungsstelle bei der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen für die Vernetzung und Verstetigung bestehender Formate in diesem Bereich.
Es ist richtig: Denkmale zu erhalten, ist nicht jedem automatisch einleuchtend. Es ist manchmal auch sehr anstrengend. Gerade deshalb braucht es engagierte Menschen und Stellen, die immer wieder bewusst machen, wie wichtig der Erhalt und die Pflege dieser Denkmale sind.
An dieser Stelle möchte ich zuerst die vielen ehrenamtlichen Denkmalpfleger, aber auch die Vereine erwähnen, die in unermüdlicher Arbeit einen unschätzbaren Wert für die Denkmalpflege in Sachsen leisten. Dazu gehören aber auch Fachleute von Berufs wegen, Sachverständige und kleinere und größere Kommunen, die sich sehr aktiv darum bemühen.
Das Landesamt für Denkmalpflege bietet nun das fachliche Fundament für all diese Aktiven, natürlich in enger Zusammenarbeit mit den unteren Denkmalschutzbehörden.
Wie bei allen Landesbehörden und Ämtern darf man sich natürlich fragen: Können wir die Aufgaben, die bestehen, mit der aktuellen Personaldecke lösen? Können wir sie noch in fünf oder auch in zehn Jahren lösen? Insofern
finde ich, dass diese Aktuelle Debatte ein bisschen zu früh geführt wird; denn es läuft ja im Augenblick über die Ämter, Behörden und Ministerien landesweit eine fachliche Diskussion darüber, wie die Struktur des Personals ist, wie es um die Demografiefestigkeit steht und wie viel Personal wir in den einzelnen Bereichen benötigen, um die Aufgaben zu erfüllen. Das macht die Personalkommission Öffentlicher Dienst, die sozusagen ein zentrales Projekt der Koalition von Anfang an ist. Die Kommission wird ihre Ergebnisse in Kürze vorlegen. Wir werden und wir müssen sie bei den Haushaltsberatungen berücksichtigen.
Als Basis für die Aktuelle Debatte haben wir insofern zunächst die Ergebnisse der Kleinen Anfrage, aber auch wirklich nicht viel mehr.