Protocol of the Session on April 21, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ende 2014 hat die neue Koalitionsregierung von CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag die Erstellung eines Lehrerpersonalentwicklungskonzeptes 2020 festgeschrieben mit dem Ziel, die genauen Bedarfe zu ermitteln, um für einen reibungslosen Generationswechsel in den Lehrerzimmern zu sorgen. Ich lege Wert auf das Wort genaue Bedarfe. Ein solches Konzept ist, wie mehrfach gesagt wurde, eine wichtige Grundlage für die künftigen Entwicklungen innerhalb unseres Schulsystems. Zum Zeitpunkt der Koalitionsbildung im Winter 2014 konnte niemand vorhersehen, wie sich die Situation in Sachsen einmal entwickeln würde.

Niemand konnte voraussehen, dass im Jahr 2015 rund eine Million Menschen nach Deutschland und von ihnen 70 000 nach Sachsen kommen würden. Niemand konnte voraussehen, welche große Integrationsleistung unsere Kindergärten und Schulen leisten müssten, sie im vergangenen Jahr vollbracht haben und bis jetzt vollbringen. An dieser Stelle möchte ich ein ganz herzliches Dankeschön an unsere Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer aussprechen, wie sie Integration regelrecht leben. Es ist eine Aufgabe, die ein Jahr vorher so noch nicht abzusehen war.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich werde keinen Plan um des Planes willen und ohne verlässliche Daten schreiben. Ich möchte drei Unwägbarkeiten beim Namen nennen. Erstens ist die 6. Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung, so der exakte Begriff, erst vor zwei Tagen im Kabinett behandelt worden. Heute Mittag haben wir die

6. Regionalisierte Schülerzahlprognose bekannt gegeben. Die weitere Entwicklung bei den Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ist nicht verlässlich prognostizierbar.

Zweitens ist derzeit ebenfalls noch offen, inwieweit sich auch die Novellierung des Schulgesetzes ab August 2017 auf die Bedarfsseite auswirken wird.

Meine Damen und Herren! Die dritte Unwägbarkeit ist folgende: Wir werden die Lehrpläne überarbeiten. Ja, das habe ich in den Medien gesagt. Wir werden es tun. Diese überarbeiteten Lehrpläne sollen zum Schuljahr 2017/2018 in Kraft treten. Meine Damen und Herren, inwiefern und an welchen Stellen diese Überarbeitungen, die ich gerade benannt habe, Bedarfsveränderungen nach sich ziehen, ist momentan noch nicht quantifizierbar. Wir sind in der Erarbeitungsphase.

Der Lehrerpersonalentwicklungsplan kommt. Er kommt aber erst dann, wenn er solide und verlässliche Aussagen enthalten wird. Selbstverständlich werde ich den Ausschuss für Schule und Sport rechtzeitig informieren. Was jetzt ansteht, ist Folgendes: Die uns vorliegenden Prognosen des Statistischen Landesamtes müssen für die Lehrerbedarfsplanung im Rahmen der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen zum Doppelhaushalt 2017/2018

genutzt werden. Meine Damen und Herren! Die Vorbereitungen dafür laufen auch Hochtouren.

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf den Antrag und die Formulierung zurückkommen. Es heißt dort wie folgt: Die unverzügliche Vorlage eines Lehrerpersonalentwicklungsplanes wird gefordert. Unverzügliche Vorlage heißt: Vorlage ohne schuldhaftes Zögern. Meine Damen und Herren! Genau das, schuldhaft zögern, tue ich nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war Frau Staatsministerin Kurth für die Staatsregierung. Nun hält die Fraktion DIE LINKE das Schlusswort. Das werden sicherlich Sie, Frau Falken, halten. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Starke Ernüchterung kommt auf, nachdem die Ministerin erklärt hat, welche Daten sie noch braucht, oder etwa nicht?

Eine Lehrplangeneration innerhalb eines Jahres komplett umzuschreiben, Frau Staatsministerin, ist nicht leistbar. Sie wissen, dass das nicht leistbar ist. Wenn man es sauber und gut machen möchte, dann braucht man für die gründliche Erarbeitung drei bis vier Jahre. Sie müssen Jahr für Jahr neu aufbauen. Sie müssen die Prüfungen angleichen. Sie müssen die Universitäten einbeziehen, weil die Schülerinnen und Schüler mit einem ganz anderen Niveau an die Universitäten kommen und so weiter. Das ist nicht zu schaffen. Das möchte ich ganz klar sagen.

Wenn Sie aber darauf warten und danach die Stundentafeln anpassen möchten, dann wird das Personalentwicklungskonzept vor dem Jahr 2020 nicht mehr vorliegen. Wir brauchen es aber. Wir haben die Haushaltsdiskussionen und Haushaltsdebatte in diesem Jahr vor uns. Wir werden in diesem Jahr den Haushalt für die nächsten zwei Jahre und die Eckmarken für das Geld festlegen. Dafür brauchen wir von Ihnen ein Personalentwicklungskonzept. Selbst wenn Sie sagen, dass an der einen oder anderen Stelle noch etwas nachgebessert werden muss, wäre das überhaupt kein Thema. Wir würden das im Parlament natürlich gemeinsam beraten. Wir sind auch nicht dagegen, eine Nachbesserung durchzuführen. Das wissen Sie sehr genau. Mit den Punkten, die Sie gerade und in der Öffentlichkeit benannt haben, werden Sie es nicht schaffen. Ich persönlich verstehe es natürlich, wenn Sie mit soliden Daten rechnen möchten.

Herr Bienst, wir müssen nicht drum herumreden. Zum 1. August 2015 sind 300 Personen eingestellt worden, die keine Lehrer sind. Zum Halbjahr sind noch einmal Personen eingestellt worden, die keine Lehrer sind. Über die Unterrichtsversorgung sind massenhaft Lehrer ohne pädagogischen Abschluss eingestellt worden. Das sind Personen, die keinen pädagogischen Abschluss haben. Das wissen Sie genau. Sich hinzustellen und zu sagen, dass es das gar nicht gibt, ist lächerlich.

(Lothar Bienst, CDU: Das habe ich nicht gesagt!)

Herr Bienst, die Formulierung „Löcher stopfen“ kommt nicht von mir. Es ist die Formulierung der Kultusministerin. Schauen Sie sich die Pressekonferenzen an. Jedes Jahr zu Beginn des Schuljahres, drei Jahre hintereinander, hat sie es gesagt. Ich habe das nicht herausgesucht. Jedes Jahr spricht sie vom Stopfen der Löcher. Schauen Sie sich das einmal in Ruhe an.

(Jens Michel, CDU: Das glauben wir nicht!)

Frau Friedel, ich hoffe, Sie haben auch einen Schreck bekommen. Das Zurückziehen eines Antrags ist leider nicht möglich. Das, was wir gerade gehört haben, sagt nicht aus, dass es demnächst passiert. Es sagt nicht aus, dass es zeitnah passiert. Außerdem sind wir eine Opposition im Parlament, die nicht glauben und wissen möchte. Wir möchten prüfen und kontrollieren. Wenn dieser vorliegt, dann können wir gern darüber nachdenken, dass wir diesen Antrag zurückziehen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Vielen Dank, Herr Präsident. In der Diskussion ist Folgendes sehr deutlich geworden: Dem Parlament ist zeitnah – Herr Bienst, es ist übrigens ein Vierteljahr – eine Prognose und ein Konzept vorzulegen. Darüber sind wir uns einig. Das Kultusministerium hat dies anscheinend nicht vor. Jedenfalls habe ich von der Ministerin nicht gehört, dass sie das zeitnah vorlegen möchte.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der AfD und den GRÜNEN)

Das Schlusswort der einbringenden Fraktion DIE LINKE haben wir von Frau Falken gehört. Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 6/3538 zur

Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Vielen Dank. Stimmenthaltung? – Keine. Damit ist die Drucksache 6/3538 nicht beschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Freiheit der Wahl des Zahlungsmittels

Drucksache 6/4854, Antrag der Fraktion AfD

Hierzu können die Fraktionen in folgender Reihenfolge Stellung nehmen: die einbringende Fraktion AfD, CDU, DIE LINKE, SPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht. Für die Fraktion AfD bringt Frau Dr. Petry den Antrag ein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein klares Bekenntnis zum Bargeld konnten wir im letzten Plenum bei der Aktuellen Debatte „Bargeld ist gelebte Freiheit“ von ausnahmslos allen Fraktionen in diesem Hohen Haus vernehmen. Niemand von Ihnen sprach sich für eine Einführung von Bargeldobergrenzen oder die Erweiterung dieser Grenzen, die Reduzierung oder Abschaffung des Bargelds aus. Dieses Ergebnis eines großen Konsenses möchten wir nun mit dem vorliegendem Antrag manifestieren und der Staatsregierung als Handlungsauftrag an die Hand geben, um auf Bundesebene die Position Sachsens offensiv in Debatten und etwaigen Gesetzesinitiativen zu vertreten.

(Zuruf: Gar nicht!)

Ja, Bargeld ist gelebte und geprägte Freiheit. Diese Freiheit ist historisch gewachsen und liegt den meisten Bürgern in Sachsen und Deutschland mehr am Herzen als die bis zum Jahr 2009 – gut 20 Jahre – wirkende Gurkenverordnung der EU. Herr Scheel, nun können wir das Thema Bargeld gern als Kopf- oder Bauchsache klassifizieren. An der enormen gesellschaftlichen Relevanz dieses Themas ändert dies jedoch nichts. Leider hat die Aktuelle Debatte der letzten Plenarsitzung zu diesem Thema, abgesehen von unserem Beitrag und zahlreichen Beispielen, inhaltlich nur wenig Erhellendes zutage gefördert.

Gern möchte ich Ihnen aber noch einmal erklären, warum schon in der Debatte Bekundungen von Unverständnis auftraten und warum der Antrag auf denselben Zusammenhang verweist, weshalb wir eine Brücke vom Prozess der Einführung einer Bargeldobergrenze über deren Absenkung bis hin zur generellen Abschaffung des Bargeldes schlagen müssen. Bestes Beispiel für derartigen Vollzug ist die Ausführung des jetzigen Kommissionspräsidenten Juncker aus dem Jahre 1999. Zitat: „Wir beschließen etwas, stellen es dann in den Raum, warten

einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was beschlossen wurde, dann machen wir weiter, Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ Und so hat es nicht nur 1999 funktioniert, Herr Scheel, so funktioniert es, wie Sie selbst sehr gut wissen, immer noch. – Noch Fragen?

(Beifall bei der AfD – Zuruf von den LINKEN)

Die Abschaffung des Bargeldes ist also ohne Geschrei und Aufstand in den Parlamenten vielleicht in vielen Ihrer Köpfe bereits beschlossene oder nicht mehr zurücknehmbare Sache. Das sollten wir nicht hinnehmen.

Es ist offensichtlich, dass mit Einführung einer Bargeldobergrenze Schritt für Schritt seine Abschaffung vonstatten gehen wird. Diesen Weg beschreiten gegenwärtig aktiv diejenigen, die bereits Bargeldobergrenzen eingeführt haben. Sie senken die Obergrenzen immer weiter und weiter – Frankreich erst auf 3 000 Euro, dann auf 1 000 Euro, Belgien erst auf 5 000 Euro und jetzt auf 3 000 Euro.

Das beste Beispiel dafür ist Schweden. Sie haben sicherlich die Presseberichte dazu in den letzten Woche gelesen. In Schweden liegt dieser Wert und der erkannte und kritisierte Weg zur Bargeldabschaffung gar nicht mehr in einer utopischen Zukunft. Nein, er ist bereits allgegenwärtige Realität. Von 1 774 Bankfilialen Schwedens sind fast 900 bargeldlos. Die Summe der Banknoten und Münzen in Schweden betrug in den Neunzigern noch 4 % des BIP; im Februar 2016 ist dieser Betrag auf 1,5 % zusammengeschmolzen, wurde also mehr als halbiert. In den UBahnen Stockholms kann nicht mehr mit Bargeld bezahlt werden, Gaststätten schenken das Bier nicht mehr gegen Bares aus und Busfahrer akzeptieren beim Ticketverkauf keine Banknoten. Einzelhändler und Firmen haben die Möglichkeit, solche Zahlungen gänzlich auszuschließen.

Bevor Sie wieder reflexartig über Angstdebatten lamentieren, betone ich: Die im Antrag geführte Auseinandersetzung mit diesem geldpolitischen Prozess, mit der immer weiteren Kontrolle des Bürgers und des Konsumenten hat damit nichts zu tun, sondern schlicht mit einem realistischen Blick auf diese Entwicklung und natürlich mit der

Frage, ob wir als Politiker gewillt sind, darauf Einfluss zu nehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bürger haben nicht Angst davor, dass irgendeine Partei oder Politiker anderer Parteien sich für den Erhalt des Bargeldes oder gegen Obergrenzen einsetzen, wie wir es tun. Sie haben vielmehr Angst davor, dass hier ihre Freiheitsrechte im Windschatten der angeblichen Kriminalitätsbekämpfung oder der Terrorismusbekämpfung beschnitten werden. Im Übrigen haben nicht wir dieses Thema ursprünglich auf die Agenda der Öffentlichkeit gebracht, sondern es war zum Teil die SPD mit der Debatte über den 500-EuroSchein, oder es war der Bundesfinanzminister. Wenn schon, dann müssten Sie sich also selbst eine Angstdebatte vorwerfen.

Aus einer ganz anderen Perfektive haben Sie natürlich recht, wenn Sie über Angst und Sorge nachdenken. Doch vielmehr sollten Sie selbst als diejenigen, die diesem Prozess der Bargeldreduzierung und -abschaffung nicht entgegentreten, Angst haben, dass der Wähler Ihr Verhalten zu diesem Thema nicht honoriert, wenn Sie unseren Antrag ablehnen. Da, Herr Pecher, helfen Ihnen auch keine Aluhüte.

(Beifall bei der AfD)

Ich bin sehr gespannt, wie Sie gleich wieder einmal taktische Winkelzüge vollführen werden, um uns zu erklären, dass wir dieses Thema am besten nicht hier im Landtag diskutieren sollten.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Zunächst: Unterschätzen Sie die Außenwirkung sächsischer Befindlichkeiten nicht. Aktuell ist Sachsen ein wichtiger Faktor in der politischen und wirtschaftlichen Wahrnehmung. So titelte das „Handelsblatt“ am 4. April: „Wie Sachsen die Geldpolitik der EZB beeinflusst – Signale aus Sachsen beeinflussen den Euro“. Sie sehen, Sachsen wird durchaus über Landesgrenzen hinweg wahrgenommen. Das sollte auch Ihr und unser Anspruch sein. Sie haben in den Bundesratssitzungen sehr wohl die Möglichkeit, als Staatsregierung über die Landesvertretung sächsische Interessen auch in Bundesausschüsse und darüber hinaus einzubringen, und dies ist bei diesem Thema nicht nur politisch wünschenswert, sondern auch sehr notwendig.

Wie Sie unserem Antrag entnehmen können, haben bereits hochrangige Juristen unseres Landes ebenfalls erhebliche rechtliche Zweifel an der Initiative des Bundesfinanzministers geäußert. Europarechtlich ist zu bedenken, dass die Einführung von Bargeldobergrenzen durchaus einen unberechtigten Eingriff in die EUGrundfreiheiten darstellen könnte. Hierzu sollte von Experten geprüft werden, ob dies tatsächlich gewollt und rechtlich möglich ist, bevor eine derartig totgeborene Idee weiter umgesetzt wird – und nicht zuletzt sollten es Gründe des Datenschutzes und überhaupt das Eintreten für bürgerliche Freiheiten sein, die uns auf diesem Weg