Protocol of the Session on November 13, 2014

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin den Koalitionsfraktionen sehr

dankbar, dass sie dieses Thema für die Aktuelle Debatte gewählt haben, weil es in der Tat eine gute Gelegenheit ist, denjenigen zu danken, denen wir es zu verdanken haben, dass wir heute hier sitzen: den mutigen Frauen und Männern des Herbstes 1989.

Wenn in dieser Debatte die Frage gestellt wird, was davon geblieben ist, dann ist eines sehr deutlich geworden – das sage ich an alle Fraktionen dieses Hauses –, nämlich dass es eine freie Debatte hier im Landtag gibt, vor der niemand Angst haben und vor deren Konsequenzen sich niemand fürchten muss. Dass es bei uns im Freistaat Sachsen eine klare Teilung der Gewalten, dass es im Freistaat Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gibt – auch das verdanken wir denjenigen, die im Herbst 1989 mutig waren.

Ich habe in meiner Regierungserklärung daran erinnert, dass es den Ruf gab: „Wir sind das Volk!“ Es ist richtig, dass es auch in den Oktobertagen gleichzeitig den Ruf gab: „Wir sind ein Volk!“ Dass es ein Grundgesetz gibt, das es seit 1949 gibt, das sich bewährt hat und welches auf breite Zustimmung aller Menschen in der Bundesrepublik stößt, ist ebenfalls Gegenwart.

Meine Damen und Herren! Das, was für uns heute selbstverständlich ist, habe ich in dieser Debatte – genauso wie jeder andere, der Abgeordneter oder Staatsminister ist – verfolgen können: Für uns ist es heute selbstverständlich, dass wir ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit – auf Freiheit der Meinung – haben. Das sollten wir nicht nur hüten, sondern auch verteidigen.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Mauerfall und friedliche Revolution haben einer Geschichte, einer Diktatur der Unfreiheit, des Mauerbaus, der Stasi-Häftlinge und der Unterdrückung jeder Meinungsfreiheit eben diese Freiheit entgegengesetzt.

Ich möchte einen Aspekt in diesem Rahmen ergänzend zu den Rednern der Fraktionen sagen: Wir sollten in einer solchen Stunde auch an diejenigen erinnern, mit deren Unterstützung dieser Prozess im Osten Deutschlands, in der ehemaligen DDR, erst möglich geworden ist.

Denken wir an diejenigen, die damals beim Juni-Aufstand 1953 ihr Leben gelassen haben, denken wir an die Aufstände in Budapest, denken wir an die Solidarność-Bewegung oder auch an den Prager Frühling. Auch die Grenzöffnung der Ungarn unter dem damaligen Ministerpräsidenten Németh hat überhaupt erst das ermöglicht, wozu es in den Oktobertagen und später am 9. November 1989 bei uns mit dem Mauerfall, dem Tor zur Freiheit, welches dabei aufgestoßen wurde, gekommen ist.

Marko Schiemann hat es zu Recht erwähnt und ich möchte es noch einmal ausdrücklich betonen: Es war das Bemerkenswerteste in diesem Herbst, dass alles friedlich blieb, und das ist dem Mut und der Besonnenheit aller zu verdanken.

Bischof Reinelt hat vor fünf Jahren anlässlich des Gottesdienstes, welchen wir damals gefeiert haben, daran

erinnert. Er hat in seiner Predigt einen Satz gesagt: „Es war der Moment, als die Angst die Seiten wechselte. Aber es war nicht die Rache, die die Seiten gewechselt hat, sondern es war letztendlich die Besonnenheit, die dazu geführt hat, dass es eine friedliche Revolution blieb.“

Deswegen ist wichtig, was die Koalitionspartner mit der heutigen Debatte letztendlich erreichen wollten: dass es ein Erinnern gibt; ein Erinnern, welches uns verpflichtet. Es verpflichtet uns, den Geist der friedlichen Revolution zu bewahren. Deswegen verpflichtet es auch uns, dass wir ihre Werte nicht nur leben und sie verteidigen, sondern dass wir sie auch an zukünftige Generationen weitergeben, und damit haben wir genug zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, des Abg. Horst Wehner, DIE LINKE, und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Die 1. Aktuelle Debatte ist abgeschlossen.

Bevor ich jetzt die 2. Aktuelle Debatte aufrufe, habe ich die herzliche Bitte an Sie, zu versuchen, sich an die Redezeiten zu halten. Es war jetzt etwas schwierig. Ich möchte niemanden reglementieren, aber es muss auch Gerechtigkeit herrschen, damit jeder seine Redezeit bekommt.

Ich rufe auf

2. Aktuelle Debatte

Lausitz nicht verkohlen – Ja zum Strukturwandel, mit oder ohne Vattenfall!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Es spricht für die einreichende Fraktion Frau Abg. Pinka; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist schon eine Art Déjà-vu für mich. Ich sehe mich noch am letzten Tag der 5. Legislaturperiode, am 10. Juli, hier stehen und versuchen Ihnen nahezubringen, welche Bedeutung unser Antrag „Forschungsprogramm für einen Strukturwandel in der Lausitz“ für Sachsen hat.

Sie, insbesondere Herr Dr. Meyer – er ist heute leider nicht anwesend – meinten,

(Zuruf von der CDU)

Frau Pinka möge sich doch einmal im Erzgebirge engagieren. Aber wenn sie in der Oberlausitz mitreden will, dann soll sie erst einmal das Dokument von Herrn Ragnitz „Industrie- und Wirtschaftsregion Lausitz“ lesen. Das hatte ich übrigens zu diesem Zeitpunkt schon getan.

Dass wir heute, zu Beginn einer neuen Legislaturperiode, über diesen Plan B schnell diskutieren müssen, habe ich zwar damals schon geahnt, aber dass es so schnell geht, natürlich nicht. Ich glaube aber, unsere Fraktion war schon damals den damaligen Koalitionären strategisch voraus, und wenn ich die Pressemitteilungen der letzten Tage verinnerliche, so sind wir es noch heute.

Dass man in Sachsen über diesen Plan B nachdenken muss, hat sich seit mehreren Jahren angedeutet. Bereits im Jahr 2011 gab sich Schweden eine neue Energiestrategie. Investitionen sollten nur noch in erneuerbare Energien getätigt werden. Darüber hatten wir hier im Landtag gesprochen.

2014, unter dem Druck der Bevölkerung, gibt es eine neue rot-grüne Regierung. Alle Parteien hatten sich

damals dazu verständigt: Wir wollen aus der Braunkohleverstromung aussteigen. Egal, ob es eine rot-grüne Regierung oder eine andere Konstellation gegeben hätte, alle hätten diese Entscheidung treffen müssen.

Jetzt haben die Lenker in Schweden entschieden: Wir wollen Vattenfall verkaufen. Ehrlich gesagt, die Schweden scheinen es sehr ernst zu meinen. Ich glaube auch, dass sich Herr Beermann, Herr Dulig und Herr Hippold ihre Reise nach Schweden und vielleicht auch Steuergeld – das weiß ich nicht – hätten sparen können aufgrund bestimmter Entwicklungen. Wenn man sich die Bilanzen von Vattenfall Europe Mining & Generation vom letzten Jahr anschaut, dann hätte man diese Schlussfolgerung erwarten können. Dann hätten Sie erkennen können und müssen, dass Vattenfall schon allein aus wirtschaftlichen Gründen nur auf einen Verkauf der Braunkohlesparte hinwirken kann; denn das Kohlegeschäft war mittlerweile nur noch ein Verlustgeschäft. Mit knapp 550 Millionen Euro standen die Vattenfall-Sparten Generation & Mining allein 2013 im Minus.

(Alexander Krauß, CDU: Sie können leider keine Bilanzen lesen! – Gegenruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Der gesamte Konzern macht hier derzeit weiterhin Verluste. Spätestens 2013 waren in Schweden Pläne zur Abtrennung der Geschäfte in Kontinentaleuropa zu erkennen. Das wissen auch Sie, Herr Krauß. Da hatte unsere Staatsregierung überhaupt noch keine Anstalten gemacht, etwas neu zu sortieren. Die Bittbriefe des Ministerpräsidenten vom letzten Monat an Vattenfall kommen meines Erachtens viel zu spät.

Dankenswerterweise hat mir der scheidende Minister Morlok meine Kleine Anfrage beantwortet, wie viele

Menschen denn bei Vattenfall arbeiten. Endlich haben wir ein paar Zahlen bekommen: 2 932 Menschen in acht Unternehmen von Vattenfall und an zwölf Standorten in Sachsen waren es zum Zeitpunkt der Beantwortung meiner Frage vor 14 Tagen. In der gesamten Lausitz sind es 8 200 Arbeitsplätze direkt bei Vattenfall und etwa 22 000 weitere, die indirekt mit der Kohle zu tun haben. Aber dort wird die Datengrundlage schon ziemlich schwach.

Herr Dr. Meyer, Sie als promovierter Wirtschaftsingenieur hätten, ehrlich gesagt, im Juli mehr Weitsicht haben können. Sie haben mir die Sichtweise einer Planwirtschaft vorgeworfen, als wir vorgeschlagen haben, mit 2 Millionen Euro ein Forschungsprogramm aufzulegen, um diesen Strukturwandel vielleicht einmal untersuchen zu lassen. Ihr Herr Ragnitz äußert kürzlich: 2 Millionen Euro sind wahrscheinlich etwas wenig, wir brauchen eher

10 Milliarden Euro pro Jahr, um Solidarleistungen in die Lausitz fließen zu lassen, nämlich eine Umschichtung von Geld, um langfristig neue und vergleichbar gute Arbeitsplätze zu schaffen. Und da werfen Sie mir Planwirtschaft vor!

Das, was aus meiner Sicht notwendig gewesen wäre, hat der Antrag, den wir im Juli eingebracht hatten, gezeigt. Weitere Ausführungen dazu bringen ich und mein Kollege in den folgenden Rederunden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Als nächste ist die CDU-Fraktion an der Reihe. Herr Abg. Heidan, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, was die LINKEN mit ihrem aktuellen Redebeitrag hier bewirken wollen,

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Da müssen Sie mal Zeitung lesen!)

und was sie uns vorführen, schon gleich gar nicht. Für so viel Kreide, wie Sie hier fressen wollen, reichen ja die Kreidefelsen auf Rügen nicht mal.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Kohle ist das Thema! – Heiterkeit)

Auf der einen Seite stehen Sie in Brandenburg als LINKE zur Braunkohle und auf der anderen Seite verteufeln Sie hier die Braunkohle.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Wer hier die Lausitz verkohlt, das sind Sie als die Partei der LINKEN. Sie verkohlen die Leute. Sie reden hier von einem Strukturwandel, der ja bereits in den 25 Jahren passiert ist, meine Damen und Herren von den LINKEN.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Da haben Sie jetzt hyperventiliert, oder?!)

Ach, soll ich Ihnen vielleicht einmal erzählen, wie es vor 25 Jahren aussah?