Protocol of the Session on February 3, 2016

Dieses Ziel werden wir nicht erreichen, indem wir diesen Antrag heute hier debattieren. Das ist mir klar. Wir werden es auch nicht erreichen, wenn wir diesen Antrag beschließen würden. Ich hatte bereits ausgeführt, dass ich gewisse Schwierigkeiten damit habe, dass es keinen Raum gegeben hat, stärker über inhaltliche Aspekte zu diskutieren. Ich wiederhole, dass wir ihn deshalb nicht annehmen werden. Aber das ändert nichts daran, dass wir die Positionen teilen und tagtäglich leben müssen. Wir alle sind gefordert, das zu tun, damit allen menschenverachtenden und antidemokratischen Tendenzen offen entgegengetreten werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Staatsregierung, vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Nun spricht die AfD-Fraktion, Frau Abg. Dr. Petry. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag klingt im Titel gut. Es geht um Pressefreiheit, es geht um die Bewahrung einer demokratischen Kontroverse von Meinungspluralität. Wir müssen etwas genauer hinschauen, weil dieser Antrag leider zu einseitig formuliert ist.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ach!)

Selbstverständlich sind tätliche Angriffe und verbale Gewalt – dies kann der Beginn eines tätlichen Angriffs sein – gegen Journalisten und gegen jegliche Bürgerinnen und Bürger nicht zu akzeptieren. Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut, der Meinungspluralismus ebenso. Das gilt selbstverständlich auch für jeden Bürger, der angegriffen wird, weil ein Angriff auf die Pressefreiheit auch ein Angriff auf Leib, Leben und Eigentum dieses Menschen ist.

Deshalb verurteilt die AfD, wie alle anderen demokratischen Parteien, Angriffe auf Personen, seien es Journalisten oder andere. Das gilt auch für Politiker, so wie wir es in den letzten Monaten in Sachsen erleben, dass Angehörige diverser Landtagsfraktionen Angriffe erleiden müssen, sei es an der Person oder an Eigentum.

Allein der Angriff, Frau Köditz, greift zu kurz, weil er wieder einmal Ursache und Wirkung durcheinanderbringt. Zudem müssen sich all diejenigen, die im Umfeld extremistische Gruppen fördern und unterstützen, darüber im Klaren sein, dass Extremismus und die Akzeptanz von Meinungspluralität Vorkommnisse sind, die an beiden extremistischen Rändern vorkommen und deswegen gemeinsam an beiden Rändern des demokratischen Spektrums kritisiert werden sollten. Das fehlt wieder einmal in Ihrem Antrag.

Wenn Sie von einem Mobilisierungsprozess sprechen, erkennt man, dass auch hier eine falsche Analyse erfolgte, denn wenn Bürgerinnen und Bürger zunehmend erkennen, dass sehr häufig in der Presse nicht zwischen Kommentar und Meinung getrennt wird, dann handelt es sich um einen Erkenntnisprozess dieser Bürgerinnen und Bürger, der selbstverständlich zu keinem Zeitpunkt zu Gewalttätigkeiten führen darf.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ach sooo!)

Nur: Wir dürfen die Stimmung der Bürgerinnen und Bürger gegen eine durchaus einseitige Presseberichterstattung, die wir immer wieder erleben, nicht verkennen.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das haben wir bei Ihnen erlebt! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wenn Sie dann mit Worten um sich schlagen wie: „Pegida und Konsorten!“ – wir haben es gerade wieder gehört –, oder wie Herr Pallas sagte: „Rassisten und diejenigen, die Hass verbreiten“,

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

dann zeigt das, dass Sie die Inhalte von Meinungsfreiheit, vor allem bei der Diskussion über Inhalte, nicht verstanden haben.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ich sage nur: Schießbefehl!)

Wenn dieser Antrag tatsächlich für Pressefreiheit steht, dann müssen wir zugleich die Versammlungsfreiheit weiter bewahren. Dann ist die Lösung dieses Problems der Gewaltzunahme auch gegen Journalisten kein alleiniges Problem, das Journalisten betrifft, sondern es betrifft die Gesellschaft und eine radikalisierte Diskussion insgesamt. Wir sind allesamt daran beteiligt, diese Radikalisierung zurückzufahren – auf allen Seiten des demokratischen Spektrums.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Das ist lächerlich!)

Nein, das ist überhaupt nicht lächerlich, sondern das ist der Kern des Problems. – Es wird zunehmend schwerer, da viele Bürgerinnen und Bürger dieses Landes mit abweichenden Meinungen nicht mehr umgehen können; sei es in Restaurants, in denen die Klientel nicht der eigenen politischen entspricht, nicht mehr willkommen ist, oder bei Gesprächen und Diskussionsrunden, in denen einzelne Politiker aus Angst vor dem demokratischen Diskurs nicht mehr erscheinen.

Wenn dann noch der politische Gegner nahezu entmenschlicht wird und daran immer häufiger Journalisten beteiligt sind – die es besser wissen müssten, eben weil sie die Profis sind –, dann müssen wir dieses Problem gesamtgesellschaftlich angehen und uns allesamt darauf sensibilisieren, dass wir Politiker es zuerst sind, die die Toleranz vor der anderen Meinung, auch wenn sie der eigenen nicht entspricht, akzeptieren, hinnehmen müssen und selbst Vorbild in dieser demokratischen Kontroverse sein müssen.

Deswegen erwarte ich von allen Berichterstattern – gleich welcher Couleur –, dass sie Meinung und Kommentar trennen und dass sie auch den politischen Gegner zu Wort kommen lassen, damit er seine Inhalte – seien sie noch so schwer zu ertragen – präsentieren kann.

Liebe Fraktion DIE LINKE, wenn Sie etwas für die Stärkung der Polizei tun wollen, damit die Polizei – das wollen wir ganz genau so – ihrem rechtsstaatlichen Auftrag nachkommen kann, Gewalttäter schnell zu verhaften, und die Justiz schnell aburteilen kann, dann setzen Sie sich mit uns gemeinsam in diesem Haus weiter dafür ein, dass der personelle und sächliche Rahmen für die Polizeiarbeit gestärkt wird

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir brauchen keine Ratschläge von Ihnen!)

und Straftaten, egal welcher politischer Herkunft, besser und schneller aufgeklärt werden können. Dazu können Sie ja vielleicht mit Insiderinformationen einiges beisteuern.

(Beifall bei der AfD)

Eine letzte Bemerkung zu Herrn Hartmann, da Sie eine Person zitiert haben. Wir haben in der Mitgliederdatei nachgeschaut: Diese Person mit Namen Günter Heinzelmann ist kein AfD-Mitglied. Das möchte ich ausdrücklich zu Protokoll geben.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der CDU: Das haben wir nicht behauptet!)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abg. Lippmann. Herr Lippmann, bitte.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich mittlerweile, regelmäßig nach der AfD-Fraktion an der Reihe zu sein. Frau Dr. Petry – – Jetzt ist sie weg.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Sie ist nicht weg! Sie ist da drüben! – Dr. Frauke Petry, AfD, steht bei Abg. Christian Hartmann, CDU)

Ah, dort. – Ihr unverhohlener Versuch, Journalistinnen und Journalisten mittelbar eine Mitschuld an den Angriffen zu unterstellen, wie Sie das gerade in Ihrer Rede getan haben, ist infam und entlarvt einmal mehr das Weltbild, das die AfD hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei den LINKEN)

Hierbei geht es nicht um freie Medienberichterstattung, und ihre Äußerung, was Medienfreiheit ist: Na, ja. Dazu sage ich mal: Sie schaffen sich eine eigene Welt.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Jeder lebt in seiner eigenen Welt!)

Sie haben gerade noch einmal bewiesen, dass es in Sachsen immer häufiger Menschen gibt, die den Medien sehr kritisch gegenüberstehen und die das auch sehr deutlich artikulieren, die aber auch immer häufiger, wenn die Medien nicht ihre Ansichten – da sie offensichtlich eine falsche Vorstellung von Meinungsfreiheit hegen – widerspiegeln, dann tatsächlich zur Tat schreiten.

Diese Taten entstehen durch eine politische Lynchrhetorik gegen Journalistinnen und Journalisten, wie sie von Pegida bis zur AfD reichen.

(Uwe Wurlitzer, AfD: Jetzt reicht’s! – Jörg Urban, AfD: So ein Schmarrn!)

Ich erinnere an dieser Stelle noch einmal an die Vorkommnisse der letzten Wochen im Umfeld von Legida und die teils schweren Angriffe, die es dort auf Journalistinnen und Journalisten gegeben hat.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Was die Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten und die Bedrohungslage angeht, so ist es schon lange fünf nach zwölf. Ich hätte, ehrlich gesagt, nie gedacht, dass wir in unserem freiheitlich-demokratischen System jemals so weit kommen, dass wir uns im Sächsischen Landtag ernsthaft Gedanken über die Absicherung der Medienberichterstattung bei Versammlungen unterhalten müssen. Die gegenwärtige Bedrohungslage für Medienvertreter ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig, und es bedarf schneller Antworten auf dieses Problem.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Freiheit der Presse und des Rundfunks ist ein hohes Gut. Wir haben es heute schon mehrfach gehört. Diese Ausübung muss aktiv durch den Staat geschützt werden. Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sind keine Angriffe allein auf Personen, sondern stets ein Angriff auf die Freiheit der Medienberichterstattung, genauso wie Angriffe auf Politiker nicht nur den Personen, sondern auch unseren demokratischen Grundsätzen gelten.

Von daher, Herr Staatsminister Ulbig, bin ich ganz offen: Ich war schockiert über Ihre Antwort auf meine Kleine Anfrage, in der Sie auf die Frage zur Erhebung von Angriffen auf Journalisten ausführten – ich zitiere –: „Der Beruf eines Tatbetroffenen wird weder grundsätzlich noch regelmäßig erhoben oder recherchierbar erfasst.“

Ich verstehe das. Aber, Herr Minister, es geht gar nicht darum, die Berufe zu erheben, sondern es geht vor allem darum, dass polizeiseitig das Offensichtliche dokumentiert wird. Hier geht es darum, dass Menschen Opfer einer Straftat werden, die ein in unserer Demokratie zentrales Grundrecht ausüben. Angriffe auf Polizisten werden nicht zu Unrecht als Angriffe auf den Staat gewertet, genauso gilt es bei Journalisten zu konstatieren, dass derlei Angriffe ein Angriff auf unser Wertesystem sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Die Angriffe richten sich zwar gegen Journalisten, sie zielen aber auf die Grundsäulen unserer Verfassung. Das hat beileibe nichts mit Berufsrisiko zu tun.

Deshalb ist es notwendig, immer stärker gegen die Gewalt von Medien vorzugehen. Der vorliegende Antrag ist dazu ein Schritt. Allerdings muss ich ebenfalls – ich bin damit nahe bei Herrn Pallas – sagen: leider nur ein sehr kleiner.

Die Dokumentation von Übergriffen ist zweifelsohne wichtig. Aber brauchen wir noch mehr Infos, um zu wissen, dass wir ein Problem haben? Schützen wir die Pressefreiheit durch umfassende Berichte, und reicht nicht das, was wir bereits gesehen und gehört haben, um festzustellen, dass es endlich Maßnahmen braucht?

Ich skizziere Ihnen kurz mal, was aus unserer Sicht denkbar wäre.

Erstens. Es bedarf einer Verständigung zwischen den Medien und der Polizei über Sicherheitskonzepte bei Versammlungslagen. Dazu muss man sich gemeinsam an einen Tisch setzen und vor allem über Machbares reden.