Das hat sehr viel damit zu tun, denn Asyl ist ein Recht auf Zeit, und Asyl heißt eben nicht automatisch eine dauerhafte Integration,
sondern Schutz – ein Aufenthalt, ein Schutz so lange, bis der Asylgrund oder der Schutzgrund entfallen ist. Aber genau das ist ja das Problem der gesamten Asyldiskussion: dass Sie Asylrecht und Einwanderungsrecht permanent durcheinanderwerfen. Vielleicht schaffen wir es in den kommenden Wochen endlich einmal, das klarzustellen; dann kommen wir auch in der Debatte voran.
Zusammengefasst muss man sagen, dass der Regierungskarren im Schlamm steckt. Herr Ulbig, Sie fahren auf Sicht, das reicht aber nicht aus. Zu sagen, Sie hätten es nicht vorhersehen können, ist schlichtweg nicht wahr; denn die schrittweise Liberalisierung des Asylrechts in Europa und in Deutschland dauert seit Jahren an und Experten der Asylbehörden haben genau diese Situation vorhergesagt.
Schlussendlich geht es uns darum, den Karren aus dem Schlamm zu ziehen. Vergangenheitsbewältigung zu betreiben nutzt nur, wenn wir daraus die richtigen Schlüsse ziehen.
Deswegen zusammengefasst: Wir müssen die Grenzen kontrollieren, wir müssen die Verfahren straffen, wir müssen für eine Reform des Asylrechts sorgen, und wir müssen für die bereits hier begrüßten Menschen dafür sorgen, dass sie menschenwürdig behandelt werden.
All das steht in dem Antrag drin – ob Sie es wissen wollen oder nicht. Lesen Sie einmal ohne ideologische Vorbehalte, dann werden auch Sie das erkennen.
Zum Schluss möchte ich sagen: Auch Deutschlands Rolle im Waffenexport und in der Gefolgschaft der von den Amerikanern geführten NATO muss in diesem Zusammenhang überprüft werden; denn nur, wenn wir Kriege vermeiden, wenn wir uns nicht in solche Konflikte hineinziehen lassen – in Afghanistan oder anderswo –, werden wir zukünftig derartige Flüchtlingsströme vermeiden können. Auch das hat Deutschland bisher nur unzureichend getan. Deutschland ist in der NATO weitgehend geräuschlos und tut nichts, um diese Situation in Ländern wie Syrien, Libyen oder anderswo zu verhindern. Die Demokratie wird eben hier in Deutschland und der EU und nicht am Hindukusch oder anderswo verteidigt.
Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 6/3218 zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, der tut das bitte jetzt. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen, einige Stimmen dafür, mit großer Mehrheit abgelehnt.
Es ist keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es spricht daher nur die einreichende Fraktion. Herr Dr. Lippold, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir legen dem Sächsischen Landtag heute den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Sachsen vor. Ziel dieser 1. Lesung ist die Ausschussüberweisung zur weiteren Beratung. Wir betreten damit kein Neuland. Drei andere Bundesländer haben Klimaschutzgesetze, darunter auch das Kohle- und Energieland Nordrhein-Westfalen; weitere werden dazukommen.
Es hat lange gedauert, bis international eine Dynamik beim Klimaschutz in Gang gekommen ist. Jetzt, da die größten und einflussreichsten bisherigen Bremser mit ambitionierten nationalen Zielen vorangehen; jetzt, da die wichtigsten Industrienationen die Dekarbonisierung der
Energiewirtschaft bis zur Mitte des Jahrhunderts auf der Agenda haben; jetzt, da in rascher Folge der Rückzug bedeutender Investoren aus Kohleinvestments und nationale Kohleausstiegspläne verkündet werden – jetzt gibt es auch bei europäischen und deutschen Zielen kein Zurück mehr. Wer angesichts unaufhaltsamer Entwicklungen in seinem Handlungsbereich frühzeitig aktiv gestaltet, der kann selbstbestimmt steuern, anstatt getrieben zu werden.
Rechtzeitiges Umsteuern schafft Wettbewerbsvorteile, meine Damen und Herren. Veränderungen, auf die man gut vorbereitet trifft, entwerten keine Investitionen und werfen auch keine Planungen über den Haufen. Nur, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Um beim Klimaschutz selbstbestimmt steuern zu können, braucht Sachsen ein Klimaschutzgesetz; es stünde Sachsen gut zu Gesicht. Unser Entwurf leistet ein längerfristiges, in den nächsten zehn Jahren durchaus vernünftig machbares und sogar sanftes Einsteuern auf einen natio
nalen Klimaschutzpfad. Synchronisierung mit den nationalen Zielen soll bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts erreichbar werden. Weiterer Aufschub auf diesem Wege hingegen würde später tiefe, abrupte Einschnitte unumgänglich machen.
Das Gesetz bewirkt, dass wirksamer Klimaschutz auf allen Ebenen öffentlicher Planung die nötige Berücksichtigung findet. Es hilft damit, Sachsen vorausschauend fit zu machen. Selbstbestimmter Strukturwandel statt von außen initiierte Strukturbrüche, Entwicklungen neuer Chancen statt unvorbereiteter Konfrontation mit Entwicklungsrisiken – darum geht es im Kern.
Sachsen leistet sich heute noch mit über 13 Tonnen pro Jahr einen um etwa 30 % höheren CO2-Ausstoß pro Kopf als im bundesdeutschen Durchschnitt. Der Freistaat Sachsen als Teil der Bundesrepublik wird jedoch im Rahmen verpflichtender nationaler und europäischer Ziele um ernsthaft und wirksam betriebenen Klimaschutz nicht herumkommen. Glauben Sie nicht, meine Damen und Herren, dass sich mit der Rhetorik der Staatsregierung, Sachsen habe seit 1990 die nationalen Ziele bis 2020 längst übererfüllt, ein Damm aufrichten lässt, der hält. Der Istzustand ist dadurch gekennzeichnet, dass wir eben heute nicht nur eine um 30 % höhere CO2-Intensität pro Kopf als der bundesdeutsche Durchschnitt haben, sondern sogar deutlich über 20 % mehr emittieren, als noch Ende der 1990er-Jahre, während in der Bundesrepublik insgesamt im gesamten Zeitraum eine stetige Reduzierung erfolgte.
Wir können diesen gegenläufigen Trend doch nicht damit schönreden, dass hier früher einmal marode DDRIndustriebetriebe und -Kraftwerke standen, die noch deutlich schlechter waren. Nein, Handlungsdruck wird auch auf und in Sachsen entstehen, und Sie alle wissen doch, dass sich die Ziele im Energie- und Klimaprogramm des Freistaates nur auf den Nicht-Emissionshandelssektor beziehen, in dem nicht einmal ein Drittel der sächsischen Gesamtemissionen stattfinden. Ein Viertel Einsparung von weniger als einem Drittel – das sind rund 7 % Gesamtreduktionsziele in elf Jahren. Das ist nicht viel mehr, als sich schon durch die Demografie ergeben müsste.
Faktisch gibt es heute keine ernsthaften, auch nur ansatzweise mit nationalen Zielen kompatiblen CO2
Reduktionsziele in Sachsen. Die notwendigen ernsthaften Emissionsreduzierungen werden jedoch zweifellos künftig durchgesetzt. Die dazu zu schaffenden nationalen und internationalen praktischen Umsetzungsinstrumente, die regionalen Emissionshandlungssysteme, Grenzwerte und CO2-Mindestpreisregelungen werden um Wirtschaft, Energiewirtschaft und öffentliche Verwaltung in Sachsen keinen Bogen machen. Die Emissionen werden auch in Sachsen wirklich sinken – ob das eine Sächsische Staatsregierung nun will oder nicht.
Eines sächsischen Klimaschutzgesetzes allein zur Reduktion der Emissionen bedürfte es wohl nicht einmal. Wichtige Aufgabe des sächsischen Klimaschutzgesetzes ist vielmehr, diesen Prozess hier in Sachsen in allen Sektoren selbst zu steuern, statt getrieben zu werden. Die nötigen Instrumente zur sektoralen Untersetzung sowie für ein wirksames und transparentes Monitoring sind im Gesetz angelegt. Damit das Gesetz langfristig die nötige Wirkung in der Fläche auch entfalten kann, ist es notwendig, allen Raumordnungsplänen die Belange des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel als Ziele und Grundsätze der Raumordnung festzulegen. Auch das ist im Rahmen einer Änderung des Landesplanungsgesetzes im Artikel 2 des Artikelgesetzes vorgesehen.
Meine Damen und Herren, wer der Meinung ist, es reiche doch vielleicht aus, sich um Klimawandelanpassungsmaßnahmen Gedanken zu machen, der verkennt die Situation. Dieser Ansatz stammt in Sachsen aus der letzten Legislatur. Es gab Teile der Koalition, die meinten, wenn man die menschgemachten Ursachen des Klimawandels leugne, dann gebe es weder Gründe noch vernünftige Ansätze, an der Vermeidung zu arbeiten. Wer damit fortfahren möchte, der steckt jedoch den Kopf in den Sand. Die Welt ist heute entschlossen, den Kampf um die Erhaltung ihrer zivilisatorischen Lebensgrundlagen aufzunehmen und zu gewinnen. Das wird in wenigen Tagen bei der UN-Klimakonferenz deutlich werden.
Das Zwei-Grad-Ziel, meine Damen und Herren, ist keine willkürlich politisch definierte Grenze. Oberhalb von zwei Grad globaler Erwärmung waren in der frühen Klimageschichte die polaren Zonen unseres Planeten eisfrei. Die Fauna, die damals lebte, hatte keine industriellen und urbanen Billionenwerte in Gebieten, die dann unter Wasser stehen.
Es besteht Hoffnung, das Zwei-Grad-Ziel völkerrechtlich verbindlich zu machen. Es gibt Hoffnung, mit den abgegebenen nationalen Verpflichtungen ein wichtiges – erstes – Stück des Weges zu gehen, verbindlich zu gehen. Das macht um die nationale Gesetzgebung natürlich keinen Bogen. Davor steht auch Deutschland, davor steht auch Sachsen.
Lassen Sie uns selbstbestimmt agieren, bevor wir zum Reagieren gezwungen werden! Lassen Sie uns darüber nun in den Ausschüssen diskutieren! Dann wünsche ich diesem Parlament den Mut, in dieser Sache miteinander zu handeln, und den Weitblick, es bald zu tun. Der beste Zeitpunkt zum Einstieg in eine gezielte Klimaschutzstrategie in Sachsen wäre vor 20 Jahren gewesen. Der zweitbeste ist jetzt.
Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Sachsen an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – federführend – sowie an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft und den Innenausschuss zu überweisen. Wer mit diesem Vorschlag einverstanden ist, den bitte ich,
das jetzt anzuzeigen. – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand der Stimme? – Trotz Gegenstimmen ist der Überweisung mehrheitlich entsprochen worden.
Als Einbringerin spricht zuerst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, danach die CDU, DIE LINKE, die SPD, die AfD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.
Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort, hier insbesondere Frau Abg. Meier. Frau Meier, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zwischen Traum und Albtraum liegt oft nur ein schmaler Pfad, der dem Leben eine Wendung in unvorstellbares Leid geben kann. Meist sind es junge Frauen, die mit falschen Versprechungen auf einen Job aus ihren Dörfern oder aus den Armutsvierteln der Städte gelockt werden, um dann verkauft zu werden und in Bordellen zu landen. Sie hoffen, familiär und finanziell prekären Verhältnissen zu entkommen, und tappen direkt in die Falle des organisierten Verbrechens. Systematische Vergewaltigung, Erpressung, der Entzug von Freiheit und die Entwendung von Ausweisdokumenten sind an der Tagesordnung. Das klingt bedrückend, zeigt es doch, dass Menschenhandel eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen unserer Zeit darstellt.