Protocol of the Session on October 8, 2015

Lachen für das Protokoll. – Frau Kollegin Buddenberg!

Buddeberg, ohne „n“!

Buddeberg, Entschuldigung. – Haben Sie wahrgenommen oder hat es Ihre Wahrnehmungsschwelle überschritten, dass unabhängig davon, wie die Anhörung im Ausschuss verlaufen ist, und unabhängig davon, welche Fraktion dort welchen Sachverständigen eingeladen hat, der Aktionsplan im Haushaltsplan fest drinsteht und dass der Aktionsplan kommen wird? Haben Sie das so weit wahrgenommen?

Ich war in der Anhörung zugegen und habe mich dazu vielfach geäußert. Ich habe das auch in meiner Pressemitteilung getan, die hoffentlich Ihre Wahrnehmungsschwelle überschritten hat.

(Henning Homann, SPD: Natürlich!)

Natürlich begrüßen wir den Aktionsplan. Aber wenn die CDU eine solche Sachverständige zu der Anhörung einlädt, die wirklich nicht für die Ziele des Aktionsplans steht, dann ist das ein Affront gegenüber dem Koalitionspartner.

(Alexander Krauß, CDU: Warum ein Affront?)

Ich hätte mir gewünscht und habe auch per Pressemitteilung dazu aufgefordert, dass sich die SPD dazu äußert. Das hat sie leider nicht getan.

(Daniela Kuge, CDU: Familie gehört auch zur Vielfalt! – Alexander Krauß, CDU: Ein bisschen Meinungsvielfalt ist nie verkehrt! – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Aber zurück zum Antrag. Zum aktuellen Stand der Gleichstellung hier im Freistaat Sachsen habe ich ein Zitat gefunden, das ich so unterschreiben könnte:

„Die Chancengleichheit von Frauen und Männern haben wir noch lange nicht erreicht. Dafür brauchen wir unter anderem gute Ideen zur verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wirksame Instrumente, um die Lohndifferenz zwischen Frau und Mann zu beseitigen, und eine Strategie für mehr Frauen in Führungspositionen. Auch die Prävention häuslicher Gewalt gehört zu den wichtigen Aufgabengebieten.“

Diese treffende Einschätzung stammt nicht von mir, sondern von Ihnen, Frau Köpping, genauer gesagt aus Ihrer Presseerklärung vom 28. September dieses Jahres anlässlich der Konstituierung des Gleichstellungsbeirates – wir sprachen vorhin davon.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Stellungnahme der Staatsregierung befremdlich. Verwiesen wird auf die seit dem Jahr 1994 festgelegten Kernaufgaben. Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Wenn wir in unserem Antrag von Zielsetzung sprechen, dann meinen wir etwas anderes, nämlich konkrete Vorhaben, die evaluierbar sind, weil sie spezifisch, messbar, realistisch und determiniert sind. Dass wir mit allgemeinen Kernaufgaben nicht weiterkommen, sehen wir doch daran, dass sich kaum etwas verändert.

Ich glaube nicht, dass es Ihnen, Frau Köpping, an gutem Willen mangelt. Das glaube ich wirklich nicht. Es mangelt Ihnen aber an einem Ministerium. Dass es mit diesem besseren Referat kaum möglich ist, dem breiten und herausfordernden Themenfeld Gleichstellung gerecht zu werden, liegt auf der Hand.

Zusätzlich nimmt die Integration, für die Sie auch verantwortlich sind, natürlich sehr viel Raum ein. Dennoch liegt die Verantwortung bei Ihnen, Frau Köpping; denn es

gibt in der Staatsregierung sonst niemanden, der oder die sich für das Thema starkmacht. Das ist ja der Knackpunkt. Es reicht nicht, eine Ministerin einzusetzen und dann einen Haken an die Sache zu machen. Wir müssen Gleichstellungsfragen ressortübergreifend denken.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Geschlechterfragen betreffen alle gesellschaftlichen

Bereiche. Wo Menschen sind, sind gewöhnlich auch Frauen und Männer, manchmal aber auch nur Männer. Wir kennen dies aus der Debatte über die Frauenquote – ein Thema, das zu Beginn des Jahres wieder kontrovers rauf und runter diskutiert worden ist. Schade nur, dass die wortreichen Auseinandersetzungen so wenig Bewegung hervorbringen.

In den Vorständen der 200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen lag der Frauenanteil im Jahr 2006 bei 1,2 %. Bis zum Jahr 2014 hat er sich auf sagenhafte 5,4 % erhöht. 4,2 Prozentpunkte in acht Jahren: Das ist kein Fortschritt. Das ist maximal ein Fortkriechen. Wenn wir in diesem Schneckentempo weitermachen, dann werde ich es selbst wohl nicht mehr erleben, dass wir eine Fiftyfifty-Quote haben. Zugegeben, das ist ein Beispiel von der Bundesebene. Es ist aber symptomatisch für die Situation; denn hieran lässt sich festmachen: Selbstverpflichtungen und gutes Zureden helfen nicht. Wenn wir etwas verändern wollen, dann müssen wir handeln. Dafür bedarf es eines Handlungskonzepts, einer differenzierten Analyse und konkreter Zielsetzungen.

Natürlich sind wir hier bei der besonderen Schwierigkeit aller Querschnittsaufgaben; denn ihnen ist immanent, dass ihr Gegenstand nicht abgegrenzt ist. In Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit heißt das: Im besten Fall sind alle Beteiligten für Geschlechterfragen sensibilisiert. Die Wirklichkeit sieht in der Regel leider anders aus. Gerade weil es sich um eine Querschnittsaufgabe handelt, fühlt sich niemand im Besonderen zuständig. Dann passiert das, was zwangsläufig passieren muss: Die Aufgabe fällt unter den Tisch. Genau hierbei kann ein ressortübergreifendes Handlungskonzept, das sich systematisch durch alle Politikbereiche und Ministerien zieht, Abhilfe schaffen. Dadurch dürfte, streng genommen, kein zusätzlicher Aufwand entstehen, da die Aufgabe Verfassungsrang hat und deshalb ohnehin durchgeführt werden muss. Folglich sollte die Arbeit deshalb erleichtert werden – theoretisch – oder die Verfassung wird praktisch verletzt. Ich hoffe, Sie stimmen mit mir darin überein, dass dies eine relevante Frage ist.

Was es bisher gibt, ist das Konzept zur Einführung von Gender-Mainstreaming in den obersten Landesbehörden des Freistaates Sachsen – schön und gut,

(Dr. Frauke Petry, AfD: Schlimm genug!)

aber sehr alt und nicht ausreichend. Es erfasst lediglich eine einzige interne Ebene innerhalb der Landesverwaltung, doch es geht eben auch um viel mehr.

Am kommenden Sonntag ist der 11. Oktober, der Internationale Weltmädchentag. Der Weltmädchentag wird seit dem Jahr 2012 begangen und soll auf die besonderen Herausforderungen und Probleme aufmerksam machen, mit denen Mädchen konfrontiert sind.

Ein plastisches Beispiel ist immer noch die Berufsorientierung. Hierbei befinden sich die Grenzen, mit denen Mädchen und junge Frauen konfrontiert sind, in ihren eigenen Köpfen; denn erstrebenswert erscheint nur, was auch erreichbar erscheint. Die Träume werden begrenzt von traditionellem Rollendenken. So entscheiden sich nach wie vor die meisten Mädchen für sogenannte frauentypische Berufe, die in der Regel schlechter bezahlt werden. Damit werden Geschlechterrollen zu Platzanweisern in der Gesellschaft.

(Beifall bei den LINKEN – Ines Springer, CDU: Das ist doch wohl der größte Blödsinn, den man sich hier anhören muss!)

An dieser Stelle wird von der Staatsregierung immer gern der Girls‘ Day angeführt. Ja, der Girls‘ Day ist eine feine Sache. Deshalb beteiligen wir uns als Fraktion DIE LINKE auch daran.

(Zuruf von der CDU: Wir auch!)

Ein Tag Aktivität als Schaufensterpolitik reicht aber nicht aus, um dauerhaft etwas zu verändern. Es ist eine geschlechtersensible Berufsorientierung notwendig. Dabei geht es nicht darum, Mädchen zu etwas zu zwingen, was sie nicht wollen. Es geht darum, ihren Horizont zu erweitern, damit sie wissen, was sie wollen können, um so die Wahlmöglichkeiten zu erweitern. Nur so ist eine freie Wahl überhaupt möglich.

Dafür ist die schulische Bildung ebenso wichtig wie die außerschulische. Damit sind wir erst am Anfang, wenn wir die strukturelle Ungleichheit bekämpfen wollen. Ich nenne nur Schlagworte: prekäre Beschäftigung, Teilzeitarbeit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Dazu noch ein paar beispielhafte Zahlen: Laut einer aktuellen Allensbach-Studie geben 63 % der Frauen ihren Beruf ganz oder teilweise auf, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Im Vergleich dazu tun dies nur 8 % der Männer. Wenn Sie sich anhand dieser Schlaglichter die übliche Berufsbiografie vieler Frauen vorstellen, dann stehen am Ende eine geringere Rente und nicht selten Altersarmut.

Das alles kommt Ihnen möglicherweise bekannt vor – richtig. Alle diese Themen sind nicht neu. Das macht den Handlungsbedarf aber nicht kleiner, sondern im Gegenteil größer.

Bei ihrem Schlusswort hat die SPD-Abgeordnete Deicke damals übrigens in diesem Plenarsaal gesagt:

„Es reicht uns jetzt! Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Frauen- und Gleichstellungspolitik in Sachsen den ihnen wirklich gebührenden Platz einnehmen.“

(Dagmar Neukirch, SPD: Haben wir doch!)

Ich kann dem nur hinzufügen: Schlimm, dass in Sachsen die Jahre vergehen, ohne dass dieses an Gültigkeit verloren hätte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns endlich aufhören zu reden! Lassen Sie uns handeln und dafür heute ein ressortübergreifendes Frauen- und gleichstellungspolitisches Handlungskonzept auf den Weg bringen. Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist an der Reihe, Frau Abg. Kuge. Sie haben das Wort, Frau Kuge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen! Ich mache es relativ kurz.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das haben wir uns gedacht!)

Der vorliegende Antrag verfolgt das Ziel, ein ressortübergreifendes Handlungskonzept durch die Staatsregierung erarbeiten zu lassen. Dieser Antrag ähnelt, wie Sie es erwähnt haben, in erstaunlicher Weise dem Antrag in Drucksache 5/3534 aus der 5. Wahlperiode.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Daraus machen wir kein Geheimnis! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Verrückte Sache!)

Damals waren Sie, Frau Buddeberg, noch nicht hier im Landtag,

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Aber Sie auch nicht!)

aber eine Wiederholung des Antrags macht ihn nicht besser. Aus unserer Sicht erscheint es immer noch nicht notwendig, ein von Ihnen gefordertes Handlungskonzept erarbeiten zu lassen; im Gegenteil:

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Die SPD hat das anders gesehen!)

Bereits bei der Debatte über den Antrag in der 5. Legislaturperiode wurde deutlich gemacht, dass seitens der Staatsregierung umfangreiche Maßnahmen initiiert worden sind.

Ein Blick in den aktuellen Koalitionsvertrag zeigt, dass sich des Themas in dieser, unserer Regierung angenommen wird. Wir haben im Gegensatz zur vergangenen Wahlperiode nun sogar eine eigene Ministerin für Gleichstellung und Integration.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Ein bisschen mehr Applaus!)