Protocol of the Session on September 17, 2015

Finanzkraft verwendet. Also stehen insgesamt

2,505 Milliarden Euro für die SoBEZ-Nachweise zur Verfügung. Da wir 1,5 Milliarden Euro erhalten haben, ergibt sich als Nachweisquote dann rein rechnerisch 166 %.

Die Landesebene hat die Infrastrukturinvestitionen deutlich erhöht, obwohl die SoBEZ jedes Jahr um circa 200 Millionen Euro sinken. Der Freistaat hatte im Jahr 2014 wiederum bundesweit die höchste Investitionsquote, nämlich 18,6 %. Diese 18,6 % errechnen sich ohne die

Investitionen für die Behebung der Flutschäden und sind somit etwa 1 % höher als im Haushalt ursprünglich vorgesehen. Außerdem haben die Gemeinden, die Städte und Landkreise ein Rekordergebnis beigesteuert. Das heißt, somit haben wir den SoBEZ-Nachweis überdeutlich erfüllt.

Die Investitionen, die damit getätigt werden, kommen allen sächsischen Regionen zugute. Ich möchte vielleicht drei, vier Beispiele nennen: Wir hatten vorhin eine Aktuelle Debatte unter anderem auch über Kindertagesstätten. Wir haben insgesamt 460 Maßnahmen gefördert und konnten dadurch 6 500 neue Plätze allein im letzten Jahr errichten. Beim Schulhausbau möchte ich auch ein interessantes Projekt nennen, nämlich den Neubau des sonderpädagogischen Förderzentrums und der Körperbehindertenschule in Chemnitz. Im Hochschulbau möchte ich an das neue Forschungszentrum MERGE für den Strukturleichtbau an der TU Chemnitz oder an den Umbau der Hautklinik an der Universität Leipzig zum Zentralen Forschungszentrum erinnern.

Auch der Wohnungs- und Städtebau wurde mit 92 Millionen Euro unterstützt. Zwei andere interessante Projekte tangieren den öffentlichen Personennahverkehr, nämlich die Umsetzung des Chemnitzer Modells – das heißt, die Straßenbahnen können heute in den Hauptbahnhof hineinfahren und entsprechend auch wieder heraus – oder als zweites Projekt, die Beschaffung behindertengerechter Omnibusse.

Allerdings, wenn man sich die Zukunft anschaut – und das wissen Sie auch –, werden sich diese SoBEZ-Zuweisungen jedes Jahr um 200 Millionen Euro abschmelzen. Von den 15 Jahren Laufzeit des Solidarpaktes II sind also momentan schon zwei Drittel vorüber. Das heißt, die längste Zeit ist inzwischen passiert. Aber wir hatten nicht zwei Drittel der Mittel zur Verfügung, sondern 83 % der zugesagten Mittel sind schon ausgeschüttet worden. Das heißt, in den nächsten Jahren werden wir hierfür weniger Geld zur Verfügung haben.

Ich möchte noch kurz auf den Stabilitätsbericht eingehen. Wir müssen diesen Stabilitätsbericht jährlich vorlegen, und zwar nicht nur die ostdeutschen Bundesländer, sondern alle Bundesländer in Deutschland und auch der Bund. Warum? Es wird hier ein Ziel verfolgt, nämlich eine drohende Haushaltsnotlage frühzeitig zu erkennen, und wenn diese erkannt ist, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Im Dezember wird dieser Stabilitätsbericht beraten und es werden eventuell entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen.

Dieser Stabilitätsbericht wird als Ergebnis der Föderalismusreform II seit dem Jahr 2010 erstellt. Die Gründe kennen Sie. Wir hatten eine dynamisch anwachsende Staatsverschuldung und auf der anderen Seite 2009/2010 die Finanz- und daraus erwachsend die Staatsschuldenkrise. Der Bericht umfasst vier Kennziffern. Diese vier Kennziffern geben einen Eindruck, wie die aktuelle Haushaltslage aussieht. Sie geben auch einen Eindruck,

wie in den früheren Jahren gewirtschaftet wurde, und drittens lassen sie eine mittelfristige Projektion zu.

Um es kurz zusammenzufassen: Alle Kennzahlen für den Freistaat Sachsen liegen im grünen Bereich. Allerdings müssen wir die Herausforderungen für die Zukunft annehmen. Ich habe vorhin schon deutlich gemacht, die Solidarpaktmittel schmelzen jedes Jahr ab. Die EUFördermittel – auch das haben wir hier im Hohen Haus schon thematisiert – werden trendmäßig in den nächsten Jahren zurückgehen. Dann haben wir das große Fragezeichen, welches sich hoffentlich bald auflösen wird: Wie werden die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab dem Jahr 2020 aussehen? Zusätzlich kommt seit dem letzten Jahr das Neuverschuldungsverbot zum Tragen.

Ich will zum Aktuellen überleiten. Ich nehme an, es werden einige Fragen hierzu hundertprozentig. Auch die werden sicherlich trendmäßig unseren Stabilitätsbericht tangieren.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Die Fraktionen haben nun in der ersten Runde die Möglichkeit, Fragen zum Berichtsthema des Staatsministers zu stellen. Die Reihenfolge ist bekannt. Wir beginnen mit der CDU-Fraktion. Wer stellt die Frage? – Herr Abg. Von Breitenbuch, bitte.

Herr Staatsminister, können Sie uns bitte erläutern, wie die sogenannte Nachweisquote im Fortschrittsbericht berechnet wird und wie jeweils die Anteile des Freistaates und der Kommunen für den Ausgleich infrastrukturellen Nachholbedarfes sind.

Herr Staatsminister.

Das ist keine einfache Frage. Ich werde mich bemühen, das halbwegs übersichtlich zu erläutern.

Haben die anderen dann noch eine Chance?

Die Nachweisquote setzt sich aus zwei Anteilen zusammen. Der erste Anteil bezieht sich auf den infrastrukturellen Nachholbedarf und der zweite Anteil auf die unterproportionale kommunale Finanzkraft. Ich möchte mit dem ersten beginnen: den infrastrukturellen Nachholbedarf erläutern.

Wie macht man das? Es werden erst einmal sämtliche Infrastrukturinvestitionsausgaben des Landes und der Kommunen zusammengetragen. Dann zieht man Einnahmen für Investitionen ab. Wir bekommen aus unterschiedlichen Töpfen Einnahmen. Ich möchte als Beispiel die Entflechtungsmittel nennen oder auch die EU-Mittel, die wir dort nicht einrechnen dürfen, sie haben mit den

SoBEZes nichts zu tun. Das heißt, diese Einnahmen für diese Investitionen müssen erst einmal herausgerechnet werden. Dann – was vielleicht interessant ist – wird auch die Nettokreditaufnahme bewertet, und zwar derart, dass sie bei uns dazugerechnet wird, weil wir ja keine Nettokreditaufnahme haben, sondern wir tilgen: Deshalb wird die Tilgung auf die Investition noch oben draufgeschlagen. So errechnen sich erst einmal die Investitionen für die Infrastruktur.

Der zweite Anteil ist die unterproportionale kommunale Finanzkraft. Das ist eine sehr komplizierte Rechnung. Ich versuche sie bildlich darzustellen. Wir berechnen 100 % der Steuern eines Landes vor dem Länderfinanzausgleich. Und zwar machen wir das für alle Länder in Deutschland. Dann wird das Gleiche für die Kommunen errechnet. Allerdings geht die kommunale Finanzkraft nur zu 64 % ein. Das ist erst einmal die Basis der Berechnung. Dann geht darüber der sogenannte Länderfinanzausgleich. Dort erfolgen entsprechende Zahlungen, sodass wir dann zu guter Letzt für Sachsen die Steuern pro Kopf nach Länderfinanzausgleich für die Kommunen errechnen können. Das spiegeln wir an dem Durchschnitt der Steuern pro Kopf in den Kommunen nach Länderfinanzausgleich. Dieses Verhältnis errechnet sich dann. Es ergibt sich im vergangenen Jahr eine Zahl, die leicht über 85 % liegt. Dann vergleichen wir das Zahlenwerk mit dem des finanzschwächsten westdeutschen Bundeslandes. Das war im vergangenen Jahr Bremen. Wir vergleichen dann die Zahl, die bei uns leicht über 85 % liegt, mit der entsprechenden Zahl des Bundeslandes Bremen. Bremen lag leicht unter 90 %. Wir erhalten dann eine Differenz zwischen Sachsen und dem schwächsten westdeutschen Bundesland von rund 4 %. Diese 4 % multipliziert man dann mit dem durchschnittlichen Steueraufkommen pro Kopf in Deutschland und der Einwohnerzahl Sachsens, also rund vier Millionen.

Damit können Sie ausrechnen, was man rein rechnerisch auffüllen müsste. Somit erhalten Sie den sogenannten SoBEZ-Erfüllungsgrad, was die kommunale Finanzkraft anbelangt. In diesem Sonderfall ist es noch komplizierter, weil Bremen ein Stadtstaat ist und ein Einwohner Bremens mehr wert ist als ein Einwohner von Sachsen. Er wird mit dem Faktor 1,35 multipliziert. Auch dieses geht noch in die Berechnung ein.

Wenn Sie das alles fertig haben, können Sie die SoBEZNachweisquote errechnen. Sie setzt sich aus drei Anteilen zusammen. – Ich muss jetzt etwas blättern, da ich viele Unterlagen habe.

Haben die anderen Fraktionen dann noch Zeit, eine Frage zu stellen?

Ich mache es kurz. Das können Sie dann nachschauen. Es steht im Bericht.

Das heißt: Die Frage ist jetzt beantwortet, Herr Staatsminister?

Ich kann das auch noch exakt machen. Entschuldigung, ich muss blättern, ich habe nicht alle Zahlen exakt im Kopf. – Hier habe ich es.

Sie hätten nur Ja zu sagen brauchen, wenn das die Kollegen alle vorliegen haben.

Insgesamt sind es 166 %. Für die unterproportionale kommunale Finanzausstattung sind es 12 %. Für die kommunalen Infrastrukturmaßnahmen sind es 57 %, also ein Rekordwert. Was die Landesinfrastrukturmaßnahmen anbelangt, sind es 97 %.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Für die Fraktion DIE LINKE stellt Herr Abg. Scheel die Frage.

Sehr geehrter Herr Staatsminister, vielen Dank für die Ausführungen. Als Vorbemerkung möchte ich sagen: Es ist ein bisschen wie bei den Berichten zur Ernteschlacht. Wir haben eine Planübererfüllung mit 166 %. Das heißt erst einmal, dass wir alles regelgerecht verwendet haben.

Richtig.

Aber eine Frage kommt danach. Wenn ich die 166 % auf der einen Seite und die Investitionsquote auf der anderen Seite sehe, da hatten wir früher 30 % Investitionsquote im Haushalt und bewegen uns jetzt in Richtung 15 %.

Richtig.

Das ist keine besonders erquickliche Situation.

Was unternehmen Sie, um dauerhaft hohe Investitionsquoten und Investitionsmittel im Freistaat Sachsen zu sichern, Herr Staatsminister?

Herr Staatsminister.

Herr Scheel, Sie kennen mein Hobby und haben den Nagel auf den Kopf geschlagen. Das treibt mich auch um. Wie schaffen wir es, vernünftige Investitionsquoten auf Dauer hinzubekommen?

Die erste Frage, die man sich stellen muss, ist: Wie hoch muss eine Investitionsquote in einem Bundesland sein, um ein Bundesland mehr oder weniger in einem konstanten Zustand zu halten? Was man abschreibt, muss reinvestiert werden. Das eine oder andere wollen wir noch zusätzlich aufbauen. Deshalb ist die Frage: Was ist eine vernünftige Investitionsquote?

Es gibt dort einen wissenschaftlichen Ansatz. Ich bin gern bereit, im Haushalts- und Finanzausschuss ein wenig darüber zu referieren. Wir haben versucht, die einzelnen Dinge, die wir im Land haben, zu bewerten und zu überlegen, wie viel Geld nötig ist, um beispielsweise das Straßensystem aufrecht zu erhalten oder unsere Schulen oder unsere Universitäten usw. Das heißt, man kann sich von der wissenschaftlichen Seite dem Problem nähern. Ich kann Ihnen sagen, dass das ein ziemlich schwieriges und komplexes Unterfangen ist. Man kommt dabei zu einer Größe, die man gefühlsmäßig noch verifizieren müsste.

Man kann eine andere Betrachtung anstellen, indem man ganz einfach verschiedene Bundesländer beobachtet, wie sich dort die Infrastruktur entwickelt. Zerfällt sie oder wird sie aufgebaut? Wie hoch sind die Investitionsquoten in diesen Ländern?

Wenn Sie beides aufeinander legen, kommen Sie auf eine Größenordnung von 10 bis 12 %, die Sie brauchen, um ein Land praktisch im „Schwebezustand“ zu halten. Wir wollen aber in Sachsen nicht stehenbleiben, sondern noch das eine oder andere zusätzlich machen. Ich denke da an unseren Ausbau der Wissenschaftslandschaft, an die Förderung der Wirtschaft usw. Wir sollten also bestrebt sein, deutlich über diesen 10 oder 12 % zu liegen.

Jetzt muss man sich überlegen, woher das Geld kommt. Wir bekommen zurzeit – das haben Sie richtig erkannt – erhebliche Mittel vom Bund und von der Europäischen Union.

Die SoBEZ betragen zurzeit 1,5 Milliarden Euro. Das wird bis zum Jahr 2020 – wenn das Gesetz so abgearbeitet wird und es kein Nachfolgeprogramm gibt – auf null heruntergehen. Das heißt, das Geld steht nicht mehr zur Verfügung.

Auf der anderen Seite, wenn alles so eintritt, wie wir es zurzeit in etwa abschätzen können, werden wir, wenn wir Glück haben, diese Abschmelzungsbeträge durch Steuermehreinnahmen bis zum Jahr 2020 kompensieren. Wir können also unseren Haushalt, wenn es so bleibt, in etwa konstant halten.

Jetzt kommen wir in die Schere hinein: Wir haben steigende Kosten. Ich denke dabei an Lohnerhöhungen, es gibt Tarifverträge, und in der Regel ziehen wir unsere Beamtenbesoldung hinterher. Unsere Personalkosten haben eine gewisse Dynamik: Sie fressen einen Teil der Gelder zusätzlich auf.

Wie weit lassen wir nun in diesem Transformationsprozess eine Erosion unserer Investitionsquote zu? Ab dem Jahr 2020 ändert sich das. Ab dem Jahr 2020 werden wir eine ähnliche Entwicklung sehen, wie es bereits heute in den westdeutschen Ländern der Fall ist: Heute ist in den westdeutschen Bundesländern die Situation so, dass sich Steuermehreinnahmen automatisch auch in einem höheren Haushaltsvolumen niederschlagen können. In den ostdeutschen Bundesländern ist das nicht der Fall. Die SoBEZ-Abschmelzungen werden durch mehr Steuerein

nahmen kompensiert. Deshalb sind die Haushalte im Osten mehr oder weniger konstant.