Protocol of the Session on September 17, 2015

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

„Ermöglichen Sie es möglichst vielen Kollegen in den Jahren 2015 und 2016, die in den Ruhestand gehen

würden, noch ein, zwei Jahre weiterzuarbeiten, um diesen Personalmangel abzuschwächen.“

(Christian Piwarz, CDU: Sehr eitel! – Valentin Lippmann, GRÜNE: Die Möglichkeit gibt es doch schon!)

Unser Antrag stellt explizit auf die Tätigkeit der Rückführung abgelehnter Asylbewerber ab, und das bedeutet: Abschiebung. Dies ist die Aufgabe, die am stärksten vernachlässigt wird, die Aufgabe, die am stärksten in der kritischen Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Wenn weiter so wenig abgeschoben wird, wie das bis Juli der Fall war, dann werden es in diesem Jahr keine 1 200 Personen sein. Das bedeutet, dass bis Jahresende noch nicht einmal die Hälfte aller im Juli bereits abschiebebereiten Ausländer ausgewiesen sein dürfte. Doch nicht nur das: Es würde auch bedeuten, dass wir trotz der doppelten Anzahl von Asylantragstellungen weniger Abschiebungen als im Jahr 2014 hätten.

In Sachsen befanden sich Ende Juli unter den 5 600 ausreisepflichtigen Ausländern circa 2 400, die keine Duldung haben und damit sofort ausreisepflichtig sind. Diese Personen kosten den deutschen Steuerzahler etwa 1,5 Millionen Euro. Dieses Geld wäre in Schulen, Kindergärten, Straßen, Theatern oder im Erhalt von Kulturgütern besser angelegt.

Meine Damen und Herren, bei ausreisepflichtigen Ausländern handelt es sich in der übergroßen Mehrzahl weder um Fachkräfte noch um Flüchtlinge. Wäre dem so, würden sie problemlos die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel erfüllen. Es handelt sich um Menschen, die nach unseren Gesetzen und dem manifestierten Willen darin nicht dauerhaft in Deutschland sein sollen. Diese Menschen blockieren faktisch Ressourcen in der Verwaltung. Sie nehmen ungerechtfertigt Wohnraum in Anspruch, der bei der zeitweisen Unterbringung echter Flüchtlinge fehlt. Kurz und gut: Diese Menschen nutzen, drastisch ausgedrückt, die Hilfsbereitschaft aus; und diese ist ohne Frage vorhanden, auch das hat die Umfrage von Infratest dimap ergeben.

(Beifall bei der AfD)

Fast täglich höre ich noch etwas, wenn ich mit Mitbürgern ins Gespräch komme: Genau diese Dinge und die Untätigkeit der Regierung sind es, die die Menschen auf die Straßen treiben. Das Versagen der Regierung ist es, das Menschen dazu bringt, Gewalttätern bei Angriffen auf Repräsentanten des Staates – Stichwort Heidenau – zuzujubeln, und die Unfähigkeit einer Regierung ist es, die diese in den Augen vieler ihrer Legitimation beraubt.

Damit das nicht so bleibt, schlagen wir vor, den Personalbestand kurzfristig aufzustocken, indem Sie es möglichst vielen Beamten ermöglichen, ihren Ruhestand hinauszuschieben. Unser Antrag zielt darauf ab, die Polizei wieder personell in die Lage zu versetzen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen. Wenn Sie unserem Antrag folgten, könnten Sie im Jahr 2015 aus einem Pool von ungefähr 392 Beamten schöpfen und im Jahr 2016 von 390. Die

Arbeit kann für die Beamten durchaus attraktiv sein; denn viele derer, die jetzt in den Ruhestand eintreten, haben ihre Arbeitsjahre noch nicht beisammen, die sie brauchen, um die volle Pension zu bekommen. Dazu bekommen sie im aktiven Dienst zwei Jahre länger monatlich mehr Geld als Pensionäre, und wenn Sie die Beamten mit einem Zuschlag auf das Grundgehalt belohnten, wie wir es vorschlagen, dann steigert sich die Attraktivität weiterhin.

Auch wenn wir nicht alle Beamten dazu bekommen, sich für die Dienstverlängerung zu interessieren, und andere schlicht und ergreifend gesundheitlich dazu nicht mehr in der Lage sind, so hoffen wir darauf, jeden Vierten zu gewinnen. Das entspräche ungefähr 200 Männern und Frauen.

Wenn diese Beamten auf unbürokratische Weise länger in ihrer Funktion blieben, könnten genauso viele junge, tatkräftige Beamte länger in der Bereitschaftspolizei oder den Einsatzzügen verbleiben. Dieser Personalkörper soll es ermöglichen, endlich jede Abschiebung durchzuführen, die angeordnet ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der CDU spricht jetzt Herr Abg. Anton. Sie haben das Wort, Herr Anton.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Einsatzbelastung für die sächsische Polizei hat in den vergangenen Monaten kontinuierlich zugenommen. Beispielhaft will ich an dieser Stelle die verschiedenen Aufgaben im Bereich Asyl und die Vielzahl von Demonstrationen nennen, die leider nicht immer friedlich verlaufen sind. Wir haben dazu in den Gremien des Landtags fortlaufend beraten.

In dem Ziel, die sächsische Polizei zu stärken, dürften wir in diesem Hohen Hause weitgehend einig sein. Dass eine kurzfristige Personalgewinnung nicht ohne Weiteres möglich ist, dürfte inzwischen ebenfalls hinlänglich bekannt sein. Es stehen auf dem Arbeitsmarkt keine ausgebildeten Polizisten zur Verfügung. Auch das Abwerben aus anderen Bundesländern ist durch Vereinbarungen der Länder ausgeschlossen. Wer in den Polizeidienst eines anderen Bundeslandes wechseln will, braucht dazu einen Tauschpartner.

Vor diesem Hintergrund ist es in der Tat notwendig, alle Optionen zu nutzen, die tauglich sind, die sächsische Polizei kurzfristig zu stärken. Die Koalition handelt hier konsequent. So werden wir diesem Hohen Haus noch vor Jahresende einen Gesetzentwurf zur Einrichtung einer sächsischen Wachpolizei vorlegen.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Die Möglichkeit zu schaffen, dass Polizeibeamte freiwillig über das Ruhestandsalter hinaus Dienst tun können, ist ohne Frage eine weitere Option. Nur, werte Kolleginnen und Kollegen der AfD, frage ich mich mit Blick auf Ihren

Antrag, ob Sie während der Haushaltsverhandlungen eigentlich geschlafen haben. CDU und SPD haben in den Haushaltsverhandlungen den Antrag eingebracht, die Voraussetzungen zu schaffen, um den Beamten des Polizeivollzugsdienstes das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand gemäß § 47 des Sächsischen Beamtengesetzes zu ermöglichen. Dieser Antrag hat die erforderliche Mehrheit gefunden und ein entsprechender Haushaltsvermerk wurde bei Kapitel 12 in den Einzelplan des Staatsministeriums des Innern eingefügt.

Es ist schon befremdlich, dass diese Tatsache bis zum heutigen Tage offenbar niemand in der AfD-Fraktion zur Kenntnis genommen hat. Wenn Sie schon in den Gremien des Landtags nicht aufpassen, denn lesen Sie doch zumindest Zeitung, dann hätten Sie es auch erfahren.

Während wir hier über Ihren Antrag diskutieren, führen die Polizeipräsidenten längst Gespräche mit den entsprechenden Beamten und werben für eine freiwillige Verlängerung der Dienstzeit. Zusätzlich hat das Staatsministerium des Innern Beamte angeschrieben, die bereits im Ruhestand sind, und werben für deren Rückkehr.

Liebe AfD, Ihr Antrag hinkt der Entwicklung um Monate hinterher, und Sie merken es nicht einmal.

(Zuruf von der AfD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag fordert aber nicht nur die Möglichkeit des Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand, er fordert weiterhin, dass die dadurch gewonnenen personellen Kapazitäten für die Rückführung ausreisepflichtiger Asylbewerber eingesetzt werden sollen. In der Begründung des Antrags wird konkretisiert, dass die AfD die Schaffung einer Organisationseinheit innerhalb der sächsischen Polizei anregt.

Damit keine Missverständnisse entstehen: Unbestritten erfordert die Rückführung der vollziehbar ausreisepflichtigen Migranten, die nicht freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, entsprechende personelle Ressourcen. Die Einsatzbelastung der Polizei wird sich in diesem Bereich mit Blick auf die Zahlen sicherlich weiter verschärfen. Aber gerade wegen der zunehmenden Einsatzbelastung in den verschiedensten Bereichen der polizeilichen Arbeit – ich hatte zu Beginn meiner Rede Beispiele genannt – halten wir allzu starre Strukturen für nicht sachgerecht.

Es hat sich vielmehr in den letzten Monaten deutlich gezeigt, dass die sächsische Polizei ihre Prioritäten in Bezug auf den Personaleinsatz tagesaktuell setzen muss. Dazu bedarf es grundsätzlich einer Organisationsstruktur, die ein Maximum an Flexibilität gewährleistet. Alles andere behindert die Arbeit der Polizei, anstatt sie zu stärken.

Mit Blick auf die Unterstützung der Zentralen Ausländerbehörde bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht sind innerhalb der sächsischen Bereitschaftspolizei die geeigneten organisatorischen Strukturen längst geschaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD! Auch an diesem Punkt ist der Antrag schlichtweg überflüssig. Das,

was Sie fordern, wird in Sachsen auf praktikable Art und Weise längst umgesetzt und bedarfsgerecht kontinuierlich weiterentwickelt. Was man allerdings sagen muss: Ihre Antragsbegründungen haben nicht selten etwas von einem Überraschungsei. Bei diesem Antrag wird das wieder besonders deutlich.

Im Antragstext steckt nicht viel Konkretes drin, aber in der Begründung werden dann Forderungen aufgemacht oder Initiativen angekündigt, die entweder nicht beantragt werden oder zum Teil mit dem Antrag im engeren Sinne nichts zu tun haben. So kündigen Sie an, den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, der es der Polizei ermöglichen soll, bei Abschiebungen auch auf Justizvollzugsbeamte zugreifen zu können; allerdings nur, wenn wir Ihrem heutigen Antrag zustimmen.

Dazu nur zwei kurze Anmerkungen: Erstens. Wenn Sie etwas in diesem Hohen Hause abgestimmt haben möchten, gehört es in den Antrag und nicht nur in dessen Begründung. Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist handwerklich einfach schlecht gemacht und chaotisch.

Zweitens. Zu den rechtlichen Aspekten dieses Vorschlags will ich mich an dieser Stelle nicht äußern. Aber wer angesichts der Herausforderungen, denen sich der sächsische Strafvollzug gegenübersieht, einen solchen Vorschlag macht, hat schlichtweg keine Ahnung. Zumindest Ihr rechtspolitischer Sprecher hätte hier sein Veto einlegen müssen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfDFraktion! Zusammenfassend muss man sagen: Alles, was der Antrag an Forderungen aufmacht, wird entweder in der Praxis längst umgesetzt, ist unpraktikabel oder nicht abstimmungsreif, weil es nicht Gegenstand des Antrags ist, sondern nur in der Antragsbegründung erwähnt wird.

Ihr Antrag zeigt leider, dass Sie sich mit diesem wichtigen Themenkomplex bestenfalls oberflächlich beschäftigt haben. Informieren Sie sich künftig besser, ehe Sie einen Antrag schreiben. Qualitätsvolle und sachorientierte Arbeit sieht anders aus. Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist schlichtweg Pfusch, und bei Pfusch verweigert diese Koalition die Abnahme. Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Nun die Fraktion DIE LINKE, Herr Abg. Stange. Bitte sehr, Herr Stange, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Anton, ich darf Ihre Ausführungen kurz ergänzen: Die Koalition lehnt natürlich nicht nur bei Pfusch ab; das führt sie uns alltäglich vor.

(Zuruf von der SPD: Zum Thema, Herr Kollege!)

Zum Antrag. Herr Wild von der AfD ist noch im Haus. Er hatte sich vorhin über den Antrag der LINKEN ereifert: Er sei purer Populismus. – Herr Wild, machen Sie es einmal sachlich und schauen Sie auf diesen Antrag. Herzliche Grüße! Populismus!

(Zuruf von der AfD: „Aktionismus“ hat er gesagt!)

Ganz in Ruhe ausgedrückt. – Der vorliegende Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren setzt die Reihe fremdenfeindlich motivierter Anträge im Sächsischen Landtag fort.

(Zuruf von der AfD)

Hören Sie erst komplett zu! – Bislang – zumindest bis zum Jahr 2014 – war es die Ihnen an dieser Stelle vorangegangene Fraktion der NPD, die mit Kleinen Anfragen und Anträgen ihren offenen Rassismus und ihre Ausländerfeindlichkeit zu kultivieren versuchte.

Es war selbstverständlich das erklärte Ansinnen der NPD, dass abgelehnte Asylsuchende auf Biegen und Brechen und ohne jegliche Berücksichtigung etwaiger humanitärer Hinderungsgründe schnellstens abgeschoben werden. Nun kommt die neue Qualität: Die AfD kleidet ihre Ressentiments – – Sie wissen ja nicht so richtig, ob Sie jetzt mehr betonen wollen, dass die Asylsuchenden abgeschoben werden oder ob Sie mehr Polizei wollen – das oszilliert ja in Ihrem Antrag auch.

(Jörg Urban, AfD: Übersetzen Sie mal! Sie übersetzen doch immer so gut!)

Ich beklage mich nicht darüber, aber es ist einfach so. Sie üben sich hier in Funktionalität und wollen die Polizeivollzugsbediensteten durch die Hinausschiebung des Ruhestands unterstützen. Darauf haben die gerade noch gewartet.