Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine durchaus interessante und belebte Debatte, die wir seit 10 Uhr erlebt haben, und ich glaube, dass ich aus Sicht der CDU-Fraktion dazu noch einiges ergänzend beitragen kann.
Am Anfang sei vorangestellt und klar und deutlich formuliert: Wir bekennen uns zum Grundrecht auf Asyl und zu den UN-Flüchtlingskonventionen.
Wir werden Menschen, die auf der Flucht vor politischer Verfolgung, Krieg und Terror sind, in unserem Land nicht nur Schutz geben, sondern auch für deren Aufnahme und gute Betreuung sorgen. Wir sind in diesem Zusammenhang sehr dankbar und voller Anerkennung für das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der staatlichen Behörden, der Polizei, der kommunalen Vertreter, der Hilfsdienste, Kirchen und Initiativen, aber eben auch der vielen Menschen vor Ort, die das Engagement zeigen, Hilfe leisten, sich einbringen und in der Verantwortung für eine gute Asylpolitik, für einen angemessenen Umgang mit Flüchtlingsfragen stehen, für gelebte Solidarität und Hilfsbereitschaft.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Bild, das Sachsen zeichnet, und ich möchte das auch noch ergänzen; denn es lohnt sich in diesem Zusammenhang auch der Blick auf andere Bundesländer. Wenn auch der gesamte Fokus offensichtlich aller Berichtenden auf Sachsen liegt, so ist doch zu konstatieren, dass wir im Rahmen der Unterbringung, der Steuerung dieses Prozesses, aber eben auch in der Trennung der beiden Seiten ein und derselben Medaille, nämlich derer, die den Anspruch nicht haben, konsequent handeln. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern haben wir bisher auch noch jede Person jeden Abend unterbringen können und nicht unter Bäumen schlafen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Darüber hinaus sei gesagt: Ja, wir haben gerade ein Problem, und auf das, meine sehr geehrten Damen und Herren, werde ich eingehen. Das ist die Frage, wie auf Aggression, auf Gewalt gegen Flüchtlinge, Flüchtlingsunterkünfte und den Staat reagiert wird. Aber es ist wie bei allem: zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fremdenfeindlichkeit, menschenverachtende Äußerungen werden und dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Auch das Internet mit seinen sozialen Netzwerken ist kein rechtsfreier Raum, in dem rassistische Pöbeleien und Hetze gegen Fremde ungeahndet und ohne Strafverfolgung geduldet werden.
Die Meinungsfreiheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein sehr hohes Gut unserer Demokratie. Dort, wo sie missbraucht wird, um die Würde derjenigen zu verletzen, die Schutz bei uns suchen, muss der Staat entschieden gegen diese vorgehen. Freiheit sollte niemals missbraucht werden, um die Freiheit und persönliche Unversehrtheit anderer zu verletzen.
Versammlungsrecht, Versammlungsfreiheit gehörten zu einem weiteren Kern unseres gesellschaftlichen Zusam
menlebens, zu einem der elementaren Grundrechte. Das Versammlungsrecht ist genauso wie die Versammlungsfreiheit zu gewähren. Das Rechtsstaatsprinzip gilt an dieser Stelle für jeden Beteiligten und jedermann, solange er sich an die staatlichen Normen und die Rechte anderer hält. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ob es der einen oder der anderen Seite passt oder nicht: Meinungsäußerungen sind von allen Seiten in einer Demokratie zu akzeptieren. Sie finden dort ihre Grenzen, wo sie rechtsstaatliche Ebenen verlassen.
Mit Blick auf die Ereignisse in Heidenau muss deutlich gesagt werden: Hier wurde eine Grenze klar überschritten, die durch keinen Demokraten und vor allem nicht durch den Staat toleriert werden kann. Gewalt, egal in welcher Form, kann niemals legitim sein. Sie ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. Wer aus Angst und Sorge vor Gewalt und Überfremdung selbst zum Gewalttäter wird, hat nicht nur jegliches Recht auf Gehör für seine eigene Position verloren, sondern ihm ist konsequent mit dem gesamten entschiedenen Handeln der staatlichen Autorität entgegenzutreten und jegliche Maßnahmen des Rechtsstaates sind zu ergreifen.
Menschenverachtende Hetze, Hass und Gewalt gegen Asylsuchende, gegen Helfer und engagierte Bürger, aber auch gegen die Polizei, gegen den Staat können nicht akzeptiert werden. Ich möchte an dieser Stelle nochmals den Beamten der sächsischen Polizei herzlich danken, die in Heidenau für Recht und Ordnung gesorgt haben und – das will ich auch deutlich sagen – das zentrale Schutzziel auch unter Verlust ihrer eigenen körperlichen Unversehrtheit, nämlich den Schutz des Asylbewerberheimes und der Asylbewerber, gesichert haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erleben an dieser Stelle eine neue Qualität von Hass und Gewalt. Wir haben sie in diesem Jahr schon einmal erlebt bei den Vorgängen um Leipzig. Wir erleben sie jetzt wiederum. Sie erreichen eine neue Qualität. Auch zwei Hundertschaften mehr hätten diese Aggressivität nicht unterbunden. Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht es an dieser Stelle nicht nur um konsequente Repressionsmaßnahmen der Polizei, sondern in der Folge auch um ein konsequentes Handeln der Justiz, um eine schnelle Strafverfolgung dieser Täter.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Lektion der letzten Monate zeigt: Es ist wenig zielführend, immer zu sagen: Daran war der Stellenabbau schuld. Ich muss Ihnen deutlich sagen: Die Sicherheitsarchitektur, die Sicherheitssituation – nicht nur in Sachsen, sondern in der gesamten Bundesrepublik – hat sich in den letzten Monaten signifikant verändert, und auch das Solidarprinzip der Länder, nämlich über die Bereitschaftspolizeien, einschließlich der Verantwortung des Bundes für Bereit
schaftshundertschaften des Bundes, haben sich verändert. Darauf werden wir uns einstellen müssen. Es ist kein Geheimnis, wenn ich Ihnen klar sage: Die aktuelle Entwicklung – das ist eine zentrale Forderung der CDU – besteht jetzt auch in einer zentralen Anpassung der Polizeistruktur an diese veränderte Sicherheitslage. Einen ersten Schritt haben wir mit der Initiative zur Wachpolizei gestartet. Das ist nicht die Lösung, aber ein Baustein für die Reaktion auf die aktuelle Entwicklung.
In diesem Zusammenhang finde ich es befremdlich – das will ich an dieser Stelle auch sagen –, wenn linke Politiker zu zivilem Ungehorsam gegen Asylpolitik in Sachsen aufrufen, wie es in den letzten Wochen in der Tat geschehen ist.
Das halte ich, gelinde gesagt, nicht nur für unüberlegt, sondern in der jetzigen Situation heißt das, Öl ins Feuer zu gießen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein janusköpfiger Politikstil. Es waren nicht nur rechte Schläger, sondern auch linke,
die die Situation in Heidenau zum Eskalieren gebracht haben, und insoweit muss ich mich an dieser Stelle nicht nur auf rechts, sondern ganz klar auf Gewalttäter, auf Extremisten beider Ränder beziehen, die die staatliche Ordnung infrage stellen.
Noch weniger kann ich solche Äußerungen verstehen, Herr Gebhardt, wenn Sie einen praktischen, humanitären Konsens in der Asylpolitik in Sachsen einfordern. Sie sollten sich also einig werden,
ob Sie Ihrer Verantwortung gerecht werden wollen, konstruktive und tragfähige Lösungen in der Asylpolitik zu suchen oder nicht. Dabei gilt es, nicht nur eine Seite der Asylpolitik zu bedienen, sondern beide Seiten ein und derselben Medaille zu diskutieren.
Abschließend sei angemerkt: Sie dürfen mit Ihren Forderungen den Staat und unsere Gesellschaft auch nicht überfordern.
Eine deutliche Positionierung zu Markus Ulbig: Ich fand das, was wir in der letzten Woche erlebt haben, inakzeptabel,
wie ich im Übrigen auch, so manche Äußerung und Forderung der letzten Tage für sehr inakzeptabel gehalten habe, die sich gegen den sächsischen Innenminister gerichtet haben.
Markus Ulbig ist Staatsminister des Innern. Er trägt aber für diese Entwicklung, die – wie wir immer alle betonen – eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und eine Gesamtherausforderung für die Staatsregierung und dieses Hohe Haus ist, eben nicht allein die Verantwortung. Wir tragen sie gemeinsam.
Es ist einfach nicht zielführend, einen Einzelnen hierfür in Haftung zu nehmen. Ich darf deutlich sagen: Ich und die CDU-Fraktion stehen geschlossen nicht nur hinter Markus Ulbig, sondern wir unterstützen ihn auch in der Wahrnehmung seiner Aufgabe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuelle Entwicklung in der Asylfrage stellt die Bundesrepublik Deutschland und auch Sachsen vor besondere Aufgaben, die wir nur gemeinsam mit der Bürgergesellschaft, den Behörden und der Politik lösen können. Die prognostizierten Zahlen von 800 000 Menschen, die in diesem Jahr wegen politischer oder religiöser Verfolgung, Flucht vor Krieg und Gewalt in ihren Heimatländern Zuflucht bei uns suchen, aber eben auch einen Ausweg aus der wirtschaftlichen Situation in ihren Heimatländern, fordern uns – das Land und die Bürgerschaft – heraus.
Im Freistaat erwarten wir bis Jahresende 40 000 Menschen, die wir ganz klar – diese Botschaft haben wir schon immer gesendet, – unterbringen werden, die wir human behandeln werden und für deren Unterbringung und Verpflegung wir sorgen werden. Einerseits gilt es, dass wir als politische Verantwortungsträger gemeinsam mit staatlichen Behörden schnell zu adäquaten Lösungen kommen, mit denen all jenen geholfen wird, die in Notlagen zu uns kommen.
Dazu gehört auch eine umfassende Integrationspolitik, deren Ziele wir formulieren müssen. Am Anfang geht es darum, Menschen den Rahmen unserer gesellschaftlichen Normen zu vermitteln, um eine Integration in unsere Gesellschaft zu ermöglichen und gleichzeitig auch unsere Bürgerschaft zu befähigen, zu akzeptieren, dass andere Kulturkreise eine Bereicherung, ein Bestandteil unserer Gesellschaft werden können.
Aber Integration ist keine Einbahnstraße, sie muss, von vorn gedacht, auch die Frage einer regel- und wertenormierten Zielsetzung beinhalten. Ich bin Frau Staatsministerin Köpping sehr dankbar für die Maßnahmen, die sie in den letzten Wochen ergriffen hat.
Aber es gehört auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Islam dazu. Natürlich gehört sie dazu, und zwar nicht in Klischees und in Vorverurteilung, aber es geht darum, dass auch eine Religion, die sich in vielen Ländern als Staatsreligion definiert, bei der eine Einheitlichkeit zwischen politischen und ideologischen Fragen zu vernehmen ist, erkennen muss – die Grenzen müssen klar definiert werden –, und dass in unserem Land eine Glaubensfreiheit nicht die staatliche Autorität infrage stellt. Dazu gehört eben auch, bestimmte Fragen zu klären – das ist keine Generalschelte, sondern eine Diskussion, die wir miteinander führen müssen – und sich zum Beispiel mit Fragen auseinanderzusetzen wie: Was ist eine Ehe mit einem Partner? Wie gehen wir beispielsweise mit Gewalt in Familien um?
Damit will ich nicht den Islam diskreditieren, sondern deutlich machen, dass unterschiedliche Kulturkreise, wenn sie zusammengeführt werden, auch in Regeln zusammenleben müssen – genauso wie man erwarten darf, wenn wir in diese Länder kommen, dass wir uns an die Regeln dort halten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Gewalt ist keine Frage des Islam!)
Andererseits müssen wir einen gesellschaftlichen Diskurs darüber führen, wie wir in Deutschland langfristig mit dem Thema Migration und Asyl umgehen. Es braucht Ideen und Konzepte, die ein Bild davon zeichnen, wie sich Deutschland in den nächsten Jahren gesellschaftlich entwickeln soll. Dazu gehört auch eine Trennung der einzelnen Begrifflichkeiten. Natürlich haben wir Flüchtlingen aus Kriegsgebieten – dabei brauchen wir nicht über Zahlen zu reden – Unterstützung zu gewähren, und das wollen wir. Für die Zeit, in der sie unter Verfolgung leiden, sollen sie auch menschenwürdige Bedingungen finden.
Eine andere Frage ist natürlich das berechtigte Interesse eines Menschen aus schlechten wirtschaftlichen Bedingungen, eine neue Perspektive zu suchen. Das ist doch auch legitim. Die Frage ist, wie unsere Gesellschaft mit diesem Thema umgeht. Dazu muss man doch deutlich sagen, dass es eine Grenze dessen gibt, was unsere Gesellschaft – –