Protocol of the Session on April 30, 2015

Wenn Sie sich ernst nehmen würden – was Sie nicht tun –, dann würden Sie einen Gesetzentwurf einbringen. Hatten wir denn überhaupt schon mal einen Gesetzentwurf von der AfD? Ich glaube nicht. Aber solche Anträge? – Gut. Es ging offensichtlich um die Einbringungsrede. Die Einbringungsrede war interessant.

(Heiterkeit des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Sie zeigt, dass Sie wirklich keine Ahnung haben, was Gleichstellungsbeauftragte in der Realität, in der jetzigen Zeit tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gleichstellungsbeauftragte arbeiten für die Gleichstellung von Frau und Mann. Sie thematisieren schlechtere Bildungschancen von Jungen, Sie thematisieren gesundheitliche Probleme von Männern, Sie fördern Männernetzwerke. Die Gleichstellungsministerin hat auch männerbezogene Förderungen in ihrem Budget, wie man weiß, falls man in den Haushalt geschaut hat. Falls!

Sie kümmern sich natürlich auch um die Benachteiligungen von Frauen. Die kommunalen Personalkörper sind ja gekennzeichnet durch die hohe Anzahl von Kindergärtnerinnen und Krankenschwestern dort, wo es Krankenhäuser gibt. Die Landespersonalkörper sind gekennzeichnet von den vielen Frauen in der Lehrerschaft. Wenn dann auf den Leitungsebenen zu wenig Männer sind, wie bei uns in Sachsen und wie in vielen Kommunen, dann ist es in der Tat eine Ungleichbehandlung, und es muss Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist die Schlussfolgerung aus unserer Verfassung.

Aber, wie gesagt, die Realität kümmert Sie wenig. Sie werden sich auch nicht dafür interessieren, dass zum Beispiel die Universität einen Gleichstellungsbeauftragten hat, einen Mann. Ich habe ihn letztens in einer Konferenz erlebt. Das war gut. Viele Frauen und viele Männer zusammen haben sich überlegt, was beide Geschlechter zur Gleichstellung brauchen, wie die Situation von Männern als Väter, jüngere Männer, ist.

Kurzum: Ihre Realität, die Sie hier in Ihrer Rede schildern, ist die Realität der Stammtische.

(Dr. Frauke Petry, AfD, steht am Mikrofon.)

Es ist nicht die Realität der Gesellschaft. Sie reden für die Stammtische, Sie reden nicht für die Gesellschaft. Das passt zu Pegida, aber das passt nicht ins Parlament.

(Oh-Rufe von der AfD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gern, Frau Petry.

Darf ich Sie um eine Einschätzung bitten, was Sie davon halten, wenn Studenten, die Seminararbeiten an der Uni Leipzig abgeben, wo das große „IN“ fehlt, die Seminararbeiten als nicht erbrachte Leistung gewertet werden, weil das „IN“ fehlt.

Die Hochschulen in Sachsen unterliegen der Selbstverwaltung

(Uwe Wurlitzer, AfD: Ist klar!)

und ich werde deshalb Dinge nicht würdigen, die Sie hier erzählen, Frau Petry. Aber ich komme gleich zur Realität.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Das ist Realität!)

Wie gesagt, eine fachliche Bewertung von Professorenarbeiten steht mir nicht zu, aber ich komme gleich zurück zur Realität.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Also keine Antwort!)

Nein, Frau Petry, ich werde es nicht bewerten, natürlich nicht.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Okay, das können Sie auch nicht!)

Die Realität, Frau Petry, war, dass Sie es einmal für gut und richtig fanden, eine Frauenquote in der Wirtschaft zu fördern. Sie sind ja damals von Frau Clauß, der früheren Ministerin für Soziales, in ihren Gleichstellungsbeirat berufen worden.

(Staatsministerin Petra Köpping: Damals!)

Damals. – Die Begründung, die wir am 08.03.2011 in der „Mitteldeutschen Zeitung“ lesen konnten, besagte: Frauen haben es schwer als Unternehmerinnen. Das stimmt.

(Zuruf der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Was ist jetzt? Wieso hat sich das jetzt so verändert, dass Sie hier solche Anträge mittragen? Die Gesellschaft hat sich nicht verändert.

(André Barth, AfD: Doch!)

Aber die AfD ist im Landtag und Frau Petry gehört dazu. Offensichtlich ist das die Veränderung. Sie haben sich der AfD und dem, was dahintersteht, angepasst, und es wundert mich nicht; denn das sind natürlich Männerbünde und da kommen Sie mit solchen Forderungen nicht durch.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Iris Raether-Lordieck, SPD – Lachen der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Das müssen Sie mit sich ausmachen.

Ich vergesse die Realität, die ich bei meinen Berufsausbildungen als Werkzeugmacherin, als Krankenschwester und bei meiner Anwaltsarbeit erlebt habe, nicht. Sie passen sich Ihrem Männerbund an.

(Gelächter bei der AfD)

Nun ja, es ist einfach, seine opportunistische Fahne in den Parteiwind zu hängen, wenn man eine Pegida-Bewegung dahinter weiß und zusammen gegen den Gender-Wahn kämpft.

(Zuruf von der AfD)

Allerdings, verzeihen Sie mir, kann ich das auch nicht ernst nehmen. Ihr Stammtischgelaber

(André Barth, AfD: Gelaber?)

ist uralt, überholt. Mit der Gesellschaft, mit der Politik hier hat es nichts zu tun.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Gibt es vonseiten der Fraktionen weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Frau Ministerin, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie ich auf diesen Antrag reagiere, weil es nicht ein besonders schwieriger Antrag ist, sondern weil ich mich die ganze Zeit gefragt habe, wie man mit so einem Unsinn umgeht.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich habe mich entschieden, den Antrag ernst zu nehmen, auch wenn das insbesondere die Begründung sehr schwer macht. Aber das Thema ist ernst. Daher möchte ich die Chance nutzen, um etwas grundsätzlicher zu werden.

Gleichstellung, liebe AfD, ist die Grundlage unserer auf Ausgleich bedachten sozialen Marktwirtschaft. Gleichstellung bedeutet Ausgleich von Ungerechtigkeit. Sie ist also eine Frage von Gerechtigkeit. Zu dieser Gleichstellung im Allgemeinen gehört selbstverständlich auch die Gleichstellung von Männern und Frauen.

Das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das ist verankert, unter anderem auf europäischer Ebene in Artikel 2 und Artikel 3 des Vertrages über die Europäische Union und in Artikel 21 und Artikel 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union,

(Dr. Frauke Petry, AfD, steht am Mikrofon.)

im Artikel 3 des Grundgesetzes und im Artikel 8 der Landesverfassung Sachsen.

Fazit Nummer 1: Gleichstellung ist kein politischer Hokuspokus, sondern Gleichstellung ist verfassungsrechtlich vorgegeben.