Protocol of the Session on April 30, 2015

Meine Damen und Herren! Damit ist die Aktuelle Debatte beendet. Ich kann den Tagesordnungspunkt schließen.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

Befragung der Staatsminister

Für die Staatsregierung berichtet zunächst der Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Herr Thomas Schmidt, zum Thema „Erfolgreiche Entwicklung der

ländlichen Regionen – LEADER-Prozess in Sachsen“. Hierfür stehen ihm nach § 54 Abs. 2 der Geschäftsordnung bis zu 10 Minuten zur Verfügung. Anschließend

kommt das zweite Thema hinzu, beantragt von der AfDFraktion: „Umgang mit Kleinkläranlagen nach Sächsischem Wassergesetz und der Kleinkläranlagen-Verordnung“.

Ich erinnere noch einmal an unsere Absprache, dass in der ersten Fragerunde nur Fragen zum Berichtsthema der Staatsregierung gestellt werden sollen. In der zweiten Runde und in den weiteren Runden kann das zweite Thema mit hinzugenommen werden.

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir feiern in diesem Jahr 25 Jahre deutsche Einheit und 25 Jahre Wiederbegründung unseres Freistaates Sachsen. Das sind 25 Jahre, in denen wir nicht nur das Recht auf freie Meinungsäußerung kennen und schätzen gelernt haben, sondern auch 25 Jahre, in denen sich unser Lebensumfeld in unseren Städten und Dörfern unwahrscheinlich positiv verändert hat.

(Beifall bei der CDU)

Dies verdanken wir dem Tatendrang vieler Menschen, den sie endlich wahrnehmen konnten, und ihrer Freude am Mitgestalten. Dies wurde aber auch umfangreich durch Mittel der öffentlichen Hand unterstützt.

Gerade in den Dörfern und Kleinstädten im ländlichen Raum entstanden wunderbar gestaltete Plätze und Dorfgemeinschaftshäuser, wurden Schulen und Straßen saniert, ungenutzte Landwirtschaftsgebäude zu schicken Wohnungen umgebaut und vieles mehr. Sie werden selbst genügend Beispiele kennen. Zwischen dem Jahr 1991 bis zum Beginn der ILE-Förderung im Jahr 2007 flossen dafür rund 2,2 Milliarden Euro an Zuschüssen in Sachsens Dörfer. Damit wurden circa 4,5 Milliarden Euro an Investitionen ausgelöst.

In der alten Förderperiode von 2007 bis 2013 wurden weitere 686 Millionen Euro für mehr als 8 000 Projekte – von der Turnhalle über Breitband bis zur historischen Parkanlage – ausgezahlt. Dazu konnten sich bereits in der vergangenen Förderperiode von 2007 bis 2013 Dörfer und Städte im ländlichen Raum auf freiwilliger Basis über administrative Grenzen hinweg zu Regionen zusammenschließen. Außerdem wurde schon damals die Entscheidungsbefugnis, welche Projekte für eine Förderung ausgewählt werden, auf die regionale Ebene der 35 ILE- und LEADER-Gebiete verlagert.

Die guten Erfahrungen, die wir in dieser Periode gemacht haben, haben uns darin bestärkt, in der EU-Förderperiode von 2014 bis 2020 das LEADER-Prinzip vollständig in Sachsen umzusetzen. Wir haben dazu in der vergangenen Woche, genauer gesagt am 22. April 2015, 30 Regionen zu LEADER-Gebieten ernannt. Ich freue mich, dass wir alle 30 Regionen, die sich um diesen Status beworben haben, anerkennen konnten. Damit kann die neue Förderperiode von 2014 bis 2020 im ländlichen Raum nun bald beginnen. Das war uns sehr wichtig.

Voraussetzung für die Anerkennung aller LEADERGebiete ist, dass jede Region ihre Vorstellungen, wie, was und in welcher Höhe gefördert wird, in einer sogenannten LEADER-Entwicklungsstrategie – kurz: LES – darlegt. Dazu haben sich in den Regionen lokale Aktionsgruppen – abgekürzt: LAGs – gebildet, in denen jeder interessierte Bürger mitmachen und mitarbeiten konnte und natürlich auch künftig kann.

Wir haben die Erstellung dieser Strategien durch die LAGs gefördert und mit Fachveranstaltungen und Beratungen begleitet. Externe Gutachter bewerteten die Konzepte nach fachlichen Kriterien. Das waren zum Beispiel die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten, die Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, aber auch ökologische Aspekte, der Hochwasserschutz, die Baukultur, der Boden- und Klimaschutz, die Senkung des Flächenverbrauchs und vieles mehr.

Ein Auswahlausschuss unter Vorsitz unseres Staatssekretärs Herrn Wolff hat anschließend Vorschläge für die Ernennung der Regionen erarbeitet. Die eingereichten Strategien sind regional maßgeschneidert – das war ja auch das Ziel –, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, was gefördert werden soll, aber auch mit spezifischen Fördersätzen und -höhen. Das ist auch gut so; denn jeder Ort hat andere Voraussetzungen und jeder Ort geht es anders an, seine demografischen und strukturellen Herausforderungen zu lösen.

Die Entwicklungsstrategien der 30 Regionen enthalten fast tausend Fördergegenstände aus allen Lebensbereichen. Thematische Schwerpunkte bilden die Bereiche demografischer Wandel, Sicherung der Grund- und Nahversorgung, Mobilität, Verkehrsanbindung ländlicher Gebiete, Tourismusentwicklung und Umgang mit dem knappen und immer knapper werdenden Faktor Fläche. Diese Schwerpunkte sind im Übrigen das Ergebnis des Bottom-up-Prinzips. Bereits bei der Erstellung der LEADER-Entwicklungsstrategien waren die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, sich einzubringen. Das haben sie wirklich umfangreich getan.

Meine Damen und Herren! Diese wirklich sehr weitgehende Freigabe aller Kompetenzen war kein leichter Weg, den wir in Brüssel zu durchlaufen hatten. Doch wir haben unseren Regionen nicht nur die weitreichendsten Befugnisse gegeben, auch gemessen an der Höhe der ELERMittel liegen wir zumindest in Deutschland auf dem ersten Platz. 40 % der Mittel in unserem EPLR gehen in die ländliche Entwicklung. Das ist deutschlandweit sogar mit weitem Abstand absolute Spitze, eben weil uns gleichwertige Entwicklungschancen und eine aktive Bürgergesellschaft auf dem Land so wichtig sind.

Wir sind mit diesem Modell die Einzigen in Deutschland und in ganz Europa. Nun schauen natürlich alle nach Sachsen und sind gespannt, zu welchen Ergebnissen wir kommen. Wir haben eine große Verantwortung, erfolgreich zu sein. Ich bin sehr optimistisch, dass wir Sachsen das schaffen werden.

Hinter diesen 40 % verbergen sich in den sieben Jahren der Förderperiode insgesamt 427 Millionen Euro, die für die Umsetzung der LEADER-Entwicklungsstrategien zur Verfügung stehen. Dies eröffnet große Spielräume für die Regionen, vor allem vor dem Hintergrund, dass auch die Fachförderprogramme der anderen Ressorts in Anspruch genommen werden können.

Die Regionen wurden bereits über ihre voraussichtlichen Budgets informiert, sodass sie auch hinsichtlich ihrer Mittel Planungssicherheit haben. Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir sehr gute Voraussetzungen geschaffen, um die besten Ideen für die ländliche Entwicklung zum Zuge kommen zu lassen.

Einige Regionen haben nach der Übergabe ihrer Ernennungsurkunden noch Hausaufgaben zu machen, um die strengen Brüsseler Vorgaben einzuhalten und Anlastungen zu vermeiden. Da Sachsen durch seinen breiten LEADER-Ansatz eine Vorreiterrolle einnimmt, stehen wir ganz besonders im Fokus der Europäischen Kommission, unserer Nachbarländer und nicht zuletzt des Europäischen Rechnungshofes.

Nach der Erfüllung aller Bedingungen können die Projektträger die Fördermöglichkeiten nach der Richtlinie LEADER 2014 im Rahmen ihres LAG-Budgets in Anspruch nehmen. Dazu werden Aufrufe durch die LAGs gestartet, auf die sich jeder Antragsteller in jeder entsprechenden Region bei der LAG bewerben kann.

Zur Bewertung der Anträge haben die LAGs aus ihren Reihen Entscheidungsgremien aus Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Bereiche gebildet. Diese regionalen Entscheidungsgremien bewerten die Vorhaben und legen die Zuschusshöhen entsprechend den LEADEREntwicklungsstrategien fest. Im Falle eines positiven Votums des Entscheidungsgremiums können die Projektträger ihre formalen Förderanträge beim Landratsamt stellen.

Ich möchte an dieser Stelle betonen: Die Entscheidungsgremien sind weitgehend frei und können entsprechend ihren regionalen Bedürfnissen und Erfordernissen ihre Entscheidungen treffen und ihre Regionen zielgerichtet entwickeln.

Für die nun beginnende Umsetzung der lokalen Entwicklungsstrategien stehen den LAGs sowohl das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium als auch unser Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie begleitend zur Seite.

Ich freue mich, wenn auch Sie, meine Damen und Herren, den beginnenden LEADER-Prozess in Ihren Wahlkreisen wohlwollend begleiten. Gerade in der ersten Phase der Projektabwicklung begleitet eine weitgehende Unterstützung und Beratung die Akteure vor Ort, um am Ende eine erfolgreiche Gestaltung zu ermöglichen. Schließlich ist eine breite Mitwirkung der Schlüssel zu einer erfolgreichen ländlichen Entwicklung. Diesen Weg haben wir seit dem Jahr 1990 sehr erfolgreich beschritten; wir möchten

ihn auch in dieser Förderperiode bis zum Jahr 2020 erfolgreich weiter gehen.

So viel möchte ich einleitend dazu sagen. Nun bin ich gespannt auf Ihre Fragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wir beginnen mit der CDU-Fraktion. Herr Wähner, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Im Auftrag der CDUFraktion möchte ich Ihnen zu der LEADER-Strategie oder LEADER-Förderung folgende Frage stellen: Welche finanziellen Risiken haben die lokalen Aktionsgruppen bei der Umsetzung von LEADER zu tragen?

Die lokalen Arbeitsgruppen haben zumindest erst einmal kein Anlastungsrisiko zu tragen. Diese Frage wird oft gestellt. Wenn wir die Entscheidung vor Ort nach unten brechen, also nicht mehr nach den Richtlinien, sondern nach einer selbst entwickelten Strategie entschieden wird, ob dann die Anlastung auf diese Region gelegt wird. Das ist nicht der Fall. Die lokalen Aktionsgruppen haben keine sogenannten Zahlstellenfunktionen. Sie treffen zwar die Vorhabenauswahl, am Ende aber muss der Landkreis diese Vorhaben noch bestätigen. Deshalb ist es ebenso wichtig, dass wir dort – gerade in der ersten Phase – beratend zur Seite stehen.

Wir haben die Prozesse vereinfacht. Das geschah durch die Reduzierung von möglichen Risiken und Stolpersteinen zum Beispiel durch die Nichtanwendung des sächsischen Haushaltsrechtes. Das hat es in dieser Form noch nicht gegeben. Wir werden den Prozess weiter intensiv durch die Beratung der lokalen Aktionsgruppen begleiten. Die breite Öffnung der Entscheidungsprozesse müsste normalerweise die Fehler reduzieren.

Nun folgt die Fraktion DIE LINKE. Frau Dr. Pinka, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Minister, Sie sprachen das Gutachten des Sächsischen Rechnungshofes zu der letzten Förderperiode an. Sie haben angedeutet, dass Sie bereits Korrekturen vorgenommen haben. Deshalb möchte ich Sie öffentlich und zu Protokoll Folgendes fragen: Haben Sie genau diese Probleme der regionalspezifischen Ziele des Zusammenwirkens zwischen den durchgeführten und angestrebten Maßnahmen der Fördermittelhöhe in Unabhängigkeit von den regionalen Zielen und Bedürfnissen zu den Mitgliedsbeiträgen und der mangelnden Mitwirkung von Jugendlichen im Blick? Werden die vorzulegenden LEADER-Entwicklungsstrategien das beinhalten?

Sie können davon ausgehen, dass wir natürlich die Anmerkungen des Sächsischen Rechnungshofes sehr ernst nehmen. Wir haben die LEADEREntwicklungsstrategien sehr eingehend bewertet. Es fand ein Auswahlausschuss statt, der solche Kriterien bewerten musste. Es wurden Punkte verteilt. Ich glaube, das Minimum an Punkten, welches man erreichen musste, waren 60 Punkte. Diese 60 Punkte haben am Ende alle erreicht. Ich gehe fest davon aus, dass die vom Rechnungshof angemahnten Probleme in diese Förderperiode eingearbeitet wurden.

Sie müssen allerdings ebenfalls wissen, dass in diesen LEADER-Entwicklungsstrategien über 1 000 Maßnahmen enthalten sind. Ich kann nicht bei jedem einzelnen Punkt genau sagen, ob die Anmahnung enthalten ist. Gerade die Breite zeigt jedoch, dass der Ansatz vielfältig gewählt ist. Ich muss keine Bedenken haben, dass es zu Problemen kommt.

Nun folgt die SPD-Fraktion; Herr Winkler, bitte.

Sehr geehrter Herr Staatsminister. Sie haben in Ihrem Vortrag bereits über die LEADERStrategien gesprochen. Wir wissen, dass diese die Grundlage für die Ernennung der LEADER-Gebiete waren. Ich würde gern Folgendes wissen: Wie sind diese LEADERStrategien entstanden? Wir wissen, dass viele Bereiche des öffentlichen Lebens mitgewirkt haben. Vielleicht können Sie dazu bitte etwas sagen.

Die breite Mitwirkung der verschiedenen Bereiche war ein Grundprinzip: Gesellschaftliche Bereiche wie die Verbände, Kommunen und Unternehmen haben mitgewirkt. Das war erst einmal wichtig. Die Aktionsgruppen haben zunächst eine sehr tief gehende Analyse des Istzustandes nach verschiedenen Kriterien durchgeführt: demografische Entwicklung, Umwelt- und Klimaschutz, wirtschaftliche Entwicklung, Mobilität, touristische Infrastruktur und vieles mehr.

Diese sehr tief gehende Analyse ist in eine sogenannte SWOT-Analyse gemündet. Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen wurden aufgelistet. Es wurden die räumlichen Verbindungen zu angrenzenden Regionen analysiert. Aus diesen Analysen heraus wurden Handlungsempfehlungen und Strategien abgeleitet, die schließlich und endlich in die regionalen Aktionspläne mündeten. Die Analyse des Istzustandes und die Stärken-SchwächenAnalyse bis hin zur Ableitung der Maßnahmen bilden die umfangreiche Strategie.

Als Ministerium haben wir bereits begleitend zur Seite gestanden. Es haben aber auch alle LEADER-Aktionsgruppen – die LEADER-Regionen – Beratungen von externer Seite in Anspruch genommen. Das war wichtig. Das zeigt eine unterschiedliche Qualität dieser Strategien und wie professionell die Einzelnen gearbeitet haben.

Letztendlich sind die LEADER-Entwicklungsstrategien von allen genehmigt worden.

Dieser umfangreiche Entstehungsprozess stimmt mich optimistisch, dass wir am Ende erfolgreich über den Zeitraum von sieben Jahren kommen werden. Ich betone es noch einmal: Das ist erstmalig in ganz Europa.

Möchte die AfD das Wort ergreifen? – Sie hat keine Fragen. Möchte die Fraktion GRÜNE Fragen stellen? – DIE GRÜNEN haben eine Frage, Herr Günther, bitte.

Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich habe eine Frage im Zusammenhang mit der letzten und der neuen Förderperiode. Wurden Ihnen Probleme zu hohen bürokratischen Hürden angezeigt oder wurden Ihnen Probleme seitens der Gemeinden, der Kommunen oder betroffenen Initiativen bekannt? Wenn ja, wie sind Sie die Probleme angegangen?