Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich meinen Ausführungen zwei Dinge voranstellen. Liebe AfD, wenn Sie hier über das Thema Extremismus bzw. Linksextremismus sprechen, dann sollte es auch sachlich korrekt sein. Die Art und Weise, wie Sie hier gerade Linksextremismus und Linksterrorismus ineinandergerührt und selbst Sitzblockaden die Eigenschaft terroristischer Bedrohung unterstellt haben, finde ich rechtsstaatlich mehr als bedenklich.
Außerdem gilt auch für uns GRÜNE – ich kann mich den Worten von Herrn Schiemann und Herrn Homann anschließen –: Gewalt, egal, von wem und aus welchen politischen Gründen, ist verwerflich und durch den Rechtsstaat entsprechend zu ahnden.
Aber dort beginnt das Problem Ihres Antrages; denn es geht eben nicht um Gewalt und Gewaltprävention, sondern Sie beschäftigen sich mit einem Linksextremismus und dem dahinterstehenden wissenschaftlichen Extremismuskonstrukt, und dort beginnt Ihr Antrag, hinten und vorn nicht mehr stimmig zu werden. Das beginnt bei den Instrumenten und hört bei der Inkohärenz Ihrer eigenen Forderungen auf.
Beginnen wir mit den Instrumenten. Über das Aussteigerprogramm ist schon einiges erzählt worden. Selbst die Aussteigerprogramme der rechten Szene stoßen nicht auf den Anklang in Sachsen, als dass von einem „überbordenden Erfolg“ die Rede sein könnte. Letztes Jahr waren es ausweislich einer Anfrage der Kollegen der LINKEN genau zwei Personen, die über das Aussteigerprogramm RECHTS in Sachsen ausgestiegen sind. Ob das ein taugliches Instrument bei dem von Ihnen unterstellten Linksextremismus ist, daran habe ich doch meine Zweifel.
Ich entnehme Ihrem Antrag, Sie wollen das Programm "Weltoffenes Sachsen“ zukünftig intensiver für die Bekämpfung von Linksextremismus nutzen. Das ist dann schon infam; denn in Ihrer Rede zur Einbringung des Doppelhaushaltes, Frau Dr. Petry, haben Sie noch gesagt, dass Sie die Mittel zur Bekämpfung des Rechtsextremismus als Ausgaben in dieser Höhe mittragen. Wenn Sie jetzt das WOS „intensiv“ für Linksextremismus nutzen wollen, dann geht das zulasten der Maßnahmen gegen Rechtsextremismus.
und in Zeiten, in denen marodierende Horden Asylbewerberunterkünfte stürmen wollen, verbietet sich jedwede Umschichtung von Geldern gegen Rechtsextremismus zugunsten dieser Schaufensterpolitik gegen Linksextremismus.
Kommen wir zur Kohärenz Ihres Antrags. Sie beschäftigen sich in Ihrem Antrag im Wesentlichen mit dem Linksextremismus als politisches Spektrum und eben, wie ich gerade sagte, nicht mit der politisch motivierten Gewalt. Folglich treten Sie dann selbst in die Falle der Extremismustheorie, welche Sie in dem Antrag selbst aufstellen; denn nach der gängigen Definition des Links
extremismus gehört unter anderem der Antikapitalismus und die Kritik an einer Wirtschaft, die die Demokratie leitet, zu einer der zentralen Dimensionen des Linksextremismus.
Ich nutze die verbleibende Zeit, um ein wenig Wahlprogrammexegese zu betreiben. Der teilweise Ruf nach der Verstaatlichung und dem Primat der öffentlichen Daseinsvorsorge in Ihrem sächsischen Wahlprogramm wäre vor Jahren zumindest noch als linksradikal durchgegangen.
Besonders interessant fand ich aber folgenden Satz – ich zitiere aus dem AfD-Wahlprogramm –: „Wenn wirtschaftlicher Erfolg nur noch an den Bilanzen von Konzernen gemessen wird, dann ist dieser Erfolg für uns eine Lüge. Man hält uns nicht für systemrelevant, lässt uns aber genau für dieses System bezahlen. Das ist nicht nur zynisch, sondern antidemokratisch. Hier widersprechen wir. Die Wirtschaft muss dem Volke dienen, nicht umgekehrt.“
Natürlich, denn es ist genau die Falle, in die Sie gehen. Sie unterstellen in der Linksextremismustheorie letztendlich das Hufeisen.
(Dr. Stefan Dreher, AfD: Herr Lippmann, haben Sie die AfD gewählt? – Bitte? (Dr. Stefan Dreher, AfD: Haben Sie AfD gewählt? – Nein, habe ich nicht, logischerweise. (Heiterkeit bei der AfD)
Ich halte ja das Zitat auch für Quark, von daher verbietet sich das. Ihre Extremismustheorie, auf die Sie sich hier stützen, hat einen entscheidenden Nachteil: Sie stützt sich auf eine Hufeisentheorie. Diese besagt im Endeffekt, wenn ich Ihr Wahlprogramm und Ihren Antrag einmal ernst nehme, nichts anderes, als dass Ihre habituelle Nähe zum unterstellten Linksextremismus deutlich größer sein dürfte als die Nähe vieler anderer Parteien, da sich das Hufeisen oben wieder verengt.
Kurzum: Vielleicht ist der Antrag eher ein Schritt hin zum Ausstiegsprogramm, wenn ich Ihr Programm nehme und die Hufeisentheorie für AfD-Mitglieder.
Blanker Hohn allerdings – damit möchte ich schließen – ist Ihre Forderung nach mehr Prävention, welche Sie in dem Antrag aufmachen. Eine der besten Präventionen ist Bildung, und eine der besten Präventionen vor antidemokratischem Verhalten ist definitiv politische Bildung. Ihrem Wahlprogramm darf ich dann aber ausweislich Seite 8 entnehmen, dass Sie die Landeszentrale für politische Bildung abschaffen wollen. So viel Dreistigkeit muss man erst einmal besitzen.
Kurzum: Der Antrag ist im Wesentlichen Heuchelei der AfD und ein reiner Schaufensterantrag, der überdies nutzlos ist. Wir werden ihm nicht zustimmen.
Wo fange ich an? Herr Lippmann, herzlichen Glückwunsch zur lippmannschen Hufeisentheorie! Ich glaube, die GRÜNEN hätten besser bei der Hufeisennase Platz gehabt.
Kollege Homann von der SPD: Zu Ihrem Antrag Linksextremismus sage ich Ihnen als Jurist: Linksextremismus ist strafrechtlich gesehen kein Antragsdelikt. Und dem Kollegen Richter kann ich nur sagen: Ja, Sie haben recht. Sie haben ein anderes Weltbild gezeichnet: das der SED. Sie haben wohl die Wende verschlafen?
Dann kommen wir zur Sache. Im letzten Februar besetzten vorgebliche Asylbewerber den Theaterplatz in Dresden vor der Semperoper. Sie errichteten verbotenerweise ein Asylcamp, bauten Zelte auf, eine Küche, Toiletten, Sitz- und Schlafgelegenheiten. Sie nannten sich „Refugee Struggle Dresden“ und forderten die gleichen Rechte wie deutsche Staatsbürger, kritisierten die Asylpolitik, wandten sich gegen die Abschiebung unanfechtbar abgelehnter Asylbewerber, wollten das Recht zur freien Wohnungswahl, lehnten Gemeinschaftsunterkünfte ab und beklagten – kein Wunder für mich – Probleme mit den Ausländerbehörden und den Gerichten.
Unterstützung erhielten sie am Wochenende von dreieinhalbtausend Menschen, die, wie diese Platzbesetzer, aus ganz Deutschland angereist waren, sowie von den beiden
Dr. Stange, letztere bekanntermaßen Dresdner Oberbürgermeisterkandidatin. Die GRÜNEN in Gestalt von Herrn Zschocke lobten die Aktion. „Der Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland muss menschlicher werden“, ließ er sich zitieren.
Später stellte sich heraus, dass die vermeintlichen Asylbewerber gar keine waren, sondern ortsfremde Krawallreisende, die dasselbe Schauspiel bereits im bayerischen Amberg veranstaltet hatten.