Protocol of the Session on March 12, 2015

Drittens ist das ein Ablenkungsmanöver.

Deshalb werden wir diesen Antrag entschieden ablehnen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Für die GRÜNEFraktion Herr Abg. Lippmann, bitte.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich meinen Ausführungen zwei Dinge voranstellen. Liebe AfD, wenn Sie hier über das Thema Extremismus bzw. Linksextremismus sprechen, dann sollte es auch sachlich korrekt sein. Die Art und Weise, wie Sie hier gerade Linksextremismus und Linksterrorismus ineinandergerührt und selbst Sitzblockaden die Eigenschaft terroristischer Bedrohung unterstellt haben, finde ich rechtsstaatlich mehr als bedenklich.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Außerdem gilt auch für uns GRÜNE – ich kann mich den Worten von Herrn Schiemann und Herrn Homann anschließen –: Gewalt, egal, von wem und aus welchen politischen Gründen, ist verwerflich und durch den Rechtsstaat entsprechend zu ahnden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Aber dort beginnt das Problem Ihres Antrages; denn es geht eben nicht um Gewalt und Gewaltprävention, sondern Sie beschäftigen sich mit einem Linksextremismus und dem dahinterstehenden wissenschaftlichen Extremismuskonstrukt, und dort beginnt Ihr Antrag, hinten und vorn nicht mehr stimmig zu werden. Das beginnt bei den Instrumenten und hört bei der Inkohärenz Ihrer eigenen Forderungen auf.

Beginnen wir mit den Instrumenten. Über das Aussteigerprogramm ist schon einiges erzählt worden. Selbst die Aussteigerprogramme der rechten Szene stoßen nicht auf den Anklang in Sachsen, als dass von einem „überbordenden Erfolg“ die Rede sein könnte. Letztes Jahr waren es ausweislich einer Anfrage der Kollegen der LINKEN genau zwei Personen, die über das Aussteigerprogramm RECHTS in Sachsen ausgestiegen sind. Ob das ein taugliches Instrument bei dem von Ihnen unterstellten Linksextremismus ist, daran habe ich doch meine Zweifel.

Ich entnehme Ihrem Antrag, Sie wollen das Programm "Weltoffenes Sachsen“ zukünftig intensiver für die Bekämpfung von Linksextremismus nutzen. Das ist dann schon infam; denn in Ihrer Rede zur Einbringung des Doppelhaushaltes, Frau Dr. Petry, haben Sie noch gesagt, dass Sie die Mittel zur Bekämpfung des Rechtsextremismus als Ausgaben in dieser Höhe mittragen. Wenn Sie jetzt das WOS „intensiv“ für Linksextremismus nutzen wollen, dann geht das zulasten der Maßnahmen gegen Rechtsextremismus.

(Heiterkeit bei der AfD – Uwe Wurlitzer, AfD: Genau!)

Natürlich, das ist genau das, was Sie mit Ihrer Forderung bezwecken. Das ist reine Mathematik,

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Einen GRÜNEN in der Regierung als Finanzminister?)

und in Zeiten, in denen marodierende Horden Asylbewerberunterkünfte stürmen wollen, verbietet sich jedwede Umschichtung von Geldern gegen Rechtsextremismus zugunsten dieser Schaufensterpolitik gegen Linksextremismus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kommen wir zur Kohärenz Ihres Antrags. Sie beschäftigen sich in Ihrem Antrag im Wesentlichen mit dem Linksextremismus als politisches Spektrum und eben, wie ich gerade sagte, nicht mit der politisch motivierten Gewalt. Folglich treten Sie dann selbst in die Falle der Extremismustheorie, welche Sie in dem Antrag selbst aufstellen; denn nach der gängigen Definition des Links

extremismus gehört unter anderem der Antikapitalismus und die Kritik an einer Wirtschaft, die die Demokratie leitet, zu einer der zentralen Dimensionen des Linksextremismus.

Der verehrte Kollege Wippel hat uns gestern geraten, wir sollen mal das AfD-Wahlprogramm lesen.

(Sebastian Wippel, AfD: Da können Sie mal etwas Vernünftiges lernen!)

Ich nutze die verbleibende Zeit, um ein wenig Wahlprogrammexegese zu betreiben. Der teilweise Ruf nach der Verstaatlichung und dem Primat der öffentlichen Daseinsvorsorge in Ihrem sächsischen Wahlprogramm wäre vor Jahren zumindest noch als linksradikal durchgegangen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Besonders interessant fand ich aber folgenden Satz – ich zitiere aus dem AfD-Wahlprogramm –: „Wenn wirtschaftlicher Erfolg nur noch an den Bilanzen von Konzernen gemessen wird, dann ist dieser Erfolg für uns eine Lüge. Man hält uns nicht für systemrelevant, lässt uns aber genau für dieses System bezahlen. Das ist nicht nur zynisch, sondern antidemokratisch. Hier widersprechen wir. Die Wirtschaft muss dem Volke dienen, nicht umgekehrt.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Derartige Zitate würden in jeder LinksextremismusStudie als linksextrem eingeordnet werden.

(Zuruf von der AfD: Vielen Dank!)

Natürlich, denn es ist genau die Falle, in die Sie gehen. Sie unterstellen in der Linksextremismustheorie letztendlich das Hufeisen.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Herr Lippmann, haben Sie die AfD gewählt? – Bitte? (Dr. Stefan Dreher, AfD: Haben Sie AfD gewählt? – Nein, habe ich nicht, logischerweise. (Heiterkeit bei der AfD)

Ich halte ja das Zitat auch für Quark, von daher verbietet sich das. Ihre Extremismustheorie, auf die Sie sich hier stützen, hat einen entscheidenden Nachteil: Sie stützt sich auf eine Hufeisentheorie. Diese besagt im Endeffekt, wenn ich Ihr Wahlprogramm und Ihren Antrag einmal ernst nehme, nichts anderes, als dass Ihre habituelle Nähe zum unterstellten Linksextremismus deutlich größer sein dürfte als die Nähe vieler anderer Parteien, da sich das Hufeisen oben wieder verengt.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Hufeisentheorie!)

Kurzum: Vielleicht ist der Antrag eher ein Schritt hin zum Ausstiegsprogramm, wenn ich Ihr Programm nehme und die Hufeisentheorie für AfD-Mitglieder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Blanker Hohn allerdings – damit möchte ich schließen – ist Ihre Forderung nach mehr Prävention, welche Sie in dem Antrag aufmachen. Eine der besten Präventionen ist Bildung, und eine der besten Präventionen vor antidemokratischem Verhalten ist definitiv politische Bildung. Ihrem Wahlprogramm darf ich dann aber ausweislich Seite 8 entnehmen, dass Sie die Landeszentrale für politische Bildung abschaffen wollen. So viel Dreistigkeit muss man erst einmal besitzen.

Kurzum: Der Antrag ist im Wesentlichen Heuchelei der AfD und ein reiner Schaufensterantrag, der überdies nutzlos ist. Wir werden ihm nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Die AfD-Fraktion, Herr Dr. Dreher; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Plenum lebt! Das ist schön.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Wo fange ich an? Herr Lippmann, herzlichen Glückwunsch zur lippmannschen Hufeisentheorie! Ich glaube, die GRÜNEN hätten besser bei der Hufeisennase Platz gehabt.

(Beifall bei der AfD)

Da kennen Sie sich ja aus, an der Elbe, beim Verkehrbehindern.

(Zuruf von der AfD: Oh!)

Kollege Homann von der SPD: Zu Ihrem Antrag Linksextremismus sage ich Ihnen als Jurist: Linksextremismus ist strafrechtlich gesehen kein Antragsdelikt. Und dem Kollegen Richter kann ich nur sagen: Ja, Sie haben recht. Sie haben ein anderes Weltbild gezeichnet: das der SED. Sie haben wohl die Wende verschlafen?

(Heiterkeit bei den LINKEN – Anja Klotzbücher, DIE LINKE: Ach!)

Dann kommen wir zur Sache. Im letzten Februar besetzten vorgebliche Asylbewerber den Theaterplatz in Dresden vor der Semperoper. Sie errichteten verbotenerweise ein Asylcamp, bauten Zelte auf, eine Küche, Toiletten, Sitz- und Schlafgelegenheiten. Sie nannten sich „Refugee Struggle Dresden“ und forderten die gleichen Rechte wie deutsche Staatsbürger, kritisierten die Asylpolitik, wandten sich gegen die Abschiebung unanfechtbar abgelehnter Asylbewerber, wollten das Recht zur freien Wohnungswahl, lehnten Gemeinschaftsunterkünfte ab und beklagten – kein Wunder für mich – Probleme mit den Ausländerbehörden und den Gerichten.

(Zuruf des Abg. Mirko Schultze, DIE LINKE)

Unterstützung erhielten sie am Wochenende von dreieinhalbtausend Menschen, die, wie diese Platzbesetzer, aus ganz Deutschland angereist waren, sowie von den beiden

SPD-Staatsministerinnen Frau Köpping und Frau

Dr. Stange, letztere bekanntermaßen Dresdner Oberbürgermeisterkandidatin. Die GRÜNEN in Gestalt von Herrn Zschocke lobten die Aktion. „Der Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland muss menschlicher werden“, ließ er sich zitieren.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Das stimmt auch!)

Später stellte sich heraus, dass die vermeintlichen Asylbewerber gar keine waren, sondern ortsfremde Krawallreisende, die dasselbe Schauspiel bereits im bayerischen Amberg veranstaltet hatten.