Protocol of the Session on June 18, 2014

Herr Kollege, ich sehe das Auslaufen der Frist eher als Chance, nämlich als Chance dafür, dass Familienmitglieder in diese alten Verträge eintreten können, dass neue Pachtverträge abgeschlossen werden können und dass seit Jahren ungenutzte Grundstücke – die gibt es nämlich auch – endlich wieder genutzt werden können. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Frau Schüßler für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Bundesrat am Freitag, dem 13. Juni, einem verlängerten Kündigungsschutz für Wochenendhäuser zugestimmt hat, könnte der Antrag der LINKEN vom 4. Juni eigentlich für erledigt erklärt werden. Beschlossen wurde zwar nur eine Verlängerungsfrist von drei Jahren statt zehn, wie im Antrag Punkt 3, aber Sachsen hat die Brandenburger Vorlage unterstützt, und eventuelle Abrisskosten sollen auch gerechter zwischen Datschenbesitzer und Grundstückseigentümer

aufgeteilt werden. Da bleibt von Ihrem Antrag eben nicht mehr viel übrig. Dafür haben Sie ja nun den Änderungs

antrag, um sozusagen Ihr Anliegen zu erklären, zu aktualisieren und noch einmal zu untersetzen.

Etwas merkwürdig fand ich die Begründung des Brandenburger Justizministers Markov, auch LINKE, der die Dreijahresfrist damit begründete, dass es „sehr viel ältere Leute gibt, die sie noch nutzen“. Damit hätte man auch sehr gut eine zehnjährige Verlängerung begründen können; denn es ist kein Geheimnis, dass ein Großteil der Wochenendhäuser von älteren Leuten, rüstigen Rentnern oder Vorruheständlern, genutzt wird.

Hier erscheint uns die im Antrag Punkt 3 vorgeschlagene Zehnjahresfrist für kommunale und Freistaatsgrundstücke sinnvoller und deshalb werden wir den Antrag auch nicht ablehnen, obwohl er sich in Teilen schon erledigt hat. Wir enthalten uns.

(Beifall bei der NPD)

Das war die erste Runde der allgemeinen Aussprache. Ich frage, gibt es Wortmeldungen für eine zweite Runde? – Dem ist nicht so. Möchte die Staatsregierung das Wort ergreifen? – Herr Staatsminister Dr. Martens, Sie haben das Wort.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Er nimmt seine Parlamentsrede von der letzten Legislatur!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wie sich die Fraktionen hier gegenseitig immer vorwerfen, der aktuell vorliegende Antrag sei in reiner Wahlkampfabsicht gestellt worden. Natürlich wird die Antragstellerin in diesem Fall ebenfalls eine derartige Unterstellung mit Ekel und Abscheu zurückweisen. Meine Damen und Herren, aber aus Sicht der Staatsregierung ist das schon auffällig, wenn – in gewissen zeitlichen Abständen zwar, aber komischerweise just immer im Zusammenhang mit Wahlkämpfen – dieselben Anträge gestellt werden.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Niemand hat die Absicht, Wahlkampf zu betreiben!)

Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist das Gegenteil von dem, was er vorgibt zu sein. Er ist nämlich nicht ausgewogen. Er bevorzugt einseitig die Grundstücksnutzer und nimmt gegenläufige Interessen der Grundstückseigentümer nicht einmal wahr.

Herr Kollege Bartl, wenn Sie diesen Antrag damit begründen, dass im Schuldrechtsanpassungsgesetz in Artikel 231 § 4 EGBGB die Umdrehung eines sachrechtlichen Grundsatzes beabsichtigt gewesen sei, so ist dem zu widersprechen.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

Mit dieser Regelung wurde lediglich eine Überleitungsregelung, eine temporäre Kollisionsnorm, geschaffen, die es ermöglichen sollte, die an und für sich nichtvereinbare Konstruktion der Nutzungsrechte nach DDR-Recht mit

dem Grundgesetz kompatibel zu machen, indem man sagt, es gibt eine Überleitungsphase. Was Sie hier wollen, ist nicht die Überleitung, sondern die Perpetuierung, das heißt die letztlich auf unabsehbare Zeit weiter fortgeschriebene Beibehaltung einer Rechtskonstruktion, die dem Eigentümer – und das ist das Perfide daran – nicht das Eigentum selbst weggenommen hat, sondern es formal bestehen ließ, aber durch den Umfang und die Ausgestaltung der Nutzungsrechte praktisch wertlos gemacht hat.

Das ist auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes so nicht möglich.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Herr Dr. Martens, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Die gestatte ich.

Dann Herr Bartl, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Staatsminister! Geben Sie mir recht, dass das bei den Eigenheimen grundsätzlich nicht anders war? Dort fiel auch das Eigentum am Gebäude und das Eigentum am Boden auseinander, und der Gesetzgeber hat letzten Endes gesagt – trotz BGB, trotz geltendem Recht der Bundesrepublik Deutschland –, wir geben den Eigentümern des Eigenheimes die Möglichkeit, den Boden zuzukaufen. Warum soll das für Datschenbesitzer etwas völlig Undenkbares sein?

Sehr geehrter Herr Kollege Bartl, lassen Sie sich bitte einmal die Nebelkerze aus der Hand nehmen.

(Heiterkeit bei der FDP)

Der Unterschied der rechtlichen Regelungen im Sachenrechtsbereinigungsgesetz und im Schuldrechtsanpassungsgesetz folgt sogar der unterschiedlichen Ausgestaltung der Nutzungsrechte im DDR-Recht. Die Nutzungsrechte für Wohngrundstücke waren formal mit Nutzungsurkunden verliehene förmliche Nutzungsrechte, die praktisch eigentumsgleiche Befugnisse für den Inhaber der Nutzungsrechte – dieses war vererblich – einräumte.

Demgegenüber waren die ausgestellten Nutzungsrechte privatschriftlich möglich – sie waren bisweilen zu registrieren, aber es waren privatschriftliche Urkunden über Nutzungsverträge für Erholungsgrundstücke – und hatten eine ganz andere Qualität. Sie waren nämlich eher schuldrechtlich ausgestaltet, während die zivilrechtlichen Nutzungsrechte für Eigenheimgrundstücke eine deutliche sachenrechtliche Komponente hatten, und dem hat sowohl der Einigungsvertrag als auch die Folgegesetzgebung in der Bundesrepublik Rechnung getragen.

Bitte versuchen Sie nicht, die Menschen zu verwirren und auf ihre Unkenntnis zu bauen, wenn Sie jetzt auf einmal

herkommen und Nutzungsrechte an Eigenheimen mit Nutzungsrechten an Datschen und am besten noch – wie von Ihnen genannt – Nutzungsrechten an Garagen in einen Topf werfen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Wenn ich höre, dass Ihnen die Garage genauso lieb gewesen ist wie Ihre Datsche, dann möchte ich nicht wissen, wie Ihre Datsche ausgesehen hat.

(Allgemeine Heiterkeit)

Um es noch einmal klarzumachen: Wir sollten uns schon der Mühe hingeben zu differenzieren zwischen Eigenheim, Datsche und Garage, lieber Herr Kollege Bartl. Dass manches im realen Sozialismus ziemlich ähnlich ausgesehen hat,

(Heiterkeit bei der FDP)

dürfte allerdings heute nicht mehr von Belang sein.

Meine Damen und Herren, seit 20 Jahren tariert das Schuldrechtsanpassungsgesetz die Interessen von Nutzern von Erholungsgrundstücken und ihren Eigentümern aus. Beide Seiten haben sich jetzt zwei Jahrzehnte lang auf die Rechtslage einstellen können. Das Bundesverfassungsgericht hat das Regelungssystem 1999 überprüft und Benachteiligungen festgestellt – allerdings nur für die Grundstückseigentümer. Dort hat der Gesetzgeber notwendige Korrekturen vorgenommen. Brandenburg hat jetzt – zweifelsfrei im Vorwahlkampf und ohne Erörterung mit den anderen ostdeutschen Ländern –

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Na so was!)

eine Gesetzgebungsinitiative gestartet, die die Rechte der Grundstücksbesitzer stärken soll. Ich bin skeptisch, ob die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes überhaupt eine solche Neujustierung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes zulässt, und damit bin ich nicht allein. Die brandenburgischen Vorschläge hat DIE LINKE übrigens 2010 in den Bundestag eingebracht, und diese sind dort einhellig von CDU, SPD, GRÜNEN und FDP abgelehnt worden. Der Sächsische Landtag – Sie werden sich daran erinnern – hat einen vergleichbaren Antrag schon 2006 abgelehnt.

Im Rechtsausschuss des Bundesrates hat auch das Bundesjustizministerium den Entwurf aus Brandenburg abgelehnt und darauf verwiesen, dass die derzeitige Rechtslage durchaus für einen angemessenen Ausgleich der Rechtsinteressen geeignet ist.

Unabhängig davon besteht gar kein Anlass für gesetzgeberischen Aktionismus, weil die Datschennutzungsverträge 2015 – anders, als von Ihnen hier suggeriert – gar nicht automatisch auslaufen; sie werden nur kündbar.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Richtig!)

Da kommt schon wieder die gleiche Methode ins Spiel, die Sie bei den Garagen angewendet haben. Sie sind am Samstagvormittag durch Garagensiedlungen gestrichen und haben den Leuten erzählt, am 03.10. ist alles vorbei,

dann müsst ihr eure Autos auf die Straße stellen, weil die Nutzungsverträge auslaufen. Nein, sie waren nur kündbar. Und was ist passiert? In den meisten Fällen gar nichts, es hat nämlich keiner gekündigt.

Das Gleiche wird auch mit der Mehrzahl der Datschenverträge passieren, sollte eine Kündigung ab 03.10.2015 möglich sein.

Gleichwohl hat sich Sachsen im Bundesrat entschlossen, wie Sie am letzten Freitag bemerkt haben – auf Wunsch des Koalitionspartners, das sage ich ausdrücklich dazu –, sich dem brandenburgischen Vorschlag anzuschließen. Das ist etwas ganz anderes als das, was Sie hier vorlegen. Bei Ihnen geht es nämlich nicht um eine dreijährige Verlängerung, sondern es ist von einer „zunächst“ Verlängerung die Rede, meine Damen und Herren. Sie überbieten das, was Brandenburg gebracht hat, und zwar in ziemlich unschöner Weise. Wie lange soll eigentlich nach Ihrer Auffassung den Eigentümern der Zugriff auf das eigene Grundstück verwehrt bleiben? Der Antrag verrät es gar nicht. Stattdessen steht dort kryptisch nur „zunächst bis 2018“. Ja, und dann zunächst wieder bis 2028 und dann vielleicht bis 2038?

Meine Damen und Herren, das ist die Fortführung eines Rechtszustandes, der einer geordneten und dem Grundgesetz entsprechenden Rechtslage widerspricht. Darüber hinaus verstoßen Sie gegen die Interessenausgleichsgrundsätze. Sie wollen grundsätzlich den Eigentümer des Grundstücks für die Kosten des Abrisses zahlen lassen und auch noch – jetzt wird es besonders interessant – ein Ankaufsrecht des Nutzers statuieren. Zu welchem Preis? Das verschweigen Sie in Ihrem Antrag allerdings. Es wäre aber interessant, das zu erfahren. Die Stunde der Offenbarung ist dann erreicht, wenn Sie der eigenen Wählerschaft klarmachen müssen, dass das Grundstück nicht zu DDRPreisen, sondern nur zum amtlichen Verkehrswert erworben werden kann. Die Stimmung wird garantiert ziemlich eingetrübt sein, wenn Sie das gestehen müssen. Deswegen steht es in Ihrem Antrag auch nicht drin. Das wäre aber fair gewesen.

Meine Damen und Herren! Ich habe es schon dargestellt: Eine Datsche ist etwas anderes als das selbst genutzte und selbst gebaute Einfamilienhaus mit einem Nutzungsrecht. Für Letzteres hat man eine andere Lösung gefunden: Der Eigenheimnutzer hat das Recht, das Grundstück zu erwerben, um seinen Lebensmittelpunkt zu sichern. Eine Datsche ist in aller Regel nicht der Lebensmittelpunkt.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Ein Refugium!)