Protocol of the Session on June 18, 2014

Weiter sieht dieses Änderungsgesetz vor, dass nach der aktuellen Gesetzeslage bestehende Regelungen zur Tragung von Abbruchkosten korrigiert werden. Das jetzt geltende Recht hat ja eine außerordentlich fragwürdige Regelung – dergestalt, dass, wenn der Eigentümer des Bodens den Vertrag kündigt und den Abriss der Datsche wünscht und der Vertrag bis 2022 endet, die entsprechenden Abrisskosten vom Grundstückseigentümer übernommen werden. Endet der Vertrag in den letzten drei Monaten des Jahres 2022, werden die Abbruchkosten zwischen den Eigentümern des Bodens und des Gebäudes geteilt, und bei einer Vertragsbeendigung ab Januar 2023 soll dann nach geltender Gesetzeslage der Grundstücksnutzer sämtliche Abbruchkosten selbst tragen.

Sehr berechtigt hat der den Gesetzentwurf für das Land Brandenburg am 23. Mai 2014 im Bundesrat einbringende Justizminister Dr. Helmuth Markov in der Einbringungsrede festgestellt – ich zitiere –: „Dieser Regelung wohnt kein gerechter Interessenausgleich inne. Ich glaube, das war ein gesetzgeberisches Versehen, das kann man auch anhand der Termine oder Fristen durchaus nachvollziehen. Die Überleitung ist hier misslungen und sollte korrigiert werden. Die Kosten für den Abbruch eines solchen Hauses sollte grundsätzlich der Eigentümer dieses Grundstückes tragen. Diese Regelung ist angemessen, weil an den Grundstückseigentümer auch die Baulichkeiten fallen, die der Nutzer aus eigenen Mitteln errichtet hat.“ – So weit aus der Einbringungsrede des brandenburgischen Justizministers.

Inzwischen hat der Bundesrat in seiner 923. Sitzung am 13. Juni 2014, mithin vor fünf Tagen, diesen Gesetzentwurf des Landes Brandenburg angenommen, zu unserer angenehmen Überraschung nunmehr auch mit der Zustimmung des Freistaates Sachsen, in der Sitzung höchstpersönlich vertreten durch den Ministerpräsidenten und Herrn Staatssekretär Erhard Weimann, langjähriger, auch von uns sehr geschätzter Fraktionsgeschäftsführer der hiesigen CDU. Letzterer brachte im Übrigen laut Wiedergabe in der Internet-Berichterstattung des MDR die Sache

auf den Punkt, als er erklärte, dass ein längerer Kündigungsschutz bei Datschen gerechtfertigt sei; denn – so Zitat Erhard Weimann – „eins ist auch klar: Was passiert, wenn der Kündigungsschutz Ende 2015 ausläuft? Dann werden natürlich die Eigentümer die Herausgabe des Landes einschließlich der Gebäude verlangen.“

Wie sich erklärt, dass der Freistaat Sachsen nunmehr zu der bemerkenswerten Einsicht gelangt ist, dass den Datschengrundstücken in den neuen Ländern auch heute noch ein besonderer sozialer Stellenwert zukommt, sodass der Zeitraum der Überleitung verlängert und die Folgen einer Beendigung der Nutzungsverhältnisse abgemildert werden müssen, darüber können wir nur spekulieren.

Eine Variante ist, dass der Ministerpräsident eine begrüßenswert abweichende Rechtsauffassung vom Staatsminister der Justiz hatte, der den Gesetzentwurf – wenn dem nicht so ist, bitte ich, es zu dementieren – in der Sitzung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses für Sachsen noch verworfen hat. Oder Stanislaw Tillich ist im Hinblick auf den 31. August 2014 wirklich der gewieftere Wahlkämpfer. Als geborener Ostdeutscher weiß er natürlich um die Sensibilitäten, die sich auf das Datscheneigentum richten. Das hat selbst das Bundesverfassungsgericht 1999 mit einem wunderbaren Satz in der Urteilsbegründung belegt. Es sagte nämlich darin bei der Gegenüberstellung von Kündigungsschutz, Garagen und Datschen: „Garagengrundstücke dienten“ – also anders als Wochenendgrundstücke – „nicht als Refugium für einen privaten Freiraum im sozialistischen Alltag.“

(Elke Herrmann, GRÜNE: Das haben Sie aber in der letzten Legislaturperiode bestritten!)

Ja, das sage ich doch. Ich war immer ein großer Fan, auch von Garagen; das habe ich ja gesagt. Ich habe meine Garage mindestens genauso geschätzt wie das Wochenendhaus – das habe ich nicht, ich habe nur einen Kleingarten.

(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Weil der Trabi anfälliger war!)

Weil der Trabi anfälliger war. Ich hatte sogar eine Garage, bevor ich einen Trabi hatte, und meinen Termin für das erste Elaskon-Einbringen nach 13 Jahren Wartezeit, das gebe ich ja zu, das bestreite ich doch nicht.

(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Ja, Sie hatten eine!)

Eine weitere Möglichkeit für den Sinneswandel im Abstimmungsverhalten könnte natürlich auch sein, dass wir just zwischen der Sitzung des Rechtsausschusses im Bundesrat und der Beratung des Brandenburger Gesetzentwurfes unseren Antrag eingebracht haben, dass also etwas „Dampf auf den Kessel“ gekommen ist, in diesem Fall auf den sächsischen Kessel, nach dem Motto: „Opposition wirkt“.

Wie auch immer: Was uns veranlasst, den Antrag heute mit einem Änderungsantrag zu Ziffer II aufzurufen, zu behandeln und darüber abstimmen zu lassen, ist, dass wir sicher sein wollen, dass es keine Umkehr in der jetzt

bezogenen Position des Freistaates Sachsen gibt, dass dieser Gesetzentwurf tatsächlich, wenn er irgendwann im Herbst im Bundestag zur Behandlung kommt, den Segen von Sachsen hat – deshalb auch unser Änderungsantrag zu Punkt 2 der Ursprungsfassung, mit dem begehrt wird, dass sich Sachsen mit allem Nachdruck gegenüber der Bundesregierung und dem Bundestag für eine zeitnahe und zügige Verabschiedung dieser Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes im Interesse der Nutzer von auch in hiesigen Gefilden gelegenen Datschen einsetzt.

Wir sind nicht ganz ohne Misstrauen, dass jenseits der Landtagswahltermine in den drei ostdeutschen Bundesländern die Stimmungs- und Meinungslage noch einmal kippen könnte. Insofern ist der Antrag auch ein Stück vorsorglicher Prävention. Das Heu ist hier noch nicht eingefahren.

Kurz einige Bemerkungen zu unserem Antrag.

Zu Ziffer I: Hier wollen wir etwas weiter gehen, als es der Gesetzentwurf von Brandenburg tut, weil wir der Auffassung sind, die Bindung an den Einigungsvertrag besteht. Es sollte überlegt werden, ob eine Regelung geschaffen werden kann, die dem vergleichbar ist, wie bei Eigenheimen vorgegangen wurde: dass die Möglichkeit für Datscheneigentümer besteht, deren Datsche auf fremdem Grund und Boden stand – da man zu DDR-Zeiten in der Regel den Boden nicht kaufen konnte –, ähnlich wie der Eigenheimbesitzer den Grund und Boden hinzuzukaufen, also eine entsprechende Regelung, die ihm vorzugsweise den Hinzukauf ermöglicht. Wenn das für Sie zu weit geht, würden wir beantragen, dass über die Punkte einzeln abgestimmt wird.

Was unserer Auffassung nach auf jeden Fall möglich ist und beim Garagenmoratorium auch möglich war, ist, dass wir – von uns in Ziffer III begehrt –, jedenfalls in den Fällen, in denen der Freistaat oder die Kommunen Eigentümer des Landes sind, auf dem Datschen stehen, darum bitten, dass es ein Moratorium geben soll, das auch über den 3. Oktober 2015 bzw., wenn es Gesetzeslage wird, über den 3. Oktober 2018 hinaus die Kommunen und den Freistaat Sachsen darum ersucht – bei den Kommunen müssen wir es empfehlen und darum bitten –, den Alteigentümern, die das Gebäude errichtet haben, das Nutzungsrecht weiter zu gewähren.

Zusammenfassend: Der Freistaat Sachsen und die Staatsregierung haben sich mit ihrem Abstimmungsverhalten im Bundesrat auf einen guten Weg begeben. Das begrüßen wir, dafür sind wir dankbar. Er muss aber auch konsequent zu Ende gegangen werden, und die Zustimmung zu unserem Antrag wäre das klarste Signal für alle rechtsbetroffenen Besitzerinnen und Besitzer von Datschen in Sachsen, eingeschlossen deren Familien.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Für die Einbringerin, die Fraktion DIE LINKE, war das der Abg. Dr. Bartl.

(Zurufe von den LINKEN: Ohne Doktor!)

Ohne Doktor? Oh pardon! Das klang aber so.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Wir schreiten in der Rednerrunde fort. Als Nächstes ergreift die CDU-Fraktion das Wort. Bitte, Herr Kollege Kirmes.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Gut gemeint ist das Gegenteil von gut“, das meinte schon Bertolt Brecht, und ich glaube, dass ich dieses Zitat schon als vorweggenommenes Fazit zu dem Antrag der LINKEN nehmen kann.

Ich möchte aber klarstellen: Die CDU hat sich stets für die Ausgewogenheit der Interessen und Rechte der Eigentümer auf der einen Seite, aber auch der Interessen und Rechte der Nutzer auf der anderen Seite eingesetzt, und ich bin der Meinung, dass das Schuldrechtsanpassungsgesetz selbst dies allein schon mit der Ausgewogenheit, der Differenziertheit und den langen Fristen belegt.

Der vorliegende Antrag lässt aber meines Erachtens mit seinen darin enthaltenen Forderungen die Sensibilität im Umgang mit dem Thema in puncto Ausgewogenheit des Interessenausgleiches zwischen Grundstückseigentümern und den jetzigen Grundstücksnutzern vermissen.

Die Forderung nach einer Fristverlängerung des Kündigungsschutzes kann man teilweise noch als gut gemeintes Anliegen ansehen. Insgesamt erweckt der Antrag jedoch den Eindruck, er passe kurz vor der Landtagswahl freilich gut in Ihr Konzept, da in Sachsen immer noch – und das ist zuzugestehen – eine nicht unerhebliche Anzahl von Erholungsgrundstücken existiert. Es werden wohl die gleichen sein, die 2002 an dieser Stelle mit 70 000 bis 80 000 Haushalten benannt worden sind und die in diesen Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes, für den der Kündigungsschutz am 3. Oktober 2015 ablaufen soll, fallen.

Nun, wer in den Umfragen nicht sonderlich gut wegkommt, versucht sein Image eben aufzupolieren. Uns ist das vorhin mit dem Antrag vorgeworfen worden, und hierzu möchte ich dies auch sagen. Sie selbst haben ja hier die Wahlen schon jetzt mit ins Spiel gebracht, Herr Kollege Bartl. Ich glaube aber, dass das mit dem angemessenen Interessenausgleich nichts zu tun hat.

Die Frage, den Kündigungsschutz gegebenenfalls um diese drei Jahre zu verlängern, hat wohl eher damit zu tun – das ist meine persönliche Meinung –, dass der Datschenbesitzer 20 Jahre lang einfach nicht wahrgenommen hat, dass er eben nur Nutzer des Grundstückes ist. Jetzt macht man nun deutlich ernst, in der jetzigen Frist – –

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Dafür kann er doch nichts!)

Natürlich kann er das, aber darauf muss ich nicht eingehen. – Nein, er hat es nicht wahrgenommen, und

jetzt muss man ihm klarmachen, dass es auch Eigentumsrechte gibt.

(Beifall der Abg. Iris Firmenich, CDU – Klaus Bartl, DIE LINKE: Für die Baulichkeit aber auch!)

Ja, für die Baulichkeiten, na klar.

(Klaus Bartl, DIE LINKE: Für die Gebäude auch!)

Das ist ja gerade der Grund, warum es zu dem Schuldrechtsanpassungsgesetz gekommen ist: dass man mit dem Einigungsvertrag eben nicht hopp oder topp gemacht hat, sondern dass man eine Regelung gefunden hat, die – auch zu den Garagen – differenziert.

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Aber wem ist es denn zu verdanken? Wir hatten rechtsstaatswidrige Rechtsgrundlagen aus den Zeiten vor 1989 und irgendwann müssen wir doch die Rechtsgrundlagen aus dem Grundstücksrecht zusammenführen. Das passiert mit diesem Schuldrechtsanpassungsgesetz und das differenziert sehr zu den Garagen im Verhältnis zu den Erholungsgrundstücken.

(Klaus Bartl, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Herr Bartl.

Vielen Dank, Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Kollege Kirmes. Geben Sie mir darin recht, dass im Einigungsvertrag vereinbart war, dass der Kündigungsschutz des Zivilgesetzbuches fortgilt und dass dies zwei Völkerrechtssubjekte vereinbart haben mit der Maßgabe, dass der damalige geborene Ossi davon ausgehen konnte, dauerhaft Eigentümer des Gebäudes zu sein, und das Nutzungsrecht des Bodens ihm die Sicherheit verleiht, dass er immer auf dem Grundstück bleiben kann?

Herr Kollege Bartl, Sie geben mir doch aber wohl auch darin recht, dass mit diesem Thema insgesamt in der Differenziertheit, die ich gerade angesprochen habe, sich auch das Bundesverfassungsgericht auseinandergesetzt hat und dass diese Regelungen, wie sie gefunden sind, vom Bundesverfassungsgericht nicht kritisiert und beibehalten worden sind.

Darf ich noch eine Frage stellen?

Bitte.

Kann das Bundesverfassungsgericht völkerrechtliche Verträge revidieren?

Darum geht es nicht. Es geht einfach darum, mit welchem Verbindlichkeitsgrad,