Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von 5 Minuten je Fraktion festgelegt. Ich beginne mit der CDU, danach folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft intensiv über den Umweltbericht 2012 gesprochen und ihn als umfassend, aber auch kritisch formuliert bewertet haben, habe ich mir jetzt vorgenommen, den Rest meiner Rede zu Protokoll zu geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist es ein Logo, ich rede, weil es nur einmal in diesen fünf Jahren einen Umweltbericht gibt, und da sollten alle meine Botschaften hören.
Auch Sie, Herr Kupfer; denn leider wiederholt sich Geschichte. 25 Jahre nach dem Ende der DDR wird mit Umweltinformationen wieder Politik gemacht. Das lässt sich am folgenden Umweltbericht nämlich sehr deutlich feststellen. Ich bringe gern zu Beginn einige Beispiele.
Beispiel 1, die Umweltallianz. Diese passt gut zur schöngeredeten Dauersendung aus dem Umweltministerium, zum angeblich kooperativen Umweltschutz, der Kooperationsansatz in der Umweltallianz würde durch zahlreiche Aktivitäten belegen, dass sich ökonomische und ökologische Belange prima vereinbaren. Konstatiert der Bericht zum Ende 2011 aber noch 1 000 Mitglieder in der Umweltallianz, sinkt deren Zahl kontinuierlich und beträgt aktuell nur noch 877 Mitglieder. Im Internet findet man keinerlei Aktivitäten aus den Jahren 2013 oder 2014. Die jüngsten Veranstaltungen datieren aus dem Jahr 2012, der letzte Newsletter vom September 2012. Irgendwie erscheint mir das Ganze nicht vital und zukunftsweisend.
Beispiel 2, Radon in Häusern. Auf der Homepage des Umweltministers finden sich Karten zum Beispiel zur Überschreitungswahrscheinlichkeit von Radon im Erdgeschoss in Aufenthaltsräumen von über 300 Becquerel je Kubikmeter. Das wird voraussichtlich der zulässige Grenzwert sein, festgelegt von der Europäischen Union.
In den Gebieten um Johanngeorgenstadt oder Schneeberg haben wir auch heute noch die bundesweit höchsten Radonkonzentrationen in der Luft. Wir wissen, dass Radon krebserregend ist und dass dort bemerkenswerte Krebsraten festgestellt werden. In Ihrem aktuellen Umweltbericht ist bei dem Thema die Rede von Experimentierkoffern für den Schulunterricht. Eine wirkliche Lösung wird nicht angepackt, wie ich aus vielen Kleinen Anfragen erfahren musste.
Beispiel 3, der Ausbau der Windenergie. Sprach man 1998 im Umweltbericht davon, dass bis 2005 die aus Windkraft erzeugte Energie auf 1 000 bis 1 500 Gigawattstunden anwachsen könnte – bei diesem Wert waren wir dann erst 2010 statt 2005 angelangt –, so tritt die Staatsregierung jetzt auch noch massiv auf die Bremse.
Die Folgen des „Baum-ab-Gesetzes“ für unser Land wären im Übrigen die Krönung des Ganzen. So viel zum Thema Berichterstattung durch Weglassen von Informationen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist an der Zeit, in diesen Umweltberichten Sonderkapitel für übergreifende Problembereiche einzuführen. Mein Vorschlag für diesen Bericht für dieses Jahr wären wahrscheinlich
die Auswirkungen der Braunkohleverstromung in Sachsen auf die Schutzgüter Luft, Klima, Wasser, Boden, Landschaft und Mensch.
Ich hätte dann darauf hingewiesen, wie infolge der zunehmenden Verstromung der sächsischen Braunkohle der Kohlendioxidausstoß angestiegen ist. Das ist seit einigen Jahren der Fall und insbesondere, seit der Emissionshandel quasi außer Funktion ist. Im vorliegenden Bericht wird das komplett ausgeblendet. Bei Bergbaufolgen werden die absehbar entstehenden Schäden ignoriert.
Zum Schutzgut Wasser hätte ich, da mir ja die neuen Braunkohlefolgenprobleme der Versauerung und der Verockerung in der Lausitz am Beispiel der Kleinen Spree seit spätestens 2008 bekannt sind, darüber berichtet, in welchem räumlichen und zeitlichen Umfang absehbar welche Schäden hinzunehmen sind und wie ich meinen Nachbarn Brandenburg und sein Schutzgebiet Spreewald vor nachhaltigen Schäden zu bewahren versuche. Der Problemkomplex tritt im Bericht jedoch, gemessen am Umfang der negativen und auch dauerhaften Veränderungen, nur untergeordnet in Erscheinung.
Auch hatte ich durch meine Rohstoffgeologen Kenntnis davon, dass die sächsische Braunkohle quecksilberreich ist, sodass das Kraftwerk Lippendorf im Jahre 2010 mit einem Ausstoß von 1 160 Kilogramm Quecksilber Spitzenreiter aller Industriebetriebe in Deutschland war. Wahrscheinlich hätte mich dann noch interessiert, ob denn diese 1 000 Kilogramm dauerhaft Auswirkungen über die Deposition auf das Schutzgut Boden und insbesondere auch Auswirkungen auf die dort lebenden Menschen haben kann.
Und, last but not least, hätte ich als Umweltministerin aus den vorgenannten Gründen auch versucht, in meiner Regierung einen schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohle bis spätestens 2040 hinzubekommen, damit ich keine weitere Devastierung oder Umsiedlungen von Menschen mehr verantworten muss, weil mir die negativen Umweltfolgen eben bekannt sind, die ich absehbar ansonsten nicht in den Griff bekommen kann oder deren negative Folgen dann noch länger anhalten werden.
All das kommt in diesem Umweltbericht nicht vor. Schade, dass Ökologie in Sachsen nicht den Stellenwert hat – eben auch 25 Jahre nach dem Ende der DDR nicht –, den sie verdient.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit relativer Klarheit zeigt der Umweltbericht 2012, dass wir in Sachsen im Bereich Umweltschutz noch einige Aufgaben vor uns haben. Das betrifft zum Beispiel die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Nur 6 % der Oberflächengewässer in Sachsen sind in einem guten ökologischen Zustand.
Ein weiterer Punkt ist der Erhalt der biologischen Vielfalt. Dazu müssen auch die natürlichen Lebensräume der Pflanzen und Tiere geschützt werden. In dem Bericht heißt es, dass nach derzeitigem Kenntnisstand im Freistaat Sachsen insgesamt 168 der 302 vorkommenden Biotypen gefährdet sind.
Im Vergleich zum letzten Umweltbericht 2007 wurden in diesem Bericht die Themen Klima und Energie zusammengefasst. Das ist an sich gut, denn beide Themen hängen ja miteinander zusammen, was jedoch Ihr Koalitionspartner anders sieht. Im Bericht heißt es, dass die energiebedingte CO2-Emission je Einwohner in Sachsen über dem Durchschnitt in Deutschland liegt. Hier sei mir ein kurzer Verweis auf das Energie- und Klimaprogramm der Staatsregierung gestattet. Die Staatsregierung hat hier ihr Ziel von ursprünglich 33 % des Anteils erneuerbarer Energien bis 2020 auf 28 % zurückgefahren. Wie die Klimaschutzziele erreicht werden sollen, bleibt im Nebulösen. Das ist aber auch kein Wunder bei einer FDPRegierung, die die Verantwortung des Menschen am Klimawandel leugnet. Voller Stolz schreibt die FDP im Wahlprogramm, dass sie in ihrer Regierungsverantwortung in Sachsen – Zitat – „die Abkehr von der einseitigen Betrachtung klimatischer Veränderungen im Zusammenhang mit menschlichen Ursachen wie dem CO2-Ausstoß“ erreicht hat. So ist es auch kein Wunder, dass das schwarz-gelbe Energie- und Klimaprogramm ein Sammelsurium von Unverbindlichkeiten bleibt.
Doch zurück zum Umweltbericht. Auch Abfall wird energetisch verwertet. Leider wird dieses Thema in dem Bericht nicht betrachtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine der großen Herausforderungen wird weiterhin die Reduzierung des Flächenverbrauchs sein. Leider kommt auch dieses Thema in dem Umweltbericht etwas zu kurz. Es findet sich nur als Verweis auf den Landesentwicklungsplan. Wir haben in diesem Plenum schon sehr oft darüber gesprochen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle kurz darauf verweisen, dass es sich hier um eine Querschnittsaufgabe handelt, insbesondere im Bereich der Infrastruktur. Querschnittsaufgabe bedeutet, es ist sowohl eine fachübergreifende Aufgabe als auch eine Aufgabe, die sich vertikal in den Planungsebenen bis hinunter zu den Kommunen erstreckt. Hier müssen wir in Zukunft mehr tun. Dabei müssen wir auch die Verflechtungen mit dem Waldausbau, der Landwirtschaft und dem Naturschutz beachten.
Abschließend möchte ich noch ein paar Sätze zur Umweltallianz und zum Naturschutz sagen. Meine Vorrednerin Frau Dr. Pinka hat bereits dazu gesprochen. Die Zahl der Unternehmen, die sich in der Umweltallianz beteiligen, wird im Bericht mit 1 000 angegeben. Tatsächlich sind es aber heute nur noch 877 Unternehmen. Die Gründe dafür müssen unbedingt untersucht werden. Möglicherweise muss die Umweltallianz attraktiver aufgestellt werden.
In der Ausschussbehandlung hat Herr Kupfer die große Bedeutung des ehrenamtlichen Naturschutzes hervorgehoben. Ich gehe einmal davon aus, dass er dies in seiner Rede wieder machen wird. Ja, ohne Ehrenamt kein Naturschutz. Die Leistungen, die die vielen engagierten Menschen erbringen, kann man nicht genug würdigen. Nur fehlt leider den verbalen Ehrbekundungen die praktische Umsetzung. Bei der Änderung des Naturschutzgesetzes hatten Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Möglichkeit, den ehrenamtlichen Naturschutz umfassend zu stärken. Das haben Sie aber nicht getan. Stattdessen haben Sie den Einfluss des ehrenamtlichen Naturschutzes auf ein Minimum beschränkt und die Wahrnehmung der Rechte erschwert. Verbesserungsvorschläge dazu haben nicht nur wir als SPD, sondern auch die anderen Oppositionsfraktionen unterbreitet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Frau Apostel, lassen Sie sich das von Ihren Kollegen nicht einreden. Wir sind keine Klimawandelleugner. Das machen wir nicht.