Vielen Dank, Frau Kollegin Köpping. Stimmen Sie mit mir überein, dass gerade zur Haushaltsbefassung in den letzten Jahren die Fraktion der GRÜNEN beim kommunalen Straßenbau, deren Situation Sie eben vorgetragen haben, gekürzt hat?
Sie wollten kürzen. Wir haben das ja, Gott sei Dank, mit unserer Mehrheit verhindert. – Stimmen Sie weiterhin mit mir überein, dass gerade die Mehrkosten an der Waldschlößchenbrücke durch die Umweltverbände, nämlich durch die Berücksichtigung der Hufeisennase, mit der Tempoüberwachung, herbeigeführt wurden?
Ich stimme natürlich nicht mit Ihnen überein, weil es bei dem Antrag der GRÜNEN, den auch die SPD in bestimmten Bereichen unterstützt hat, um Neubau ging.
Wir haben genau diese Frage gestellt. Deshalb gibt es ja die Kleine Anfrage, ob das Ministerium weiß, wie viel die Unterhaltung der Kommunal- und Kreisstraßen kostet. Wenn dieser Zusammenhang nicht hergestellt werden kann, muss man doch fragen, wie Sie die Kosten perspektivisch überhaupt berechnen können.
Fragen Sie doch in einer Kommune, die mittlerweile mit der Doppik umgeht und die Straßen und die Werterhaltung erfassen muss, wie es dann aussieht, wenn die Doppik in wenigen Jahren fertiggestellt sein und gegenübergestellt werden muss. Wenn dieser Überblick fehlt, dann kann man dort auch keine Entscheidungen treffen.
Was die Waldschlößchenbrücke betrifft, so gibt es dafür ganz klare rechtliche Vorgaben. Man kann sich lange darüber streiten, ob sie richtig sind oder nicht. Ich habe dieses Beispiel angeführt, weil es ein Neubau einer Brücke ist, die wiederum erhebliche Folgekosten hat. Nur deswegen habe ich sie hier angeführt.
Kommunalstraßen, das hatte ich gerade gesagt, können also ein Fass ohne Boden sein. Das zeigt gerade auch die Waldschlößchenbrücke, deren Kosten ich einmal aufgeführt habe.
Lassen Sie uns eine einfache Rechnung anstellen: Nimmt man die Kosten für den Unterhalt von Staatsstraßen, die laut Regierung bei 4 000 Euro pro Kilometer ohne Personalkosten liegen, und überträgt dies auf die Kreis- und Gemeindestraßen, so erhalten wir die unglaubliche Zahl von fast 120 Millionen Euro pro Jahr, die allein für den Unterhalt aufzubringen sind. Darin sind noch nicht die Kosten für die ehemaligen Staatsstraßen eingerechnet, die der Freistaat den Kommunen aufs Auge drücken will. 120 Millionen Euro für die Kommunalstraßen, 19 Millionen Euro für die Staatsstraßen und 29 Millionen Euro für die Bundesstraßen: Insgesamt kommen wir also auf sagenhafte 168 Millionen Euro allein für den Unterhalt.
Instandhaltung wird aber auch noch gebraucht, vor allem wenn man sich den Zustand der sächsischen Straßen ansieht. Verkehrsminister Morlok behauptete in einer Pressemitteilung vom 16. April, der Zustand der sächsischen Straßen hätte sich in seiner Amtszeit verbessert, und liefert, wenn auch versteckt, die entsprechenden Grafiken mit, die seine Behauptungen untermauern sollen.
Die Bundesstraßen, deren Unterhalt aus den Bundesmitteln bestritten wird, sind in erheblich besserem Zustand als die Staatsstraßen. Es stimmt: Bei den Bundesstraßen hat sich tatsächlich etwas verbessert. Aber noch einmal: Der Unterhalt wird aus Bundesmitteln finanziert. Ganz anders sieht es bei den Staatsstraßen aus. Ihren Unterhalt muss nämlich das Land bezahlen. Dort hat sich die Lage sogar noch verschlechtert. Mit Blick auf den Gesamtwert waren 2009 36,9 % in der schlechtesten Zustandsklasse. 2013 betrug der Anteil 41,8 %. Also hat sich der Zustand der Straßen um circa 5 % verschlechtert. Rechnet man den Warnwert mit hinzu, so befinden sich fast zwei Drittel der Staatsstraßen in der schlechtesten Zustandsklasse. So dreist muss man erst einmal sein, in seiner Pressemitteilung davon zu reden, dass sich der Straßenzustand verbessert hat, und eine Anlage mitzuliefern, die faktisch das Gegenteil beweist.
Fakt ist: Herr Morlok sagt die Unwahrheit; denn in Wirklichkeit gehen unsere Staatsstraßen zusehends vor die Hunde. Heruntergebrochen auf die einzelnen Landkreise wird das Bild noch schlimmer. In Mittelsachsen und im Erzgebirgskreis sind von 1 177 Straßenkilometern insgesamt 855 Kilometer in der schlechtesten Zustandsklasse. Am besten schneiden die Landkreise Plauen und
Zwickau ab. Dort sind „nur“ 46,7 % in der schlechtesten Kategorie. Ja, jetzt verstehe ich langsam, warum sich die Sachsen immer mehr Geländewagen kaufen. Denn ohne Geländewagen kommt man scheinbar kaum noch voran.
Der Verkehrsminister lobt sich und seine Koalition dafür, dass sie im Doppelhaushalt 2013/2014 rund 63 Millionen Euro für den Erhalt der Straßen ausgeben. Wenn das kein Tropfen auf den heißen Stein ist! Denn in den letzten 20 Jahren hat der Freistaat Sachsen allein für den Neubau von Straßen mehr als 16 Milliarden Euro investiert.
Das ist nicht genug, versucht doch der Minister bei der Anmeldung der EFRE-Mittel noch mehr Straßenneubau unterzubringen mit der hanebüchenen Begründung, dadurch würde CO2 eingespart. Glücklicherweise lässt sich die EU nicht immer für dumm verkaufen und hat diese Maßnahme aus dem Operationellen Programm gestrichen.
Allein dieser kurze Überblick über den Zustand unserer Straßen zeigt: Bevor die CDU und die FDP in ihren Wahlprogrammen immer weiter den Neubau von Straßen propagieren, müssen wir erst einmal den Instandhaltungsneubau auflösen. Ist die FDP wirklich die Stimme der Autofahrer, wie sie im Wahlkampf wirbt, wenn sie offensichtlich die Straßen zusehens verkommen lässt?
Fakt ist, wir brauchen keinen überdimensionierten Straßenneubau mehr, sondern wir brauchen eine systematische Erhaltungsstrategie.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Frau Köpping, wir kämpfen auch weiterhin für die Autofahrer, weil Mobilität in Sachsen für uns wichtig ist.
Frau Jähnigen, ich vermute, Sie haben ein Problem oder vielleicht auch ein Leiden. Dieses Leiden hat einen Namen, es heißt Autophobie.
Wenn irgendetwas vier Räder und einen Motor hat, ist es schon per se Teufelszeug und gehört eigentlich verboten. Sie haben dazu eine ganz andere Einstellung als wir: Sie wollen die Menschen erziehen und bevormunden. In Ihren Fantasien fahren ab übermorgen alle nur noch Eisenbahn, Fahrrad und mit dem ÖPNV. Schon beim Bus wird es ganz schwierig. Das dürften wir eigentlich schon nicht.
Das ist genau der Unterschied zu uns; denn wir wollen den Bürgern die Freiheit lassen, ihr Verkehrsmittel zu wählen und ein Verkehrsmittel zu wählen, das ihren Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Wir wollen sie nicht bevormunden und umerziehen, meine Damen und Herren.
Ich will klar sagen: Straßenbau ist kein Selbstzweck, auch nicht für uns. Straßen sind ein wichtiger Teil der öffentlichen Infrastruktur. Investitionen in Straßen sind auch Investitionen in Lebensqualität, in Verkehrssicherheit und wirtschaftliche Chancen gerade in unseren ländlichen Regionen. Mobilität ist heute überall gefragt: auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkauf oder wenn Sie am Wochenende einen Ausflug machen wollen. All das geht nicht ohne gut ausgebaute Straßen, meine Damen und Herren, auch wenn GRÜNE, LINKE und SPD das Gegenteil erzählen.
Ich weiß, dass für die GRÜNEN Straßenbau wirklich ein großes Feindbild ist. GRÜNE und Straßenbau ist ungefähr wie Fuchs und Hühner im Hühnerstall: Es passt, erstens, nicht zusammen und wenn es, zweitens, aufeinandertrifft, wird es kreuzgefährlich, meine Damen und Herren.
Ich erinnere daran, dass Sie die Mittel für den Staatsstraßenbau im aktuellen Doppelhaushalt gleich mal auf null setzen wollten. Null wäre kein einziger Meter Staatsstraße, der gebaut wird. Die Mittel für den kommunalen Straßenbau wollten Sie um 120 Millionen Euro reduzieren.
Meine Damen und Herren, als Großstadt-GRÜNER könnte ich das verstehen, aber es ist ein Schlag gegen die ländlichen Regionen in Sachsen, und so etwas werden wir niemals mitmachen, meine Damen und Herren.
Wenn Sie sehen wollen, was passiert, wenn man nicht mehr in Straßen investiert, dann können Sie einmal zu Ihren Kollegen – sie regieren ja dort gemeinsam – nach Nordrhein-Westfalen schauen. Dort haben sie mittlerweile wichtige Brücken über Bundesstraßen und teilweise über Autobahnen, die gesperrt oder massiv geschwindigkeitsreduziert sind.
Wenn man zulässt, dass Brücken gesperrt werden und Straßen verrotten, meine Damen und Herren, dann hat man den Bürgern in diesem Land und dem Wirtschaftsstandort einen Bärendienst erwiesen. Wir werden das nicht tun.