Protocol of the Session on May 21, 2014

men? Ein Pilotprojekt ist, glaube ich, noch keine Überbelastung. Wir reden überhaupt nicht davon, geschlechtergetrennte Haushalte aufzustellen. Sie haben überhaupt nicht begriffen, worum es geht.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein, gar nicht!)

Es geht um Wirkungsorientierung.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Jawohl!)

Wir reden manchmal von Outputsteuerung. So kann man es auch nennen.

Welche Wirkungen haben Haushaltsansätze? Welche Wirkungen haben die Geldströme? Sich das anzuschauen ist nicht nur eine Frage der Genderpolitik, sondern hat auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun. Welche Investition ist sinnvoll, welche nicht? Es geht um die Frage: Welche Wirkung, auch in der Frage Gender, hat ein Haushaltsansatz?

Ich nenne ein einfaches Beispiel, das vielleicht auch die Kollegen von der Union verstehen: Wenn sich Männer zusammensetzen und darüber beraten,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das nennt man Stammtisch!)

ob sie Sportpolitik machen und wie sie sie fördern wollen, werden sie wahrscheinlich ziemlich oft darauf kommen, dass Fußball ganz wichtig ist, weil sehr viele junge Männer Fußball spielen. Aber was ist denn mit den jungen Frauen, die meinetwegen Volleyball spielen? Oder vielleicht kann man es daran festmachen, dass man, wenn man den Fußballverein fördert, wenigstens dafür sorgt, dass eine Frauenmannschaft dabei ist.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Das sind ganz einfache Fragen, die sich aus der Lebenswirklichkeit ableiten.

(Zuruf von der CDU)

Beim American Football gibt es das vielleicht auch. Ich kenne mich damit nicht aus; Sie kennen sich da wahrscheinlich aus.

(Christian Piwarz, CDU: Wir spielen das einfach, wir machen es!)

Das ist umso besser. Das ist umso erfreulicher. Herr Piwarz, ich will Ihnen das nicht abstreiten. Ich versuche nur, bei Ihnen einen Denkprozess anzuregen.

Wenn wir darüber reden, pro Ministerium ein Beispiel zu setzen, eine wissenschaftliche Begleitung mit einer Steuerungsgruppe einzusetzen, dann ist das doch kein Teufelszeug. Dann wird damit auch nicht versucht, die Haushaltsführung des Freistaates Sachsen in Gefahr zu bringen und Tausende von Mitarbeitern mit sinnlosen Tätigkeiten zu beschäftigen.

Lasst uns dann in der Öffentlichkeit darüber reden, was für Erfahrungen wir gemacht haben, wie die Wirkungen dieser Ausgaben sind, ob es sinnvoll ist und wir das wollen. Wollen wir – um die Frage aufzunehmen – Frauen im ländlichen Raum halten? Es kann nicht falsch sein, öffentlich darüber zu beraten und zu sagen, dass wir vielleicht nachsteuern müssen.

Das ist das Wesen, der Kern und der Inhalt dieser Debatte, an der Sie leider vorbeidiskutiert haben. Ich kann Sie nur bitten: Wägen Sie Ihre Herzen!

Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. Das Bundeskanzleramt von Österreich gibt einen Leitfaden heraus, wie man so etwas machen kann. „Gender Budgeting – das Ziel der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern

Wirklichkeit werden lassen. Schritt für Schritt zum geschlechtergerechten Budget“.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE, hält kurz eine Broschüre hoch.)

Vielleicht gebe ich Ihnen das, Herr Staatsminister.

Wägen Sie Ihre Herzen. Stimmen Sie dem Antrag zu. Lassen Sie uns einen Schritt zur geschlechtergerechten Budgetpolitik im Freistaat Sachsen machen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Michel?

(Jens Michel, CDU: Wir haben alles gesagt.)

Gut. Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Fraktionen? – Das sieht nicht so aus. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Minister, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Gleichstellung der Geschlechter im Bereich des Staatshaushaltes stand schon mehrfach auf der Tagesordnung. Ich habe einfach einmal durchgeblättert, was hier in den letzten Jahren zu dem Thema schon gesagt worden ist. Im Grunde genommen wurde dieses Thema jedes Jahr einmal aufgerufen.

Gern möchte ich meinen Standpunkt wiederholen

(Antje Hermenau, GRÜNE: Dann müssen wir nächstes Jahr wiederkommen!)

und Ihnen erläutern, warum sich der Staatshaushalt nicht als zentraler Ansatzpunkt für Genderfragen eignet.

Im Staatshaushalt erfolgt grundsätzlich eine geschlechterneutrale Mittel- und Stellenverteilung als Spiegelbild der Fachpolitik des Freistaates Sachsen. Im Rahmen der Haushaltsaufstellung erfolgt keine quantifizierbare und formalisierte Berücksichtigung von Genderfragen oder auch von anderen Querschnittsaufgaben. Ich denke da an die Umweltorientierung oder die Familienorientierung. Alles das machen wir auch nicht. Eine Berücksichtigung dieser Aspekte würde zu einer Überfrachtung des Verfahrens führen und kann im Haushaltsaufstellungsprozess nicht geleistet werden.

Den zentralen Ansatzpunkt für Genderfragen stellt die auf Gesetzen beruhende Fachpolitik dar und nicht der Staatshaushalt. Das Haushaltsvolumen und die Verteilungswirkung ergeben sich nicht originär aus budgetären Entscheidungen, sondern sind größtenteils eine Folge von Fachgesetzen.

Zudem liegen derzeit keine relevanten Informationen über die Verteilung der geplanten Haushaltsmittel nach Geschlecht vor. Sie können auch nicht ohne Weiteres im Rahmen von Pilotprojekten generiert werden. Die Umsetzung des Antrages erfordert eine komplexe Analyse, wie

es auch im Antrag genannt wird, welche mit zusätzlichen Bürokratiekosten und einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden ist.

Darüber hinaus dürfen bei einer Beurteilung von Gender Budgeting die damit verbundenen Erhebungs- und Bewertungsprobleme sowie die geringe Aussagekraft nicht außer Acht gelassen werden. Geschlechterbezogene Haushalts- und Finanzdaten sind schwer zu erheben, sodass geschlechterspezifische Ausgaben zum Gesamthaushalt, wie es das Gender Budgeting vorsieht, kaum möglich sind.

Innerhalb des jeweils beschlossenen Haushaltes können die einzelnen Ressorts im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Leistungsstandards weitgehend frei über die Verteilung der Finanzmittel entscheiden. Hierbei kommt den fachpolitischen Gesichtspunkten und Querschnittszielen eine besondere Bedeutung zu. So werden zum Beispiel die geschlechterspezifischen Auswirkungen beim Erlass von Förderrichtlinien und Verordnungen jedes Mal geprüft und bewertet. Aus Sicht der Staatsregierung ist diese Prüfung im Bereich der Fachpolitik richtig verortet. Eine Vorprüfung innerhalb des Haushaltsaufstellungsprozesses führt zu keinem Mehrwert.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend ist nach der Auffassung der Staatsregierung der Ansatz des Gender Budgetings kein geeignetes Mittel, um das im Antrag verfolgte Ziel durchzusetzen. Ich bitte deshalb darum, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich rufe das Schlusswort auf. Frau Gläß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Michel, wir stimmen in einer Sache überein: Wir wollen einen langfristigen Strukturwandel. Das haben Sie richtig erkannt. Aber man muss auch einmal mit dem Strukturwandel anfangen. Wenn solche Forderungen der Lächerlichkeit preisgegeben werden, so ist das, denke ich, nicht der richtige Weg, um einen Ansatz dafür zu finden.

Es soll keine Symbolpolitik, sondern ein Einstieg in die Form der geschlechtergerechten Haushaltsführung sein. Das wurde auch von meinem Kollegen Scheel sehr gut dargestellt. Ich habe ihm zugeflüstert, er habe hier nach dem Motto argumentiert: „Wie sage ich es meiner CDU“. Man sagt ja sonst: „Wie sage ich es meinem Kinde“. Er hat es Ihnen sehr deutlich und mit einfachen Worten dargelegt. Vielleicht verstehen Sie es dann besser. Aber Sie wollen es eben nicht. Und wenn man etwas nicht will – das ist wie ein kleines Kind, das etwas nicht essen will –, dann macht man es eben nicht.

Die Kollegen der FDP haben die Gleichstellungspolitik wieder auf Familie, Kitas und Kinderbetreuung eingeengt. Das ist ein Ansatzpunkt, aber das ist nicht alles, was Gleichstellungspolitik ausmacht.

(Zuruf von der FDP: Das wäre aber schon wichtig!)

Wir haben es alle Jahre wieder angesprochen. Unterschiedliche Fraktionen haben diese Anträge immer wieder eingebracht.

Ja, es ist richtig: Bei der Datenerhebung sind wir nicht ein Stückchen weitergekommen. Diese Forderung wurde 2012 von den GRÜNEN aufgebracht, wenn ich mich recht erinnere. In anderen Anträgen haben wir es im Zusammenhang mit verschiedenen Rahmenprogrammen zur Gleichstellung eingefordert. Aber es wird immer wieder gesagt: Das machen wir nicht; das wollen wir nicht, und wir brauchen das nicht. – Bei EUFördergeldern wird es gefordert, sonst bekommt man diese Gelder überhaupt nicht. Herr Staatsminister, Sie haben es jetzt auch so dargelegt: Da sind die Förderrichtlinien und die Forderungen so, und wenn ich an die Knete will, dann mache ich es auch. – Aber wir sollten überlegen, ob es nicht doch einmal in Ansätzen probiert werden sollte. Wir sollten dann tatsächlich über eine Analyse

feststellen, ob es etwas gebracht hat. Aber wenn Sie von vornherein sagen, dass Sie schon wissen, dass es nichts bringt, und gar nicht erst an die Sache herangehen, ist das sehr einseitig und ein bisschen störrisch, möchte ich sagen.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich werde jetzt über den Antrag abstimmen lassen.