Protocol of the Session on April 10, 2014

Da wird zum Beispiel im Punkt 5.4 gefragt: Welchen Einfluss hat die Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie auf mögliche Bürokratieerleichterungen für das Handwerk? Die Frage, welche nachteiligen Auswirkungen diese EU-Richtlinie auf die heimischen Handwerksbetriebe haben könnte, fällt hingegen gleich einmal komplett unter den Tisch.

Insbesondere im Grenzbereich zu Polen und zu Tschechien, aber auch darüber hinaus stellt es unsere Handwerksbetriebe nämlich zunehmend vor Probleme, mit der Dumping-Konkurrenz aus Osteuropa Schritt halten zu können. Stattdessen muss sich der sächsische Handwerksmeister den in der Antwort der Staatsregierung enthaltenen freudigen Spruch anhören, dass die EUDienstleistungsrichtlinie es den Dienstleistern erleichtere, außerhalb ihres Herkunftsmitgliedsstaates Dienstleistungen anbieten und erbringen zu können.

Dass dies aber ohne jegliche nennenswerte Beschränkungen möglich ist, ist doch genau das Problem, und zwar nicht für den tschechischen oder den polnischen Malerbetrieb, der natürlich davon profitiert, sondern für die Betriebe auf sächsischer Seite.

Ein anderes Beispiel: Unter Punkt 6.9 heißt es: „Welche Chancen ergeben sich für das Handwerk in Sachsen durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit und mit welchen Ergebnissen ist hier zu rechnen?“ Es wird aber wieder einmal nicht nach den Gefahren gefragt, die sich aus der EUArbeitnehmerfreizügigkeit ergeben. So kann die Staatsregierung munter drauflosagitieren und verkünden, dass die Öffnung des Arbeitsmarktes für Lohndrücker aus Osteuropa und Armutsmigranten vom Balkan ganz tolle Chancen bietet, um bei der Stellenbesetzung auf einen größeren Bewerberkreis zugreifen zu können.

Na, das wird die deutschen Arbeitnehmer und vor allem die Arbeitslosen so richtig freuen, denn dieser Satz bedeutet doch letztendlich nichts anderes als zunehmende Arbeitsplatzkonkurrenz mit ausländischen Dumpinglöh

nern. Ob das sächsische Handwerk allerdings gut beraten ist, auf Billigdiscountarbeiter statt auf deutsche Facharbeiter, die dann auch von ihrem Lohn leben müssen, zurückzugreifen, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Apropos Fachkräfte: Natürlich darf in diesem Frage-undAntwortspiel auch der Gillo-Faktor nicht fehlen, denn – so verrät uns die Staatsregierung unter Punkt 6.6 – das heimische Fachkräfteangebot sei nur eine Quelle zur Deckung des Bedarfs der Unternehmen. „Deshalb“ – so heißt es weiter – „ist der Freistaat offen für die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte auch aus dem außereuropäischen Ausland.“

Dann kommt der erhobene Zeigefinger in Gillo-Manier, denn es heißt im Folgenden: „Nach der Liberalisierung des Zuwanderungs- und Aufenthaltsrechts braucht es eine entsprechende Willkommenskultur auch in den Unternehmen selbst. Der sächsische Mittelstand ist gefordert, sich qualifizierten Fachkräften aus dem Ausland zu öffnen.“

An dieser Stelle ist der sächsische Handwerksmeister dann erneut vollauf begeistert, dass ihm eben – vorsichtig formuliert – nahegelegt wird, doch bitte demnächst ein paar Maurer aus Nigeria oder Tischler aus Tunesien einzustellen. Interessanterweise teilt die Staatsregierung aber nicht mit, welchen Sinn diese Übung eigentlich haben soll. Ich wage, ganz ehrlich gesagt, auch zu bezweifeln, dass sich eine nennenswerte Anzahl von Fachkräften für das sächsische Handwerk aus der außereuropäischen Zuwanderung akquirieren ließe.

Diese wenigen von mir nur beispielhaft genannten Punkte zeigen schon, welchem Zweck diese Große Anfrage in Wirklichkeit dienen soll. Wir als NPD-Fraktion ziehen deshalb das Fazit, dass das vorliegende Papier zwar ein eindrucksvolles Beispiel schwarz-gelber Eigenwerbung und Propaganda ist, aber dem sächsischen Handwerk nicht ein Stück weiterhilft.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Ich rufe auf zur zweiten Runde. Mir liegt eine Wortmeldung von der CDU-Fraktion vor. Herr Abg. Heidan, bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbst wenn es 0 : 0 steht, haben wir zwei Tore gemacht:

(Zuruf von den LINKEN: Echt?)

das Handwerk, die Wirtschaftsmacht von nebenan.

(Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE: So logisch ist Politik?)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie kennen sicherlich die auffälligen Werbesprüche des deutschen Handwerks. Es ist schön, dass das Handwerk so toll Werbung für sich macht, denn, was Handwerker

täglich herstellen, wird täglich gebraucht. Es besteht ständig Bedarf an Nachschub. Der Schuster repariert abgelaufene Sohlen, der Bäcker backt Brot, die Schneiderin näht Kleider.

Fast hundert anerkannte Handwerksberufe in Deutschland – viele von ihnen sind hoch spezialisiert – tragen zu unserem Wirtschaftswachstum bei. Keine andere Berufssparte bietet eine solche Vielfältigkeit. Viele der Handwerksberufe können auf eine jahrhundertealte Tradition zurückgreifen. Viele Handwerksberufe sind teilweise ausgestorben, doch einige gibt es bis heute in fast unveränderter Weise.

Der Einzug der Technik und moderner Produktionsweisen hat vieles verändert. Maschinen übernehmen heute den größten Teil der ursprünglichen Handarbeit und ersetzen diese fast völlig, zum Beispiel beim Tischler. Doch besonders in einer hoch technisierten Welt gelangt Handarbeit immer wieder zu neuen Ehren. Wir brauchen den Handwerker mehr denn je, denn das Handwerk von heute hat sich hoch entwickelt. Wer kann heute noch einen Autoschlosser oder einen Heizungsbauer mit dem vor 50 Jahren vergleichen, meine Damen und Herren?

(Zuruf von der SPD)

Mit der Ihnen heute vorliegenden Großen Anfrage hat die Koalition die Leistungsfähigkeit sowie die Rahmenbedingungen für das sächsische Handwerk deutlich analysiert. Frau Köpping, bezüglich Ihres Redebeitrages kann ich eines sagen: Wir haben nicht nur ein wirtschaftspolitisches Papier für das Jahr 2014 erstellt, sondern wir haben bereits im Jahr 2010 dem Wirtschaftsarbeitskreis unserer Fraktion die wirtschaftspolitischen Thesen vorgelegt und in das Grundsatzprogramm der CDU unsere Wahlaussagen hineingeschrieben. Deshalb brauchen wir Ihre Hinweise weiß Gott nicht.

(Petra Köpping, SPD: Aber Sie haben sie nicht umgesetzt! – Stefan Brangs, SPD: Toll! Toll! Da habt ihr viel geschrieben! Was ist rausgekommen?)

Das sage ich Ihnen gleich, Herr Brangs.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Gar nichts!)

Das Handwerk in Sachsen konnte nach der Wirtschafts- und Finanzkrise einen wichtigen Beitrag zum Konjunkturaufschwang

(Stefan Brangs, SPD: Schwung!)

Konjukturaufschwung in der sächsischen Wirtschaft leisten. So beurteilen viele Handwerker in Sachsen laut einer Umfrage von „Creditreform“, dass drei Viertel der Firmen ihre Geschäftslage mit „gut“ bis „sehr gut“ einschätzen. Das sind 12 % mehr als im Vorjahr und weit mehr als 63 % des deutschen Mittels, so der Handwerkskammerpräsident Dietmar Mothes in der „SZ“ am 08.04.2014.

Auch das sind Erfolge einer mittelstandsfreundlichen Wirtschaftspolitik in den letzten 25 Jahren in Sachsen durch eine bürgerliche Regierung, meine Damen und

Herren. Ich will nur zwei Maßnahmen nennen: Wir haben für das Handwerk und den Mittelstand eine Politik gemacht, die das Handwerk unterstützt. Ich will Ihnen gern dabei auf die Sprünge helfen. Jetzt spitzen Sie die Ohren, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, wenn ich Ihnen sage, was wir getan haben.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Oh! – Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE: Wir sind ganz Ohr!)

Wir haben in den neuen Bundesländern den Handwerksbetrieben mit viel Unterstützung gut ausgebildete Facharbeiter zugeführt, indem wir mit unserer Mittelschule oder jetzt Oberschule, mit unseren Zulassungsbedingungen zum Abitur und mit der Stärkung der naturwissenschaftlichen Fächer und mit dem Berufswahlpass einiges getan haben.

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE: Das sieht die Handwerkskammer aber anders!)

Wir haben die Notenabwahl verhindert, was Ihre Partei in anderen Bundesländern wie eine Monstranz vor sich hergetragen hat.

(Zuruf von der SPD)

Wo haben wir noch geholfen? Ich sehe hierzu die Regeln – dazu haben meine Vorredner schon Ausführungen gemacht – zum Vergabegesetz.

Vergleichen Sie einmal die Vergabegesetze anderer Bundesländer mit unseren Vergabekriterien, das die Anbieter nicht gängelt, dann sehen Sie, was notwendig und wichtig ist. Das Wichtigste will ich nicht vergessen zu erwähnen: Wir haben im Haushalt für das sächsische Handwerk gute Ausgangsbedingungen geschaffen. Wo wird eine Investitionsquote von 18 % erreicht? – Hier in Sachsen mit einer vernünftigen Haushalts- und Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ja, an der Stelle kann man schon einmal klatschen. Das ist sicherlich ein Verdienst der bürgerlichen Regierungsparteien in den letzten Jahren.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Oh ja! Vor allen Dingen der CDU!)

Das muss man auch einmal deutlich sagen: Wir haben eben nicht die Verschuldungspolitik gemacht, so wie es Ihre Partei in anderen Bundesländern gemacht hat.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Ach!)

Wir haben mit der Großen Anfrage auch festgestellt, dass die Rahmenbedingungen für das sächsische Handwerk, insbesondere hinsichtlich der Bürokratie und der Kostenbelastung, zunehmend schwieriger geworden sind. Das will ich überhaupt nicht verheimlichen.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Koalition auf einen Entschließungsantrag geeinigt, in welchem die Staatsregierung gebeten wird, sich für die Verbesserung der

Situation des Handwerks einzusetzen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass zum Beispiel die Berufsnachfolge und der Fachkräftemangel durch zusätzliche Änderungen in der Rentenregel verschärft werden.

Auch der Mindestlohn – das haben meine Vorredner schon gesagt – wird die Ausbildungsbedingungen deutlich verschärfen. Wir appellieren für eine Mindestlohnregelung erst ab einer abgeschlossenen Berufsausbildung, also nicht vor Beendigung des 18. Lebensjahres. Frau Nahles hat es begründet, aber wir sehen das etwas anders.

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Auch das Thema der Schulabbrecher ist bezüglich der Demografieentwicklung in Sachsen noch lange nicht zu den Akten zu legen. Durch die individuelle Förderung und den Einsatz von Praxisberatern muss es uns gelingen, unsere jungen Menschen für eine Ausbildung zu interessieren, die ihren Interessen und Neigungen entspricht. Die Erfolgsaussichten am Arbeitsmarkt sind für viele eine Motivation, sich intensiver als bisher um einen Schul- und Ausbildungsabschluss zu bemühen.

Die praxisnahe Schulausbildung, besonders im Bereich der Oberschulen, sollten wir noch intensiver als bisher gemeinsam mit der sächsischen Wirtschaft und mit dem Handwerk entwickeln.

Ein weiteres Problem sehen wir als Wirtschaftspolitiker in dem Angriff der Bundes-SPD auf die bestehenden steuerlichen Regelungen. Auch das wurde hier schon angesprochen. Wir hoffen, dass uns unsere Vertreter in der Bundestagsfraktion von CDU und CSU bei den Bemühungen um den Erhalt der bestehenden Regelungen zur steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerksleistungen unterstützen werden. Wenn Frau Nahles meint, mehr Zöllner und Fahnder zur Verhinderung von Schwarzarbeit einsetzen zu müssen, sollte sie sich überlegen, ob es nicht besser wäre, dieses Geld für die Steuerersparnis den Bürgern zur Verfügung zu stellen, meine Damen und Herren. Ich glaube, das wäre die bessere Variante, die auch die Schwarzarbeit reduzieren lässt.