Falls das Wort gewünscht wird, hatten wir vereinbart, dass eine Redezeit von 10 Minuten je Fraktion nicht überschritten werden soll. Sie muss – das hatten wir heute früh schon deutlich gesagt – nicht unbedingt ausgeschöpft werden. Gibt es Redebedarf? – Bitte, Herr Kollege Bartl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich merke, dass ich hier auf große Freude und Aufmerksamkeit stoße.
Ich halte es für nicht ganz unproblematisch, dass ein Projekt, das insgesamt 149,5 Millionen Euro Kostenaufwand bereiten soll, wovon 82 Millionen Euro dem Freistaat Sachsen zufallen, ohne Debatte über die Runden geht. Die Unterrichtung ist letztendlich angelegt, um sich auf der Grundlage der SäHO eine Meinung zu bilden. Deshalb hatten wir den Redebedarf angemeldet. Ich will aber niemanden über Gebühr strapazieren und gebe meinen Redebeitrag ebenfalls zu Protokoll.
Vielen Dank. Das war Kollege Bartl für die Fraktion DIE LINKE. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Bitte, Frau Herrmann für die Fraktion GRÜNE.
hatte ich nicht unbedingt Redebedarf. Aber da er von anderen Kollegen hier angezeigt wurde, habe ich mir noch einmal Gedanken gemacht und einige Punkte aufgeschrieben. Aber ich denke, ich kann sie zu Protokoll geben.
Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen aus den Fraktionen, aber ich bin mir nicht sicher, was die Staatsregierung in diesem Zusammenhang vorhat.
Der Herr Staatsminister hat keinen Redebedarf. Wünscht die Berichterstatterin des Ausschusses, Frau Friedel, das Wort? – Das ist auch nicht Fall.
Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/14106 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei keinen Gegenstimmen und zahlreichen Stimmenthaltungen
wurde der Beschlussempfehlung des Ausschusses, Drucksache 5/14106, zugestimmt und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Wir sind schon mal dankbar, dass wir nach dem Procedere des heutigen Morgens jetzt die Chance haben, noch einmal über die Unterrichtung des Staatsministers der Justiz und für Europa zur geplanten gemeinsamen JVA der Länder Sachsen und Thüringen hier im Plenum reden zu können.
Immerhin handelt es sich um ein Projekt, für das von geplanten Gesamtbaukosten von 149,5 Millionen Euro ausgegangen wird, wobei der Anteil Sachsens bei 82 Millionen Euro liegen soll. So ersichtlich nicht aus der Unterrichtung selbst – merkwürdigerweise nicht –, sondern aus der Stellungnahme der Staatsregierung zu dem Antrag unserer Fraktion zu Drucksache 5/13744, der am gleichen Tag wie die Unterrichtung, nämlich am 26. März, im federführenden VREA behandelt und gestern in der Sammeldrucksache beschlossen worden ist.
Der Bau dieser Gemeinsamen JVA Sachsen/Thüringen ist bekanntlich nicht unumstritten – dies nicht allein wegen des leidigen Gezerres um die Standortfrage, die zuletzt in einer Art Schnellverfahren zugunsten des von der Stadt Zwickau selbst von Beginn an favorisierten Standortes Zwickau-Marienthal (Stadtratsbeschluss vom 30.08.2012) entschieden wurde und damit gegen den ursprünglich durch Beschluss der Kabinette von Sachsen und von Thüringen vom 15. Januar 2013 einvernehmlich ausgewählten Standort Zwickau-Pöhlau.
Die Erklärung hierfür, dass ein, wenn auch aus unserer Sicht unerklärlich spät, von beiden Staatsregierungen nochmals eingeholter Wirtschaftlichkeitsvergleich für Marienthal streitet, hat uns letztlich überzeugt. Wenngleich: Der Widerstand und die Proteste erheblicher Teile der Anwohner im Bereich des nunmehrigen Standortes Marienthal, der sich in der Sammlung von fast 10 000 Unterschriften zu einem Bürgerbegehren ausdrückt, das nur aus rechtsformalen Gründen scheiterte, wäre bei frühzeitiger, transparenter und entsprechend kommunizierter Entscheidung der beteiligten Staatsregierungen und der Stadt Zwickau vermeidbar gewesen.
Der Streit ging und geht auch um die Größe der JVA, den tatsächlichen Haftplätzebedarf, den die Rechnungshöfe beider Länder in eigenen Modellberechnungen als zu hoch angesetzt bewerten; ein Standpunkt, den wir nicht teilen.
Der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) hingegen behauptet, dass die geplante Haftplätzezahl nach § 1 des mit der Unterrichtung vorgelegten Staatsvertragsentwurfs zu niedrig gehalten seien. Der Vorsitzende des Bundesvorstandes des BSBD, Anton Bachl, erklärte Mitte März auch über die Medien, dass nach ihren Berechnungen bei Einstellung des in den Strafvollzugsgesetzen beider Länder verankerten Grundsatzes der Einzelhaftraumunterbringung von einem Bedarf von 60 Haftplätzen im Männervollzug allein für
Sachsen anstelle der jetzt im Vertrag vorgesehenen 450 auszugehen sei. Für Thüringen setzt der BSBD den Bedarf mit 400 Plätzen an.
Dem muss man nicht folgen, jedoch hätten wir heute gern noch einmal eine Stellungnahme des Staatsministers hierzu, eingeschlossen auch zur Forderung des BSBD, je eine neue große JVA in Sachsen und Thüringen zu bauen, jedenfalls aber im Falle der Errichtung der gemeinsamen JVA Zwickau-Marienthal jetzt bestehende Haftanstalten nicht, wie geplant, zu schließen.
Wir haben darüber hinaus zum Inhalt des mit der Unterrichtung vorgelegten Entwurfs des Staatsvertrages und der ihm angeschlossenen Verwaltungs- und Finanzierungsvereinbarung noch einige Fragen, einen gewissen Klärungsbedarf.
Da wäre erstens die Rechtsstellung und die gesetzliche Kompetenzgrundlage des Sächsischen Staatsvertrages, der in Artikel 6 des Staatsvertrages vorgesehenen Gemeinsamen Vollzugskommission, besetzt mit je zwei Vertretern der zuständigen Ministerien von Sachsen und Thüringen.
In der dem Staatsvertragsentwurf angehängten Verwaltungsvereinbarung soll nach § 5 Abs. 4 diese gemeinsame Vollzugskommission ermächtigt sein, im Rahmen ihrer Aufgaben nach Abs. 1 und unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen des Freistaates Sachsen „Vollzugs- und Behandlungsrichtlinien“ aufzustellen und Empfehlungen an den Leiter der gemeinsamen JVA auszusprechen. Diese Vollzugs- und Behandlungsrichtlinien sollen zudem expressis verbis „ermessensleitenden Charakter“ haben. Nun sieht aber das Sächsische Strafvollzugsgesetz weder ein derartiges Gremium vor, noch lässt sich aus diesem eine derartige Kompetenz zur Vollzugs- und Behandlungsrichtlinienfestsetzung herleiten.
Zweitens sehen wir eine Regelungslücke dahin gehend, dass der Staatsvertragsentwurf nichts dazu aussagt, welche Strafvollstreckungskammer für entsprechende Vollzugsentscheidungen – von § 109-Anträgen bis zur Bewährungsaussetzung – zuständig ist. Ist immer die STVK beim Landgericht Zwickau zuständig oder gibt es für sächsische bzw. Thüringer Gefangene eine gesonderte Zuständigkeit?
§ 78 a Gerichtsverfassungsgesetz besagt im Abs. 3 eindeutig: „Unterhält ein Land eine Anstalt, in der Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßnahmen der Besserung und Sicherung vollzogen werden, auf dem Gebiet eines anderen Landes, so können die beteiligten Länder vereinbaren, dass die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Anstalt zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat.“
Dass in Artikel 2 des Staatsvertragsentwurfes bestimmt ist, dass für die gemeinsame JVA „das Recht des Strafvollzugs des Freistaates Sachsen“ gelten soll, soweit nicht Bundesrecht Anwendung findet, erfasst o. E. die notwendig eindeutige Bestimmung der zuständigen STVK im Sinne von § 78 s GVG nicht.
Der Staatsvertrag zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg über die Errichtung und den Betrieb der gemeinsamen JVA Heidering hingegen hat hier einen klaren Artikel zur gerichtlichen Zuständigkeit (Artikel 2).
Fazit: Die Unterrichtung, über die wir jetzt reden, hat der Staatsminister der Justiz und für Europa mit seinem Schreiben vom 18. Februar 2014 an den Präsidenten des Landtages mit der Bitte um Behandlung nach § 10 Abs. 5 SäHO übersandt. Dieser wiederum besagt: „Die Staatsregierung gibt dem Landtag vor der Unterzeichnung von Staatsverträgen oder sonstigen Vereinbarungen mit dem Bund oder mit einem Land, soweit sie erhebliche haushaltsmäßige Auswirkungen haben können, rechtzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme.“
Vielleicht wären wir als Landtag hier besser beraten, eine tatsächliche Stellungnahme abzugeben, als die Unterrichtung nur, wie die Beschlussempfehlung des VREA in Übereinstimmung mit der des HFA lautet: „zur Kenntnis zu nehmen“.
Wenn da etwas holpert, wäre das, wenn der Staatsvertrag einmal unterzeichnet ist, der Landtag ohne Nachbesserungsmöglichkeit. Vielleicht sind wir in den Ausschussberatungen – das sage ich durchaus selbstkritisch – wirklich etwas zu lax mit dieser Unterrichtung umgegangen und lassen mangels tatsächlicher inhaltlicher Stellungnahme die eigene Staatsregierung im Regen stehen.
Nach langem Hin und Her über Standort, Haftplatzbedarf sowie generellen Bedarf nach einer neuen Justizvollzugsanstalt in Sachsen wurden nun offensichtlich die grundlegenden Entscheidungen getroffen, und die Unterzeichnung des Staatsvertrages sowie der zugehörigen Verwaltungsvereinbarungen steht unmittelbar bevor. Den Inhalt des Staatsvertrages nehmen wir mit dieser Unterrichtung zur Kenntnis.
Der Staatsvertrag sieht die Einsetzung einer Baukommission sowie einer Haushaltskommission vor. Es verwundert etwas, dass gemäß Artikel 3 Abs. 5 des Staatsvertragsentwurfes die Baukommission paritätisch eingerichtet werden soll, aber die Haushaltskommission gemäß Artikel 5 Abs. 4 des Staatsvertragsentwurfes hingegen nicht. Die Verwaltungsvereinbarung, die Bestandteil der Unterrichtung ist, sieht wiederum die paritätische Besetzung beider Kommissionen vor. Der Rechtsklarheit wegen sollte dies auch schon im Staatsvertrag eindeutig geregelt werden.
Weiterhin sieht der Staatsvertrag die Einsetzung einer gemeinsamen Vollzugskommission vor. Näheres soll auch hier eine Verwaltungsvereinbarung regeln. Diese ist allerdings nicht Gegenstand der Unterrichtung – im Gegensatz zur Verwaltungsvereinbarung für die Errichtung der Bau- und Haushaltskommission. Warum nicht?
Gemäß Artikel 3 Abs. 3 des Staatsvertragsentwurfs erstellen die Vertragspartner einvernehmlich eine quantitative und qualitative Bedarfsanforderung. Mit der quantitativen Bedarfsanforderung haben wir uns nun schon ausgiebig beschäftigt. Ich erinnere an die Unterrichtung des Sächsischen Rechnungshofes zum Haftplatzbedarf mit der
Zielrichtung, einen Neubau zu verhindern. Ich erinnere auch an eine Anhörung im VREA zum Thema Haftplatzbedarf. Nicht ganz nachvollziehbar erscheint mir nun die Zahl der für Sachsen geplanten Haftplätze von 400 im geschlossenen Vollzug sowie 50 Haftplätzen im offenen Vollzug unter Verzicht auf die Erweiterungsoption von 100. War es doch vor einem Jahr noch so wichtig, sich die Erweiterungsoption offenzuhalten, wird jetzt sang- und klanglos darauf verzichtet. Das erschließt sich mir nicht wirklich. (Stellungnahme Antrag DIE LINKE „Gemeinsame JVA Sachsen und Thüringen“, Drucksache 5/11205, März 2013: 330 im geschlossenen und 40 im offenen Vollzug plus Erweiterungsoption um 100 Haftplätze: Stellungnahme Antrag DIE LINKE „Gemeinsame JVA für Sachsen und Thüringen in Zwickau Marienthal“, Drucksache 5/13744, Februar 2014: 400 Haftplätze im geschlossenen und 50 Haftplätze im offenen Vollzug;