Protocol of the Session on March 12, 2014

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns alle sicher darüber einig, dass häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder grundsätzlich abzulehnen, anzuprangern und ihr entgegenzutreten ist. Aber auch gegen Männer, möchte ich hinzufügen. Denn glaubt man den Zahlen der Studie „Körperliche und psychische Gewalterfahrungen in der deutschen Erwachsenenbevölkerung“ des Robert-Koch-Instituts, waren – ich zitiere – „Frauen tendenziell häufiger Opfer. Jedoch waren sie signifikant häufiger Täterinnen von körperlicher und psychischer Gewalt im häuslichen Bereich.“

In Ihrer Antragsbegründung geht es aber wieder ausschließlich um Frauenschutzhäuser, von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder. Diese einseitige Sichtweise ist genauso bezeichnend für die einreichenden Fraktionen wie die vorgeschlagene Lösung, die Entgrenzung der Maximalförderung, bessere Personalschlüssel und – besonders typisch – in Punkt 3 e die angemessene Beteiligung der Kommunen.

Es sind doch immer die gleichen Stichworte, die in solchen Zusammenhängen auftreten: Rechtsanspruch, Vernetzung, Verstetigung, angemessene Finanzierung, Ausbau von Strukturen usw.

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich kurzfassen und auf die Stellungnahme der Staatsministerin verweisen. Rechtsansprüche sind keine praktikable Option, und vor dem Hintergrund unseres föderalen Systems sind auch bundesweit einheitliche Standards keine zufriedenstellen

de Lösung. Herr Krauß hat das schon ausgeführt. Aus unserer Sicht bieten die sächsischen Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen wie auch die Interventions- und Koordinierungsstellen gegenwärtig ausreichende Möglichkeiten, damit sich Frauen und Kinder in Notlagen an diese Hilfseinrichtungen wenden können.

Die Ursachen häuslicher Gewalt sind vielfältig. Die Zerstörung der familiären Bindungen, das Anwachsen bildungsferner Schichten, Drogenkonsum und Alkohol und auch der ungehemmte Zuzug nicht nur innerfamiliär gewaltbereiter muslimischer Bevölkerungsteile – all das findet natürlich auch seinen Niederschlag in häuslicher Gewalt. Selbstverständlich könnte man noch Hunderte von verschiedensten Einrichtungen optimieren, wenn mehr Geld zur Verfügung stehen würde. Aber wie in der Stellungnahme mehrfach erwähnt – das geht eben nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Wir werden den Antrag ebenfalls ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Frauen, die von Gewalt betroffen oder bedroht sind, und ihre Kinder brauchen unseren Schutz. Die Sächsische Staatsregierung kommt dieser Verpflichtung in erster Linie durch ein umfangreiches Hilfe- und Unterstützungssystem in nicht staatlicher Trägerschaft nach. Das funktioniert in Sachsen sehr gut, genau wie in anderen Bundesländern. Zwar haben die Bundesländer ganz unterschiedliche Regelungen zur Finanzierung der Frauenhäuser und Fachberatungsstellen; die Unterschiede sind aber nicht so groß, dass sie das Sozialgefüge beeinträchtigen.

Ich sehe deshalb nicht, dass die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine bundesgesetzliche Regelung gegeben sind. Im Gegenteil. Gerade die Unterschiedlichkeit oder die unterschiedlich gewachsenen regionalen Netzwerke sind die beste Voraussetzung für eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung der Hilfesysteme zur Bekämpfung häuslicher Gewalt.

(Beifall bei der CDU)

Denn Hilfe muss vor Ort funktionieren, ganz gleich, ob in der Landeshauptstadt oder in der Bundeshauptstadt.

Meine Damen und Herren! Die Sächsische Staatsregierung ist ihrer Verpflichtung auch mit dem „Landesaktionsplan zur Bekämpfung häuslicher Gewalt“ nachgekommen. Dieser Landesaktionsplan wurde von den Ressorts maßgeblich mitgestaltet, die im Lenkungsausschuss zur Bekämpfung häuslicher Gewalt vertreten sind. So kommen wir auch gemeinsam bei der Umsetzung der Handlungsempfehlungen unserer Verpflichtung nach –

SMS, SMI, SMJus und SMK. Ich füge hinzu: Eine bedarfsgerechte Versorgung mit Unterstützungsangeboten im ländlichen Raum verantworten wir gemeinsam mit den Kommunen, und auch das funktioniert gut.

Sehr wohl betreiben wir auch schon seit vielen Jahren eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, gleichwohl bleiben wir nicht an dieser Stelle stehen. Im SMS arbeiten wir gerade an einer Novellierung der Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit. Darunter fallen auch die sogenannten Projekte zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt. Dabei wird auch überprüft, ob Forderungen nach Erhöhung der Fördermittel gerechtfertigt sind; denn weder diese Forderungen noch die inhaltlichen Begründungen dafür sind neu.

Wir stehen in engem Kontakt zu den Frauenhäusern und Fachberatungsstellen, die uns von ihren Problemen berichten und selbstverständlich auch Lösungsvorschläge einbringen. Natürlich ist die finanzielle Beteiligung der Kommunen an der Sicherstellung der Hilfsangebote wünschenswert und notwendig, liegt aber nicht in unserer Regelungskompetenz.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kommen zum Schlusswort. Frau Abg. Gläß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Ministerin, von der Kürze her hätte Ihr Beitrag das Schlusswort sein können. Aber ich glaube, wir müssen trotzdem noch einmal das Wort ergreifen; denn, ja, wir sind zu vielen gemeinsamen und gleichen Feststellungen gekommen, sowohl vonseiten der Koalition als auch vonseiten der Opposition. Aber ich glaube, es sind sehr unterschiedliche Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen gezogen worden.

Es ist viel getan worden. Seit dem Gewaltschutzgesetz 2002 – Frau Neukirch hat das angesprochen – sind sehr viel mehr solcher Fälle von häuslicher Gewalt zur Anzeige gekommen. Wir haben es auch geschafft, im Laufe dieser Legislaturperiode den Wegweisungszeitraum von einer auf zwei Wochen zu erhöhen, was auch eine ganz schöne Zeit gedauert hat. Wir haben es im Freistaat geschafft, die Polizei zu sensibilisieren. Wir müssen auch weiter daran arbeiten, neue Tatbilder, zum Beispiel Stalking, immer mehr ins Bewusstsein der Bearbeiterinnen und Bearbeiter zu bringen. Die Kommunen sind eingebunden, aber die Kommunen – wie soll ich sagen – pfeifen auf dem letzten Loch. Sie sind in so viele Aufgaben eingebunden und wissen oft nicht, woher sie das Geld nehmen können.

(Starke Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Es ist gut, dass Frau Herrmann die Frage der behinderten Frauen noch einmal angesprochen hat. Hier werden in großem Maße noch Mittel notwendig sein, um überhaupt entsprechende Bedingungen zu schaffen, dass auch Behinderte den Zugang sowohl zu den Interventionsstellen als auch zu den Schutzeinrichtungen haben.

Wir warten nun auf die neue Förderrichtlinie, die Sie auch in Ihrer Stellungnahme angekündigt haben. Aber ich denke, Sie sollten die Forderungen bzw. auch unseren Antrag mit auf den Weg nehmen, um zu sehen, was alles in diese Förderrichtlinien aufgenommen werden muss.

Wir haben in den letzten Wochen viele Gespräche geführt. Ich bin in Frauenschutzhäusern gewesen. Ich habe mit Gleichstellungsbeauftragten gesprochen, und sie haben alle gesagt, dass es bitter notwendig ist, eine Veränderung beizubringen.

Im letzten Haushaltsplan wurde geringfügig gekürzt. Aber es ist in diesem Bereich gekürzt worden. Wir müssen sehen, dass es eine deutliche Erhöhung geben muss. Sonst wird weiter auf Verschleiß gefahren. Eines Tages sind dann diese Einrichtungen nicht mehr zu betreiben oder auch nicht mehr mit der entsprechenden Sicherheit zu betreiben.

Was die Betreuung und die Beratung gerade von Kindern anbelangt, so ist von vielen Seiten etwas dazu gesagt worden. Hier gilt es wirklich, ein dichtes Netzwerk zu betreiben. Aber wenn die Fragen der Jugendhilfe, wie wir es heute früh diskutiert haben, auch so hart an der Grenze gefahren werden, müssen wir sehen, dass wir diese Aufgaben nicht noch zusätzlich der Jugendhilfe aufdrängen können. Also, hier ist Handlungsbedarf angesagt, und ich denke, mit unserem Antrag könnten wir entsprechende Pflöcke einschlagen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich lasse über die Drucksache 5/13374 abstimmen. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist die Drucksache mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 12

Kinder stärken – Landesprogramm Schulsozialarbeit auflegen

Drucksache 5/13882, Antrag der Fraktion der SPD

Auch hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die SPD, danach folgen CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun Frau Abg. Neukirch von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich am Anfang, bevor Verwirrungen aufkommen, warum wir das Thema Schulsozialarbeit schon wieder aufrufen, auf unsere Gründe eingehen.

Die letzte Debatte zum Antrag der LINKEN im Juni vergangenen Jahres hat aus unserer Sicht nicht unbedingt für Klarheit gesorgt oder zu einer Verbesserung der Situation geführt. Die Ministerin konfrontierte den Landtag mit Zahlen von 2010, und dies angesichts der Tatsache, dass einige der Förderungsmöglichkeiten ausliefen bzw. auslaufen sollten. Daneben hat es in den vergangenen Monaten in anderen Bundesländern durchaus Ansätze gegeben, die darauf verweisen, dass eine Länderverantwortung für die Bündelung von Ressourcen und Standards durchaus sinnvoll ist, nicht nur in Thüringen, sondern auch in Rheinland-Pfalz – dort übrigens mit tatkräftiger Unterstützung der CDU –, die ausdrücklich auf die Landesverantwortung zu diesem Thema hinweisen.

Als dritten Punkt wissen wir, dass derzeit die Staatsregierung über ihre Haushaltsaufstellung berät. Wir sind der Meinung, dass ein Projekt wie eine flächendeckende Schulsozialarbeit genau in dieser Phase schon Eingang finden sollte.

(Beifall des Abg. Holger Mann, SPD – Unruhe im Saal)

Falls es noch von Interesse ist, würde ich gern weiterreden.

Wir sind der Meinung, dass bereits in der Haushaltsaufstellung der Staatsregierung dieses Thema Berücksichtigung finden sollte, weil es hier darum geht, dass ein gemeinsames Agieren von Sozial- und Kultusministerium erreicht werden soll. Natürlich wissen wir, dass die Finanzierungserfordernisse es verlangen, dass ein einheitliches Vorgehen innerhalb der Staatsregierung vorhanden ist, auch um erforderliche Sachverhalte gut bündeln zu können.

Wir diskutieren zum Glück in diesem Hause schon lange nicht mehr über den Sinn oder die Notwendigkeit von Schulsozialarbeit. Das haben die Debatten gezeigt. Schulsozialarbeit ist an jeder Schule, wo sie existiert, nicht mehr wegzudenken. Nein, wir diskutieren über zwei andere Punkte. Das ist erstens der Umfang und die damit verbundene Frage des Ausbaus von Schulsozialarbeit,

also die Frage, ob Schulsozialarbeit nur an Brennpunkten als Feuerwehr oder eben als sinnvolle Ergänzung des pädagogischen Konzepts für alle Schülerinnen und Schüler in Sachsen erforderlich ist. Wir diskutieren zweitens die Frage nach der Verantwortung für Schulsozialarbeit, die Frage also, wer nach welchen Kriterien Bedarfe feststellt, wer die Finanzierung vorhält und die Standards festlegt.

Unsere Antwort als SPD steht in diesem Antrag. Wir fordern ein Landeskonzept für alle Schülerinnen und Schüler in Sachsen.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Wir sehen die Aufgabe von Schulsozialarbeit nicht als Reparatur-, Feuerwehr- oder Fürsorgeleistung. Wir sehen Schulsozialarbeit als pädagogische Begleitung von Kindern und Jugendlichen, die zu einem gelingenden Aufwachsen beiträgt. Schulsozialarbeit handelt in öffentlicher Verantwortung und für die gute Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, daher auch der primäre Bezug zur Kinder- und Jugendhilfe.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Aus dieser Sicht haben alle Kinder in Sachsen einen Anspruch, unabhängig vom Wohnort oder vom Standort ihrer Schule und unabhängig davon, ob dieser als sozialer Brennpunkt gekennzeichnet ist oder eben nicht.