Ich gehe davon aus, dass damit erstmals rechtliche Rahmenbedingungen für genetische Untersuchungen am Menschen festgelegt wurden. Dieses Bundesgesetz soll den Missbrauch von sensiblen genetischen Daten und eine mögliche Diskriminierung verhindern. Das begrüßen wir. Dabei reagierte der Deutsche Bundestag auf die fortschreitende Entwicklung in Biologie und Medizin und setzte gleichzeitig Grenzen bei der Nutzung von Ergebnissen der molekularen Genetik.
Erstmals werden Rahmenbedingungen für Gentests am Menschen gesetzlich festgelegt. Die Regelungsinhalte reichen bis zu Normen der informationellen Selbstbestimmung. Der Arbeitgeber darf von Beschäftigten weder vor noch nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen, solche Erkenntnisse entgegennehmen oder verwerten.
Deshalb ist die Diskussion zum Gendiagnostikgesetz auch im Freistaat Sachsen – Herr Kollege Lichdi, auch im Freistaat Sachsen! – notwendig und richtig. Der Gesetzentwurf der GRÜNEN weist auf ein zu regelndes Anliegen in Sachsen hin. Wir sind gefordert, eine Gesetzeslücke zu schließen; denn das Gendiagnostikgesetz des Bundes enthält keine Regelungen für Beamte der Länder und Kommunen, für Richter der Länder sowie für Bewerber um diese öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse oder für Personen, die Dienstverhältnisse bereits beendet haben.
Der Sächsische Landtag ist befugt und gefordert, landesrechtliche Regelungen über genetische Untersuchungen und deren Verbot zu treffen. Diese Notwendigkeit kann
ich nochmals auch für die CDU-Fraktion, Herr Kollege Lichdi, deutlich bejahen. Fraglich ist jedoch, ob der Weg mit diesem Gesetzentwurf der richtige ist. Im Verfassungs-, Rechts- und Europausschuss haben wir uns auf einen anderen Weg verständigt.
Ja, dann bestätigen Sie es. Wir haben uns zumindest in einer Mehrheitstendenz auf einen Weg verständigt. – Die Einführung der notwendigen Normen soll im sächsischen Beamtenrecht erfolgen. Nach umfassender Beratung haben wir das der Regelung im Sächsischen Datenschutzgesetz, wie von Ihnen favorisiert, vorgezogen.
Auf einige Mängel, die Kollege Lichdi umgangen hat, möchte ich dennoch hinweisen. Mit § 37a – an und für sich einziger Regelungsinhalt des Gesetzentwurfs – wird die Regelungsmaterie in volle Abhängigkeit von der Regelung des Bundesgesetzgebers gebracht. Diese Form der dynamischen Verweisung auf einen gesamten Abschnitt, den Abschnitt 5, ist sehr weitreichend, zumal aus der Begründung des Gesetzentwurfs nur der Bezug zu den §§ 19, 20 und 21 hervorgehoben wird.
Die anderen Regelungsinhalte des Abschnittes 5 sind in der dynamischen Verweisung entsprechend anzuwenden.
Ich möchte die einreichende Fraktion fragen: Wollen Sie das Hohe Haus wirklich verleiten, diese Vorschriften des Abschnittes 5 „Gendiagnostikgesetz“ in Landesrecht umzusetzen? Diese Form der dynamischen Verweisung lehnen wir auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ab.
Lassen Sie mich abschließend der Landtagsverwaltung danken, die uns im Rahmen der Vorprüfung von Gesetzentwürfen unterstützt.
– Nein, ich bin jetzt gerade bei einem wichtigen Punkt, den ich nicht unterbrechen möchte. Ich möchte einen Teil der Vorprüfung zitieren. In Vorbereitung auf die Diskussion zu dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war der Hinweis auf unsere eigene Disziplin, Gesetzgebungsvorhaben vorzubereiten und auf den Weg zu bringen, auch notwendig.
Ich zitiere aus Ziffer 1, die uns die Landtagsverwaltung nochmals ins Stammbuch geschrieben hat. Sie hat uns darauf hingewiesen, welche Richtlinien wir bei der Erarbeitung von sächsischen Landesgesetzen zu beachten haben. Ich zitiere aus Gründen der Sprachökonomie, der Verständlichkeit des Gesetzestextes und weil im Deutschen grammatisch die männliche Form „der“ eine Personengruppe bezeichnet, deren Geschlecht nicht weiter spezifiziert wird. Weil es im Kontext ohne Bedeutung ist, werden im sächsischen Landesrecht die männliche und die weibliche Form von Berufs-, Funktions- und Perso
Das können Sie unter II, Ziffer 5c der Richtlinie nachlesen. So wenig wie das natürliche Sprachverständnis mit dem Begriff „die Person“ eine Frau und dem Begriff „der Mensch“ einen Mann verbindet, so wenig stellt es bei einer mit einem im Singular grammatischen Artikel „der“ bezeichneten Personengruppe den Mann in den Vordergrund.
Generalisierende Begriffe transportieren – zumal im Kontext eines Gesetzes – umfassende Denkinhalte, die über die Kategorien „männlich“ und „weiblich“ hinausgehen. Aus diesem Grund lautet die Überschrift des Sächsischen Beamtengesetzes nicht „Beamtinnen- und Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen“ und man spricht nur im Zusammenhang mit den Regelungen zum Mutterschutz von Beamtinnen.
Unter vorstehendem Aspekt ist durchgängig die generalisierende Form zu verwenden. Das ist eine Richtlinie, die im Freistaat Sachsen bisher nie infrage gestellt wurde.
Ich würde den Einreicher bitten, dass er diese Richtlinie bei einem der nächsten Gesetzesvorhaben entsprechend berücksichtigt.
Sie schauen so ungläubig. Das steht in der Richtlinie. Jede Fraktion, aber auch die Staatsregierung ist verpflichtet, diese Richtlinie einzuhalten.
Herr Abg. Schiemann, bevor Sie Ihren Schlusssatz sprechen, frage ich noch einmal, ob Sie die Zwischenfrage zulassen.
Herr Kollege Lichdi hat noch so viel Redezeit, sodass ich davon ausgehe, dass er diese entsprechend nutzen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit und empfehle Ihnen, den Weg mitzugehen, diesen Gesetzentwurf nicht mit Mehrheit zu begleiten, sondern eine Regelung im sächsischen Beamtenrecht zu bevorzugen.
Kollege Schiemann, das war ein sehr gutes Beispiel für praxisnahe Gesetzgebungsarbeit, wie sie sich der Souverän erhofft und wie es in einem Parlament zugehen muss.
Dass zu der Thematik, die die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN mit ihrem Gesetzentwurf aufgreift, Regelungsbedarf besteht, ist handgreiflich. Über die Sensibilität genetischer Untersuchungen im Arbeitsleben bzw. in dessen Vorfeld, sprich bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen, will ich jetzt gar nicht groß sprechen. Ich glaube, darin sind wir uns im Grunde genommen einig. Es gab auch im Freistaat Sachsen einige Vorfälle, die buchstäblich über die Medien abgehandelt worden sind, teils im doppelten Sinne. Ich verweise nur auf die Problematik „Bluttests beim MDR“.
Das Gendiagnostikgesetz des Bundes, das am 31. Juli 2009 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und am 1. Februar 2010 in Kraft getreten ist, schafft zumindest für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im privaten Bereich – im Übrigen auch für Bedienstete und Beamte auf Bundesebene – eine verlässliche Rechtsgrundlage. Auch das ist in Ordnung. Hingegen werden – deshalb hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Gesetzentwurf eingebracht – Beamtinnen und Beamte sowie Bedienstete der Länder – mithin auch die des Freistaates Sachsen –, auch hier arbeitende Richterinnen und Richter, durch die Schutzregelung des Abschnittes 5 des Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen nicht erfasst.
Es ist nur logisch – vom Kollegen Lichdi wird das sicherlich noch betont werden –, dass auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, Bezirk Sachsen, in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf ausdrücklich dafür plädiert, selbige Schutzlücke für Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter im Freistaat Sachsen zu schließen, also diesem Gesetzesanliegen zuzustimmen. Aus diesem Grund hat der DGB dazu aufgerufen.
Auch die Koalition hat in der Debatte über den Gesetzentwurf im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss nicht bestritten – das haben Sie auch heute nicht getan, Herr Kollege Schiemann –, dass Regelungsbedarf besteht. Allerdings vertraten die CDU und die FDP schon im Ausschuss die aus unserer Sicht fadenscheinige Position, dass das Datenschutzgesetz der falsche Ort sei, um dem zuzustimmen. Die Regelung solle im Beamtengesetz angesiedelt werden. Herr Staatsminister der Justiz – er ist momentan nicht anwesend – hat sein Nein und das Nein der Koalition zum Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plausibel zu machen versucht, indem er erklärte, dass eine umfassende Reform des Dienst- und Besoldungsrechts einschließlich der Statusrechte anstünde und dass man diese Regelungsmaterie in diese Reform einbauen wolle. Aus diesem Grunde könne man dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht zustimmen. Das war die Debattenrichtung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss.
Nun ist es nicht so, dass wir mit der Anlage zum Gesetzentwurf uneingeschränkt glücklich sind. Das will ich für unsere Fraktion so deutlich sagen. An den Kritikpunkten, die die Landtagsverwaltung auf ihrem sogenannten Meckerzettel vom 26. November 2009 vorgetragen hat, ist schon etwas dran. Das bestreiten auch wir nicht. Uns schmeckt es auch nicht, dass in Reichweite des Gebots der transparenten Gesetzgebung – das wäre der verfassungsrechtliche Aspekt, Herr Kollege Lichdi – im Gesetzentwurf auf einen ganzen Abschnitt in einem anderen Bundesgesetz verwiesen wird. Das haben wir auch schon bei anderen Gesetzgebungsakten klar artikuliert – beim Versammlungsgesetz nachdrücklich. Uns gefällt die Praxis der Verweisung in einem sächsischen Landesgesetz auf andere Abschnitte im Bundesgesetz wegen der Transparenzregelung nicht.
Trotzdem haben es die Abgeordneten, die darüber abgestimmt haben, nicht vor Augen gehabt, Herr Kollege Schiemann. Darüber waren wir uns einig.
Allerdings ist die Position der Koalition – „Machen wir stattdessen gar nichts und warten, bis uns das versprochene umfassende Dienstrechtsvorhaben der Staatsregierung vorliegt“ – überhaupt nicht akzeptabel.
Es ist bekannt, dass die gemeinsame Kabinettsvorlage der Staatsministerien des Innern und der Finanzen zur Reform des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts im Freistaat Sachsen vom 26. Januar 2010 am 2. Februar 2010 im Kabinett behandelt worden ist. Darin sind gewissermaßen die Eckpunkte beschrieben, wie dieses Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht aussehen soll.
Nun habe ich mir das angesehen und festgestellt: Dort fehlt jedwede Verweisung auf das Vorhaben, sich jetzt dieser Problematik anzunehmen, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorbringt. Es ist dort überhaupt nicht vorgesehen.
Selbst wenn man nun sagen würde: Na gut, wenn das die Regierung dort hineinbastelt, wird die Koalition in einem weiteren Beratungsgang diesem Reformvorhaben zustimmen und wir bekommen dann die Gendiagnostikproblematik hinein. Aber, Kollege Schiemann, haben Sie sich einmal die Zeitleiste für dieses Reformvorhaben angeschaut?
Erst im September 2012 wollen Sie den Gesetzentwurf in den Landtag einbringen. Im Juni 2013 wollen Sie den Gesetzentwurf zur 2. und 3. Lesung vorlegen. Was ist bis dahin mit der Regelungslücke zur Gendiagnostikproblematik? Das geht überhaupt nicht. Dass man keine drei Jahre regelungsfreien Raum für Beamtinnen und Beamte und Bedienstete sowie die Richterinnen und Richter im Freistaat Sachsen lassen kann, ist handgreiflich. Das geht überhaupt nicht.
Insofern ist dieser „Ausweg“, darauf zu verweisen, man nimmt das in das Beamtengesetz hinein und wartet auf das Reformvorhaben, fadenscheinig. Man will sich darum drücken, dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen, der sich auf jeden Fall einer dringenden gesetzlichen Regelung annimmt.
Wir meinen, dass das Gesetz jetzt unbedingt in Kraft treten muss, und stimmen diesem Gesetzentwurf zu.