Protocol of the Session on November 28, 2013

Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Den Meisterbrief als Qualitätssiegel des sächsischen Handwerks erhalten

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der FDP das Wort. Es beginnt die CDU-Fraktion. Das Wort ergreift Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu praktischen Dingen. Dazu zählt der Meisterbrief. Wenn Sie ein schö

nes Bad haben wollen, wenn Sie Ihre Heizung repariert haben möchten, wenn Sie ihr Auto zur Durchsicht schaffen – ja, dazu braucht es den Meisterbrief.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Welt kennt die Produkte der Markenartikel. Wofür steht der Begriff „Markenartikel“? Er steht für Qualität, er steht für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, und das alles garantiert uns der Meisterbrief in Gänze.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Die Markenartikel des Handwerks stammen aus Meisterbriefen und erfordern in großen Teilen den Meisterabschluss für eine gute Qualifikation. Deshalb haben wir heute dieses Thema zur Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung gesetzt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Seit der Novellierung 2004 ist der Meisterbrief in manchen Handwerksberufen nicht mehr erforderlich. Das ist auch richtig, aber ein Gütesiegel nach dem Motto „Qualität durch Qualifikation“ ist der Meisterbrief allemal. Durch die Änderung der Handwerksordnung sind verschiedene Ausnahmebewilligungen möglich. So können Altgesellen und Personen mit Ingenieurabschlüssen auch ein Meisterunternehmen führen und leiten.

Die Vorteile des Meisterbriefes liegen aus meiner Sicht klar auf der Hand. Sie haben mit dem Meisterbrief die Chance, Führungsaufgaben zu übernehmen. Der Meisterbrief bildet ein solides Fundament für die Selbstständigkeit. Es ist ja in unseren Breitengraden nicht unbedingt chic, wenn man sagt „Ich bin Unternehmer“. Es gibt nämlich immer wieder Leute, die im Unternehmer den Ausbeuter sehen und nicht den, der die Arbeitsplätze schafft, nicht den, der sich täglich um Arbeit kümmert, nicht den, der letztlich die Wertschöpfung vor Ort bringt. Das ist das Thema in Deutschland, und das müssen wir auch immer wieder betonen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Meisterbrief erfordert eine gründliche Ausbildung, die zum Ziel hat, eine ordentliche Unternehmensführung zu garantieren, die Betriebswirtschaft zu erlernen und letztlich auch die Arbeitspädagogik umzusetzen. Der Meister mit seinem Meisterbrief gibt auch das Wissen vor allem für die junge Generation weiter.

Ich darf Ihnen etwas dazu sagen, wie sich in der Handwerkskammer Chemnitz, also in meiner Handwerkskammer, seit 2004 die Veränderungen in diesem Bereich bei den Unternehmen, die mit Ausnahmebewilligung bzw. Ausbildungsberechtigung, also ohne Meisterbrief, arbeiten, auf die Schaffung von Ausbildungsplätzen ausgewirkt haben. So haben mit 130 Eintragungen 360 Azubis die Lehre begonnen, und 26 Unternehmen bilden zurzeit aus. Die Ausbildungsbereitschaft dieser Unternehmen liegt also bei 6,5 % und die aktuelle Ausbildungsquote bei 1,3 %.

Bei den Handwerksmeistern mit Meisterbrief sehen die Zahlen anders aus. Von derzeit 7 864 Einzelunternehmen mit Meisterbrief haben seit ihrer Eintragung 3 699 Unternehmen ausgebildet, 16 133 Azubis haben ihre Lehre begonnen und 732 Unternehmen bilden derzeit aus. Das

heißt, wir haben dort eine Ausbildungsbereitschaft von sage und schreibe 47 % und eine aktuelle Ausbildungsquote von 9,3 %. Wir sind in Deutschland deshalb so erfolgreich, weil wir mit dem Meisterbrief auch die duale Ausbildung weiter voranbringen und dadurch keine Jugendarbeitslosigkeit haben, wie das in anderen europäischen Ländern der Fall ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist der Meisterbrief so wichtig. Er ist ein Qualitätssiegel, er hat den Verbraucherschutz zum Inhalt. Wir plädieren für die Beibehaltung des Meisterbriefes, weil letztlich Sie als Verbraucher eine Meisterleistung haben wollen.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war Kollege Heidan für die einbringende CDU-Fraktion. – Kollege Hauschild spricht jetzt für die miteinbringende FDPFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die EU-Kommission will den Zugang für die reglementierten Berufe vereinfachen, will die Zugangsbeschränkungen abbauen und damit dem Fachkräftemangel vorbeugen, möchte Wirtschaftswachstum und Jobs schaffen. Das Ziel ist anzuerkennen, der Weg dahin ist freilich der falsche. Was wir nicht wollen, ist, dass wir die Qualitätsstandards bei uns absenken, um uns auf EU-Ebene anzugleichen.

Insbesondere im Handwerk ist die Deregulierung nicht der Königsweg. Der Meisterbrief gilt gerade bei uns als Qualitätssiegel. Er ist gesellschaftlich anerkannt. Die Meister haben mit ihrer hohen Qualifikation gerade auch in Sachsen sehr viel zur Wertschöpfung beigetragen. Eine Vereinfachung, eine Abschaffung der Zugangsberechtigung würde uns voll treffen und die Wettbewerbsfähigkeit gerade auch der Sachsen massiv einschränken.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Kollege Hauschild?

Bitte, Frau Dr. Pinka.

Auch wenn ich keinen Meisterbrief habe, gestatte ich mir eine Frage. Gerade Ihre Partei steht doch eigentlich für die Liberalisierung der Märkte. Worin unterscheidet sich denn bei Ihnen die Liberalisierung des Marktes für die Industrie von der für das Handwerk? Das würde mich sehr interessieren.

Ich möchte das am Beispiel des Handwerks deutlich machen, weil das Handwerk heute das Thema ist und nicht die Industrie.

Ich bin, wie Sie wahrscheinlich wissen, seit 1997 Fliesen-, Platten- und Mosaiklegemeister. Es gibt in diesem ganzen Raum nur drei Handwerksmeister.

(Zuruf von der CDU: Leider!)

Leider, genau! Ich glaube, in Ihrer Partei gibt es hier keinen Handwerksmeister.

Gerade der Fliesenleger wurde 2004 aus der Rolle A in die Rolle B genommen, sodass sich dort jeder, wirklich jeder – also auch jeder ohne Gesellenabschluss, ohne Schulabschluss, ohne irgendeinen Abschluss – als Fliesenleger selbstständig machen kann. Dazu kommt es, wenn man es übertreibt.

Die Folge dessen ist gewesen, dass im Jahr 2004 die Handwerkskammern Dresden und Chemnitz zusammen noch 26 Meisterprüfungen abnehmen konnten. In den Jahren 2006 bis 2012 haben beide Handwerkskammern in diesem Berufsbild insgesamt nur 17 Meisterprüfungen abgenommen. Das heißt, dass die Zahl der Firmen, der Meister, die ausbilden können, drastisch zurückgegangen ist. Wir sehen somit auch einen drastischen Qualitätsverlust in den Firmen. Es wird für die volkswirtschaftlichen Aspekte auch nicht wirklich lustig werden, wenn dort immer mehr „Künstler“ tätig sind. Sie können auch von einer marktwirtschaftlichen Partei wie der FDP nicht verlangen, dass wir das auch noch schön finden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Kollege Hauschild?

Bitte, Frau Dr. Pinka.

Nur eine kleine Nachfrage: Sie brachten eben das Beispiel der Prüfungen, deren Zahl abgenommen hat. Nun hat natürlich auch eine Regierung verantwortlich gehandelt, sodass es zu diesem Zustand kommen konnte. Haben Sie sich denn in der Bundesregierung oder in der Sächsischen Staatsregierung dafür starkgemacht, dass dieses Qualitätssiegel Meisterbrief erhalten bleibt?

Ja, es war Rot-Grün, die 2004 die Meisterbriefe eingestampft haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Was machen wir hier auf sächsischer Seite? – Im Vergabegesetz haben wir Weichen dafür gestellt, dass die Qualität wieder das Wichtigste ist und nicht der Preis. Dort haben wir es richtig gemacht und die Handwerksbetriebe, und zwar die Qualitätshandwerksbetriebe, in den Vordergrund gesetzt. Das ist Politik, die man für Handwerker macht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Nun kann ich etwas von meiner Zeit sparen, weil viele Botschaften schon in der Beantwortung dieser Frage enthalten gewesen sind.

Wir müssen aufpassen, dass wir den Meisterbrief nicht noch mehr zurückdrehen. Der Meister ist für uns die Qualifikation. Das ist das Höchste, was man im normalen Arbeitsalltag als Handwerker erreichen kann. Der Meister mit dem Meisterbrief kann in vielen Bundesländern studieren. Das ist eine Aufstiegschance, eine Karrierechance. Wir haben die Oberschule, in der man eine gute, solide Ausbildung machen kann. Man kann den Meisterbrief machen und man kann studieren. Wir haben in Sachsen die richtigen Weichen gestellt.

Jetzt erwarten wir auch von der künftigen Bundesregierung, sich auf der EU-Ebene dafür einzusetzen und auch durchzusetzen, dass wir uns beim Meisterbrief nicht nach unten orientieren, sondern dass wir uns, wenn wir uns schon angleichen wollen, nach oben orientieren. Denn wenn die alten Meister in den Ruhestand gehen und keine neuen nachkommen, werden wir sehen, was wir angerichtet haben. Das können wir nicht zulassen.

Man kann zusammenfassen: Keine Meister, keine Ausbildung – nicht mit uns.

(Beifall bei der FDP und der CDU)