Protocol of the Session on November 27, 2013

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion spricht Herr von Breitenbuch; bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir beraten und stimmen heute über ein Gesetz zur Einführung eines Sächsischen Agrarstrukturverbesserungsgesetzes und zur Änderung weiterer Vorschriften ab, welches die Fraktion DIE LINKE in den Landtag eingebracht hat. Dazu hat der zuständige Ausschuss am 04.10.2013 abschließend beraten.

Wir diskutieren heute über Verbesserungen, Verbesserungen der Agrarstruktur. Da soll der Staat aktiv eingreifen. Aber ich frage Sie, Fraktion der LINKEN: Was ist eigentlich Ihr Leitbild von Landwirtschaft? – Und ich stelle die allgemeine Frage: Was ist das Leitbild von Agrarstruktur in Sachsen? Müssen wir daran etwas ändern?

Zu Beginn sei mir die Bemerkung gestattet, dass in den Einigungen zur gemeinsamen Agrarpolitik und bei den Entscheidungen der deutschen Landwirtschaftsminister festgelegt ist, dass die sächsischen Betriebe größer als der gesamtdeutsche oder gar der bayerische Durchschnitt sind, und weil Größe in der Regel auch Effizienz und Produktivität beinhaltet, unseren Betrieben zugemutet werden kann, von Ost nach West in Größenordnungen umzuverteilen. Genau das passiert ja.

Im Großen und Ganzen wird uns in Sachsen also eine leistungsfähige Agrarstruktur bescheinigt. Grundlage dafür sind Entscheidungen, die seit 1990 Landwirtschaftsminister und Agrarpolitiker der CDU verantwortet haben, nicht eine Betriebsform, sondern jeden landwirtschaftlichen Unternehmer, jede Betriebsform und in jeder Größe gleich zu behandeln. Hektar ist Hektar. Dies war immer unsere Position, wenn es um Förderung ging. Auch bei anderen Dingen wurde die Vielfalt von Betrieben zugelassen.

Es gibt in Sachsen die unterschiedlichsten Betriebsformen und Inhalte, Größen, Inhaber etc., auch im Nebenerwerb, auch mit ökologischer Bewirtschaftung, mit älterer oder modernster Technik auf Feld und im Stall, mit Menschen, die in einer modernen Branche täglich arbeiten und Werte schaffen – unser täglich Brot. Von uns daher die klare Aussage: Die CDU steht hinter jedem sächsischen Hof.

Ihre Vorgänger, Kolleginnen und Kollegen der LINKEN, wollten das Geschäft bekanntlich ohne Gott und Sonnenschein betreiben und nach einheitlichen Betriebsbildern, Gebäuden und Maschinen von Kap Arkona bis zum Fichtelberg.

Die heutige Landwirtschaft sieht für jeden sichtbar völlig anders aus. Ich verweise noch einmal – weil Sie es angesprochen haben, verehrte Kollegin – auf den Umgang mit dem Bodeneigentum zu DDR-Zeiten. Wir haben also insgesamt eine effiziente leistungsfähige Landwirtschaft in Sachsen.

Natürlich gibt es auch für den einzelnen Betrieb Schwierigkeiten. Die gibt es. Welche Wirtschaft ist einfach? – Dazu gehören auch steigende Bodenpreise, und die wollen Sie mit unserer Ansicht nach falschen Ansätzen lösen.

Die sächsische Landwirtschaft befindet sich auf dem langen Weg von einer Pächterstruktur zu einer Eigentumsstruktur. Dieser Prozess hat 1990 begonnen. Die Betriebe kaufen Land, das sie bewirtschaften, oder anderes Land auf. Oder andere tun das bei ihnen. Weil die Landwirtschaft insgesamt gute Jahre erlebt hat und das die Landeigentümer auch mitbekommen, weil die auch Zeitung lesen oder mit dem Nachbarn sprechen, steigen die Pachten und auch die Bodenpreise und passen sich nach und nach westlichen Verhältnissen an.

Das ist erfreulich für all die Familien, die Land haben, die es verkaufen, verpachten oder ihr Eigentum auch beleihen können, weil ihr Eigentum mehr wert ist. Der ländliche Raum, das Vermögen in unserem Land steigt dadurch.

Das ist eine gute Nachricht, auch eine Folge guter Agrarpolitik.

Nun verweisen Sie in dem Gesetzesvorschlag auf die bösen Investoren von außen, die gegen die hiesigen Betriebe Land oder ganze Betriebe erwerben. Das stimmt teilweise, weil die umfangreichen Landkäufe der Betriebe – wohlgemerkt aus versteuertem Einkommen, da man Land als ewigen Wert nicht abschreiben kann – die Kräfte der Betriebe mit Zins und Tilgung oder mit dem Liquiditätsabfall langfristig binden.

Da hat schon einmal jemand von außen die Möglichkeit, Land in Sachsen zu erwerben. Von außen? – Das kann auch der Feldnachbar sein, der gut wirtschaftet und wachsen will. In diese natürlichen Markt- und Vermögensprozesse wollen Sie mit einer Stärkung von Siedlungsgesellschaften, durch aktive Möglichkeit zum Vorkaufsrecht eingreifen, einen landeseigenen Bodenfonds und mit Preisobergrenzen von 120 % des Verkehrswertes. Orientiert haben Sie sich an Regelungen von Baden-Württemberg – hier noch einmal angesprochen, ein Realteilungsgebiet an der Grenze zur Schweiz.

Der Staat soll es richten, soll es regeln. Bürokratie wird die erste sein, die wächst. Die bisherige Praxis hat sich bewährt und wird nach Aussagen in der Anhörung vom Berufsstand gebilligt. Eine aktivere Bodenpolitik der Landsiedlung – sprich: der Aufwuchs von Flächen im Landesbesitz und damit gestalterisch einzugreifen – sollten wir kritisch sehen, wo wir seit über 20 Jahren gute wie schlechte Erfahrungen mit Treuhand und BVVG gesammelt haben.

DIE LINKE macht in ihrem Gesetzentwurf den Eindruck, den großen Strukturen helfen zu wollen, den LPGNachfolgern beizustehen. Die GRÜNEN haben in der Diskussion natürlich ihr Faible für kleine Betriebe, möglichst Öko, betont.

Wir als CDU-Landwirtschaftspolitiker haben das Ganze im Blick, sehen die derzeitige Vielfalt, auf die wir stolz sind. Dabei sehen wir vor einer Debatte über Agrarstrukturverbesserungen eine Debatte über ein Leitbild der sächsischen Landwirtschaft. Sie, die Fraktion DIE LINKE, hatten zu DDR-Zeiten ein Leitbild und haben das gnadenlos – ich betone: gnadenlos – staatlich durchgesetzt.

Westdeutschland hatte das Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebes. Nach der Wende ist bei uns eine Vielfalt und Mischung aus beidem entstanden. Darauf Einfluss zu nehmen ist schwierig. Die bisherigen Leitplanken haben sich meines Erachtens ordnungspolitisch bewährt. Das haben alle Verbände in der Anhörung gerade für Sachsen bestätigt.

Meine eigenen Vorfahren waren Tuchhändler in Chemnitz und Verleger in Leipzig, bevor sie landwirtschaftliche Höfe erwarben und mit mir über sechs Generationen heute Landwirte sind. Daher bin ich auch bei genereller negativer Bewertung von Investoren vorsichtig. Der Wandel ist das Herz der Wirtschaft. Bewegung schafft

Entwicklung und Fortschritt. Wir hatten eine solche Debatte heute schon einmal.

Wir sollten vorsichtig mit dem Eingriff durch Regeln sein, die Verwaltungen, die in der Regel wenig Verständnis für Wirtschaft haben können, umsetzen müssen. Stattdessen sehe ich in der jetzigen Handhabung in Sachsen Bewahrenswertes, im besten Sinne des Wortes Konservatives.

Verweisen möchte ich an dieser Stelle auf den Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP, solch ein Agrarstrukturverbesserungsgesetz zu prüfen. Die Staatsregierung hat darauf umfangreich geantwortet. Sie wird sicherlich in ihrem Beitrag darauf eingehen, gerade zu den Aspekten des Grundstücksverkehrsgesetzes.

Zusammenfassend wiederhole ich: Die CDU steht hinter jedem sächsischen Hof. Wir lehnen Ihr Gesetz ab.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die SPD spricht Frau Dr. Deicke. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die LINKEN greifen in ihrem Gesetzentwurf ein wichtiges Problem auf. Ziel ist es, der negativen Entwicklung auf dem Bodenmarkt von landwirtschaftlichen Flächen entgegenzuwirken, um unsere heimische Landwirtschaft zu schützen.

Wie ist die Situation? Die Preise für die zum Verkauf stehenden landwirtschaftlichen Flächen steigen. Immer mehr landwirtschaftsferne Investoren steigen in die Landwirtschaft ein. Diese Entwicklung des Bodenmarktes kann sich für die sächsische Landwirtschaft und deren Strukturen nachteilig auswirken. Letztendlich ist es die Eigentümerstruktur, die für die Zukunft des ländlichen Raums entscheidend ist. Ziel ist es, die Wertschöpfung aus dem Boden im ländlichen Raum verbleiben zu lassen.

Die Frage ist daher, ob und wie eine dahin gehende staatliche Einflussnahme auf den Bodenmarkt erfolgen kann. Diese Diskussion wird in fast allen Bundesländern geführt. Unser Nachbarland Sachsen-Anhalt hat dazu in diesem Jahr eine Arbeitsgruppe „Bodenmarkt“ eingesetzt. Auch in Brandenburg ist ein entsprechender Antrag von CDU und GRÜNEN – auch mit den Stimmen der SPD – beschlossen worden. Die Agrarministerkonferenz beschäftigt sich ebenfalls seit längerer Zeit mit dieser Problematik.

Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE macht allerdings nach unserem Dafürhalten mit ihrem vorliegenden Gesetzentwurf den zweiten Schritt vor dem ersten. Trotzdem war es eine gute Gelegenheit, sich mit diesem Thema im Ausschuss und im Rahmen einer öffentlichen Anhörung auseinanderzusetzen. Insbesondere die Anhörung hat dazu beigetragen, dass die Situation am Boden- und Pachtmarkt für landwirtschaftliche Flächen in Sachsen noch einmal deutlich gemacht wurde.

Sie zeigte aber auch, dass der Lösungsvorschlag der LINKEN für Sachsen eher ungeeignet ist, ungeeignet

deshalb, weil sich die Regelungen stark an das Agrarstrukturverbesserungsgesetz von Baden-Württemberg

anlehnen. In diesem Bundesland war es das grenzüberschreitende Wirtschaften der Schweizer Bauern, welches das Bundesland zu diesem Gesetz veranlasste. Die Problematik gibt es so in Sachsen nicht.

Der Lösungsvorschlag der LINKEN ist aber auch deshalb ungeeignet, weil wir in Sachsen andere Agrarstrukturen haben, die auch historisch gewachsen sind. Rund ein Viertel der Flächen werden von Agrargenossenschaften bewirtschaftet. Das Gesetz greift dies nicht auf. Schon deshalb ist es für Sachsen ungeeignet.

Hinzu kommt, dass der bürokratische Aufwand eines solchen Gesetzes sehr hoch ist. Das betrifft unter anderem die Absenkung der Freigrenzenregelung auf bis zu 0,1 Hektar für genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte. Nach Einschätzung eines Sachverständigen wird diese Regelung nicht das Auftreten von außerlandwirtschaftlichen Großinvestoren verhindern.

Meine Damen und Herren, der Bundesverband der gemeinnützigen Landgesellschaften hat in einem Gutachten die Wirkungsweise und die Grenzen des bodenpolitischen Ordnungsrahmens untersucht. Er kommt zu dem Schluss – ich zitiere – „… dass die bestehenden Vorschriften des Grundstücksverkehrs- und Reichssiedlungsgesetzes

grundsätzlich geeignet sind, den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen durch Nichtlandwirte zum Zweck der Kapitalanlage einzuschränken. Probleme der Rechtsanwendung im Einzelfall erfordern keine Gesetzesänderungen. Hier helfen regelmäßige Erfahrungsaustausche und Fortbildungsveranstaltungen weiter.“

Wir halten daher ein Vorgehen, welches zunächst die Möglichkeiten zur Optimierung des Verwaltungsvollzuges im land- und forstwirtschaftlichen Grundstücksverkehrsrecht sowie im Landpachtrecht eruiert und ausschöpft, für den richtigen Weg.

Doch damit die Handlungsspielräume, die diese Gesetze bereits jetzt bieten, genutzt werden können, muss der sächsischen Landsiedlungsgesellschaft eine aktivere Rolle zukommen. Dazu bedarf es einer verbesserten finanziellen Ausstattung, damit sie überhaupt in die Lage versetzt wird, aktivere Bodenpolitik betreiben zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE: Alles in allem unterstützen wir ausdrücklich die Intention dieses Gesetzentwurfs. Der Entwurf ist aber an vielen Stellen unbestimmt und unklar, obwohl Sie versuchen, ihn jetzt noch nachzubessern. Wir werden uns daher bei der Abstimmung zu dem Gesetzentwurf enthalten. Das Thema wird und muss aber weiter auf unserer politischen Tagesordnung stehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP Herr Hauschild, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht lange drumherum reden. Ich möchte es gleich auf den Punkt bringen: Dieser Gesetzentwurf löst die Probleme der steigenden Grundstückspreise nicht. Er ist nur ein Placebo. Er verursacht bürokratischen Mehraufwand, ohne auch nur an einer einzigen Stellschraube zu drehen, mit der die Grundstückspreise tatsächlich gesenkt werden könnten.

Eine Ursache für den derzeitigen Anstieg der Grundstückspreise findet sich im ungezügelten Verbrauch von Fläche für die Energiewende. Es sind die hohen garantierten Vergütungen für den EEG-Strom, die auf Kosten der Haushalte immer höhere Summen für Grund und Boden ermöglichen. Als Beispiel mag hier die sogenannte Verrapsung der Landschaften genannt werden. Weil die Biogasanlagen für ihren eingespeisten Strom eine hohe garantierte Vergütung erhalten, können die Energiebauern viel höhere Preise für die Flächen verlangen. Sie verdrängen mit ihrem Rapsanbau den traditionellen Bauern. Mit ihrem staatlichen Eingriff in die Energiewirtschaft erhalten sie die Mittel, um auf bestehende Strukturen massiv Einfluss zu nehmen. Dieses Problem hat in Sachsen ein noch größeres Gewicht als in anderen Bundesländern, weil hier der Anteil der gepachteten Flächen höher als im Bundesdurchschnitt ist.

Wie der Sächsische Agrarbericht für das Jahr 2012 darlegt, sind gerade die Preise für Neupachten zwischen 2008 und 2011 überproportional hoch gewesen. Neue Flächen können vor allem von finanzstarken Energiebauern gepachtet werden. Entsprechend zogen dann auch die Preise bestehender Pachtverträge an.

Ähnliche Entwicklungen ergeben sich aus dem Zubau der Windenergie. Betreiber von Windenergieanlagen können mit Preisen werben, denen die wenigsten Flächeneigentümer widerstehen können. Sie nehmen damit Fläche in Anspruch, die für Jahrzehnte versiegelt bleibt.

Auch die Kaufwerte der Grundstücke nahmen seit 2005 kontinuierlich zu. Wenn Sie einen Ansatz suchen, um den Anstieg der Preise landwirtschaftlicher Flächen zu dämpfen, dann suchen Sie ihn bitte in der verfehlten Energiepolitik.

Man könnte zudem den Eindruck gewinnen, als gebe es kein bestehendes Instrumentarium, mit dem auf den Handel von landwirtschaftlicher Fläche Einfluss genommen werden könnte. Es ist bereits erwähnt worden: Mit dem Grundstücksverkehrsgesetz und dem Landpachtgesetz liegen Regelungen vor, die es erlauben, etwaigen negativen Tendenzen entgegenzutreten.

Rechtszersplitterung in den Ländern steht einem weiteren Einzelgesetz ebenso entgegen wie die Akzeptanz des vorhandenen bodenpolitischen Ordnungsrahmens. Sollte für Sachsen ein besonderer Rahmen geschaffen werden müssen, wären dafür auch besondere und typisch sächsische Probleme in den Mittelpunkt zu rücken.

Sie nehmen in Ihrem Gesetzentwurf auf BadenWürttemberg Bezug. Dort liegt eine besondere Problemlage vor, weil die Nähe zur Schweiz die Preisstruktur verzerrt. Für Sachsen – logisch – trifft dieser spezielle Fall aber nicht zu.