Protocol of the Session on November 27, 2013

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Köditz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! In der Begründung zu diesem Änderungsantrag wird formuliert, dass die zu ersetzende Formulierung, wie sie jetzt im Gesetzentwurf steht, bewirken würde, „dass die Archivbehörden nicht mehr prüfen müssen, inwieweit Archivgut tatsächlich personenbezogene Daten zum Inhalt hat. Sie müssen lediglich kursorisch prüfen, ob das Archivgut sich nach seinem Zweck oder wesentlichen Inhalt auf natürliche Personen bezieht.“ Diese Formulierung klingt für uns sehr nach Unterstellung, und unser Dank an die Menschen, die im Archiv arbeiten, war ernst gemeint. Wir teilen diese Unterstellung nicht und werden uns bei der Abstimmung zum Änderungsantrag der Stimme enthalten.

Es gibt keinen weiteren Redebedarf. Dann lasse ich über den zweiten Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE abstimmen. Wer möchte seine Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe jetzt den Gesetzentwurf artikelweise zur Abstimmung auf. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Ich beginne mit der Überschrift. Wer möchte der Überschrift zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei zwei Gegenstimmen und einigen Stimmenthaltungen ist der Überschrift mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe auf Artikel 1. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Zwei Stimmen dagegen

und Stimmenthaltungen. Artikel 1 wurde mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe auf Artikel 2. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten. Damit wurde Artikel 2 mit Mehrheit zugestimmt.

Ich rufe auf Artikel 3. Wer gibt die Zustimmung? – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen und zwei Gegenstimmen. Damit wurde auch dem Artikel 3 mit Mehrheit zugestimmt.

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun den Entwurf Gesetz zur Änderung des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen als Ganzes zur Abstimmung. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei zwei Gegenstimmen und einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen wurde dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgearbeitet und wird geschlossen.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 4

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Einführung eines Sächsischen Agrarstrukturverbesserungsgesetzes und

zur Änderung weiterer Vorschriften

Drucksache 5/10554, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/11896, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Es gibt eine allgemeine Aussprache. Ich erteile der einreichenden Fraktion DIE LINKE das Wort. Frau Abg. Kagelmann, bitte.

Recht vielen Dank, Frau Präsidentin. Werte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist viel Bewegung auf dem Bodenmarkt. Das ist per se nicht so schlecht, denn steigende Bodenpreise verweisen auf gute Perspektiven für landwirtschaftliche Produkte. Aber das ist eben nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist weniger positiv. Einige konkrete Beispiele dazu.

Weithin bekannt ist die große Biogasanlage eines kommunalen Energieversorgers bei Döbeln. Um die Anlage zu beschicken, bewirtschaftet ein landwirtschaftlicher

Lohnunternehmer inzwischen bereits rund 4 000 Hektar Land und bei jeder sich bietenden Gelegenheit kauft und pachtet er weiter dazu – zu überhöhten Preisen. In der angrenzenden Lommatzscher Pflege gehört bereits jeder zweite Hektar einem Nichtlandwirt aus den alten Bundesländern.

Ein weiteres Beispiel. Weil Biogasanlagen nach EEG nur noch zu 60 % mit Mais beschickt werden dürfen, wächst der Druck auf das Grünland. In der Folge kletterten die Pachtpreise für Grünland auf 700 Euro, wofür vorher maximal 400 Euro üblich waren. Ein Schäfer aus Mittelsachsen schaffte deshalb seine Schafe ab. Er kümmert sich heute nur noch darum, dass das intensiv gedüngte Grünland zu Grassilage verarbeitet wird. Milchvieh haltende Betriebe haben bei diesen Preisentwicklungen das Nachsehen.

Die Beispiele machen deutlich, dass hier Bodenpreise gezahlt werden, die aus normaler landwirtschaftlicher Tätigkeit nicht mehr zu erwirtschaften sind. Die Betriebe

aber geraten in die Bredouille. Sie sind gezwungen mitzuhalten, koste es, was es wolle.

Agro Energy, eine „Kapitalsammelstelle“, wie es das Thünen-Institut nennt, reibt sich indes die Hände. Die freundliche Heuschrecke hält eine Verdoppelung der Bodenpreise in zehn bis 15 Jahren im Osten für möglich. Auf ihrer Homepage heißt es unter anderem: „Landwirte vor Ort kaufen alles Land zur Arrondierung zu beinahe jedem Preis. Professionelle Investoren prüfen die Anlageklasse zunehmend. In der Folge wird der Preisabstand zu Westdeutschland wahrscheinlich deutlich kleiner.“

Wenn sich die Betriebe dann überschuldet haben, greift der Beteiligungsfonds freudig zu, strukturiert den Betrieb um und entlässt Mitarbeiter.

In diesem Szenario wirkt ein weiteres Problem als Katalysator: die fehlende Betriebsnachfolge. Aus diesem Grund steht beispielsweise in meiner Region ein landwirtschaftlicher Betrieb von über 1 000 Hektar zum Verkauf. Das ist wahrlich kein Pappenstiel. Nach offiziellen Schätzungen ist in zwei Dritteln der sächsischen Betriebe die Nachfolge ungeklärt, und dann klammert man sich schnell und unkritisch an den ersten externen Investor, der sich als rettender Notnagel anbietet. Häufig hat der aber kein Interesse an einem langfristigen Engagement. Hier rächt sich bitter, dass grüne Berufe nach wie vor bei überdurchschnittlicher Arbeitsbelastung unterdurchschnittlich

bezahlt werden.

Meine Damen und Herren, für uns als LINKE ist der landwirtschaftliche Bodenmarkt von ganz besonderem Wert, denn er ist die Produktions- und Existenzgrundlage der Landwirte und eben nicht beliebig vermehrbar. Er muss besonders vor den Auswüchsen einer uneinge

schränkten Liberalisierung geschützt werden. Aus seiner Verantwortung für das Gemeinwohl heraus muss der Staat beim Bodenmarkt genauer hinschauen, gegebenenfalls einschreiten und damit auch Eigentümerrechte einschränken können – und das auch deshalb, weil es gerade auch politische Faktoren sind, die den Preisanstieg zusätzlich anheizen, wie die Verkaufspraxis der BVVG oder allgemein die Finanzkrise.

Genau deshalb ist unser Gesetz auch nicht „aus der Zeit gefallen“, wie uns der Sachverständige der BVVG in der Anhörung belehren wollte. Eigentlich sind wir bereits spät dran, denn es besteht die Gefahr, dass durch Nichtstun ein größerer Schaden entsteht, während draußen ein schleichender Besitzübergang stattfindet.

Ich darf noch einmal die wesentlichen Neuerungen unseres Agrarstrukturverbesserungsgesetzes in Erinnerung rufen. Wir wollen erstens einen Bodenfonds einführen, mit dem Flächen, die im Rahmen des Vorkaufsrechts bei drohender Gefährdung der Agrarstruktur aufgekauft werden können, verwaltet werden und Landwirten langfristig verpachtet werden können. Die Verpachtung soll dabei an Bedingungen geknüpft werden, die Mensch und Umwelt zugutekommen.

Wir wollen zweitens die Ausübung des Vorkaufsrechts vereinfachen, insbesondere auch dann, wenn kein erwerbswilliger Landwirt sofort zur Stelle ist; denn oftmals springen interessierte Landwirte ab, weil die Preise einfach zu hoch sind.

Schließlich wollen wir den Anstieg der Bodenpreise abdämpfen, indem wir bei Boden- und Pachtpreisen Veräußerungen über 120 % des durchschnittlichen ortsüblichen Verkehrswertes untersagen.

Nicht zuletzt ist es erklärtes Ziel des Gesetzentwurfs, dass durch eine systematische Bündelung unterschiedlicher bundesgesetzlicher Regelungen nach dem Vorbild von Baden-Württemberg zu einer klareren Rechtslage beigetragen wird und bisherige Doppelnormierungen vermieden werden.

So ganz allein stehen wir mit unseren Überlegungen im Übrigen längst nicht mehr. In Brandenburg berät seit Monaten eine spezielle Arbeitsgruppe der Landesregierung. Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, selbst Bayern erwägen Regelungen insbesondere zur Kaufpreiskontrolle und zur Zurückdrängung nicht landwirtschaftlicher Investoren. Die sächsische Debatte um den umkämpften Bodenmarkt erscheint mir dagegen, vorsichtig ausgedrückt, etwas diffus. Zwar werden Negativbefunde zur Bodenpreisentwicklung oder zu Aktivitäten außerlandwirtschaftlicher Investoren durch den Berufsstand und seine Verbände nicht bestritten, aber zumindest in der Wirkung für Sachsen relativiert. Dabei steigen auch bei uns die Preise für landwirtschaftliche Flächen – langsamer als anderswo –, aber doch kontinuierlich auf aktuell knapp unter 9 000 Euro je Hektar. Innerhalb eines Jahres ziehen wir damit an Brandenburg vorbei.

Das Thünen-Institut spricht angesichts dieser Entwicklung von einem ostdeutschen Phänomen, bei dem die neuen Länder weiter an Attraktivität für besonders große, finanzkräftige Investoren gewinnen, weil hier durchschnittlich größere Lose bei insgesamt noch niedrigeren Preisen angeboten werden.

Die Treuhandnachfolgerin BVVG trägt ihr Scherflein dazu bei, ungeachtet aller Korrekturen an ihren Privatisierungsgrundsätzen. Der durchschnittliche Hektarpreis beim Erwerb von BVVG-Flächen liegt in diesem Jahr in Sachsen bei rund 12 000 Euro je Hektar, also um mehr als ein Drittel höher als der allgemeine landwirtschaftliche Flächenpreis in Sachsen. Spitzenreiter im letzten halben Jahr bei den BVVG-Verkäufen in Sachsen war eine Fläche in Mittelsachsen, wo knapp 30 000 Euro pro Hektar für ein knapp 20 Hektar großes Stück Land gezahlt wurden, also insgesamt schlappe 600 000 Euro.

Es bleibt dabei: Die beste Politik ist eine vorsorgende Politik, die nicht Netze krampfhaft zu knüpfen versucht, wenn das Kind schon im Brunnen liegt. Offensichtlich sah das die Koalition zumindest im Kern ähnlich, denn sie ließ die Notwendigkeit eines Agrarstrukturverbesserungsgesetzes zunächst mittels eines eigenen Antrags von der Staatsregierung prüfen. Die Prüfung allerdings erbrachte dann das zu erwartende Ergebnis: Wir lassen lieber alles so, wie es ist.

Die Anhörung zum Gesetzentwurf war da schon deutlich aufschlussreicher. Von einigen Sachverständigen kamen konkrete Hinweise zur Verbesserung der Textfassung, die wir im Wesentlichen in unserem Änderungsantrag verarbeitet haben.

Auf zwei strittige Punkte, die in der Anhörung gleich mehrfach angesprochen wurden, möchte ich noch reagieren.

Durchaus ambivalent beurteilten die Sachverständigen unsere Regelungen im Fall des Kaufs von Geschäftsanteilen. Mit diesen sogenannten Share Peals ist es wie mit dem Bodenmarkt im Allgemeinen. Anteilskäufe können positive Effekte haben, wenn frisches Kapital vor Ort für Investitionen und damit zur Sicherung der Arbeitsplätze eingesetzt wird. Auf der Negativseite steht dagegen die Gefahr einer Verlagerung möglicher Gewinne aus der Region oder einer sogenannten Tiefladerlandwirtschaft. „Einer solchen anonymisierten Landwirtschaft“, warnt beispielsweise der sachsen-anhaltische Agrarminister, „droht der Verlust der gesellschaftlichen Akzeptanz...“

Bislang unterliegen Geschäftsanteilsverkäufe nicht dem Grundstücksverkehrsgesetz und sind damit genehmigungsfrei. Diese Lücke haben wir in § 4 geschlossen, wohl wissend, dass solche Geschäfte schwer durchschaubar und damit eben auch schwer regelbar sind. Nur die Praxis im Gesetzesvollzug kann zeigen, ob die vorgeschlagene Regelung so ausreicht oder nachjustiert werden muss. Sämtliche befragte Experten wissen sich derzeit nicht besser zu helfen. Unstrittig ist dagegen, dass wir zielgerichtet und rasch handeln sollten.

Und der zweite Diskussionspunkt: Zentraler Regelungsgehalt unseres Gesetzes ist die Schaffung eines Bodenfonds. Ungleich, aber wahr: Der gemeinhin als „Wünschdir-was“-Partei gescholtenen LINKEN wird an dieser Stelle von verschiedener Seite vorgeworfen, dass die Finanzausstattung für diesen Bodenfonds zu gering sei, um ernst gemeint zu sein. Ganz abgesehen davon, dass im Gesetz zunächst lediglich das Instrument „Bodenfonds“ eingeführt wird und dass jeder Finanzansatz, den wir in Ausschussberatungen eingebracht hätten, diskussionslos vom Tisch gewedelt worden wäre – aber unser Bodenfonds folgt einer anderen Logik.

Ich gebe zu, erst nachdem uns der Weg des Aufkaufs aller sächsischen BVVG-Flächen versperrt wurde. In diesen Fonds fließen nur solche Flächen, für die nach Prüfung der Wirkungen auf die Agrarstruktur das Vorkaufsrecht durch die Sächsische Landsiedlungsgesellschaft angewendet werden kann. Damit ist der Flächenanteil pro Jahr wesentlich geringer und eben auch der entsprechende Finanzbedarf.

Insofern stellen die 5 Millionen Euro lediglich eine haushalterische Erstausstattung dar, die selbstverständlich – den entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt – in den Folgejahren auf der Grundlage von Erfahrungswerten fortgeschrieben werden muss.

Meine Damen und Herren! Die landwirtschaftliche Fläche schrumpft auch in Sachsen, weil alle möglichen gesellschaftlichen Interessen befriedigt werden wollen, unter anderem nach Siedlungs- und Verkehrsflächen oder nach Bodenschätzen. Davon gibt es anscheinend immer zu wenig. An Lebensmitteln gibt es dagegen mehr als genug, bislang jedenfalls noch.

Deshalb meint DIE LINKE, wir müssen jetzt handeln. Wir haben Ihnen dazu einen konkreten Vorschlag unterbreitet, wie Sachsen mehr Handlungsoptionen im Bodenrecht erhält. Ich bin sehr gespannt, wie Sie Ihre Zurückhaltung im Vollzug heute und hier begründen wollen.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN)