Es geht nicht um Alternativen für den Antragsteller Vattenfall, sondern um Alternativen für die Gesellschaft. Das war zu untersuchen.
Ein anderes Beispiel. Es geht um das Schutzgut Wasser. Diesbezüglich gibt es erhebliche Abweichungen in den ausgewiesenen Grundwasserständen zwischen den verschiedenen Gutachten, die dem Braunkohleplan zugrunde liegen. Eine Dichtwand soll kommen. Wie sie sich konkret auswirkt, bleibt unklar.
In jedem Fall wird deutlich, dass im direkten Vergleich mit dem Braunkohleplan 94 der Grundwasserbeeinflussungsbereich deutlich umfangreicher ausfallen wird. Bei der Wirkungsabschätzung auf Wasserschutzgebiete treten Widersprüche zwischen den Prognosen des Betreibers aus dem Jahr 2007 und der Modellierung der Gutachter aus dem Jahr 2010 auf. Die Beeinflussung von Trinkwasserschutzgebieten in Menge und Qualität wird nicht in der nötigen Detailschärfe dargestellt.
Zum bekannten Problem der Verockerung heißt es im Umweltbericht lapidar: „Ob angrenzende Trinkwasserschutzgebiete durch kippenbürtige Schadstofffahnen
beeinträchtigt werden, kann nicht prognostiziert werden.“ – Zusammengefasst heißt das: Nichts Genaues weiß man nicht! Das nenne ich eine grob fahrlässige Planung.
Nach 1990 wurden in der Region allein drei Wasserwerke bergbaubedingt außer Betrieb genommen. Im Jahr 2015 kommt das Wasserwerk Bärwalde hinzu. Damit muss nahezu der gesamte nördliche Teil der Landkreise Bautzen und Görlitz mit Fernwasser versorgt werden. Ich denke, es ist von Braunkohleplanung nicht zu viel verlangt, an dieser Stelle genau zu sagen, wie man gedenkt, die Trinkwasserversorgung der Region in Zukunft zu sichern.
Das waren drei Beispiele von vielen. Es gibt weitere zahlreiche Ungereimtheiten. Ich sage es klar: Es geht hierbei nicht um simple Auslegungsfragen, nicht einmal um unterschiedliche politische Bewertungshintergründe, sondern um klare inhaltliche Abwägungsmängel im Planverfahren, die zu einer Rechtsunwirksamkeit des gesamten Planes führen können, da die Zustimmung durch die Verbandsräte gegebenenfalls auf fehlerhaften Annahmen beruht.
Deshalb empfehlen wir der Staatsregierung mit dem vorliegenden Antrag eine sehr genaue Prüfung des Satzungsbeschlusses. Aus unserer Sicht kann das Ergebnis dieser Prüfung nur sein, dass der Braunkohleplan in dieser Form zurückgewiesen werden muss bzw. umfangreiche Nachbesserungen abgefordert werden müssen. Für einige der Nachbesserungen ist die Staatsregierung selbst verantwortlich – konkret für das Energie- und Klimakonzept. Wir erwarten energiepolitisch klar quantifizierbare Selbstverpflichtungen, die als robuste Planungsgrundlage für eine Regionalplanung dienen. Dabei – unser Antrag ist bereits seit Längerem im parlamentarischen Gang – können wir uns durchaus über den genannten Zeitraum im Antrag verständigen. Es ist im eigenen Interesse der Staatsregierung, hinsichtlich der mit Sicherheit zu erwartenden juristischen Auseinandersetzungen diese Fragen ernst zu nehmen und Hinweise nicht mit üblichen Beißreflexen zurückzuweisen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ärgerlich, dass Sie heute keine anderen Themen haben und wir zweimal über Braunkohle sprechen. Aber nach der Aktuellen Debatte bietet sich so die Gelegenheit, uns tiefer mit Ihren Anträgen und den Auswirkungen auf Land und Menschen zu beschäftigen. Dabei wird Dr. Stephan Meyer auf die Klimaschutzthemen und die Oberlausitzer Themen eingehen, während ich mich den energiepolitischen Aussagen zuwende.
Mit dem Antrag der LINKEN haben wir uns schon in der Aktuellen Debatte befasst. Darin fordern Sie die Staatsregierung auf, die Genehmigung für Braunkohlepläne zu versagen und das Energie- und Klimaprogramm zu aktualisieren. Auf Ihre Begründung möchte ich kurz eingehen.
Sie sagen, die Konzentration auf Braunkohle verhindere in der Oberlausitz die Entwicklung wirtschaftlicher Alternativen; Entwicklungen würden durch den Braunkohlenabbau erschwert. Wir sehen das anders und sehen
die Braunkohle als Rückgrat einer industriellen Struktur, auf der andere Entwicklungen besser aufbauen können. Sichere Energieversorgung und Preisdämpfung sind dabei wichtige Aspekte.
Sie sagen, Braunkohleverstromung nehme trotz bedenklicher Klimaauswirkungen noch zu und verursache erhebliche Umweltschäden. Das ist weltweit so, und wir Deutschen werden daran nichts ändern. – Ich komme auf die Größenordnung nachher noch zurück. – Aber wir können uns dabei technologisch einbringen, unsere Erfahrungen und Entwicklungen rund um die Kohle weltweit anbieten und verkaufen. Die Erde wird an unseren Kraftwerken nicht zugrunde gehen, aber wir können eine positive Entwicklung beeinflussen.
Sie sagen, die Kohle würde subventioniert. Wir sagen, es kommt den Verbrauchern zugute, wenn Wasserentnahme-, wie Feldes- und Förderabgabe bisher nicht erhoben werden. Sie sagen, Sachsen engagiere sich unterdurchschnittlich für eine zeitgemäße Klimaschutzpolitik. Zu diesem wie auch zu dem verfassungsrechtlichen Schutz der Sorben wird Dr. Meyer etwas sagen.
Nun zum Antrag der GRÜNEN. „Keine neuen Tagebaue – Raus aus der Braunkohle“. Dieser Ihrer Forderung können wir nicht entsprechen; wir halten sie für falsch. Kohle ist der Energieträger, der die Menschheit versorgt, bis die erneuerbaren Energien inklusive Speicher, Netze, Mobilität zur entsprechenden Reife gekommen sind. Wir können es als Industrienation gar nicht riskieren, unsere Grundlast aus heimischer Kohle aufzugeben,
gerade weil wir schon die Kernkraft 2022 aussondern wollen. Wir können uns nicht blankmachen, solange die erneuerbaren Energien die Grundlast nicht tragen können.
Zu der Versorgungssicherheit kommt die Wirtschaftlichkeit. Die Braunkohle hat derzeit eine preisdämpfende Wirkung auf die Energiepreise und federt all die Kosten des Aufbaus der erneuerbaren Energien mit ab.
Es handelt sich um eine eingeführte Technologie, die sich im täglichen Gebrauch wie alle Technologien weiterentwickelt, wenn man sie nur lässt und sie nicht gängelt, im Ungewissen lässt und aus dem Land treibt. Dieser Energieaspekt – das geht auch an Herrn Panter, der sich heute als Energiepolitischer Sprecher der SPD eingeführt hat –: Technologie entwickelt sich täglich weiter; das sollte er auch wissen.
Für die Braunkohle brauchen wir auch neue Tagebaue. Daher lehnen wir Ihren Antrag mit Überzeugung ab. Wir können uns einen Ausstieg aus der Braunkohle derzeit nicht vorstellen; stattdessen wollen wir mit offenem Ende daran festhalten – im Sinne der dortigen Beschäftigten, im Sinne der Wertschöpfung in unserem Land; denn Energie wird in Sachsen gebraucht, jeden Tag.
Die weltweite Entwicklung sieht völlig anders aus: Auf der Welt wird täglich ein neues Kraftwerk gebaut, wird jährlich eine Milliarde Tonnen Braunkohle gefördert – wovon Deutschland 18 % fördert, insgesamt ungefähr 176 Millionen Tonnen. Dazu – das möchte ich betonen – kommt weltweit die Steinkohle, die jährlich mit 5,5 Milliarden Tonnen gefördert wird – vor allem in China, aber auch in den USA. Gerade China versorgt seinen Ausbau mit Steinkohle – 50 % Anteil – mit den entsprechenden CO2-Freisetzungen. An diesem Vergleich wird deutlich, worüber wir in Wirklichkeit sprechen. Renaissance der Kohle – das ist die Realität auf dieser Welt.
Hinter Ihrer Forderung steht die Vorstellung, Deutschland sei eine Insel und wir könnten unsere Energien weiter verteuern.
Dem ist nicht so. Wir erwarten von der nächsten Bundesregierung vernünftige Entscheidungen rund um das Thema Energie, um die Investitionen wieder rentabel zu machen und gleichzeitig die bisherigen Kapazitäten rentabel zu halten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Morgen schon teilweise die Debatte geführt – darin gebe ich meinem Kollegen von der CDU recht –; dennoch steht es wieder an und deshalb ist es sicher interessant, die Position der SPD zu diesem Problemfeld zu hören, die ich hier gern vortragen möchte.
Wir können uns mit vielen Intentionen dieses Antrages anfreunden, wenngleich der Antrag in Teilen mit Schwachstellen versehen ist; dazu komme ich gleich noch.
Wir haben im Moment die problematische Situation, dass die energiewirtschaftliche Notwendigkeit nur im Rahmen des raumordnerischen Verfahrens festgestellt werden kann, wir darüber hinaus aber alle weiteren Schritte nur in einem Planverfahren, nämlich über eine Beklagung des Planverfahrens, klären können. Deshalb können wir hinsichtlich des Grundwasserschutzes und der Siedlungsfragen bzw. des Umweltschutzes und all dieser grundsätzlichen Bedeutungen nicht mehr debattieren.
Insofern verstehe ich die Intentionen des Antrags der LINKEN, dass man diese Frage jetzt klären und darüber diskutieren muss – vor allem darüber, ob wir den Abbau von Braunkohle in dieser Region tatsächlich bis 2067 brauchen. Wir müssen auch erklären können, wenn es nicht der Fall ist, was wir den Menschen sagen, die wir
dann umgesiedelt haben, obwohl es vielleicht möglich ist, dass wir die Braunkohle nur noch bis in die 2040er-Jahre nutzen. Kollege Lichdi möchte natürlich sofort ausschalten – ich sehe das etwas anders.
Ach, dann möchten Sie nicht sofort ausschalten. Dann ist ja mein Hinweis durchaus richtig, dass wir im Moment eine Situation haben, in der es sein kann, dass wir die Braunkohle gar nicht mehr in diesem Maß brauchen, aber dennoch eine Entscheidung treffen, die weit darüber hinausgeht.
Es gibt ja auch einen nachzulesenden Gutachterstreit über die energiepolitische Notwendigkeit dieses Vorhabens. Wenn ich es richtig gelesen und verstanden habe, ist es so, dass sich eine Mehrzahl der Gutachter gegen die Ausweitung ausgesprochen hat mit der Begründung, dass die Verstromung der Kohle mit den genehmigten Feldern bis in die frühen 2040er-Jahre ausreichen würde.
Auf der einen Seite haben wir das Thema Umwelt- und Folgeschäden zu diskutieren – ich habe das Thema Grundwasser schon angesprochen – und auf der anderen Seite ist es so, dass wir nicht genau wissen, was die Staatsregierung eigentlich dazu sagt. Insofern ist der Teil II des Antrags der LINKEN, Punkte 1 bis 3, richtig und findet unsere Unterstützung. Auch wir sind der Auffassung, dass wir eine Überarbeitung des Energie- und Klimaprogrammes der Staatsregierung brauchen – wenn man überhaupt von einem Programm sprechen kann; denn in Wirklichkeit ist es ja ein Sammelsurium von unterschiedlichen Ansätzen, bei dem keine klare Linie erkennbar ist. Teilweise könnte man böswillig unterstellen, dass es einen gewissen Unwillen der Staatsregierung gibt, sich des Themas Klimaschutz vernünftig anzunehmen. Vor allem ist es so, dass das Thema Braunkohleverstromung mit all den Risiken, die damit behaftet sind, in dem Maße darin keine Beachtung findet. Insofern finden wir es richtig, dass man sich dem Thema Energie- und Klimaprogramm zuwendet.
Wir haben darüber hinaus die Situation, dass die Staatsregierung für sich in Anspruch nimmt, die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien auf nur 28 % bis 2020 anzusetzen. Damit ist Sachsen Schlusslicht von allen Bundesländern, was den Anteil von erneuerbaren Energien anbelangt. Das ist nach unserer Auffassung kein richtiger Schritt. Mit einer solchen Aussage verhindern wir wichtige Investitionen und auch Visionen für neue Arbeit in der Region;
Wir müssen den Menschen ja auch sagen, was nach der Braunkohle kommt. Dafür brauchen wir klare Alternativen.
Man darf vor allem nicht vergessen, dass eine solche Verweigerungshaltung auch nicht die Antwort darauf gibt, wie Mensch und Natur im Einklang in der Region zukünf
tig miteinander umgehen sollen. Sie gibt natürlich auch keine Antwort darauf, wie der sächsische Arbeitsmarkt der Zukunft aussehen soll. Klar ist: Durch den Wandel, den wir erzeugen – auch bei den erneuerbaren Energien –, schaffen wir natürlich auch eine neue Form von Arbeitsplätzen und unterstützen damit Firmen, die sich in diesem Bereich engagieren. Mit den jetzt beschlossenen Ausbauzielen von 28 % werden wir das natürlich nicht erreichen, sondern eher, dass die, die Interesse an solchen Technologien haben, sich in anderen Bundesländern ansiedeln und nicht in Sachsen, weil ganz klar ist, dass Sachsen dort nicht als Land gesehen werden möchte, das erneuerbare Energien ausbaut.
Wir müssen aber auch über die Alternativen diskutieren. Die Alternative wäre zum Beispiel, darüber nachzudenken – Stichwort Umsiedlung –, was wir den Menschen vor Ort anbieten könnten, wenn es so sein sollte, dass die Pläne tatsächlich realisiert werden. Dann muss man aber nach dem Maßstab der Umsiedlung fragen, und da gibt es unterschiedliche Erfahrungswerte. Wenn man mit Betroffenen spricht – das haben ich und andere Kollegen aus meiner Fraktion oder anderen Fraktionen in diesem Hause auch getan –, dann ist das durchaus schwierig, weil es ganz unterschiedliche Anforderungen beim Thema Umsiedlung gibt.