Protocol of the Session on September 18, 2013

Wir erwarten von der Staatsregierung, dass sie ernsthafte Schritte unternimmt, um eine wirksame Verbesserung der personellen und materiellen Ausstattung der Nationalen Stelle zu erreichen. Dies ist erforderlich, damit diese die ihr durch internationales und nationales Recht zugewiesenen Aufgabe, als unabhängige Stelle die Behandlung von Personen zu prüfen, denen die Freiheit entzogen ist, auch erfüllen kann.

Wir sind hier als Freistaat Sachsen schlicht und einfach nicht im Bereich freiwilliger Wahlaufgaben, wie dies für Kommunen zu Teilen der Fall ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist hier eine völkerrechtliche Verpflichtung

eingegangen, die nach Geist und Buchstaben auch durch den Freistaat Sachsen anteilig staatsvertragstreu zu erfüllen ist. Deshalb hielten wir eine Erledigung der Unterrichtung der Nationalen Stelle praktisch nur per Abstimmung und ohne inhaltliche Debatte hier im Plenum einfach für unangemessen.

Zum zweiten Mal seit ihrer Einrichtung im Jahr 2009 berichtet die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter über die Ergebnisse ihrer Inspektionsbesuche in Einrichtungen, in denen Menschen die Freiheit entzogen wird. Die Nationale Stelle ist auf keine Anzeichen von Folter gestoßen, wohl aber auf eine Reihe nicht hinnehmbarer Missstände. Aufgrund der Inspektionsbesuche gab die Nationale Stelle zahlreiche Empfehlungen an die Aufsichtsbehörden zur Verbesserung der Situation von Menschen in Gewahrsam. Im Berichtszeitraum 2012 wurden allerdings keine sächsischen Einrichtungen besucht, anders im Berichtszeitraum 2011.

Zum zweiten Mal machen die Mitarbeiter klar, dass die Nationale Stelle mit dem vorhandenen Personal ihren gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen zu kann. Der Länderkommission stehen jährlich 200 000 Euro zur Verfügung, die sich die Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel teilen. Somit können lediglich drei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie eine Fachangestellte für Bürokommunikation finanziert werden. Der Beitrag, den das Land Sachsen zur Ausstattung der Stelle leistet, ist absolut lächerlich. Nicht mehr als 10 000 Euro zahlt Sachsen im Jahr. Das nenne ich Prioritätensetzung und Beispiel für Länder außerhalb Europas. Alle Achtung!

Wenn wir uns vor Augen führen, dass bundesweit rund 13 000 Einrichtungen in den Zuständigkeitsbereich der Nationalen Stelle fallen und sie es im Jahr 2012 geschafft hat, gerade einmal 45 Einrichtungen zu inspizieren, dann wird ganz offensichtlich, dass das Personal nicht ausreicht. Auf diese Hinweise hin hat am 15. November 2012 die Justizministerkonferenz das Vorsitzland Hessen gebeten, unter Beteiligung des Bundes zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Verbesserung der Ausstattung der Kommission notwendig erscheint und wie dies umgesetzt werden kann. Der Konferenz der Amtschefinnen und Amtschefs sollte dann ein Vorschlag unterbreitet werden, um darüber im April in Freiburg zu beraten.

Für diejenigen unter Ihnen, die es nicht wissen: Zu den Einrichtungen, in denen Menschen die Freiheit entzogen wird, gehören nicht nur Gefängnisse. Dazu zählen ebenso Polizeidienststellen, psychiatrische Kliniken, aber auch geschlossene Alten- und Pflegeheime. Nach Angaben der Nationalen Stelle fehlt es für die Inspektion der Letztgenannten an eigenen Fachexperten, sodass die Länderkommission diese Einrichtungen bisher gar nicht aufgesucht hat. Das ist sicherlich heikel, wenn sich die Personalsituation in Alten- und Pflegeheimen weiter verschlechtert. Die Not, in manchen Einrichtungen gut ausgebildetes und motiviertes Personal zu finden, kann zu

menschenrechtlich problematischen Situationen führen. Nennen möchte ich hierzu nur das Stichwort „Fixierung“. Hin und wieder erregen Berichte darüber in den Medien die Gemüter. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter kann hierbei sicherlich unterstützend wirken.

Ein Blick über die deutschen Grenzen hinweg zeigt, dass es in puncto Ausstattung der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter auch anders gehen kann. Beispielsweise ist der Nationale Präventionsmechanismus Frankreichs für circa 4 900 Einrichtungen zuständig, wie sich aus dem dortigen Jahresbericht ergibt. Er verfügt allein über 16 hauptamtliche Kontrolleure in Vollzeit sowie weitere 16 Kontrolleure in Teilzeit, ungeachtet weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in seiner Geschäftsstelle. Im Jahr 2010 stand ihm ein Budget von 3,3 Millionen Euro zur Verfügung. Mit dieser personellen und finanziellen Ausstattung gelang es ihm, seit der Arbeitsaufnahme im Herbst 2008 fast ein Drittel aller Einrichtungen in seiner Zuständigkeit zu besichtigen.

Doch nicht nur im Hinblick auf die angemessene Erfüllung des Auftrags der Nationalen Stelle ist die personelle Ausstattung von grundlegender Bedeutung. Auch bei der Außenwirkung spielt diese eine große Rolle. Deutschland, das international als einer der Vorreiter im Bereich Menschenrechtsschutz gilt, sollte auch in Bezug auf die Ausstattung seines nationalen Präventionsmechanismus Vorbild sein. Im Übrigen wäre noch interessant zu erfahren, was aus den letzten Beanstandungen geworden ist, mit denen die Länderkommission die sächsischen Aufsichtsbehörden konfrontiert hat.

Herr Staatsminister Martens, Sie antworteten auf eine Kleine Anfrage (Drs. 5/9866) von mir dazu unter anderem, dass der von der Nationalen Stelle kritisierte Freistundenhof der JVA Dresden, der durch in Einzelhaft befindliche Gefangene genutzt werden kann, durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement mit dem Ziel einer Erweiterung und verbesserten Gestaltung umgeplant wird. Die Umsetzung sollte bis zum Jahresende 2012 erfolgen. Wie sieht es aus?

Den gleichen Zeitrahmen haben Sie für den Einbau von Trennwänden in den Gemeinschaftsduschräumen vorgesehen. Welche Ergebnisse gibt es hierzu? Auch für die JVA Chemnitz hatte die Länderkommission Trennwände in den Gemeinschaftsduschräumen angeregt, die Ihrer Antwort entsprechend, Herr Martens, bis Jahresende 2013 realisiert werden sollen. Auch hierzu meine Frage: Liegen sie im Plan?

Die Unterzeichnung und Ratifizierung von internationalen Abkommen wie der Antifolterkonvention macht nur Sinn, wenn die festgelegten Präventionsmechanismen, wie sie die Nationale Steile zur Verhütung von Folter darstellt, auch Wirkung entfalten können.

Herr Martens und auch Frau Clauß, setzen Sie sich für eine bessere Personalausstattung der Stelle ein! Nur so können wir strukturelle Menschenrechtsverletzungen, die auch in Deutschland geschehen, wirkungsvoll entgegentreten.

Das Fakultativprotoll vom 18. Dezember 2002 zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 sieht die Einrichtung sogenannter nationaler Mechanismen zur Verhütung von Folter vor.

Zur Umsetzung dieses Fakultativprotokolls in Deutschland haben sich die Länder durch Staatsvertrag zusammengeschlossen und 2010 eine gemeinsame Länderkommission gegründet. Deren Aufgabe ist es, diejenigen Orte aufzusuchen, an denen staatlich organisierter Freiheitsentzug stattfindet, um auf etwaige Missstände aufmerksam zu machen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.

Mit dem Jahresbericht 2012 legt die Kommission nunmehr die sich aus ihrer Tätigkeit im Jahr 2012 ergebenden Erkenntnisse und Empfehlungen vor. Auch wenn die Länderkommission im Jahr 2012 keine sächsischen Justizvollzugsanstalten besucht hat, so spricht sie jedoch auf der Grundlage ihrer Besuche in Justizvollzugsanstalten anderer Länder Empfehlungen aus, die auch der sächsische Justizvollzug für sich zu prüfen hat. Diese Empfehlungen betreffen beispielsweise die bauliche Ausstattung von mehrfach belegten Hafträumen, die Anordnung und Aufrechterhaltung von Einzelhaft sowie die Art und Weise der Durchführung sogenannter Fixierungen.

Ich kann Ihnen versichern, dass der sächsische Justizvollzug in diesen genannten Bereichen bereits in der Vergangenheit schon sensibilisiert war und dies auch weiterhin ist. Auch wenn uns die anhaltend hohe Belegung der Justizvollzugsanstalten derzeit in einem größeren Umfang zu Mehrfachbelegungen von Hafträumen zwingt, legen wir großen Wert darauf, dass der Sanitärbereich vom restlichen Haftraum abgetrennt und die Größe des Haftraumes für die dort untergebrachten Personen nicht unzumutbar ist. Die sächsische Praxis bezüglich der sogenannten Fixierung, also der Fesselung von Gefangenen an feste Gegenstände bei ernsthafter und akuter Fremd- oder Eigengefährdung, ist seit Langem sehr restriktiv und entspricht in vollem Umfang den Forderungen der Länderkommission. Auch die Anordnung und Aufrechterhaltung von Einzelhaft erfolgen im sächsischen Justizvollzug nur als allerletzte Option.

Die Arbeit der Bundesstelle hat sich auch auf den Entwurf des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes ausgewirkt, welches in seiner vom Sächsischen Landtag verabschiedeten Fassung für die sogenannte Absonderung in § 84 Abs. 5 unter anderem sehr enge Berichtsfristen gegenüber der Aufsichtsbehörde beinhaltet und somit eine enge Kontrolle ihrer Anwendung ermöglicht.

Der sächsische Justizvollzug ist selbstverständlich einem gesetzmäßigen und humanen Handeln verpflichtet. Aber auch in den rechtsstaatlichen Verhältnissen des Freistaates Sachsen können sich aus dem Blickwinkel einer unparteiisch und bundesweit agierenden Stelle durchaus noch

Hinweise auf möglichen Handlungs- oder Verbesserungsbedarf ergeben. Wir wären schlecht beraten, wenn wir unseren Justizvollzug nicht immer auch an diesen Hinweisen überprüfen und gegebenenfalls verbessern würden.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 15

Berichterstattung an die Landtage

Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) Geschäftsjahr 2011

Drucksache 5/10959, Unterrichtung durch die Intendantin des MDR

Drucksache 5/12617, Beschlussempfehlung des Ausschusses für

Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Wesentliche Ergebnisse der Prüfung der

operativen Geldgeschäfte des MDR II

Drucksache 5/11425, Unterrichtung durch den Sächsischen Rechnungshof

Drucksache 5/12618, Beschlussempfehlung des Ausschusses für

Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Wesentliche Ergebnisse der Prüfung der Bavaria Film GmbH,

einschließlich ausgewählter Tochtergesellschaften

Drucksache 5/11840, Unterrichtung durch die Staatsregierung

Drucksache 5/12619, Beschlussempfehlung des Ausschusses für

Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort? – Das ist nicht der Fall. Wünscht der Berichterstatter des Ausschusses, Herr Gemkow, das Wort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/12617 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Gegenstimmen und auch keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses, Drucksache 5/12617, einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/12618 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte,

den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Gegenstimmen und auch keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses, Drucksache 5/12618, einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/12619 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Keine Gegenstimmen und auch keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses, Drucksache 5/12619, einstimmig angenommen.

Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 16

Nachträgliche Genehmigungen gemäß Artikel 96 Satz 3 der Verfassung

des Freistaates Sachsen zu über- und außerplanmäßigen

Ausgaben und Verpflichtungen

Drucksachen 5/12481, 5/12508 und 5/12526, Unterrichtung durch

das Sächsische Staatsministerium der Finanzen