Ich möchte auch zur Rede des Staatsministers kurz intervenieren. Das, was der Staatsminister gesagt hat, ist in der Tat etwas unvollständig. Es war nicht nur die Staatsregierung, die Vorsorge getroffen hat durch Planungsleistung, sondern die beiden Regierungskoalitionen haben extra noch einen Änderungsantrag ins parlamentarische Verfahren eingebracht, womit sie zusätzliche 3 Millionen Euro eingestellt haben, um die Neubauvorhaben, die genau diese Situation abfedern sollen, zu ergänzen. Ich erinnere mich auch sehr gut an eine Diskussion mit anderen Mitarbeitern, die in einer Position sind, in der wir das nachgefragt haben.
Deshalb möchte ich gern klarstellen, dass auch von dieser Seite des Hauses dieses Problem sehr offensiv angegangen wurde. Das war nicht nur eine Sache der Staatsregierung, und das wurde damals in aller Breite diskutiert.
Vielen Dank, Herr Biesok. Herr Staatsminister möchten Sie hierauf erwidern? – Das ist nicht der Fall. Die Frage an den Berichterstatter hatte ich gestellt und er hatte geantwortet.
Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses in der Drucksache 5/12656 ab. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier sehe ich keine Gegenstimmen und auch keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Beschlussempfehlung des genannten Ausschusses mit der Drucksachennummer 5/12656 einstimmig zugestimmt worden. Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist damit beendet.
Zunächst möchte ich mich beim Sächsischen Rechnungshof im Namen der CDU-Fraktion für den vorgelegten Bericht und die Diskussion im letzten Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss recht herzlich bedanken. Die konstruktive Auseinandersetzung mit Auffassungen Dritter hilft, den Blick zu schärfen und eigene Positionen zu prüfen.
Wir haben uns mit diesem Bericht und seinem Ergebnis auseinandergesetzt, mussten aber als Rechtspolitiker weitere Faktoren in unsere Betrachtungen einbeziehen, als vorrangig die Prognose zur Anzahl von Haftplätzen zu prognostizierten Straftätern in der Zukunft. Richtig ist, dass wir alle nur von Prognosen ausgehen können, wenn es um diese Investition geht, aber wir haben die Verantwortung dafür, dass der Strafvollzug auch in Zukunft effektiv gesichert wird.
Aus der Sicht des Rechnungshofes wäre es entgegen der Begründung des Justizministeriums nicht notwendig, in Südwestsachsen eine neue Justizvollzugsanstalt zu bauen. Diese Auffassung teilt die CDU-Fraktion ausdrücklich nicht. Wir brauchen flächendeckend im Freistaat Sachsen moderne Justizvollzugsanstalten und halten es aus mehreren Gründen für dringend erforderlich, im südwestsächsischen Raum eine neue Justizvollzugsanstalt zu errichten. Deshalb unterstützen wir auch weiterhin das Vorhaben der Staatsregierung, gemeinsam mit dem Freistaat Thüringen in Zwickau eine neue Haftanstalt zu errichten.
Am 15.01.2013 haben das Sächsische und das Thüringische Kabinett beschlossen, bis 2017 eine gemeinsame Justizvollzugsanstalt in Zwickau zu errichten. Basis dieser Entscheidung war die Haftplatzprognose des Justizministeriums. Ich habe bereits am 13. März dieses Jahres in der Debatte zu einem Antrag der Fraktion DER LINKE zum Thema neue JVA Zwickau darauf hingewiesen, dass wir die Haftplatzprognose des Justizministeriums, basierend
auf dem voraussichtlichen zahlenmäßigen Bedarf und mit Blick auf die Sicherung eines modernen Justizvollzug, für nachvollziehbar halten.
Wir dürfen mit solcher Prognoseentscheidung kein Risiko eingehen. Auch darauf hatte ich der Debatte im März hingewiesen: Überbelegungen sächsischer Haftanstalten sind unbedingt zu vermeiden – dies sowohl mit Blick auf die Insassen als auch besonders auch auf die Vollzugsbeamten.
Wir werden es der Bevölkerung nicht erklären können, wenn es zum Beispiel zum verspäteten Vollzug von Freiheitsstrafen käme, weil keine ausreichenden Haftplätze zur Verfügung stehen. Hier steht für uns die Sicherheit der Bevölkerung an erster Stelle.
Wir haben in der Anhörung am 10. Mai 2013 vom Vertreter des Justizministeriums gehört, dass die Belegungssituation im Strafvollzug bereits jetzt problematisch ist. So liegt keine Anstalt – mit Ausnahme der JVA Bautzen – unter den aus vollzugsfachlichen Gründen wünschenswerten maximalen 90 %. Dresden und Zwickau seien sogar mit 100 % als deutlich überbelegt zu bewerten. Nimmt man die Prognosezahlen des Rechnungshofes zur Grundlage, würden 271 weitere Haftplätze fehlen.
Ein mögliches Haftplatzdefizit und daraus folgende Überbelegung führt zu äußerst schwierigen und unsicheren Verhältnissen in einer Haftanstalt. Es ist davon auszugehen, dass das Aggressionspotenzial steigt und damit auch die Gefahr von sicherheitsrelevanten Vorfällen. Dies wirkt sich dann natürlich auch auf Behandlungs- und Resozialisierungsmaßnahmen negativ aus. Deshalb ist es richtig, wenn die Haftplatzprognose konservativ ist und Reserven lässt. Man darf eine Haftplatzprognose nicht rein fiskalisch treffen.
Ein moderner Strafvollzug verlangt eine differenzierte Unterbringung der Gefangenen. Es macht einen Unterschied, ob Gefangene etwa wegen Drogenabhängigkeit oder wegen einer persönlichen Gewaltproblematik Straftaten begehen. Sachgerechte Resozialisierungsmaßnahmen sind nur möglich, wenn eine ausreichende Anzahl von Haftplätzen je Anstalt vorhanden ist.
Wir brauchen eine neue JVA im südwestsächsischen Raum aber auch, weil der Zustand der jetzigen JVA Zwickau nicht den Ansprüchen eines modernen Strafvollzuges gerecht wird. Dies wurde uns in der Anhörung durch den Leiter der JVA eindrucksvoll dargelegt. Zu der baulichen Unterdimensionierung, problematischen Haftraumgrößen, einer aus dem baulichen Zuschnitt der Anstalt resultierenden niedrigen Beschäftigungsquote von lediglich circa 50 % – aus Resozialisierungsgründen sehr problematisch – kommt auch noch die Lage mitten im Zentrum der Stadt. Eine Sanierung würde einen zweistelligen Millionenaufwand erfordern, ohne den Notwendigkeiten eines auf Resozialisierung gerichteten Strafvollzugs dabei gerecht werden zu können. Deshalb ist ein Neubau unseres Erachtens erforderlich.
Aktuell verfügen wir nur noch über die alte JVA Zwickau als Haftanstalt in den Landgerichtsbezirken Chemnitz und Zwickau. Wenn man der Auffassung des Rechnungshofes folgte, würde im Bereich Südwestsachsen ein strafvollzugsfreier Raum entstehen. Dies aus vollzugsfachlicher Sicht abzulehnen.
Die Strafgefangenen aus den Landgerichtsbezirken Chemnitz und Zwickau sind über die JA Zwickau hinaus derzeit im Wesentlichen in den Justizvollzugsanstalten Dresden und Zeithain untergebracht. Bereits jetzt zeigen sich erhebliche Defizite bei einer rückfallvermeidenden Entlassungsvorbereitung, weil zum Beispiel die Bewährungshelfer, Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit, von Wohlfahrtsverbänden und von Straffälligenhilfsorganisationen durch die weiten Anfahrtswege in vielen Fällen an der unmittelbaren Kontaktaufnahme mit dem Gefangenen gehindert sind. Gerade diese Kontakte sind aber sehr wichtig, um eine erfolgreiche Resozialisierung und damit auch den Schutz der Bevölkerung nach der Haftentlassung zu gewährleisten.
Wir begrüßen, diesen Neubau zusammen mit dem Freistaat Thüringen am Standort Zwickau auszuführen. Soweit es Probleme beim Grundstückserwerb geben sollte, gehe ich davon aus, dass die Staatsregierung wirtschaftlich vertretbare Lösungen hierzu finden wird, zumal der Grundstückserwerb einer der kleineren Posten für diese Investition ist.
Auch gehe ich davon aus, dass man mit dem Freistaat Thüringen gemeinsam Lösungen für noch offene Fragen im Zusammenhang mit der gemeinsamen langfristigen Betreibung der JVA mit dem Staatsvertrag erarbeiten wird. Für uns ist es wichtig, dass eine ausgewogene Kostenverteilung zwischen Sachsen und Thüringen erfolgt. Finanzielle Risiken für den Freistaat Sachsen sind zu vermeiden.
Ich habe aber keinen Zweifel daran, dass diese Ziele erfolgreich durch den Finanzminister und den Justizminister des Freistaates Sachsen verfolgt und realisiert werden. Der VREA hat einstimmig beschlossen, dem Landtag vorzuschlagen, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.
Die vorliegende Beschlussempfehlung des Verfassungs- Rechts- und Europaausschusses macht die Themen „Haftplatzbedarf“ und „Neubau einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt mit dem Freistaat Thüringen“ erneut zum Gegenstand der Auseinandersetzung hier im Hohen Hause.
Mittlerweile haben wir uns nicht nur im Ausschuss, im Rahmen einer Anhörung, sondern auch bereits auf Antrag der Linksfraktion hier im Plenum sehr ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt. Die Argumente sind ausgetauscht und das Ergebnis ist aus meiner Sicht eindeutig: Der Neubau der Justizvollzugsanstalt in Zwickau ist notwendig und der Haftplatzbedarf auch von der Staatsregierung ordnungsgemäß prognostiziert. Darüber waren sich alle Fraktionen im Ausschuss einig.
Allerdings hat dieser Sonderbericht des Rechnungshofes einen gewissen Beigeschmack: Dass der Sächsische Rechnungshof mit einem solchen Sonderbericht seiner Aufgabe als unabhängige Kontrollinstanz der Staatsregierung nachkommt, ist nachvollziehbar. Dass er damit jedoch anscheinend versucht, politisch Einfluss zu nehmen, kann ich nicht gutheißen. Deshalb bin ich froh, dass die Anhörung zum Bericht des Rechnungshofes und auch die entsprechenden Auseinandersetzungen im Ausschuss zum Ausdruck gebracht haben, dass der angestrebte Neubau der Justizvollzugsanstalt in Zwickau auch im von der Staatsregierung beschlossenen Umfang für politisch sinnvoll und notwendig erachtet wird. Der Rechnungshof liegt mit seiner Bewertung des Bedarfs schlicht und einfach daneben.
Wir leben in einer modernen, aufgeklärten Gesellschaft. In dieser Verantwortung müssen wir uns im Freistaat Sachsen auch um einen modernen Strafvollzug bemühen. In erster Linie muss ein moderner Strafvollzug gewährleisten, dass die Betroffenen im Anschluss an einen Freiheitsentzug ein Leben ohne Straftaten führen können. Hierzu sind vor allem Maßnahmen der Resozialisierung und Vorbereitung auf ein solches Leben notwendig. Dies ist zu gewährleisten.
Ein moderner Strafvollzug berücksichtigt neben der Möglichkeit einer heimatnahen Unterbringung auch moderne bauliche Voraussetzungen. Dazu gehört es jedoch auch, sich von denjenigen Justizvollzugsanstalten zu trennen, die dies nicht mehr gewährleisten, und entsprechenden Ersatz zu bauen.
Gerade der wohnortnahe Vollzug für Ersttäter mit kurzen Freiheitsstrafen ist für eine Resozialisierung dringend notwendig. Durch die Schließung der Justizvollzugsanstalten Plauen und Chemnitz-Kaßberg sowie Umwidmung der JVA Chemnitz, an der Reichenhainer Straße für weibliche Gefangene ist es zu einer unausgewogenen
Verteilung der Standorte von Justizvollzugsanstalten für Männer im Freistaat Sachsen gekommen. Die heimatnahe Unterbringung ist für männliche Gefangene aus dem westsächsischen Raum so nicht mehr gewährleistet.
Mit der Inbetriebnahme der JVA Südwestsachsen werden die Einrichtungen in Zeithain und Zwickau geschlossen. Dabei handelt es sich um Anstalten, die den Anforderungen eines modernen Vollzugs gerade nicht mehr gerecht werden. Die alte JVA Zwickau wurde im Jahre 1899 eröffnet. Dieser Klinkerbau ist sicherlich architektonisch sehenswert, aber für einen modernen Strafvollzug nicht mehr nutzbar. Die zu schließende JVA Zeithain wurde im Jahre 1977 erbaut. Die Gefangenen wurden zur Arbeit vorwiegend im Stahlwalzwerk Riesa oder im Rohrwerk Zeithain eingesetzt. Diese Art des Vollzuges gibt es nicht mehr. Schließlich wurde die schon geschlossene Anstalt auf dem Chemnitzer Kaßberg aus dem Jahre 1886 bereits im Jahre 2010 wegen brandschutztechnischer Mängel geschlossen. Alle sind keine Anstalten mit Zukunft!
Lassen Sie mich noch einmal auf die Frage der für den Freistaat Sachsen notwendigen Haftplätze und die prognostizierte Entwicklung der Gefangenenzahl eingehen. Die Prognose des Sächsischen Rechnungshofs ist eindimensional, weil sie – heruntergebrochen auf drei Altersgruppen – ausschließlich demografische Gesichtspunkte berücksichtigt. Die Entwicklung von Gefangenenzahlen ist jedoch etwas komplizierter. Neben demografischen Gesichtspunkten hängt diese von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab, beispielsweise der Delinquenzentwicklung, der Strafverfolgungs- und strafgerichtlichen Praxis und des Strafrechts. Die Sanktionserwartung der Bevölkerung hat ebenfalls einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss. Aber auch Aspekte wie die wirtschaftliche Entwicklung, die Arbeitsmarktentwicklung oder soziale Entwicklungen sind hierbei zu berücksichtigen. Die Prognose der Staatsregierung berücksichtigt diese komplexen Zusammenhänge im Rahmen einer wertenden Gesamtabwägung.
Derzeit verfügt der sächsische Justizvollzug über 3 802 Haftplätze. Zum 25. März 2013 waren diese Haftplätze mit 3 566 Gefangenen belegt. Dies entspricht einer Belegungsquote von 93,7 %. Die neue Haftanstalt in Zwickau ist deshalb nicht zu groß. Das sächsische Kontingent an der gemeinsamen JVA beträgt jetzt 370 Haftplätze, mit einer Option auf eine Erweiterung um 100 Plätze. Gleichzeitig schließen wir, wie bereits erwähnt, die Vollzugsanstalten Zeithain mit 395 Gefangenen und Zwickau mit 165 Haftplätzen. Mit den geschlossenen Haftanstalten Plauen und Chemnitz-Kaßberg sind und werden in Sachsen insgesamt 790 Haftplätze wegfallen. Wir werden nach der Eröffnung der neuen Haftanstalt also 470 Haftplätze weniger haben als im Jahr 2007.
Wir haben diesen vorliegenden Bericht des Sächsischen Rechnungshofs zum Haftplatzbedarf eingehend geprüft und ausführlich diskutiert. Ich würde mich deshalb freuen, wenn Sie der Beschlussempfehlung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses zustimmen.
Der Sächsische Rechnungshof hat am 28. Januar dieses Jahres einen Sonderbericht zum Haftplatzbedarf im sächsischen Justizvollzug vorgelegt. Mit diesem Sonderbericht hat sich die Staatsregierung intensiv auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat sich auch der Sächsische Landtag mit dem Thema in mehrfachen Ausschusssitzungen und durch eine Expertenanhörung im VREA am 6. Mai 2013 vertieft beschäftigt.
Ich bin dem Sächsischen Rechnungshof dafür dankbar, dass er in eigener Initiative die Aufmerksamkeit des Sächsischen Landtages auf die Frage der qualifizierten Vorhersage der Entwicklung der Gefangenenzahlen in Sachsen gelenkt hat. Allerdings ist das Ergebnis der Vorhersage des Sächsischen Rechnungshofs nach allgemeiner Auffassung aller Fachleute zu niedrig. Die Prognose zukünftigen Haftplatzbedarfs ist immer mit einer gewissen Zurückhaltung anzustellen, denn die Risiken einer zu hohen Prognose sind deutlich geringer als die einer zu niedrigen. Eine zu hohe Haftplatzprognose führt zu höheren Kosten.
Eine zu niedrige Haftplatzprognose führt zu drangvoller Enge in chronisch überbelegten Justizvollzugsanstalten und damit zu einer Zunahme sicherheitsrelevanter Vorkommnisse. Dadurch wird das Anstaltsklima negativ beeinflusst, was resozialisierungsförderliche Maßnahmen gefährdet bzw. behindert. Eine gescheiterte Resozialisierung von Gefangenen hat Auswirkungen auf die Sicherheit der Allgemeinbevölkerung, die im Übrigen auch die hohen Kosten zu zahlen hat, die durch nicht in die Gesellschaft integrierte Entlassene entstehen. Ich als Sächsischer Staatsminister der Justiz und für Europa werde daher immer nur Haftplatzprognosen anwenden, die mit der gebotenen Zurückhaltung erstellt sind. Ich will Überbelegung in den sächsischen Justizvollzugsanstalten so weit wie möglich vermeiden.
Den Anforderungen an eine zurückhaltende Vorhersage zukünftiger Gefangenenzahlen genügt die Prognose des Sächsischen Rechnungshofs theoretisch nicht. Und sie genügt auch praktisch nicht; denn sie ist bereits jetzt von der tatsächlichen Entwicklung der Gefangenenzahlen in Sachsen widerlegt worden:
Entgegen der Annahme des Sächsischen Rechnungshofs sind die Gefangenenzahlen seit 2010 nicht stark gesunken, sondern sogar leicht gestiegen. Nach seiner Prognose hätten am 1. September 2013 3 331 Gefangene in Sachsen untergebracht sein sollen. In Wahrheit waren es aber 3 515. Hätten wir uns nach der Prognose des Rechnungshofs gerichtet, würden schon heute fast 200 Plätze in sächsischen Justizvollzugsanstalten fehlen.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der mir wichtig ist, ist die Möglichkeit, Gefangene heimatnah unterzubringen. Der Sächsische Rechnungshof ignoriert diese Notwendigkeit.
Die Standortkonzeption des sächsischen Justizvollzugs basiert auf zwei Prinzipien: erstens der zentralen Unterbringung von Gefangenen mit besonderen Behandlungsbedürfnissen, beispielsweise Frauen, Ersttäter, Gefangene
mit Freiheitsstrafen von über fünf Jahren, sozialtherapeutisch zu behandelnde Gefangene und Jugendstrafgefangene, und zweitens der heimatnahen Unterbringung der übrigen Gefangenen – der Gefangenen im Regelvollzug – zur Förderung ihrer sozialen und gesellschaftlichen Wiedereingliederung. Dabei liegt der Schwerpunkt der Betreuung bei Gefangenen ohne besondere Behandlungsbedürfnisse auf der Etablierung oder Aufrechterhaltung stützenswerter sozialer Bindungen und auf dem Übergangsmanagement.
Damit ist ein möglichst reibungsloser Übergang in die Freiheit nach der Entlassung unter Beteiligung der maßgeblichen externen Akteure, wie der Bundesagentur für Arbeit, der Bewährungshilfe, der Führungsaufsicht, der freien Straffälligenhilfe, der Sozial- und Jugendämter usw. gemeint. Dies setzt die heimatnahe Unterbringung der Gefangenen im Regelvollzug zwingend voraus.
In den letzten Jahren sind im Regelvollzug durch Schließungen der Justizvollzugsanstalten Plauen, Stollberg und Chemnitz-Kaßberg Haftplätze im südwestsächsischen Raum weggefallen, die dringend benötigt werden. Außer
dem ist die weitere Nutzung des Freigängerhauses in der Altendorfer Straße in Chemnitz für den offenen Vollzug zeitnah nicht mehr möglich. Davon sind auch 15 Plätze für männliche Gefangene im offenen Vollzug betroffen. Es ist daher wichtig, durch den Neubau einer Justizvollzugsanstalt im südwestsächsischen Raum Haftplätze für männliche Gefangene im Regelvollzug zu schaffen. Benötigt werden dabei 470 Haftplätze, von denen 40 im offenen Vollzug eingerichtet werden. Nach Errichtung der neuen Justizvollzugsanstalt werden die sanierungsbedürftigen Justizvollzugsanstalten in Zeithain und Zwickau geschlossen.
Der Neubau der Justizvollzugsanstalt in Südwestsachsen wird gemeinsam mit dem Freistaat Thüringen erfolgen, weil auch dieser zwei sanierungsbedürftige Justizvollzugsanstalten schließen muss. Der größere gemeinsame Neubau lässt Kostenvorteile erwarten. Außerdem ermöglicht er eine stärkere Differenzierung von Behandlungs-, Ausbildungs-, Arbeits- und Freizeitangeboten.