Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass man sich in Fragen der Gerechtigkeit bzw. im Gerechtigkeitsbegriff unterscheidet, ist in einem Parlament durchaus natürlich. So bemüht die Opposition diesen Begriff laufend. Wenn ich ihr Wahlprogramm nach diesem Begriff durchsuche, stelle ich fest: Er kommt 42 Mal bei den LINKEN vor, bei den GRÜNEN mit 65 Mal noch öfter.
Es ist selbstverständlich, dass eine Regierungsfraktion der Überzeugung ist, dass sie richtige, ordentliche Arbeit leistet, die von den Gedanken der Gerechtigkeit und der Solidarität geprägt ist. Deswegen muss der Gerechtigkeitsbegriff von uns üblicherweise seltener bemüht werden.
Es gibt Länder, die statt auf Umverteilung mehr Wert auf das Leistungsprinzip legen. Dazu gehört auch Deutschland. Damit sind wir erfolgreich, damit sind verschiedene Regierungen in unserem Land erfolgreich. Gott sei Dank sind Sie bei uns noch nicht an der Regierung gewesen. Das hatte es vorher gegeben. Was dabei herauskam, konnten wir sehen.
20 Jahre mal 5 % – was heißt das? Wenn ich sonst nichts für mein Einkommen tue, mein Vermögen sich selbst mehren lasse und es beispielsweise dem Staat anvertraue – große Fonds und große Vermögende handeln zum Teil so –, erziele ich real nahezu keine Rendite. Vermögensteuer ist dann eine echte Substanzbesteuerung. Bei 5 % Wertverlust ist das Vermögen nach 20 Jahren weg.
Wir hatten dann zwar ein Strohfeuer, aber die Kinder, die die Schulden zurückzahlen müssen, die Ihr System hinterlassen hat und die auch unser gemeinsames System hinterlässt, sind dann auch noch vermögenslos.
Wovon soll das Ganze dann noch bezahlt werden? Wie ein Staat seine Bürger plündert, haben wir erlebt; Herr Heidan hat das mit seinem Handwerksbetrieb vielleicht noch am ehesten gemerkt. So kann es jedenfalls nicht gehen.
Denn wir kommen mit unserem Geld aus. Man kann immer mehr haben wollen. Unendlich ist die Möglichkeit aber nicht; ich verweise auf die Theorie des abnehmenden Grenznutzens. Kollege Schmalfuß hat schon von der Laffer-Kurve gesprochen. Umgekehrt gibt es das auch; das sehen wir bei der Tabaksteuer: Irgendwann ist die Besteuerung zu hoch. Dann gehen die Steuereinnahmen zurück.
Jetzt stellt sich die Frage, wo das richtige Maß anzusetzen ist. Welcher Steuersatz ist so gerecht, dass wir damit leben können und dass nachher tatsächlich mehr in der Kasse bleibt? – Folgten wir Ihrem Ansatz, Herr Scheel, wäre das Vermögen nach 20 Jahren verbrannt.
Sie sagten, Sie hätten vor, die Mitte zu entlasten. Ich kann das wohl lesen. Aber was haben Sie konkret vor? Sie wollen den Mittelstandsbauch abbauen, indem Sie den Grundfreibetrag von 8 130 Euro auf 9 300 Euro – im Jahr! – erhöhen. Kann man in diesem Einkommensbereich tatsächlich von „Mittelstand“ sprechen? Geht es dabei nicht eher um die ganz niedrigen Einkommen? Sie wollen das aber kaschieren, damit Ihnen die Handwerker nicht abspringen. Dass Sie den Mittelstandsbauch abbauen wollen, kann ich nicht erkennen. Die Besteuerung bleibt für alle, die ein Einkommen von mehr als 9 300 Euro beziehen, gleich oder sie weitet sich aus. Das alles schreiben Sie in Ihrem Antrag übrigens nicht.
Sie sprechen davon, dass die Körperschaftsteuer zu erhöhen sei, und behaupten, diese sei mit 25 % unsäglich gering.
Ich denke an die Unternehmen der ersten Generation in Sachsen. Diese haben nach 1990 wieder angefangen und reinvestieren ihr Geld. Sie thesaurieren ihre Gewinne und stecken das Geld wieder in ihren Betrieb. Der Steuersatz darauf ist ermäßigt; das ist richtig. Wird aber Geld ausgeschüttet – vielleicht haben Sie es nicht begriffen –, muss man neben der Körperschaftsteuer auch noch eine „Dividendensteuer“ bezahlen. Zudem gibt es noch eine Gewerbesteuer, die die Betriebe zu entrichten haben.
Wie man bei Ihren Plänen meinen kann, dass die Unternehmen mit 25 % – quasi als Flatrate – herauskommen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Sie aber machen das in Ihren Schwatzbunden der politischen Öffentlichkeit vor. Sie wollen halt nicht nur die „Reichen“ besteuern.
Herr Kollege Scheel, seien Sie nicht so erregt, sondern gehen Sie mit ein bisschen Verstand heran; dann werden auch Sie das Problem durchdringen.
Sie wollen nicht nur die „Reichen“ besteuern, sondern alle. Die Kollegen der NPD haben das dargestellt. Das ist sachlich nicht falsch.
Sie verlangen, dass die Familien, die heute schon die große Erziehungsleistung und das große Vermögen in diesem Land schaffen, nämlich Familien und Kinder, noch stärker besteuert werden. Sie vergessen völlig, dass 90 % unserer Betriebe Personenbetriebe sind. Bei Personenbetrieben ist es so, wie Kollege von Breitenbuch dargestellt hat, dass sie keine Unterscheidung zwischen einer betrieblichen und einer privaten Sphäre haben. Hier gibt es ein Steuersubjekt, und dieses wird entsprechend belastet. Deswegen ist es hanebüchen, finde ich, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen: Ich habe das zwar nicht in mein Programm, in den Gesetzesantrag hineingeschrieben, aber ich meine das so. Natürlich seien die Handwerker und die kleinen Betriebe nicht gemeint. – Doch! 90 % der Firmen sind Personengesellschaften, und die werden mit Ihren höheren Steuersätzen völlig belastet.
180 Milliarden Euro wollen Sie erzielen. Das sind übrigens ungefähr 60 Milliarden Euro mehr, als Ihre Bundespartei errechnet hat. Aber das ist eine Arithmetik, die vielleicht Ihrem Glanz- und Gloriaschein entspricht. 180 Milliarden Euro – das bedeutet für Sachsen pro Jahr bei einem Bevölkerungsanteil von 5 % der Gesamtbevölkerung – jetzt ganz pauschal gerechnet, diesen Königsteiner Schlüssel –, wir hätten 9 Milliarden Euro mehr. Wir
haben derzeit 16, 17 Milliarden Euro Haushalt, und nach der Arithmetik, Kollege Michel, kämen 9 Milliarden Euro mehr herein. Das ist ja wirklich fantastisch! Das Ganze geht ewig gut, das geht unendlich. Ich glaube, das Thema ist nach 20 Jahren vorbei. Der größte Teil davon ist die Vermögensteuer, und dann ist das Geld schlicht weg – lassen Sie es 22, 23 Jahre sein, weil es ja immer noch mal ein paar Zinsen gibt.
Ich möchte noch auf eine andere Seite dieses Reichtums- und Vermögensbegriffes eingehen. Ich möchte für eine Vermögenskultur werben, wie das auch der Leiter des evangelischen Büros, Herr Seele, getan hat: Reichtum ist für die Menschen in meinen Augen erstrebenswert – ein Reichtum an Geld, ein Reichtum an Wissen, ein Reichtum an Beziehungen, ein Reichtum an Kindern. Und Reichtum ist für das Funktionieren der Demokratie unerlässlich. Davon gebe ich auch gern ab. Ich teile dieses Vermögen auch gern. Ich teile das nicht nur mit meiner Familie – sechsköpfig –, ich teile das auch über Spenden, und ich teile das über Stiftungen, wie das viele große Unternehmer tun – nicht alle, einverstanden –, aber wie das viele tun, im Kleinen wie im Großen. Ich teile das gern mit anderen. Aber was ich nicht gerne tue, ist, wenn ich dafür belastet werde.
Ich appelliere an eine Vermögenskultur auch in Ihren Reihen, also die Überzeugung, dass jeder Einzelne eine Selbstverpflichtung besitzt, sein persönliches Vermögen in ein sinnvolles Gemeinschaftsleben einzubringen.
Das ist nicht neu, wenn Herr Seele darauf hinweist und aus der Bibel zitiert. Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen. Wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern. Aber bitte nicht zwanghaft!
Die Ausweichreaktionen, die da einsetzen, diejenigen, die sich dem Steuerzugriff mit Tricks oder Wohnsitzverlagerung – was es dort alles gibt – entziehen, müssen wir in den Griff bekommen. Die Zukunft aber schon heute zu konsumieren, indem wir die Substanz, aus der wir zukünftig Vermögen und Einkommen erzielen wollen, heute wegzusteuern, wegzuschneiden, das können wir nicht akzeptieren. Und der abnehmende Grenznutzen funktioniert; denn man investiert lieber, wenn einem etwas bleibt. Je mehr einem bleibt, desto lieber investiert man, und je mehr einem bleibt, desto lieber arbeitet man auch. Der Umkehrschluss ist absolut genauso gültig.
Problematisch sehe ich und sehen Kollegen die Frage der Vermögensverteilung in unserem Land, das Auseinanderklaffen dort, und zwar die Frage bei den Vermögen, die sich nicht in das Solidarsystem einbringen.
Problematisch sehe ich die Unterschiede zwischen Steuern auf Einkommen und auf Kapital. Es ist wirklich schwer erklärbar, warum der eine mit 25 % ohne eigene Arbeit, sondern aus Vermögen, vielleicht noch nicht
einmal selbst geschaffenem Vermögen, herauskommt – den Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer einmal weggelassen – und der andere sein Arbeitseinkommen sehr schnell über 25 % versteuern muss. Das finde ich nicht richtig.
Und dass wir Casino und Spekulation entgegentreten müssen, Maß und Mitte einhalten müssen. Aber auch nicht jedes Derivat, das man mit Ihrer Transaktionssteuer besteuern will, ist schon Spekulation. Vieles dient zur vernünftigen Absicherung von wichtigen Geschäften.
Wichtig ist für uns, dass wir die Substanz unserer Gesellschaft erhalten: Bildung, Familie, Vermögen. Wir haben keine Rohstoffe, wir leben von unserer Arbeit und von unserem Kapital, das wir einsetzen. Das ist die Basis für unsere Risikotragfähigkeit. Deshalb geht es unserem Land gut, und genau deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Ich frage die Fraktionen: Gibt es noch Wortmeldungen in einer zweiten Runde? – Herr Bläsner, bitte, für die FDPFraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Pecher, Sie haben mich noch einmal gereizt, hier vorn ans Mikrofon zu gehen.
weil Ihr Redebeitrag eines gezeigt hat: Sie haben nichts übrig für den Tourismusstandort Sächsische Schweiz! Sie haben nichts übrig für den Tourismus im ländlichen Raum! Denn für Sie sind wahrscheinlich Hotels irgendwelche großen Ketten mit einem Portier und einem großen roten Teppich davor, und es steht Hilton darüber, wo die Genossen der Bosse einkehren.
Aber bei uns sind Hotels etwas völlig anderes. Bei uns sind Hotels Familienunternehmen, ob es das Hotel „Helvetia“ in Schmilka oder das Hotel „Elbiente“ in Rathen ist. Das sind Familienhotels, hart getroffen durch die Flut.
Sie haben keine Ahnung! Das ist ein bekanntes Hotel in der Sächsischen Schweiz. Es wundert mich, dass Sie das nicht wissen! Wahrscheinlich waren Sie noch nie vor Ort und haben sich einmal erkundigt.
Ich war zusammen mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Herrn Brähmig und dem Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft, Herrn Burgbacher, bei einer Veranstaltung mit Touristikern. Sie haben uns gesagt: Belastet uns ja nicht weiter mit irgendwelchen neuen Regulierungen! Lasst es beim ermäßigten Mehrwertsteu
ersatz! Denn eines ist klar: Wenn es jetzt zu Mehrbelastungen kommt, können sie das, was sie in den letzten Jahren aufgebaut haben – – Durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz konnten sie in eine moderne Einrichtung, in besondere Angebote im Bereich Wellness und Spa investieren. Sie haben sich damit gegenüber anderen Regionen konkurrenzfähig gemacht,