Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich melde mich hier nicht als Experte für das Wassergesetz zu Wort. Ich war weder bei den Anhörungen dabei noch bei den Diskussionen im Ausschuss. Ich melde mich zu Wort, weil mich der Umgang mit diesem Gesetz empört und aufregt. Deshalb melde ich mich hier. So kann man mit einem Thema nicht umgehen!
Man kann hier nicht drei Wochen vorher eine Parlamentsdebatte führen, eine Regierungserklärung des Ministerpräsidenten hören, die insgesamt – wenn ich an die Debatte erinnern darf – von einem Geist geprägt war, die richtigen und gemeinsamen Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe 2013 zu ziehen. Drei Wochen später ist davon nichts mehr übrig! Das regt mich so auf!
Seien Sie doch einmal stringent in Ihrer Argumentation! Wenn Sie sagen, wir haben die Erfahrungen des Hochwassers von 2002 und 2010 in dieses Gesetz aufgenommen, dann nennen Sie mir den Grund, warum Sie die Erfahrung von 2013 nicht aufnehmen! Das verstehe ich nicht. Sie hätten die Möglichkeit.
Ich will Ihnen nur drei Beispiele nennen, warum es notwendig wäre, das Gesetz jetzt nicht zu verabschieden, sondern im Verfahren zu halten. Ich nenne Ihnen sogar dreieinhalb, am Schluss noch etwas zum Verfahren selbst. Der erste Grund ist: Wir müssen wieder ernsthaft über das Vorkaufsrecht der Kommunen reden. Wenn wir ernsthaft über Hochwasserschutz reden wollen, muss das wieder auf die Tagesordnung. Das sagen uns alle Bürgermeister.
Das Zweite ist der schon viel zitierte Kirchbach-Bericht. Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund, warum wir diesen Bericht nicht abwarten und überlegen – genauso, wie Sie 2002 und 2010 gemacht haben –, welche Punkte in diesem Gesetz noch geändert werden müssen. Das
wäre der richtige und konsequente Weg. Vor allem wäre das ein Weg, den man gemeinsam gehen kann. Ich verstehe nicht, warum Sie mit dem Kopf durch die Wand wollen. Das ist Borniertheit, nichts anderes!
Es gibt noch ein drittes Thema. Das ist das Thema Umsiedlung. Mit dem Thema Umsiedlung haben wir in Sachsen damals bei Röderau-Süd eine Erfahrung gemacht. Als SPD-Fraktion haben wir uns in einer internen Expertinnen- und Expertenanhörung unter anderem mit dem ehemaligen Staatssekretär Zeller über das Wirken, die Arbeitsweise und die Erfahrungen unterhalten, die er als verantwortlicher Staatssekretär damals bei dem Umsiedlungsprojekt Röderau-Süd gemacht hat. Wir haben es mit großer Anerkennung und Respekt betrachtet, wie das gelaufen ist.
Es war ein Mediationsverfahren, das zu einem guten Ergebnis geführt hat. Ein Mediationsverfahren ist sehr aufwendig. Ein Mediationsverfahren hat den Vorteil, individuellere Lösungen zu organisieren, ist aber auch nicht die preiswerteste Variante. Aber es ist auch in einer gewissen rechtlichen Grauzone, weil es für das Thema keine rechtliche Grundlage gibt. Auch er weist darauf hin: Lassen Sie uns einen solchen rechtlichen Anker in das Wassergesetz aufnehmen!
Die Frage ist, wo man es aufnimmt. Im Baugesetz allein reicht es eben nicht aus. Wir haben bei der Regierungserklärung das Thema angesprochen. Es war nicht nur die SPD, die gesagt hat, dass wir auch ernsthaft über das Thema Umsiedlungen reden müssen. Wir hören auch aus Ihren eigenen Kreisen, dass das Thema relevant ist. Nur, dann muss man sich doch konsequenterweise Gedanken machen, ob so etwas nicht auch im Wassergesetz abgesichert werden muss. Wir hören zurzeit genau das Gegenteil, dass man jetzt schon wieder vonseiten der Staatsregierung unterwegs ist und den Leuten wieder technischen Hochwasserschutz verspricht und sie damit in Sicherheit wiegt und vielleicht Umzugswillige davon abhält, die richtigen Konsequenzen zu ziehen.
Ich weiß nicht, ob das Ihre Politik ist. Wo ist denn der Umweltminister? Wo ist denn der Ministerpräsident, der zu dem Thema Stellung nimmt? – Die Leute wollen wissen, ob sie jetzt wieder aufbauen sollen oder ob es andere Optionen gibt. Sie wollen das jetzt wissen. Das geht natürlich über das Wassergesetz weit hinaus. Aber genau deshalb ist es richtig, über das Wassergesetz nicht jetzt zu entscheiden.
Nun komme ich zum Verfahrensgrund. Wenn Sie das heute beschließen – mit dem Kopf durch die Wand – und Sie stellen am Ende des Jahres aufgrund des KirchbachBerichtes fest, wir haben Nachbesserungsbedarf, dann beginnen Sie das Verfahren von Anfang an neu, und dann
bekommen Sie Zeitstress; denn irgendwann ist die Legislaturperiode zu Ende und Sie können ein solches Gesetz nicht der Diskontinuität unterstellen.
Sie müssen es vernünftig über die Bühne bekommen; denn wir waren uns doch darin einig, dass wir die Konsequenzen jetzt definieren müssen, weil in ein oder zwei Jahren die Welt wieder komplett anders aussieht. Deshalb ist es wichtig, das Verfahren offenzuhalten und dann schnell zu reagieren und es nicht auf die lange Bank zu schieben, sondern die notwendigen Entscheidungen müssen schnell getroffen werden können, sodass kein neues Verfahren durchgeführt werden muss.
Ich sage Ihnen auch: Sie selbst wissen, dass Sie eigentlich das Gesetz so nicht verabschieden können.
Nur weil die Opposition gefordert hat, dass es wieder in den Ausschuss kommt, müssen Sie es heute durchziehen.
Doch. Soll ich Ihnen den Beweis bringen? Hier ist er: Der Entschließungsantrag ist doch der beste Beleg dafür, dass Sie Dinge, die Sie im Gesetz nicht geregelt haben – obwohl Sie es hätten regeln können –, jetzt nachschieben. Sie selbst sehen den Bereich, den Sie nachjustieren müssen, und tun dies jetzt mit einem Entschließungsantrag.
Das ist der beste Beleg dafür, dass Sie sich selbst mit dem Gesetz nicht grün sind, aber jetzt, weil Sie es zur Machtfrage machen, gegen die Interessen der Menschen in Sachsen mit dem Kopf durch die Wand wollen. Wir lehnen das ab.
Sehr verehrter Herr Dulig, Sie haben uns jetzt einen Eintopf geliefert, dessen Zutaten einfach nicht zusammengepasst haben. Sie sind doch lange genug im politischen Geschäft, um unterscheiden zu können zwischen dem, was man in einem Gesetz regelt, also mehr oder weniger die abstrakten Regelungen, und Regelungen, die in den Verwaltungsvollzug, in Verordnungen und Ermächtigungen usw. usf. gehören. Genau das, was auch Frau Pinka gefordert hat und was Sie jetzt unterstützt haben: den Kirchbach-Bericht abwarten. Der Kirchbach-Bericht nach dem Hochwasser von 2002 hat sehr, sehr viele Hinweise enthalten, die Verwaltungshandeln, Meldeketten und das Zusammenspiel zwischen Behörden usw. betroffen haben.
Dies alles sind keine Sachverhalte, die in ein Umsetzungsgesetz eines Bundesgesetzes hineingehören. Sehr wohl müssen wir uns diesen Aufgaben stellen, auch in Auswertung des letzten Hochwassers. Ich sage nochmals: Es war nicht anders als bei vorhergehenden Hochwasserkatastrophen, nur mit anderen örtlichen Betroffenheiten.
Wenn dort wesentliche Unterschiede zu Sachverhalten zutage treten, die bisher bereits berücksichtigt worden sind, steht es uns als Gesetzgeber jederzeit frei, nachzujustieren; und die wichtigen Fragen der Umsiedlung, was Menschen unmittelbar betrifft und ausführlich diskutiert werden muss, sind zu klären, das ist richtig. Aber das geht wohl mehr in das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht hinein. Also müssen wir uns dann mehrere Rechtskreise anschauen, in denen wir Schlussfolgerungen ziehen müssen, und dies dann noch einmal in einem zusammengefassten Gesetz regeln.
Aber bitte nicht, indem Sie dieses Verfahren anhalten. Das haben wir vor drei Wochen schon diskutiert.
Ich verstehe etwas nicht: Man kann nicht auf der einen Seite sagen, wir haben die Konsequenzen aus 2002 und 2010 im jetzigen Gesetz berücksichtigt, und andererseits sagen, 2013 spiele keine Rolle, und das sei ein Ausführungsgesetz.
Es gibt keinen neuen Sachverhalt. Sie wissen also schon, was in dem Kirchbach-Bericht steht? Ich verstehe es nicht. Sie müssen einmal konsequent und stringent in Ihrer Argumentation bleiben.
Ich meine das vor allem deshalb, weil sich seit der Hochwasserkatastrophe nichts an dem Gesetzestext verändert hat. Das heißt, Sie haben komplett für sich ausgeschlossen, die Konsequenzen in diesem Gesetz zu regeln. Sie wollen es nicht, obwohl Sie es bei den vorangegangenen Flutkatastrophen getan haben. Das ist nicht konsequent.
Das Zweite. Die Frage, ob man die Umsiedlungen rechtlich im Baugesetz, im Bauplanungsgesetz oder im Wassergesetz regelt, muss man tatsächlich auseinanderhalten. Aber es ist durchaus möglich, im Wassergesetz solche
Regelungen zu verankern. Nur müssen Sie uns doch die Chance geben, ernsthaft über eine solche Frage zu sprechen. Aber das wollen Sie nicht, und es ärgert uns, dass man uns vor drei Wochen erzählte und den Geist leben ließ, dass man gemeinsame Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe ziehen und tragen müsse. Ich halte das auch für klug; denn die Bürgermeister im Land haben eben nicht nur eine Farbe im Parteibuch, sondern es sind alle beteiligt. Genauso müssen wir uns mit der Bundesebene verständigen. Es macht durchaus Sinn, an dieser Stelle gemeinsam über Änderungen nachzudenken. Aber Sie wollen mit dem Kopf durch die Wand. Das kritisieren wir und lehnen deshalb das Verfahren sowie den Gesetzentwurf ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dulig! Wären Sie mal lieber bei den Anhörungen und den Diskussionen im Ausschuss dabei gewesen oder würden Sie einfach die Fachpolitikerin sprechen lassen,