Protocol of the Session on June 20, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Sie haben aber auch noch weitere Gestaltungsmöglichkeiten, zum Beispiel über den Bundesrat, über Gesetzesnovellen. Ich denke, damit würde die Staatsregierung ihrer Verantwortung und Fürsorge für die Gesundheit der Bewohner ihrer Region mehr Rechnung tragen und auch dem Gleichheitsgrundsatz. Wir wollen gesetzlich festgelegte Schutzziele, ein klares Lärmminderungsgebot im Luftverkehrsgesetz und einheitliche Lärmobergrenzen auf nationaler Ebene und möglichst europaweit.

Mittelfristig müssen Werte von 45 Dezibel nachts und tagsüber 55 Dezibel eingehalten werden. Kürzlich forderte auch der Deutsche Ärztetag Bund und Länder auf, sich für einen umfassenderen Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm einzusetzen. Sie sagten, die Lärmobergrenzen müssen deutlich nach unten korrigiert werden, Prävention hat Vorrang vor der Therapie vermeidbarer Erkrankungen.

Man darf sich schon fragen: Warum wird so viel geflogen? Richtig, fliegen ist billig. Mitunter ist die Fahrt mit dem Taxi zum Flughafen teurer als der Flug selbst, und das ist nur möglich, weil der Luftverkehr von allen Verkehrsträgern am meisten subventioniert wird, selbst wenn man Emissionshandel und Luftverkehrsteuer einrechnet. Die Staatsregierung argumentiert, die Luftverkehrsteuer habe keine ökologische Steuerungsfunktion und gehöre abgeschafft. Sie wollen also wieder noch größere Unterschiede in der Besteuerung der verschiedenen Verkehrsträger einführen.

(Zuruf des Abg. Torsten Herbst, FDP)

Moment einmal, liege ich falsch, wenn ich bisher davon ausgegangen bin, dass gerade die Liberalen für einen freien Wettbewerb und gegen Subventionen sind?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle war mit Versprechen verbunden, dass nicht über dicht besiedeltem Gebiet geflogen wird. Erst als die Widerspruchsfristen verflogen waren, stellte sich heraus, dass die letztgültig veröffentlichten Flugrouten leider ganz anders waren als im Planungsverfahren. Das ist weder hinnehmbar noch vermittelbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da sehe ich die Staatsregierung in der Verantwortung, in einer sicherlich mittelbaren. Bei der Festlegung von Flugrouten muss auch im Interesse der betroffenen Anwohner Lärmminderung eine gleichberechtigte Rolle spielen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Luftverkehr ist wichtig auch für Mitteldeutschland. Dennoch müssen für eine zukunftsfähige Entwicklung der Region soziale und ökologische Aspekte den gleichen Stellenwert bekommen wie die ökonomischen. Faire Abwägungsprozesse sind unerlässlich und Alternativen vorhanden.

Frau Kallenbach, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Insbesondere der schienengebundene Güterverkehr hat enorme Ausbauchancen. Stellen Sie sich den Forderungen des Grundgesetzes und stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächste Rednerin für die CDU-Fraktion Frau Springer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In unserer Gesellschaft hat die Sensibilität im Umgang mit Umgebungslärm erheblich zugenommen. Verschiedene Verkehrsträger verursachen Geräuschemissionen. Menschen, die an Bahntrassen, an Autobahnen, an Straßen und an Flughäfen leben, sind diesen Belastungen ausgesetzt. Permanente Umgebungsgeräusche bringen Belastungen mit sich.

Von Interesse ist allerdings ganz speziell in Leipzig, wer im Flughafenumfeld in Kenntnis des Flughafens nachträglich gebaut hat. Diese Frage kann ich Ihnen hier nicht beantworten, aber das wäre auch einmal eine lohnende Untersuchung. Untersuchungen im Bundesgebiet haben verdeutlicht, dass sich circa 100 000 Menschen im Bundesgebiet durch Fluglärm und mehrere Millio

nen Menschen durch Bahn- und Straßenverkehrslärm

belästigt fühlen. Auch das ist eine Tatsache, die wir zu respektieren haben.

Mein Respekt gilt aber auch den Menschen, die sich anfeinden lassen müssen, weil sie ihren beruflichen Aufgaben in der Transport- und Logistikbranche nachkommen. Meine Damen und Herren, Transport ist die Lebensader unserer Wirtschaft. Die Transportbranche und besonders die Mitarbeiter unserer sächsischen Flughäfen verdienen diesen populistischen Antrag nicht.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Das ist kein populistischer Antrag!)

Das Bundesverfassungsgericht hat 2009 festgestellt, dass der Nachtflugverkehr des Flughafens Leipzig/Halle nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Gleichzeitig wurde der Planfeststellungsbeschluss von 2004 mit dem Ergänzungsbeschluss von 2007 bestätigt. Damit, meine Damen und Herren, wurden die standortspezifischen Bedarfe für den Umschlag von Expressfracht, an einem Frachtdrehkreuz auch in der Nachtkernzeit Flüge zur Beförderung konventioneller Fracht durchführen zu können, bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Interessen der Flughafenholding und die Interessen der Beschwerdeführer ausgewogen beurteilt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Springer, würden Sie eine Zwischenfrage von Frau Kallenbach zulassen?

Frau Kallenbach, bitte schön.

Danke schön, Frau Springer. – Ich habe eine Frage. Nannte sich der Flughafen Leipzig/Halle zu dem Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses Interkontinentaler Flughafen oder war es ein Frachtdrehkreuz, von dem Sie gerade gesprochen haben?

Ich habe von dem Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgerichts gesprochen, nicht vom Planfeststellungsbeschluss. Der Name bezog sich auf das Gerichtsurteil.

Gelegentlich führen das Nachtflugverbot für Personenbeförderung und die Rechtmäßigkeit der Nachtflüge für Fracht zu skurrilen Situationen. So konnten wir gestern bei SZ-online lesen, dass Bruce Springsteen nach seinem Konzert nicht sofort mit seiner Gitarre nach Hause fliegen konnte, denn die Gitarre ist Fracht. Er musste oder durfte noch eine Nacht in Leipzig verweilen.

(Holger Mann, SPD: Sehr gut! – Beifall des Abg. Holger Mann, SPD)

Zurück zum Antrag.

Meine Damen und Herren! Die sächsischen Flughäfen wurden hier im Hause schon so oft thematisiert, dass

nachweislich alle Argumente mehrfach ausgetauscht wurden, auch zum Thema Fluglärm.

Meine Damen und Herren der GRÜNEN, gern liste ich Ihnen noch einmal ein paar Argumente auf, die gegen Ihren Antrag sprechen. Der Antrag ignoriert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und teilweise die Zuständigkeit des Bundes für die Thematik.

Die Mitteldeutsche Airport Holding nimmt Anregungen zur Senkung von Geräuschemissionen sehr ernst und setzt sie nach Möglichkeit mit vernünftigen Maßnahmen um. Die Realisierung von Forderungen ist nicht immer in der Hand der Holding, so zum Beispiel, Frau Kallenbach, die Festsetzung der Flugrouten. Auf die Festsetzung von Flughöhe sowie An- und Abflugverfahren haben weder der Flughafen noch der Sächsische Landtag Einfluss. Die Gesamtverantwortung liegt beim Luftfahrtbundesamt.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Verantwortung haben immer die anderen, nur wir nicht!)

Ein weiteres Beispiel: Auf der Basis von Bundesgesetzen wurden Lärmschutzbereiche für die Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle festgelegt. Für Leipzig/Halle liegen die Schutzzonen in den Nachtschutzzonen, die die Landesdirektion bereits im Juli 2009 festgesetzt hatte. Um zu dokumentieren, welche Belastungen durch Geräuschemissionen am Flughafen Leipzig/Halle bestehen, werden regelmäßig Lärmschutzberichte veröffentlicht. Im aktuellen Lärmschutzbericht der Mitteldeutschen Airport Holding vom März 2013 werden die verbesserten Ergebnisse der wirksamen Maßnahmen dokumentiert und veröffentlicht.

Für den Flughafen Leipzig/Halle gibt es eine Fluglärmkommission gemäß § 32 b des Luftverkehrsgesetzes. Zu den Mitgliedern der Kommission gehören Vertreter aller betroffenen Gemeinden, ein örtlicher und ein überörtlicher Vertreter der Bundesvereinigung gegen Fluglärm, Luftfahrzeughalter, Flugplatzunternehmer, Vertreter von Landesbehörden, Vertreter von IHKs, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und die Deutsche Flugsicherung GmbH. In den Protokollen der sehr ausgewogen besetzten Kommission ist unter anderem nachzulesen, dass die Grenzwerte an den zehn festen und den vier mobilen Messstationen immer – ich betone es noch einmal: immer – unterschritten werden. Diese Tatsache wird detailliert protokolliert. Es wird ebenfalls protokolliert, welche Maßnahmen zur Reduzierung des Bodenlärms vorgenommen wurden, welche Ausflottungen älterer Flugzeuge bereits stattgefunden haben und welche bis 2015 noch geplant sind.

Meine Damen und Herren! Im Flughafen Leipzig/Halle sind nur 2 % aller Flugzeuge lauter als die in der Bonusliste verzeichneten Flugzeuge. Im Flughafen Dresden wird ausschließlich mit Bonuslistenflugzeugen geflogen.

Regelmäßig wird in der Kommission über die Anträge auf Schallschutz und deren Umsetzung berichtet. Auch werden über Beschwerden und deren Bearbeitung ausführliche Berichte erstattet.

Sie sehen, die Flughafenholding, unsere Beteiligung, arbeitet aktiv mit betroffenen Bürgern und mit der Wirtschaft zusammen. Dafür gebührt der Deutschen Airport Holding unsere Anerkennung.

Ihr Antrag trägt nicht unbedingt zur Absenkung der Geräuschemissionen an unseren Flughäfen bei. Wir können Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Runge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN wird die Staatsregierung aufgefordert, sich für ein generelles und rechtssicheres Nachtflugverbot für Passagier-, Fracht- und Militärflugzeuge von den Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden zwischen 22 und 6 Uhr einzusetzen. Diesem Wunsch können wir als Linksfraktion folgen, weil auch wir der Auffassung sind, dass die Lärmbelastung der umliegenden Einwohnerinnen und Einwohner vor allem am Flughafen Leipzig/Halle unerträglich ist.

Die Linksfraktion hatte genau aus diesem Grunde bereits 2010 einen Antrag in den Landtag eingebracht, um die Staatsregierung zu veranlassen, eine Langzeitstudie zu den gesundheitlichen Folgen des Fluglärms auf die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens

Leipzig/Halle in Auftrag zu geben. Dieser Antrag war Gegenstand einer aufschlussreichen Anhörung im Sozialausschuss. Sämtliche medizinischen Sachverständigen stimmten darin überein und hielten es für eine gesicherte medizinische Erkenntnis, dass eine dauerhaft hohe Lärmbelastung, auch wenn sie sich in den bisher gültigen Grenzwerten bewegt, verschiedene Erkrankungen hervorrufen kann. Hierzu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertonie, Angina Pectoris, Herzinfarkte, psychische Erkrankungen und eventuell auch Malignome.

Die Juristen und Politiker ziehen sich aber immer wieder zwecks eigener Entlastung auf das Argument zurück, dass ein unmittelbarer monokausaler Zusammenhang zwischen Lärmbelastung und Erkrankung nicht nachweisbar sei. Vielmehr seien Erkrankungen multifaktoriell bedingt. Das ist ganz sicher so.

Aber einfach den Zusammenhang zwischen Lärmbelastung und Erkrankungen zu ignorieren, ist eben der völlig falsche Weg.