werden soll. Die Koalition will also ernsthaft über Änderungen des Wassergesetzes beraten, ohne dass eine detaillierte, sachliche und ruhige Prüfung der Vorgänge stattgefunden haben konnte. Aus dem hohlen Bauch heraus werden absehbar bei unklarer Datenlage weitreichende Änderungen gefordert; es werden möglicherweise Beteiligungsrechte eingeschränkt oder Bürgerrechte ausgehebelt.
Ich möchte eines klarstellen: Es geht mir nicht darum, einzelnen sogenannten Problembürgern unter die Arme zu greifen. Beispielsweise geht es hier bei der FDP um sehr geliebte Herren von Möchtegern-Umweltvereinen. Es geht um nicht mehr oder weniger als darum, die Rechtsstaatlichkeit bei Planverfahren aufrechtzuerhalten. Selbst die Landestalsperrenverwaltung muss eingestehen, dass Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse keine aufschiebende Wirkung haben.
Stattdessen scheint es so zu sein, dass sich Land und Kommunen ständig auf den Füßen herumstehen, weil hier immer noch ohne Sinn und Verstand an der Unterteilung der Gewässer in I. und II. Ordnung festgehalten wird,
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident – falls er noch da ist –, ich habe vorhin die Botschaft vernommen. Vorfahrt für den Hochwasserschutz kann auch für Sie nicht heißen: Augen zu und durch oder Wiederaufbauen um jeden Preis, sondern Schäden bewerten und besonnen Schlüsse ziehen.
An die Kolleginnen und Kollegen der Koalition: Sie sind gerade dabei, gegen Ihren eigenen Grundsatz von der Politik der ruhigen Hand zu verstoßen und übereilt Entscheidungen auf fehlerhafter Grundlage zu treffen. Ich möchte Ihnen daher ganz verkürzt einige der Fragen, die ich an den Umweltminister gereicht habe, wiedergeben:
In welchem Umfang führte eine im Jahr 2010 angekündigte Überprüfung von Bebauungsplänen zu einer tatsächlichen Rücknahme von Bebauungsplänen?
Wie viele Mittel finanzieller Art stehen für Hochwasserschutz-Aufgabenerfüllung dem Freistaat für die Unterhaltung seiner Gewässer I. Ordnung und den Kommunen für ihre 20 000 Kilometer Gewässer II. Ordnung zur Verfügung?
Meines Erachtens müssen erst diese Fragen beantwortet werden. Es muss fundiert bewertet und verantwortungsvoll entschieden werden.
Es ist dringend erforderlich, in Sachsen das Klein-Klein im Hochwasserschutz aufzugeben. Ich meine, wir brauchen dringend eine Kompetenzbündelung im Hochwasserschutz. Diese könnte in Sachsen bei der Landestalsperrenverwaltung liegen, die dann eben für alle Gewässer im Freistaat Sachsen zuständig ist. Dringend erforderlich ist dabei eine Einbindung der für das Baurecht zuständigen Gemeinden auf Augenhöhe und mit klarer Zielstellung.
Dazu gehört möglicherweise auch der bis heute nicht umgesetzte § 99 a im Sächsischen Wassergesetz, der landesweite Hochwasserschutzaktionsplan. Der Entwurf für das neue Wassergesetz sieht vor, diesen Hochwasserschutzaktionsplan nun zu streichen. Aus unserer Sicht wäre das eine sinnvolle Planung gewesen, wenn der Plan auch etwas getaugt hätte.
Im Entwurf für das neue Wassergesetz obliegt die Erstellung von Risikomanagementplänen für das jeweilige Teileinzugsgebiet den Trägern der Unterhaltslast. Diese sollen dann von der obersten Wasserbehörde möglichst sinnvoll koordiniert werden.
Liebe Frau Windisch, so weit, so gut. Aber was ist denn in den letzten Jahren sehr häufig vorgekommen? Kommunen haben einen Antrag auf Förderung von Hochwasserschutzkonzepten bei der oberen Behörde gestellt. Diese wurden dann zum Teil abgelehnt, weil sich nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung die Maßnahmen des Hochwasserschutzes nicht rentierten. Damit wurde auch die Förderung abgelehnt. Das heißt aber auch, dass wir die Wassermengen aus diesen kleinen Flüssen, die talabwärts in die nächste Vorflut fließen und welche die Kommunen für wichtig hielten – nach den Wasserspiegellagenrechnungen –, nicht kennen. Auch die europäische Hochwassermanagementrichtlinie fordert eine integrative Risikoanalyse für Flusseinzugsgebiete.
Es geht also um übergreifende, sinnvolle Systemlösungen und nicht um in der Summe mangelhafte Einzellösungen. Die zufriedenstellende Bewältigung dieses Problems steht seit Jahren aus. Das heißt auch, dass die Gemeinden und der Freistaat bedacht, aber konsequent Schlussfolgerungen ziehen müssen, zum Beispiel zu Umsiedlungen, weil Überschwemmungsgebiete zugebaut sind und wir bei jedem Hochwasser wieder vor denselben Problemen wie jetzt stehen. Mir ist nur ein Fall in Erinnerung, bei dem nach 2002 eine Umsiedlung angeordnet wurde: die Röderaue.
Und ob wir – wie Herr Ministerpräsident vorhin sagte – die genehmigten Bebauungspläne wirklich nicht angreifen wollen, steht für mich immer noch infrage.
Ein weiteres Problem des Entwurfes des Wassergesetzes betrifft damit auch die Vorkaufsrechte. Diese sollen aus kurzsichtigen Erwägungen auf Betreiben der FDP jetzt aus dem Wassergesetz gestrichen werden. Da frage ich mich, wie Sie die Kommunen oder die Landestalsperrenverwaltung befähigen wollen, Flächen für den Hochwasserschutz zu erwerben. Ein Verzicht auf die Vorkaufsrechte ist für mich nicht begründbar, zumal die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden bei kommunalen Vorkaufs
Sehr geehrter Herr Minister Kupfer! Warum wollen Sie an diesem Gesetz festhalten? Warum denken Sie nicht darüber nach, das Wassergesetz nach § 16 Abs. 2 der Geschäftsordnung zurückzuziehen und zu überarbeiten?
Liebe Abgeordnete von CDU und FDP! Warum denken Sie nicht darüber nach, die abschließende Beratung des Gesetzentwurfes zu vertagen? Sie selbst fordern, dass bis zum 31.10.2013 ein Bericht zur Hochwassersituation vorliegen soll. Ich freue mich, dass hierfür wieder Herr Kirchbach gewonnen werden soll. Aber warum wollen wir dieses Gesetz im Juli durchpeitschen? Das macht alles keinen Sinn! Ich fordere Sie hier auf: Überdenken Sie das! Sie haben noch eine Frist bis zur nächsten Sitzung des Umweltausschusses. Herr Minister Kupfer, ziehen Sie den Gesetzentwurf entweder zurück oder lassen Sie uns Zeit zur Diskussion!
Danke, Frau Präsidentin. – Die CDU-Fraktion – ich denke, da spreche ich auch für unseren Koalitionspartner – wehrt sich gegen diese Tatsachenverdrehungen in Bezug auf das Sächsische Wassergesetz.
Feststellung Nr. 1: Nicht der Minister will das Gesetz durchbringen, sondern der Gesetzgeber und wir als Koalitionsfraktionen. Ich habe Ihnen vorhin in meinem Redebeitrag erklärt, dass wir das Kind mit dem Bade ausschütten würden, wenn wir an dieser Stelle stoppen. Das Gesetz ist vorbereitet. Es ist auf Erfahrungen vorangegangener Hochwässer aufgebaut. Hätten wir dieses erneute Hochwasser jetzt nicht gehabt, würde die Gesetzesberatung ohne Wenn und Aber durchlaufen.
Im Entwurf des Wassergesetzes – Frau Pinka, ich gehe davon aus, Sie haben sich mit den Neuregelungen beschäftigt – sind wichtige verfahrensmäßige Regelungen, die uns bereits beim Wiederaufbau nutzen, enthalten. Wenn wir auf der alten Gesetzesbasis weitermachen und die gründlichen Beratungen in Auswertung des jetzigen Hochwassers abwarten, können wir mindestens ein Jahr lang nicht handeln. Wir wollen sofort handeln!
Wir haben – das sage ich noch einmal – im Gesetzentwurf bereits Regelungen zur Ausweisung überschwemmungsgefährdeter Gebiete. Wir wollen neugeschaffene Gewässerbetten erhalten, also sprich: den Flüssen dort, insbesondere den Zuflüssen, den Raum geben, der gefordert worden ist. Wir regeln im Gesetzentwurf den Rückbau
bzw. die Nichtwiederherstellung von Ufermauern und wichtige verfahrensrechtliche Vorschriften, die berührt sind.
Das möchte ich nur noch einmal festhalten. Wir peitschen jetzt kein Gesetz durch, sondern wir machen ganz normal unsere Arbeit. Weitere Änderungen, die sich ergeben, können wir in einem weiteren Gesetz oder in einem Artikelgesetz vornehmen.
(Beifall bei der CDU – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Genau! – Mike Hauschild, FDP, und Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, stehen am Mikrofon.)
Ich sage Ihnen: Es gibt so viele Regelungen, die wir jetzt überdenken können. Natürlich habe ich vor einem Monat nicht gewusst, dass das Hochwasser auf uns zukommt, und natürlich habe ich unter dieser Prämisse den Gesetzentwurf noch einmal gelesen. Einen der weitreichendsten Vorschläge habe ich Ihnen gerade gemacht. Wir sollten nicht mehr so vorgehen, wie es die Europäische Hochwassermanagementrichtlinie und auch das Wasserhaushaltsgesetz vorsieht, sondern das ist Länderhoheit. Wir sollten nicht mehr in Gewässer I. und II. Ordnung unterteilen.
Wir sollten Gewässerunterhaltung und Hochwasserschutz aus einem Guss machen. Ich kann ganz oft beobachten, dass wir uns auf den Füßen stehen, weil die Kommunen und das Land eigene Kompetenzen haben. Es ist eben oft nicht verzahnt. Die weitreichendste Forderung hat übrigens Frau Lieberknecht mit ihrem nationalen Hochwasserschutzkonzept gestellt. Ich mache nichts weiter als zu sagen: Wir sollten hier bei uns in Sachsen anfangen, das Klein-Klein aufzugeben. Nichts weiter habe ich gesagt.
Zu dieser Diskussion brauchen wir Zeit, weil dieser Vorschlag so weitreichend ist, damit das Ministerium erst einmal darüber nachdenken kann und muss, ob das ein gangbarer Weg wäre. Sie haben das Gesetz vertagt, nicht wir. Ich greife einfach das, was Sie damals aus anderen Beweggründen gemacht haben, noch einmal auf und sage Ihnen: Lassen Sie uns nicht zwei Novellen in einem Jahr machen! Lassen Sie uns ein gutes Gesetz jetzt verabschieden!
Sehr geehrte Frau Pinka! Ich muss noch einmal auf dieses Vorkaufsrecht und die Korrektur dieser Regelung, die Sie erwähnen, zurückkommen. Dazu muss man wissen – das wissen Sie doch sicherlich sehr gut: Vorkaufsrechte kann man nur dann ausüben, wenn auch die Flächen zum Verkauf stehen. Wenn wir sehen, welche Verwaltungskosten dieses Vorkaufsrecht durch die vielfachen Prüfungen verursacht, und zwar immer dann, wenn irgendwo etwas zum Verkauf stand, dann steht das in keinem Verhältnis dazu, weil nämlich dieses Vorkaufsrecht ganz selten ausgeübt wurde.
Wir haben nur etwas geradegezogen, dass wir die Verwaltungskosten einsparen und diese Sache dafür vereinfachen. Es ist deswegen trotzdem so, dass im Baugesetzbuch – § 24 Abs. 1 Nr. 7, wie Sie sicherlich wissen – für den Hochwasserschutz das Vorkaufsrecht über das Baugesetzbuch besteht – aber eben nur für den Hochwasserschutz. Und das ist das, was wir wollen. Wir wollen, dass wir beim Hochwasserschutz selbstverständlich mit dem Vorkaufsrecht und anderen Instrumentarien – zur Not auch mit Enteignung, aber nur als allerallerletztem Mittel, wenn alle anderen Dinge versagt haben – arbeiten können, damit wir dort für die Gesellschaft den richtigen Nutzen bringen.
Es soll nicht so sein, dass die Verwaltungskosten aufgebläht werden, sondern es soll der Gesellschaft auch etwas bringen. Deswegen kann hier das Vorkaufsrecht korrigiert werden. Es ist im Baugesetzbuch noch drin.